Karfreitag – Hat Jesus Sterbehilfe erlebt?

Datum: 19. April 2019 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: Johannes 3, 13-17
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Wir denken heute an die letzte Wegstrecke von Jesus ans Kreuz und in den Tod. Die Passionsgeschichte ist immer wieder eindrücklich und geht unter die Haut. Was hat Jesus alles auf sich genommen, um uns den Weg zurück zu Gott zu öffnen. Allein, ohne Hilfe? Wer stand ihm zur Seite und half ihm? Ich bin nicht sicher, ob Sie schon wissen, dass es nebst den Erste-Hilfe-Kursen auch Letzte-Hilfe-Kurse gibt. Die Sonntags-Zeitung hat ihren Bericht über diese Kurse betitelt mit «Das Einmaleins des guten Sterbens». Es geht darum zu lernen, was Angehörige für ihre Liebsten am Ende des Lebens tun können. Die reformierte Kirche bietet diese Kurse an, die im Moment richtig boomen. Die bisherigen 32 Kurse waren im Nu ausgebucht. Für das laufende Jahr gibt es bereits Wartelisten. Was haben die Angehörigen von Jesus, ich meine seine Jünger und Jüngerinnen damals für Jesus getan?


Zunächst hat man den Eindruck, dass die 12 Jünger Jesu ein schlechtes Bild abgaben, auf dem Leidensweg ihres Meisters!

  • Wenn immer Jesus auf seiner letzten Wegstrecke vom bevorstehenden Leiden sprach, reagierten sie mit Unverständnis. Sie hatten nicht einmal den Mut, mehr darüber zu erfragen. Es machte es sie traurig (Matthäus 17,23), aber sie fragen nicht nach. Vielleicht haben sie gedacht: «Was ist mit unserem Meister eigentlich los? Wovon spricht er? Hat er eine depressive Phase?»
  • Sie stellten dafür Fragen, die völlig daneben sind: «Du, Jesus, wer wird der Grösste im Himmelreich sein?» Und unter sich fragen sie: «Wer ist wohl der Grösste von uns?» Wie kann man nur!!

  • Judas verrät Jesus. Als Jesus diesen Verrat noch anonym ankündigt, fragen ausnahmslos alle Jesus: «Bin ich es?» Es trauen sich alle so einen Fehltritt zu!

  • Später verleugnet Petrus Jesus dreimal. Aber im Voraus hat er gesagt: «Herr, ich bin bereit, mit dir ins Gefängnis und in den Tod zu gehen» (Lukas 22,33 LUT). Was ist jetzt für uns die richtige Haltung? Die der Jünger, die sich einen Verrat auch zutrauen konnten, oder die von Petrus, der felsenfest von seiner Treue zu Jesus überzeugt ist? Die Antwort hat Jesus den Jüngern in der nächsten Szene gegeben Im Garten Gethsemane.

  • Statt Jesus im Gebet zu unterstützen schlafen sie. Was haben wir schon verschlafen im geistlichen Leben! Ich sage bewusst «wir» und schliesse mich ein. Statt verschlafen kann ich auch sagen verpasst, vertrödelt, die Prioritäten falsch gesetzt, verbockt, vermasselt, vernachlässigt… Dort, im Garten Gethsemane, gibt uns Jesus eine Antwort auf die Frage, wie wir gegen Verrat, Verleugnung, Verschlafen angehen können. Jesus weckt die schlafenden Jünger und uns auf mit dem Hinweis: «Bleibt wach und betet. Sonst wird euch die Versuchung überwältigen. Denn der Geist ist zwar willig, aber der Körper ist schwach!» (Matthäus 26,41 NL)


Da ist noch eine Frau, die ebenfalls ein schlechtes Bild hinterlässt:

  • Die Mutter der Jünger Jakobus und Johannes bat Jesus, dass ihre Söhne mal im Reich Gottes zur Linken und Rechten von Jesus sitzen dürfen. Auch hier Kopfschütteln, aber vielleicht hat Gott auch schon mal wegen einem Anliegen von mir oder dir den Kopf schütteln müssen!

Doch es gibt in dieser düsteren Geschichte auch Personen, die durch ihr Verhalten glänzen:

  • Simon aus Kyrene liess sich, wenn auch nicht freiwillig, dazu drängen, das Kreuz von Jesus nach Golgatha zu tragen.
  • Joseph aus Arimathia stellt sein eigenes, neu in Fels eingehauenes Grab für Jesus zur Verfügung. Was für eine Grosszügigkeit!
  • Die Frauen blieben bei Jesus am Kreuz in der Nähe, bis er sein Leben ausgehaucht hatte. Sie wollen auch wissen, wo er begraben wird; und sie haben ihre Salben schon bereit, um den Leichnam von Jesus zu salben.

