Datum: 17. November 2024 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: Matthäus 19,16-30

Die Jesusnachfolge kostet mich alles. Die ersten Nachfolger von Jesus, die Jünger, waren ernüchtert darüber, dass nicht einmal diejenigen, welche gemäss ihrem Verständnis einen Vorteil hatten, aus eigenen Mitteln in das Reich Gottes kommen würden. Wie sollten denn sie einfache Männer dies schaffen? Was ist denn der Gewinn der Nachfolge. Die Jünger stellten Jesus die gleiche Frage, denn sie hatten alles für ihn zurückgelassen. Die Jesusnachfolge verspricht einen doppelten Gewinn. Zum einen gewinne ich viel in der Gemeinschaft der Gläubigen, zum anderen verheisst Jesus allen, die alles verlassen haben, das ewige Leben als Hauptgewinn.


Letzten Sonntag ging es um die Kosten der Jesusnachfolge. Heute wollen wir uns mit dem Gewinn der Nachfolge auseinandersetzen. Denn die Nachfolge hat mir sehr wohl viel zu bieten und lohnt sich auf jeden Fall.

Wer kann denn dann überhaupt gerettet werden?

Ich möchte mit einer biblischen Geschichte einsteigen, welche vielleicht ungewöhnlich ist, wenn über den Gewinn der Nachfolge die Rede ist. Es ist die Geschichte eines reichen jungen Mannes, welcher Jesus aufsucht (Matthäus 19,16-24). Er wollte von ihm wissen, was er denn Gutes tun muss, damit er gerettet wird. Die Antwort ist simpel: Halte alle Gesetze. Der selbstbewusste junge Mann hat, seiner Aussage nach, dies alles befolgt. Doch was fehlt ihm denn noch? «Jesus sagte zu ihm: ‘Wenn du vollkommen sein willst, dann geh und verkaufe alles, was du hast, und gib das Geld den Armen, und du wirst einen Schatz im Himmel haben. Dann komm und folge mir nach.’ Doch als der junge Mann das hörte, ging er traurig fort, denn er war sehr reich» (Matthäus 19,21-22 NLB). Als Jesus nun wieder mit seinen Nachfolgern unter sich ist, schiebt Jesus nach, dass es für Reiche unmöglich ist, in das Reich Gottes zu kommen. Diese Aussage schockierte seine Jünger zutiefst. «Die Jünger waren sehr betroffen. ‘Wer kann denn dann überhaupt gerettet werden?’, fragten sie» (Matthäus 19,25 NLB). Die Israeliten waren geprägt davon, dass geistlicher Segen immer auch eine irdische Dimension hatte. Die Ursprungsfamilie, von der die Israeliten abstammten, war sehr reich. Sie besassen grosse Vieherden, viele Mägde und Knechte und waren sehr angesehene Menschen. In den Augen der Jesusnachfolger hatten die Reichen, Mächtigen und Angesehenen, den «Normalos» etwas voraus. Sie dachten, dass Gott an diesen Menschen eher Freude hat, da es ihnen bereits hier auf der Erde gut geht. Das irdische Wohlergehen innerhalb des Volkes Israel deutet auch auf einen Vorteil hin, wenn es um das ewige Wohlergehen geht. Diese Ansicht ist wohl auch heute nicht gerade unbeliebt unter Jesusnachfolgern. Doch Jesus macht diese Ansicht mit seiner Aussage zunichte. Er weist dadurch auch darauf hin, dass Besitz nicht nur Gottes gute Gabe ist, sondern auch eine grosse Gefahr für den Menschen. Wenn aber nicht einmal die irdisch gesegneten gerettet werden können, wer denn dann? Nun kommt der Knackpunkt, der sehr wichtig zu verstehen ist, gerade wenn wir vom Gewinn oder Lohn der Nachfolge sprechen. «Jesus sah sie eindringlich an und sagte: ‘Menschlich gesehen ist es unmöglich. Aber bei Gott ist alles möglich’» (Matthäus 19,26 NLB). Bei Gott zählen andere Massstäbe. Die Errettung ist unabhängig von dem, was der Mensch zu bieten hat. Es entscheidet sich an seinem Bekenntnis zu Jesus. Es ist ein Entscheid sein altes Leben hinter sich zu lassen und ein neues mit Jesus Christus als Herr in und über seinem Leben zu führen. Wenn jemand die Selbstbestimmung aufgibt und an Gott glaubt, dann stimmt er mit Hiob ein «Nun weiss ich, dass du alles kannst, kein Vorhaben ist für dich undurchführbar» (Hiob 42,2 NLB). Es ist ein Zeichen der Abhängigkeit Gottes.

Wir haben alles aufgegeben!

