Nachfolgen – durch die Taufe in die Freiheit

Datum: 28. April 2024 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: 2. Mose 14
https://sermons.seetal-chile.ch/wp-content/uploads/sermons/2024/04/thumbnail-04-28.jpg

Der Weg des Volkes Israel aus Ägypten ins Verheissene Land ist wie ein Bilderbuch für die Nachfolge von Jesus Christus. Der Durchzug durch das Rote Meer ist ein Gleichnis für die Taufe. Nach der Taufe geht es nicht schnurstracks ins Verheissene Land, sondern vierzig Jahre lang durch die Wüste. Die Wüste ist der Ort, wo auf null gestellt wird und die Vorbereitung auf die zukünftige Heimat geschieht.


Ein Pastor und ein Hippie sitzen in einem Park auf einer Bank. Der Hippie liest in der Bibel. Plötzlich ruft er laut «Halleluja». Daraufhin fragt ihn der Pastor, was denn sei. «Oh, ist es nicht wunderbar, wie Gott Moses und das Volk durch das Meer führte?» antwortet der Hippie. Sofort erklärt ihm der Pastor, dass zu diesem Zeitpunkt an dieser Stelle das Meer nur etwa 40 cm tief gewesen sei und das Volk dort durchwatete. Fünf Minuten später flippt der Hippie völlig aus und ruft noch lauter «Halleluja». «Was ist denn jetzt schon wieder?» fragt ihn der leicht genervte Pastor. Der Hippie antwortet ihm: «Aber das ist doch ein Wunder! In nur 40 cm tiefem Wasser ertränkte Gott eine ganze Armee.»

«Exodus» heisst das Buch in der Bibel, das den Auszug der Israeliten aus der Gefangenschaft in Ägypten unter der Führung von Mose beschreibt. Dieses historische Ereignis beinhaltet viele Bezüge und Illustrationen für die Nachfolge Jesu Christi.

Auf Hebräisch heisst Ägypten Mizrayim. Das bedeutet Enge oder Bedrückung. Die Dualendung ayim deutet auf eine zweifache Bedrückung hin, eine innere und eine äussere. Jeder Mensch befindet sich am Anfang von Gott getrennt in einer inneren Bedrückung (Römer 3,23). Das ist die Ausgangslage im Leben. Mizrayim ist das Herrschaftsgebiet von Pharao und ist gleichzeitig eine Metapher. Deshalb ist der Auszug von Israel aus der Gefangenschaft ein Bild für die Hinwendung eines Menschen zu Jesus Christus, also für den Zeitpunkt, wenn er «aus der Macht der Finsternis gerettet und in das Reich des geliebten Sohnes versetzt» (Kolosser 1,13 NLB) wird. Die erste wichtige Station nach dem Auszug ist der Durchzug durch das Rote Meer.

Umweg zum Roten Meer

So war die riesige Menschenmenge, 600'000 Männer dazu Frauen und Kinder, unterwegs zwischen Ägypten und Kanaan. Als Navigationssystem diente nachts eine Feuersäule und am Tag eine Wolke. Es ging aber nicht schnurstracks ins Verheissene Land, sondern strategisch betrachtet in eine sehr ungemütliche Lage. Als es nämlich den Pharao gereute, dass er seine Sklaven ziehen liess, verfolgte er sie mit Pferd, Streitwagen und den besten Krieger. Das Volk Israel befand sich schutzlos in einer Sackgasse; vor sich das Rote Meer und den Feind im Nacken. Für das Volk Israel war diese Führung weder nachvollziehbar noch verständlich.

Das ist auch in der Nachfolge so. Es geht nicht auf kürzestem Weg ins Verheissene Land und manche Lebensführung verstehen wir aus unserer Perspektive kaum oder erscheint uns als lästigen Umweg. «Als die Israeliten den Pharao mit seinem Heer herankommen sahen, bekamen sie grosse Angst und schrien zum HERRN um Hilfe» (2Mose 14,10 NLB). Das ist eine mehr als typische Situation. Es widerfahren uns in der Nachfolge Jesu Dinge, die uns einfach nur ängstigen; ein Operation, ein Beziehungsbruch, eine Kündigung, ein unerfüllter Wunsch, ... «Doch Mose sagte zum Volk: ‘Habt keine Angst! Wartet ab und seht, wie der HERR euch heute retten wird. Denn ihr werdet diese Ägypter dort nie wiedersehen. Der HERR selbst wird für euch kämpfen. Bleibt ganz ruhig!’» (2Mose 14,13+14 NLB).

