Heimisch am Mutterherz Gottes

Datum: 12. Mai 2019 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: Jesaja 66,13; Matthäus 23,37
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Gott hat nicht nur ein Vaterherz, sondern auch ein Mutterherz. Um bei ihm ganz heimisch zu werden, brauchen wir zu beiden Herzen eine grosse Nähe. Die Beziehung zu unserer leiblichen Mutter hat grossen Einfluss auf die Nähe zum Mutterherz Gottes. Erlittene Mutterwunden müssen deshalb versorgt werden und brauchen Heilung.


 

Kaiser Friedrich II. machte Versuche mit Kindern. Er wollte die allen Menschen gemeinsame Ursprache herausfinden. Er glaubte, sie entdecken zu können, wenn beobachtet werde, in welcher Sprache Kinder zu reden anfangen, mit denen zuvor niemand gesprochen hat. Er tippte auf Hebräisch. Eine Chronik aus dem Jahre 1268 berichtet: «Und deshalb befahl er den Ammen und Pflegerinnen, sie sollten den Kindern Milch geben, sie baden und waschen, aber in keiner Weise mit ihnen schöntun und zu ihnen sprechen.» Der Versuch ging gründlich daneben, denn alle Kinder starben. Ohne die Koseworte ihrer Ammen und Nährerinnen vermochten sie nicht zu leben.

Wisst ihr, welches die Ursprache aller Kinder ist? Es ist … die Muttersprache. Mutterentzug im Kleinkindalter verursacht Schäden. Niemand beeinflusst unsere Identität mehr als die Mutter. Sie prägt nicht nur unsere Sprache, sondern auch unsere Weltanschauung, unser Weltbild, unser Grundgefühl der Sicherheit und des Wohlbefindens. Kinder blühen auf, wenn die Mutter ihnen zuhört, sie annimmt und für sie sorgt. In den frühesten Jahren ist die sogenannte Känguru-Pflege, der häufige Hautkontakt, für eine optimale Entwicklung wichtig. Es führt zu gesünderer Herzschlagfrequenz und Atmung, einem besseren Immunsystem und einer besseren Gewichtszunahme. Gott hat da den Müttern eine Verantwortung gegeben, die anders ist als die der Männer. Im Prozess der Bemutterung nimmt sie eine unersetzliche Rolle ein.

Das Mutterherz Gottes

Im Roman «Die Hütte» wird Gott Vater als fürsorgliche Afroamerikanerin dargestellt, die sich «Papa» nennen lässt und in der Küche arbeitet. Zuerst kam mir das etwas ketzerisch vor und hat mich irritiert. Doch in der Bibel begegnet uns das Mutterherz Gottes ebenso wie sein Vaterherz. Wir sehen dies beispielsweise bildlich in Matthäus 23,37: «O Jerusalem, Jerusalem, du Stadt, die Propheten ermordet und Gottes Boten steinigt! Wie oft wollte ich deine Kinder zusammenrufen, wie eine Henne, die ihre Küken unter ihren Flügeln birgt, doch ihr habt es nicht zugelassen.»

Gott hat den Menschen in seinem Bild geschaffen: «So schuf Gott die Menschen nach seinem Bild, nach dem Bild Gottes schuf er sie, als Mann und Frau schuf er sie» (1Mose 1,27). Es braucht die weibliche Seite, um das Bild Gottes reflektieren zu können. Alles Bemuttern kommt vom Mutterherz Gottes. Deshalb sagt er: «Ich selbst werde euch trösten, wie eine Mutter ihr Kind tröstet» (Jesaja 66,13). Oder 5. Mose 32,11 spricht von Gott als von einer Adlermutter, die ihre Jungen aufscheucht, die Flügel ausbreitet und sie dann auf ihren Schwingen trägt. Es war in Gottes Bild, dass Frauen und Mütter erschaffen wurden. Deshalb ist es überhaupt nicht ‘ketzerisch’, vom Mutterherz Gottes zu sprechen.

Es braucht beide, Männer und Frauen, um Gottes Bild zu reflektieren. Gemeinsam bekamen sie den Auftrag, fruchtbar zu sein, sich zu multiplizieren und mit verschiedenen Rollen an diesem Prozess beteiligt zu sein. Ernähren, Aufziehen und Fürsorge ist eine Gabe und Verantwortung, die Frauen besser wahrnehmen können. Männer können initiieren, etwas ins Leben rufen, aber sie können nicht sehr effektiv bemuttern.

Mutterwunden erleiden

Unsere Erfahrungen und emotionale Geschichte mit der eigenen Mutter haben einen direkten Einfluss auf unsere Beziehung zu Gott. Störungen in der Beziehung zur Mutter oder anderen weiblichen Bezugspersonen verursachen gerne Störungen in der Beziehung mit Gott.

Mutterwunden können entstehen, wenn wir im Bereich der mütterlichen Fürsorge Verletzungen erlebt haben. Verursacht werden sie besonders durch physische oder emotionale Abwesenheit der Mutter in den frühen formativen Jahren.