Die engsten Nachfolger von Jesus, die zwölf Jünger, sind ein Paradebeispiel dafür, was es bedeutet, Jesus vollkommen nachzufolgen. Daher stellt Petrus an dieser Stelle eine eigennützige Frage. «Da sagte Petrus zu ihm: Wir haben alles aufgegeben, um dir nachzufolgen. Was werden wir dafür bekommen?’» (Matthäus 19,27 NLB). Die Jünger wurden alle von Jesus persönlich eingeladen, ihm nachzufolgen. Es waren gewöhnliche Menschen, nicht die übliche Elite, welche von einem Gelehrten berufen wurde. Ein paar von ihnen waren Fischer (Matthäus 4,18-22). Sie waren gerade mit ihrer Arbeit beschäftigt, als Jesus vorbeikommt und sie in die Nachfolge ruft. Sie lassen alles stehen und liegen und gehen mit ihm. Zwei lassen sogar ihren Vater im Boot zurück und folgten Jesus nach. Von einem anderen wissen wir, dass er verheiratet war. Später lädt Jesus den Zolleinnehmer Matthäus ein (Matthäus 9,9-13). Diese Berufsgruppe war von den Israeliten ziemlich verachtet und galt als gierig. Ausserdem machten sie gemeinsame Sache mit den römischen Besatzern. Matthäus sass gerade an seiner Zollstation, als Jesus ihn zur Nachfolge einlädt. Er lässt alles liegen und folgt ihm nach.

Die Kirchengeschichte ist voll von Menschen, welche ihr gewohntes Umfeld verliessen, um Jesus Christus nachzufolgen. John Hudson Taylor war einer von ihnen. Er wurde 1832 in London geboren und war eher schwächlicher Natur. Mit siebzehn Jahren entschied er sich für ein Leben mit Jesus. In ihm wuchs der Wunsch nach China zu gehen und dort Leute in die Nachfolge mit Jesus einzuladen. Vor seiner Ausreise lebte er ein paar Jahre unter den Armen in London und pflegte einen einfachen, sparsamen und spartanischen Lebensstil. In China dann arbeitete er in chinesischer Kleidung und trug einen Zopf, wie es dort üblich war. Er wollte so viele Hürden wie möglich abbauen, um so viele Menschen wie möglich in die Nachfolge einzuladen. Zwei seiner Kinder und seine erste Ehefrau starben innerhalb eines Jahres. Er gab alles für diese eine Sache, gleich wie die ersten Jesusnachfolger.

Die engsten zwölf Nachfolger von Jesus haben alles aufgegeben. Gewisse Übersetzungen gebrauchen auch verlassen. Dies steht im Kontrast zum reichen jungen Mann. Er sollte alles verkaufen. Sie hingegen haben alles verlassen, was nicht zwingend meint, dass es nicht mehr da war. Sie haben aber alle gezeigt, dass es nicht mehr zwischen ihnen und Gott stand. Matthäus folgte Jesus am Zoll nach, lud aber am Abend seiner Entscheidung Menschen zu sich nach Hause ein. Es waren andere Steuereintreiber und viele Stadtbekannte zwielichtige Personen. Der Punkt des Verlassens ist der, dass der Nachfolge Jesu nichts im Weg stehen soll.

Solche Geschichten sind schon krass. Zugegebenermassen sind es vielleicht auch extreme Beispiele. Daher möchte ich hier ein paar Beispiele aus meinem Umfeld mit euch teilen, wo Menschen Dinge verliessen und dadurch ihr Vertrauen auf Gott ausdrückten.

  • Jemand entscheidet sich Jesus nachzufolgen, obwohl dies der Verlust der Familie bedeutet und diese nichts mehr mit dieser Person zu tun haben will.
  • Ein Paar entscheidet sich dazu, ihre Ausgaben zu begrenzen und alle Einnahmen, welche darüber hinausgehen in das Reich Gottes zu investieren.
  • Eine Familie wechselt ihren Wohnort und lässt ihr Traumhaus und ihr ältestes Kind in Neuseeland zurück und zieht in die Schweiz, weil sie als Pastoren berufen werden.
  • Ein Mann entscheidet sich nur noch 90% zu arbeiten, um sich in der übrigen Zeit mehr in Gottes Reich investieren zu können.
  • Menschen öffnen ihre Häuser und nehmen Flüchtlinge bereitwillig für längere Zeit auf und verzichten auf einen gewissen Teil ihrer Privatsphäre.
  • Ein Paar entscheidet sich zu heiraten, obwohl sie dadurch finanzielle Einbussen zu befürchten haben.
  • Eine Familie öffnet ihr Haus und nimmt Kinder bei sich auf und versorgt sie.
  • Eine Frau investiert viel Zeit in die Freiwilligenarbeit, anstatt mehr Arbeiten zu gehen.
  • Eine andere Frau hat eine 50% Anstellung in der Kirche ohne Lohn, weil das Einkommen des Ehepartners gut auch für sie beide reicht.
  • Ein Mann wird pensioniert und entscheidet sich für drei Monate nach Südamerika zu gehen und dort eine Missionsstation zu renovieren – getrennt von seiner Frau.