Durchzug durchs Rote Meer

Wie kämpft Gott für die Israeliten, was mussten sie selbst tun? Mose musste auf Gottes Reden hin seinen Hirtenstab über das Meer aus. Das Volk musste im Glauben aufbrechen, bevor sich das Meer geteilt hatte. Doch als es so weit war, teilte sich das Meer und das ganze Volk zog auf festem Grund durch das Meer. Als die hochmilitarisierten Ägypten ihnen folgten, kamen die Wassermassen und begruben das ganze Heer.

In welcher Sackgasse wir uns auch immer befinden, wie aussichtslos die Situation erscheint, es gibt immer einen Handlungsspielraum. Wenn wir den im Gehorsam und im Vertrauen auf den HERRN nutzen, werden Durchbrüche und Wunder wahr.

Die Israeliten wurden durch das Wasser hindurch gerettet und konnten auf der anderen Seite ein neues Leben als Volk beginnen. Das Wasser zog sich zurück und machte den Weg frei für einen Neuanfang. Dieses Prinzip spielte bereits bei Noah. Es ist wohl kein Zufall, dass diese zwei Episoden im Neuen Testament als Bilder für die Taufe gebraucht werden:

  • Petrus schreibt über das Ereignis mit der Arche, als Gott acht Menschen vor dem Ertrinken in der Flut rettete: «Das ist ein Bild für die Taufe, die euch jetzt rettet. Die Taufe ist keine körperliche Reinigung, sondern die Bitte an Gott um ein reines Gewissen. Dies ist möglich durch die Kraft der Auferstehung von Jesus Christus» (1Petrus 3,21 NLB).
  • Paulus schlägt die Brücke vom Durchzug durchs Rote Meer zur Taufe. «Alle wurden in der Wolke und im Meer auf Mose getauft, als sie ihm folgten» (1Korinther 10,2 NLB).

Beide Vergleiche sind sehr hilfreich, um zu verstehen, was in der Taufe passiert. Die Taufe rettet durchs Wasser hindurch und ermöglicht auf der anderen Seite ein neues Leben als Volk. Deshalb schreibt Paulus etwas später: «[...] Aber wir haben alle denselben Geist empfangen und gehören durch die Taufe zu einem einzigen Leib» (1Korinther 13,2 NLB). Die Taufe bringt Menschen zusammen zu einem Leib, zur Kirche, zum Volk Gottes. Es gibt also keine Nachfolge ohne Gemeinschaft.

Die Taufe rettet. Im Roten Meer wurde der ärgste Feind der Israeliten unschädlich gemacht. Hinter dem Volk bestand ab jetzt eine unsichtbare Linie des Schutzes. Das Gleiche geschieht in der Taufe. Hinter einem Nachfolger von Jesus wird eine Linie gezogen. Ein solcher Mensch ist befreit, nun nach vorne zu schauen und das Gelobte Land ins Visier zu nehmen.

Die Taufe rettet. Stimmt das? «Wer glaubt und getauft wird, wird gerettet werden. Wer aber nicht glaubt, wird verurteilt werden» (Markus 16,16 NLB). Glauben und sich taufen gehören untrennbar zusammen und retten. Zu biblischen Zeiten war die Taufe für einen Menschen, der an Jesus Christus glaubte, selbstverständlich und zeitnah dazugehörig. Genauso, wie das Volk im Gehorsam aufbrach und wundersam durch das Rote Meer schritt, soll ein Mensch, der Jesus Christus sein Leben anvertraut hat, sich im Wasser taufen lassen. In einer dreiteiligen Serie über den Exodus spricht Aaron nach dem Durchzug durchs Meer zu seinem Bruder Mose: «Mein Bruder, wir sind frei!»

Durch die Wüste ins Verheissene Land

Nach der Taufe im Roten Meer war das Volk Israel noch lange nicht in dem Land, wo Milch und Honig fliesst. Zwar war der hartnäckigste Feind ausgeschalten, dennoch folgten vierzig herausfordernde Wüstenjahre.

Jemand hat einmal gesagt: «Es dauerte eine Nacht, um Israel aus Ägypten herauszubringen. Aber es dauerte 40 Jahre, um Ägypten aus Israel herauszubringen.» Nach der Taufe ist der ärgste Feind zwar ersäuft, aber die Denk- und Handlungsweise von Ägypten ist oft noch sehr dominant. Wir sind zwar frei, haben eine neue Identität, aber wir leben noch nicht danach. Die 40 Jahre Wüstenwanderung, ein hilfreiches Bild für die Nachfolge Jesu Christi, helfen uns bei der Entlarvung des falschen Ichs und der Enthüllung des neuen Ichs.

Das falsche Ich wird aus den sozialen Zwängen einer unerlösten Welt fabriziert. Es definiert sich über das, was ich erreiche, erlange und dem, was andere über mich sagen. Als Jesus vom Heiligen Geist in die Wüste geführt wurde (Matthäus 4), wurde er durch drei Versuchungen attackiert: wichtig, spektakulär und mächtig zu sein. Jesus parierte sämtliche Angriffe, indem er sie mit dem Wort Gottes konfrontierte.