Wir schauen uns nun fünf verschiedene Arten von verletzenden Müttern an:

  1. Ablehnende Mutter: Vom Moment der Empfängnis erhält das neue Leben Impulse von der Mutter und der Umgebung. Daher können Mutterwunden sehr weit zurückgehen, denn die Mutter hat eine grosse Verantwortung für das Wohlbefinden und die Sicherheit des Kindes während der Schwangerschaft. Das Kind empfängt bereits dann die Haltung und Einstellung der Mutter und der Umgebung. Deshalb kann es zu Verletzungen beim Kind kommen, wenn die Mutter ihre Mutterrolle ablehnt – sei es wegen einer ungewollten Schwangerschaft oder wegen eines sexuellen Missbrauchs. Auch die Geschwisterkonstellation oder die Anzahl bereits vorhandener Kinder kann einen Einfluss haben.
  2. Bedürftige Mutter: Es kommt vor, dass ein emotional oder physisch abwesender Vater die Mutter dazu veranlasst, dass sie ihre emotionalen Bedürfnisse durch ihre Kinder stillen will. Ursache dafür können beispielsweise eine Scheidung oder der Tod des Vaters sein. Jeder dieser Gründe kann dazu führen, dass die Mutter den Kindern, vor allem dem ältesten Kind, eine zu grosse Last auferlegt. Sie gibt beispielsweise dem ältesten Sohn zu verstehen, er müsse nun der Mann im Haus sein, oder der ältesten Tochter, sie müssen nun die Lücke füllen. Kinder müssen Kinder sein dürfen.
  3. Lückenfüller Mutter: Wenn eine Mutter versucht, sowohl die Mutter- und Vaterrolle auszufüllen, kann es zu Wunden kommen. Ein Sohn kann so verweiblicht oder eine Tochter in ihrer Entwicklung zur Frau vernachlässigt werden. Alleinerziehende Frauen sollen die beste Mutter sein, die sie sein können, und Männer einbeziehen, um ins Leben der Kinder zu sprechen. Wenn du in dieser Situation bist, solltest du Gott bitten, dass er dir Männer zeigt, die ins Leben deiner Kinder sprechen können. Gott selbst hat versprochen, dass er ein Gott ist, der sich um Waisen und Witwen kümmert! Natürlich können solche Männer einen Vater nicht ersetzen, aber sie können die Kinder aus einer männlichen Perspektive bestätigen, ermutigen und ihnen Führung geben.
  4. Erdrückende Mutter: In der Regel ist eine solche Mutter sich nicht bewusst, dass sie ihre Kinder überbehütet. Sie ist eine Mutter, die festhält und Kontrolle behalten will. Dadurch wird sie versuchen, sich an den Kindern festzuklammern, auch wenn es Zeit ist, sie loszulassen. Es ist gerade für eine überbehütende Mutter wichtig zu wissen, dass Söhne zwischen 10 und 16 Jahre normalerweise beginnen, weiblichen Input zurückzuweisen. Manchmal werden sie sogar zornig, wenn ihre Mutter zu stark versucht, ihnen zu sagen, was sie zu tun haben. Die ideale Situation ist, wenn der Vater an dieser Stelle übernimmt und hauptsächlich den Input in den Jugendjahren gibt. Es braucht einen Mann, um einem Sohn Männlichkeit beizubringen. Eine Mutter kann aufziehen, lieben; aber zu einer gewissen Zeit muss sie ihn loslassen, mit ganzem Herzen für in beten und vorbildliche Männer haben, die in sein Leben sprechen und durch den Entwicklungsprozess führen.
  5. Vernachlässigende und missbrauchende Mutter: Diese Mutter ist nicht bestätigend und nicht ermutigend, sondern eher distanziert. Und wenn sie etwas sagt, dann ist es meist ungeduldig, kritisch, beschämend und respektlos. Sie sagt kaum je ein liebenswürdiges Wort. Man kann davon ausgehen, dass sie selbst Missbrauch und Verletzungen in ihrer Vergangenheit erlebt haben. Das entschuldigt keinesfalls, dass dieses Verhalten in dir Wunden verursacht hat. Du kannst deine Mutter nicht heilen, aber du kannst dafür sorgen, dass du Heilung erhältst. Eine solche Vernachlässigung behindert die Entwicklung des Grundgefühls von Wohlbefinden, Sicherheit und Geborgenheit, vor allem, wenn sie in den ersten formativen Jahren geschah.

Vielleicht fällst du als Mutter in eine dieser Kategorien. Dann hast du die Möglichkeit, deine Kinder um Vergebung zu bitten. In Jesus gibt es Vergebung, so dass du nicht fortwährend unter Schuldgefühlen oder Selbstanklage bzw. Selbstmitleid leben musst.

Mögliche Anzeichen von Mutterwunden sind:

  • Unbewusst bringen wir unsere Mutterbeziehung in die Gottesbeziehung ein. Deshalb können erlittene Wunden zu einer distanzierten Gottesbeziehung führen, sie verhindern das Heimisch-Werden bei Gott.
  • Durch das fehlende Grundgefühl der Geborgenheit mangelt es uns an Selbstsicherheit. Wir sind unsicher und haben Schwierigkeiten, den Platz im Leben zu finden.
  • Wir sind von einer gewissen Dunkelheit und Verlassenheit umgeben. Das Leben ist charakterisiert durch Einsamkeit und emotionalen Schmerz.
  • Die eigene Mutterbeziehung beeinflusst alle Beziehungen zu Frauen in unserem Leben.

