Herr, erlöse uns…
Serie: Heilig - Heilig - Heilig | Bibeltext: Matthäus 6,9-13
Diese Predigt beleuchtet das Spektrum der Bitte «Erlöse uns von dem Bösen!» aus dem Unservater Gebet.
In dieser gegenwärtigen, sehr bewegten Zeit ist dieser Aufschrei sehr oft zu hören auf dieser Welt. Was hier abläuft, verunsichert und schürt Angst. Überall Kriege, fast auf jedem Kontinent. Heimatlosigkeit der Flüchtlinge. Hunger, Krankheit, Ungerechtigkeit… Herr, erlöse uns von all diesem Bösen auf der Welt! Tatsächlich kommt uns die Bitte vom «Unser Vater» sehr nah: «Erlöse uns von dem Bösen!»
Ich kläre: «von dem Bösen» ist mehrdeutig: Da ist im Singular von «dem Bösen» die Rede; gemeint ist der Satan, der Feind von allem Guten; der, wie wir in der Bibel lesen, umherstreift wie ein brüllender Löwe, immer auf der Suche nach einem Opfer, das er verschlingen kann. Der Böse und das Böse kann man nicht trennen; sie sind eines. Im Plural ist von allem Bösen auf dieser Welt die Rede, mit dem wir konfrontiert werden. Und nicht zuletzt macht uns das Böse in uns zu schaffen.
Seit dem Sündenfall im Paradies weiss der Mensch was gut und was böse ist. Darum kann man in Bezug zu unserem Thema sagen: Das Gute und das Böse ist eigentlich uns Menschen sehr nahe. Wir können und sollen unterscheiden! Wir lesen zum Beispiel von Hiob, dass er sich davor hütete, Böses zu tun. Aber leider hat schon vom Anfang der Menschheitsgeschichte an das Böse überhandgenommen! Gott sagte nach der Sintflut zu sich selbst: «Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen; denn das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf» (1Mose 8,21 LUT). Albert Einstein, der im Aargau an der Kanti Aarau die Matura gemacht hat, sagte mal Folgendes: «Das wahre Problem der Menschheit liegt in den Herzen und Gedanken der Menschen. Es ist nicht ein physikalisches Problem. Es ist einfacher die Zusammensetzung des Plutoniums zu ändern als den boshaften, ichbezogenen Geist eines Menschen. Ich fürchte nicht so sehr die Explosivkraft der Bombe, vielmehr die Macht der Bosheit des menschlichen Herzens, seine Explosivkraft für das Böse.»
Warum lädt Jesus uns ein, im Unservater so zu beten?
Weil er selbst hier auf dieser Welt gelebt hat! Jesus hat selbst mit Haut und Haaren erlebt, zu was die Menschen auf dieser Welt fähig sind! Der Böse hat ihn persönlich angegriffen und versucht. Jesus weiss wie kein anderer, was die Christen auf dieser Welt des Bösen auszuhalten und zu bewältigen haben, egal wo sie wohnen. Der Lebenslauf von Jesus spricht für sich: Er kam in einem Stall auf die Welt. Jesus verbrachte seine ersten Lebensjahre als Flüchtlingskind in Ägypten. König Herodes wollte ihn umbringen. Kaum trat Jesus öffentlich auf, kam massiv Widerstand der Schriftgelehrten und Pharisäer auf. Jesus erlebte viele Enttäuschungen. Viele glaubten an Ihn, liessen Ihn dann aber links liegen und wollten nichts mehr von Ihm wissen. Seine Familie dachte mal, dass Jesus übergeschnappt sei. Er spinnt! Immer wieder wurde er enttäuscht von seinen Freunden, den zwölf Jüngern. Bis am Ende seiner Erdentage der Teufel alle Register zog, um Jesus zu demütigen, fertig zu machen, zu quälen und dann zu töten.
Haben wir gegenwärtig nicht auch den Eindruck, Satan ziehe alle Register: Kriege, Ungerechtigkeit, Hinterhältigkeit, Egoismus, Machtgier, Geldgier, Sexgier, Habgier, Untreue, Lüge, Mobbing, Falschheit, Verwirrung, etc.
Wenn der Erlöser uns nun aufmuntert zu beten: «Erlöse uns von dem Bösen», dann lässt er uns teilhaben an seinem Sieg über den Bösen und das Böse. Jesus ist Sieger über Hölle, Tod und Teufel. Er ist vom Tod auferstanden und lebt! Ihm ist alle Macht gegeben im Himmel und auf Erden. An dieser Macht hat Gott uns Anteil gegeben in Jesus Christus, darum sagt Paulus im Römerbrief: «Täuscht nicht nur vor, andere zu lieben, sondern liebt sie wirklich. Hasst alles Böse und stellt euch auf die Seite des Guten» (Römer 12,9 NLB).