Für viele Menschen ist die Wüste ein Ort, den es zu meiden gilt, ein Ort der Verbannung oder des Kummers, oder einfach nutzlos und leer. In der arabischen Sprache gibt es das Verb ashara. Es bedeutet die Wüste bereitwillig zu betreten, denn dort gibt es Quellen, Wasserbrunnen und Orte des Lebens. Deshalb beschreibt Jesaja so treffend den Kern der Wüstenerfahrung: «Die Wüste und das dürre Land sollen sich freuen und die Steppe soll frohlocken und wie ein Krokusfeld erblühen. Dort werden Blumen im Überfluss wachsen und sie wird singen, jubeln und sich freuen! [...]» (Jesaja 35,1 NLB).

In der Weite der Wüste stehen wir ohne «Baugerüst» da: keine Freunde zum Reden, kein Handy zur Ablenkung, keine Musik zur Unterhaltung – nackt, verwundbar, schwach, beraubt. Die Wüste stellt auf null. Es ist der Ort der Reinigung und der Veränderung, der Ort des grossen Kampfes und der tiefen Begegnung mit Gott. Es ist der Ort des Kampfes gegen die Zwänge des falschen Ich und der Ort der Begegnung mit dem liebenden Gott, der sich selbst als Substanz für das neue Ich hergibt.

Kein Unfall, sondern der Heilige Geist führte Jesus in die Wüste (Matthäus 4,1). Ich bin überzeugt, dass der Geist Gottes mit den Nachfolgern von Jesus das Gleiche tun möchte. Er lockt in die Einsamkeit, in die Stille, manchmal tut er es auch durch Krisen im Leben wie Krankheit oder Schicksalsschlägen. Die Wüste ist der Ofen der Verwandlung. Wir brauchen Wüstenzeiten, um zum wahren Ich zu finden, dass sich aus der Liebe Gottes speist. Deshalb: Verstocken wir unsere Herzen nicht vor der Wüste! «Es dauerte eine Nacht, um Israel aus Ägypten herauszubringen. Aber es dauerte 40 Jahre, um Ägypten aus Israel herauszubringen.» In den 40 Jahren wurden die Israeliten auf das Verheissene Land vorbereitet.

Im Buch Ester wurde ein ganzes Jahr lang an der Schönheit des jüdischen Mädchens Ester gefeilt, bis sie zur Begegnung und Hochzeit mit dem König bereit war: «Wenn eine junge Frau an die Reihe kam zum König zu gehen, waren laut Vorschrift zwölf Monate vergangen, denn so lange dauerte die Schönheitspflege der Frauen: Sechs Monate wurden sie mit Myrrhenbalsam massiert und danach sechs Monate mit besonderen Balsamölen und Cremes für Frauen» (Ester 2,12 NLB). Die Gesamtheit der Nachfolger von Jesus wird in der Bibel als Braut bezeichnet. Die Nachfolge Christis ist die Vorbereitung auf die Zeit nach dem irdischen Leben. Es geht darum, schöner zu werden, um für die Hochzeit mit dem König aller Könige bereit zu sein. Es braucht Zeit und gute Pflege, um letztendlich dem König aller Könige zu begegnen.

Ester wurde ein Jahr lang zur Schönheit massiert (passiv!). Die Verwandlung vom falschen zum neuen Ich von Jesus Christus geschieht an uns. Weder Kampf noch Krampf, sondern ein An-sich-geschehen-Lassen. Unsere Aufgabe ist es, die Quellen, die Wasserbrunnen und die Orte des Lebens in der Wüste aufzusuchen und uns dort zur Schönheit massieren zu lassen. Und dann – kommt die Hochzeit!

 

Mögliche Fragen für die Kleingruppe

Bibeltext lesen: 2. Mose 14

  1. Wo wurdest du schon auf Umwege geführt, die für dich keinen Sinn ergaben?
  2. Was geschieht in der Taufe? Die biblischen Vergleiche mit der Arche von Noah und dem Durchzug durchs Rote Meer geben interessanten Aufschluss.
  3. Was ist der Sinn der Wüstenwanderung (Einsamkeit, Alleinsein, schwierige Zeiten) zwischen Taufe und Einzug ins Verheissene Land?
  4. Wodurch kennzeichnet sich das falsche Ich aus? Wo zeigt es sich bei dir am ehesten?
  5. Bei welchem Gedanken wurde dein Herz berührt? Wo lädt dich Jesus ein, einen nächsten (kleinen) Schritt zu tun?