Es gäbe noch einige mehr zu erzählen. All diese Menschen verliessen etwas, verzichteten auf etwas und drücken dadurch ihre Abhängigkeit von Gott aus.

Hundertfacher Lohn

Nun endlich zum Lohn. Doch dieser ist, ohne das bisher gesagte, nicht einzuordnen. Auf die Frage des Petrus antwortet Jesus ihnen, dass die zwölf Jünger einmal auf Thronen sitzen werden und über die zwölf Stämme Israels richten werden. Er führt aus «Und jeder, der um meines Namens willen sein Haus, seine Geschwister, seine Eltern, seine Kinder oder seinen Besitz aufgegeben hat, wird hundertmal so viel wiederbekommen und das ewige Leben erlangen» (Matthäus 19,29 NLB). Jesus verheisst hier zwei Löhne oder Gewinne. Einerseits das ewige Leben, anderseits hundertfacher Gewinn an Häuser, Geschwister, Eltern, Kinder oder Besitz. Dies einerseits auch nach dem Leben hier auf der Erde, aber eben auch hier!

Zuerst zum ewigen Leben. Leben wird hier mit dem griechischen «zoe» wiedergeben. «zoe» meint das höchste Gesegnet sein eines Geschöpfes durch das Geschenk des göttlichen ewigen Lebens. Dieses Leben lässt sich so charakterisieren: Es ist nicht von der Begrenzung der Zeit betroffen. Keine Zellteilung. Keine Alterung. Kein Haarausfall. Ewiges Leben in der Gegenwart Gottes ist der Lohn dafür, dass Jesus Christus nachgefolgt wird. Doch ist dies nicht einfach eine Vertröstung aufs Jenseits? Ja und Nein. Zum Nein kommen wir im nächsten Punkt. Zum Ja: Nachfolge von Jesus hat immer auch eine Dimension, welche über das Leben hier hinaus geht.

Der zweite Gewinn ist ein hundertfacher. Gott kennt uns nur zu gut, er weiss, dass es für uns schwierig ist, alles aufzugeben. Wenn wir also etwas aufgeben, so werden wir es gewinnen. Wer aufgrund des Glaubens seine Eltern verliert, hat in Gott einen liebevollen Vater. Wer aufgrund der Jesusnachfolge seine Geschwister verliert, hat in der christlichen Gemeinschaft Anteil an Geschwistern und Kindern. Das Bild, welches Jesus zeichnet ist das des «Alle für Alle». Jeder ist jedem Bruder und Schwester. Jeder hilft dem anderen aus, mit dem was er/sie benötigt. Mein Wunsch ist es, dass du dies hier in der seetal chile erleben darfst.

Ein solcher Lohn ist aber nur möglich, wenn alle im gleichen Boot sitzen. Dies heisst, alle bereit sind für Jesus alles zu verlassen. Also ihr Herz nicht dranhängen, sondern es grosszügig und bereitwillig mit anderen teilen. Jesus Christus schliesst die Passage mit einer Aussage, welche wieder die Umkehrung des gewohnten unterstreicht. «Aber viele Erste werden Letzte und Letzte Erste sein» (Matthäus 19,27 ELB). Viele die heute wichtig erscheinen, werden dann die geringsten sein. Die die auf der Erde unbedeutend sind, werden dann die Grössten sein. Der entscheidende Faktor ist nicht wie ich auf der Erde gestellt bin, sondern die Gnade Gottes. Es hängt damit zusammen, ob ich alles verlasse oder nicht. Je mehr ich habe, desto schwerer kann dies sein.

Mögliche Fragen für die Kleingruppe

Bibeltext lesen: Matthäus 19,16-30

  1. «Wer kann denn dann überhaupt gerettet werden?» Die ersten Nachfolger von Jesus mussten ihre Vorstellung von Jesus korrigieren lassen. Sie nahmen an, dass irdisches Wohlergeben mit ewigem Wohlergehen einhergeht. Wie sieht dies bei dir aus?
  2. Die Jünger haben alles für Jesus aufgegeben. Welche Person, welche etwas für Jesus aufgegeben hat, fasziniert dich und weshalb? Dies kann eine Person aus der Bibel, Kirchengeschichte oder deinem Umfeld sein.
  3. Das «ewige Leben» ist eine Gabe Gottes für alle, welche Jesus Christus nachfolgen. Wie beurteilst du dies?
  4. Wer alles aufgibt/verlässt, bekommt Häuser, Geschwister, Eltern, Kinder oder Besitz auf dieser Erde und in Ewigkeit. Hast du bereits erlebt, dass du etwas hinter dir gelassen hast und dafür etwas gewonnen hast?
  5. Der Lohn der Nachfolge ist ein Geschenk der Gnade Gottes und unabhängig von dem Status, den ich hier auf der Erde habe. Was macht dieser Gedanke mit dir?