Vor Kurzem bin ich auf einen Artikel im Internet gestossen, der sich mit den leeren Kirchen und den immer wenigeren Gläubigen auseinandersetzt. Darüber stand der Titel: «Gott ist in der Schweiz nicht mehr allmächtig!» Wie kann ein Journalist das sagen?! Wenn der wüsste! Er hat schlecht recherchiert! In 2. Mose 15,18 steht: «Der HERR ist König für immer und ewig!» Und in Anbetracht dessen bekennen wir wie Hiob: «Ich weiss, dass mein Erlöser lebt!» (Hiob 19,25 LUT). Herr, erlöse uns! Bald feiern wir den Erlöser, der für uns auf diese Erde gekommen ist! Jesus will uns aus der apokalyptischen Depression herausholen. Wir haben keinen Grund zu jammern: «Oh, jetzt ist Endzeit, jetzt kommt viel Schlimmes auf uns zu…» Nein, Jesus will nicht, dass wir seinem Gegenspieler das Feld widerstandslos überlassen, sondern dass wir beten und immer wieder beten: «Erlöse uns von dem Bösen!»
Jesus lädt uns ein so zu beten, weil er uns mit unserer Hoffnung in diese turbulente Welt gesandt hat!
Obwohl sich das Böse in einer zunehmenden Intensität zeigt, ist das immer noch dein und mein Platz! Ist das nicht verrückt? Dazu ein Zitat, das 1700 Jahre alt ist! Den Stellenwert dieser Gebetszeile «erlöse uns von dem Bösen» beschrieb Bischof Cyprian von Karthago so: «Wenn wir sagen ‘erlöse uns von dem Bösen’, dann bleibt nichts, was wir darüber hinaus noch zu bitten hätten. Wenn wir den erbetenen Schutz gegen das Böse einmal erlangt haben, dann stehen wir sicher und geborgen gegen alles, was Teufel und Welt bewerkstelligen können. Welche Furcht könnte für den noch aus der Welt aufsteigen, dessen Beschützer in der Welt Gott selbst ist.» (aus Joseph Ratzinger, Jesus von Nazareth, S. 201/2, Herder, 2007). Diese Worte erstaunen! Obwohl, das tönt fast ein wenig nach dem Gleichnis des reichen Kornbauers: «Liebe Seele, nun hast du Jesus, nun bist du geschützt, geborgen und von aller Angst befreit; gönne dir jetzt Ruhe, iss und trink und geniesse das Leben!» (Lukas 12,19). Meint es Bischof Cyprian in diesem Sinn?
Nein! Nicht viel andere haben so viel Schlimmes wie er durchgemacht. Sein Bekenntnis ist nicht in einem Glaubenshoch entstanden, sondern in einer Zeit grosser Christenverfolgung. Man hat Bischof Cyprian alles weggenommen und ins Gefängnis gesteckt. Dann wurde er vom Prokonsul eine Zeit lang in die Verbannung geschickt. Zurück und dann wieder ins Gefängnis. Ein neuer Prokonsul stellt ihn schliesslich vors Ultimatum: «Entweder widerrufst du dein Glaubensbekenntnis oder du stirbst!» Er antwortete: «Ich bin Christ und Bischof. Ich kenne keine anderen Götter als allein den einen und wahren Gott, der Himmel und Erde gemacht hat, und das Meer, und alles, was darin ist. Diesem Gott dienen wir Christen, ihn flehen wir Tag und Nacht an, für uns und alle Menschen, auch für das Wohlergehen des Kaisers.» Kurz darauf wurde er enthauptet. Im Jahr 258 starb Bischof Cyprian als Märtyrer. Nun könnten wir Cyprian fragen: Ist deine Sicherheit und Geborgenheit, deine Furchtlosigkeit gegen alles, was die Welt und der Teufel dir antun können, Realität? Die Antwort hat er vorgelebt: «Ja, das ist Tatsache! Weil Jesus all die Jahre meines schrecklichen Lebens bei mir war und auch eingespannt in die Guillotine war ich geborgen in ihm!»
Wir dürfen den letzten Satz seines obigen Zitats nicht übersehen: «…diesem Gott dienen wir Christen, ihn flehen wir Tag und Nacht an, für uns und alle Menschen, auch für das Wohlergehen des Kaisers». Das war sein Gebetskonzept! Das Unser Vater war wohl sein häufigstes Gebet! Erlöse uns von dem Bösen. Erlöse uns von dem Bösen!
«Erlöse uns von dem Bösen» ist eine unverzichtbare Bitte!
Wir benötigen für die gegenwärtige Zeit unbedingt ein Gebetskonzept. Wir beten in guten und schlechten Zeiten, dass wir den Glauben, die Beziehung zu Gott und unser Gottes-Kindschaft nicht verlieren. Wir beten, dass wir das Lebensziel erreichen. Wir beten so, dass wir unsere Herausforderungen des Glaubens im Alltag bewältigen können.