Wenn wir an all die Qualen denken, die er durchstehen musste wegen unserer Schuldenlast, die er auf seinen Schultern trug, dann kann man sich wirklich fragen:

Wie hat das Jesus geschafft?

  1. Jesus war nicht allein. Er sagte zu seinen Jüngern: «Seht, die Zeit kommt, ja sie ist schon da, wo ihr davonlaufen werdet, jeder dorthin, wo er herkommt, und mich werdet ihr allein lassen. Aber ich bin nicht allein; der Vater ist bei mir» (Johannes 16,32 NGÜ).

  2. Jesus bleibt bis zu seiner Gefangennahme in der Nähe seiner Jünger.
  • Bei den ersten beiden Leidensankündigungen sprach Jesus nur von sich selbst. Bei der dritten sagte er: «Wir gehen jetzt nach Jerusalem hinauf» (Matthäus 20,18 NGÜ).
  • Jesus will mit den Jüngern noch das Passahmahl feiern: «Meine Stunde ist gekommen. Ich will mit meinen Jüngern bei dir (beim Vermieter eines ganz bestimmten Raumes) das Passamahl feiern» (Matthäus 26,18 NGÜ). An anderer Stelle hat Jesus gesagt: «Wie sehr habe ich mich danach gesehnt, dieses Passamahl mit euch zu feiern, bevor ich leiden muss» (Lukas 22,15 NGÜ). Jesus hat sich richtig viel Zeit genommen für diese Gemeinschaft und über viel gesprochen mit seinen Jüngern. Einmal hat er sie sogar als «Kinder» angesprochen. Er wäscht ihnen sogar die Füsse.  So setzt er ein Zeichen der Wertschätzung und Reinigung. Bei diesem Gespräch rühmt er seine Mannschaft: «Und ihr – ihr habt in allem, was ich durchgemacht habe, treu bei mir ausgehalten» (Lukas 22,28 NGÜ).
  • Nach der Zeit im Garten Gethsemane will Jesus mit den Jünger in die Dunkelheit des Leidens hinausgehen und sagt: «Steht auf, lasst uns gehen! Der, der mich verrät, ist da» (Matthäus 26 46 NGÜ).
  1. Jesus klammert sich an seinen himmlischen Vater:
  • In den Abschiedsreden von Jesus in Johannes Kapitel 13 bis 17 spüren wir, wie er seinem himmlischen Vater sehr nah ist. Er erwähnt er seinen Vater 44mal!
  • Dann sucht er die Nähe des Vaters nochmals ganz intensiv im Gebet im Garten Gethsemane. Dreimal betete er immer dieselben Worte: «Mein Vater, wenn es möglich ist, lass diesen bitteren Kelch an mir vorübergehen! Aber nicht wie ich will, sondern wie du willst» (Matthäus 26, 39 NGÜ). Dort im Garten wird er auch gestärkt. «Da erschien ein Engel vom Himmel und stärkte ihn» (Lukas 22,43 NGÜ). Der himmlische Vater sendet einen Engel zu ihm, der ihn stärken soll.



  • Gemäss Lukasevangelium hatte Jesus am Kreuz noch zwei kurze, bemerkenswerte Gebete an den Vater gerichtet: «Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun» und «Vater ich befehle meinen Geist in deine Hände!» Das ist doch das Einmaleins des guten Sterbens, wer vergeben kann und sich selbst den Händen vom himmlischen Vater anbefehlen kann.
  • Sein Sich-an-den-Vater-Klammern kommt auch in seinem letzten Aufschrei zum Ausdruck: «Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?»

Jesus hat auf seinem Leidensweg wenig Letzte Hilfe von Menschen erlebt – vielmehr hat Jesus bis zuletzt uns noch Erste Hilfe geboten für unser geistliches Leben!

Diese Tatsache will ich auflisten:

  • Die erwähnten Abschiedsreden Johannes Kapitel 13 bis 17 sind so ermutigend, stärkend und hilfreich, dass ich sage: Wenn immer du in einer Glaubenskrise steckst, oder in einem geistlichen Tief, dann lies diese 4 Kapitel – immer wieder! Das ist Erste Hilfe erster Güte! Jesus sagt dort vor dem himmlischen Vater und den Jüngern deutlich, was er will: «Vater, ich will, dass die, die du mir gegeben hast, dort sind, wo ich bin. Sie sollen bei mir sein, damit sie meine Herrlichkeit sehen…» (Johannes 17,24 NGÜ). Er verspricht uns, dass er seine Nachfolgerinnen und Nachfolger alle einmal zu sich holen werde in sein Reich. Er werde sich um unsere Wohnungen kümmern. Und immer wieder sagt er: «Fürchtet euch nicht, habt keine Angst. Ich weiss, in der Welt habt ihr Angst, aber das soll euch trösten: Ich habe die Welt besiegt!» Jesus verheisst den Jüngern auch den Heiligen Geist, den Tröster. Er macht seinen Jünger deutlich, dass er sie erwählt und dazu bestimmt hat, dass sie Frucht bringen für Gottes Reich, bleibende Frucht. Dann hat Jesus noch für sie gebetet, um Liebe untereinander und Einigkeit.
  • Jesus hat schon vor der Verleugnung für Petrus gebetet und ihm gesagt: «Doch ich habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhöre. Wenn du später umgekehrt und zu mir zurückgekommen bist, dann stärke deine Brüder» (Lukas 22,32 NL).
  • Bei seiner Verhaftung legt Jesus ein Wort ein für seine Jünger und sagt zu den Soldaten: «Wenn ich der bin, den ihr sucht, dann lasst die anderen hier gehen» (Johannes 18,8 NGÜ).
  • Dem Schächer neben sich am Kreuz verheisst er die Erhörung seiner Bitte: «Ich versichere dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein» (Lukas 23,43 NL).
  • Vom Kreuz herab kümmert er sich noch um Johannes und sagt zu seiner Mutter Maria: «Frau, das ist jetzt dein Sohn» und zu Johannes gewandt: «Siehe, das ist jetzt deine Mutter.» Willkommen daheim!

Dann sind noch Dinge passiert an diesem dunklen Tag, die wie Lichtstrahlen auf den Auferstehungstag hin leuchten:

  • Der Vorhang im Tempel zerreisst von oben nach unten. Der Weg zur Gott, der Weg zur Gnade ist frei für jedermann.
  • Die Erde bebt, als wollte Gott seine Macht den Menschen in Erinnerung rufen.
  • Tote stehen auf und erscheinen den Lebenden – ein Zeichen, dass auch Jesus Christus auferstehen wird!
  • Dann sind da der Erste, der durch dieses Ereignis zum Glauben kommt: Der Hauptmann der Wachmannschaft preist Gott und bekennt: «Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen!»
  • Jesus hat sehr viel Wichtiges gesagt bei diesem letzten Zusammensein mit seinen Jüngern, auch dies: «Ich sage euch: Ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächs des Weinstocks trinken bis an den Tag, an dem ich aufs Neue davon trinken werde mit euch in meines Vaters Reich» (Matthäus 26,29 LU). Jesus sagt damit: Das war nicht das letzte Abendmahl mit euch, ich werde es wieder feiern mit euch in meinem Reich! Auf seinem Leidensweg strahlt er Zukunft und Hoffnung aus!

Wenn wir jetzt noch das Abendmahl miteinander feiern, dann wollen wir uns auf drei Sachen konzentrieren:

  1. Dankbarkeit: Was haben wir unserem Herrn und Heiland nicht alles zu verdanken! Schon nur wenn uns bewusst wird: Jesus ging diesen Weg auch für mich!

  2. Busse: Billy Graham hat im hohen Alter mal treffend beschrieben was Busse ist: «Du fragst was ist Busse? Busse bedeutet, dass du zu Gott sagst: Ich bin ein Sünder, eine Sünderin. Meine Sünden tun mir leid. Ich will mich von meinen Sünden abkehren, aber Herr, du musst mir bei dieser Umkehr helfen. Ich habe so oft versucht, Dinge sein zu lassen, von denen ich weiss, dass sie falsch sind, aber ich bekomme es einfach nicht hin. Ich brauche deine Hilfe. Dann nimmst du im Glauben Christus an, der am Kreuz für dich starb. Du öffnest dein Herz uns sagst: Ja, Herr Jesus, komm herein. Ich bin bereit dir zu folgen.»

  3. Hingabe: Jesus, du hast für mich alles gegeben. Du sollst mein ganzes Leben haben und erfüllen. Ich kann es nirgends besser haben als bei dir, festgehalten und geborgen in deiner Hand. 



Fragen für die Kleingruppen

Bibeltext lesen: Johannes 3, 13-17

Karfreitag: Jesus gibt uns Sterbehilfe – und Hilfe zum Leben!

  • Wer stand Jesus bei vor seinem Tod?
  • Wer hat ihm geholfen, diesen schweren Weg zu gehen?
  • Hat er nicht vielmehr uns Lebenshilfe und Sterbehilfe gegeben auf diesem Weg!?