Heilung der Mutterwunden

Gott ist ein liebender, fürsorglicher Vater – und er ist die beste Mutter. Wir sind seine Kinder. Ohne enge Beziehung zu Gott als dem wahren Vater und der wahren Mutter, können wir keine ganze Persönlichkeit werden. Eine zentrale Aussage dazu lautet: «Wenn selbst Vater und Mutter mich verlassen, wird doch der Herr mich aufnehmen» (Psalm 27,10). Durch die Gemeinschaft mit dem himmlischen Vater werden wir in eine vorzügliche Position gebracht, in der Heilung konkret werden kann. Es ist nie zu spät, ein wundervolles Leben zu leben. Die gute Botschaft lautet: Heilung ist möglich!

Heilung von unseren Mutterwunden können wir erfahren, wenn wir zu diesem Gott kommen. Jesus ist am Kreuz gestorben, so dass wir Heilung erhalten können. Es ist alles vollbracht (Johannes 19,30; Jesaja 53,5). In einem prophetischen Satz wird über Jesus gesagt: «Der Geist Gottes, des Herrn, ruht auf mir, denn der Herr hat mich gesalbt, um den Armen eine gute Botschaft zu verkünden. Er hat mich gesandt, um die zu heilen, die ein gebrochenes Herz haben, und zu verkündigen, dass die Gefangenen freigelassen und die Gefesselten befreit werden» (Jesaja 61,1).

Wie können wir vorgehen?

  • Identifiziere die Ursache für deine Wunde und die Person, die die Wunder verursacht hat. Wir kommen nicht weiter, wenn wir die Mutter in Schutz nehmen und sagen: «Meine Mutter bringt halt auch ihre Geschichte mit. Sie hat das Beste daraus gemacht.» Wir müssen Erkenntnis und Offenbarung haben, bevor wir Heilung erleben können.
  • Entscheide dich zu vergeben. Vergebung ist zuerst eine Entscheidung, kein Gefühl. Weil kein Mensch Sünden vergeben kann – nur Gott kann dies tun, müssen wir die Sünde von der Person trennen. Gott hat uns aber die Verantwortung gegeben, anderen Menschen zu vergeben. Das bedeutet nicht, dass wir die Sünde entschuldigen oder kleinmachen. Wenn du einer Person vergibst, so stellst du Gott an die erste Stelle in deinem Leben, denn er hat gesagt: «Wenn ihr denen vergebt, die euch Böses angetan haben, wird euer himmlischer Vater euch auch vergeben» (Matthäus 6,14).
  • Löse dich von jeglicher Bindung, die durch Bitterkeit und Unvergebenheit in deinem Leben entstanden ist. Wir binden Menschen, in dem wir sie in unserer Schuld behalten. Solange du nicht vergibst, besitzen andere Menschen ein Stück Land in deinem Herzen.
  • Bitte Jesus um Vergebung für deine eigene Schuld. Aufgrund der Wunden, die wir erfahren, werden auch wir zu Tätern. Diese Schuld dürfen wir Jesus bringen und Vergebung erfahren.
  • Empfange Gottes Segen, lass den himmlischen Vater in deinem Leben wiederherstellen, was dir geraubt wurde.

 

Im Laufe des Erwachsenwerdens gilt es Vater und Mutter zu verlassen (1Mose 2,24). Solche soeben beschriebene Prozesse sind ein notwendiges Muss auf diesem Weg. Das Ziel ist aber nicht das Verlassen, Anklage und Distanz, sondern einander zugewendete Herzen! Das einzige der Zehn Worte, das mit einer Verheissung verknüpft ist, lautet: «Ehre deinen Vater und deine Mutter. Dann wirst du lange in dem Land leben, das der Herr, dein Gott, dir geben wird» (2Mose 20,12). Das Ziel ist, Vater und Mutter zu ehren! Ehren meint aber nicht das Geschehene gutheissen. Vater und Mutter ehren kann nur, wer losgelassen, und durch Vergebung zu einer gesunden Beziehung gefunden hat. Wenn das geschehen ist, wirst du ganz nah zum Herz Gottes finden. Genau darum geht es im Leben. Es ist der allerbeste Ort, den es gibt!

 

 

 

Mögliche Fragen für die Kleingruppen

Bibeltext lesen: Jesaja 66,13

  1. Erzählt einander Kindheitserinnerungen im Zusammenhang mit eurer Mutter!
  2. Durch welche der fünf genannten Arten wurdest Du am ehesten von deiner Mutter verletzt?
  3. Was für Auswirkungen von Mutterwunden sind dir bekannt? Beispiele?
  4. Welche Art könnte für dich als Mutter am ehesten zur Falle werden? Was tust du dagegen?
  5. Was ist der Unterschied zwischen einem Menschen vergeben und Sünde vergeben? Warum fällt es uns oft so schwer, Menschen zu vergeben?