Dass wir uns unseren Prüfungen und Versuchungen stellen können, ist es wichtig für uns, die Taktik des Feindes zu kennen. Er kann als schleimiger Schleicher auftreten. Er will dich fies übers Ohr hauen. Er will deine Prioritätenliste auf den Kopf stellen, alles nur mit dem einen Ziel: Dich von geistlichen Dingen abzuhalten! Er will deine guten Vorsätze im Christsein über den Haufen werfen. Er will sich mit Kleinigkeiten in eure Ehe einschleichen, um eure Beziehungen zu stören. Er weiss so gut, wie man Streit in die Familien sät, dass Eltern und Kinder aneinandergeraten. Oder er klopft bei dir einfach an mit der Habgier: «Du solltest doch noch dies haben und jenes machen, um glücklich zu sein.» Das sollte doch drin liegen. Das kannst du dir doch leisten. Andere haben oder machen das auch. Es ist auch wichtig für dich.
Dass wir uns unseren Prüfungen und Versuchungen stellen können, ist es wichtig für uns, sich selbst zu kennen. Was sind deine persönlichen Stärken und Schwächen? Was sind deine Schlagseiten? Auf welchem Gebiet musst du aufpassen? Bete immer wieder «erlöse mich von dem Bösen» und erzähl Jesus von deiner Eifersucht, von deinem Jähzorn – unter dem die ganze Familie leidet, von deiner Habsucht oder anderen Süchten, von deinem Selbstmitleid. Wie in allen Beziehungen ist auch in deiner Beziehung zu Jesus Kommunikation ein und alles!
Das ist real: Wir können mit der Hilfe von Jesus Böses loslassen! Der Autor des Hebräerbriefs ruft uns dazu auf: «[...] Lasst uns ablegen alles, was uns beschwert, und die Sünde, die uns umstrickt [...]» (Hebräer 12,1 LUT). Dass wir uns unseren Prüfungen und Versuchungen stellen können, ist es wichtig für uns, Bescheid zu wissen über Gott in dir. Ich möchte dir in Erinnerung rufen anhand der Bibel: Der himmlische Vater lebt in dir und hat dir Anteil gegeben an seinem Geist. «Woher wissen wir, dass wir in Gott leben und dass Gott in uns lebt? Wir erkennen es daran, dass er uns Anteil an seinem Geist gegeben hat» (1. Johannes 4,13 NGÜ). Wenn das nicht faszinierende Liebe und Anteilnahme ist! Gott liebt uns mit seiner göttlichen Agape-Liebe so, wie uns kein Mensch lieben kann.
Das Unser-Vater ist nicht nur ein Gebet für uns, es ist auch ein Fürbitte-Gebet! «Erlöse uns von dem Bösen», die andern sind eingeschlossen in diese Bitte!
Das heisst: Du solidarisierst dich in Gedanken mit denen,
- deren Glaube auf wackeligen Beinen steht. …mit denen die an ihren Zweifeln verzweifeln. «Erlöse sie von dem Bösen!»
- mit deinen Angehörigen, Freunden und Freundinnen, mit Nachbarn und Arbeitskollegen, die Jesus noch nicht kennen. «Erlöse sie von dem Bösen!»
- mit denjenigen, die wegen ihrem Glauben verfolgt und misshandelt werden (das sind etwa 200 Millionen Christen auf der ganzen Welt); «Erlöse sie von dem Bösen!»
- mit denjenigen, die im Krieg alles verloren haben, Flüchtlinge sind, traumatisiert sind, keine Zukunft haben. «Erlöse sie von dem Bösen!»
Zum Schluss der Predigt gehört unbedingt auch der Schluss des Unservaters; das ist der geistliche Traubenzucker für neue Kraft:
«Erlöse uns von dem Bösen, (warum und wie?) denn dein ist das Reich, und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit!» Gott ist immer noch im Seetal, in der ganzen Schweiz, aber auch auf der ganzen Welt allmächtig und herrlich! Amen!
Mögliche Fragen für die Kleingruppe
- Zählt einiges aus der Bibel auf, was von uns gefordert ist für die Endzeit.
- Lest über die geistliche Waffenrüstung Epheser 6,10-20. Welche Waffen sind in der gegenwärtigen
Zeit nach eurem Empfinden ganz besonders wichtig? - Erkennt ihr eine aktuelle Taktik des Widersachers, an euch persönlich, an der Gemeinde?
- Für wen möchtet ihr besonders Fürbitte tun mit dem Satz «Erlöse sie uns dem Bösen!»
- Schildert, was das «Gott-in-euch» euch bedeutet!
- Schliesst mit einer Gebetsgemeinschaft.