Nachfolge: Lust oder Frust?
Serie: Folge du mir nach | Bibeltext: Lukas 7,47
Jesus nachzufolgen, kann ein Frust sein, wenn wir versuchen, dies aus eigener Kraft zu tun. Die Liebe zu Gott und den Mitmenschen entspringt aus dem tiefen Verständnis der persönlichen Gnade Gottes. Die Liebe fliesst natürlich, wenn wir täglich unsere Errettung durch Busse und Gnade durchleben. Durch dieses Bewusstsein werden wir leidenschaftliche Nachfolger von Jesus.
Ich habe einen Traum
Seit drei Jahren habe ich einen Traum, den ich mir erfüllen möchte. Der Ursprung dieses Traumes stammt von einem YouTube-Video. Auf dem Dokumentarfilm waren unzählige aufgestellte, motivierte Menschen mit glücklichen Gesichtern, die sich ihren Traum erfüllten. Die Kulisse spektakulär, Heissluftballons am Start, ein Helikopter, abgesperrte Strecke, traumhafte Landschaften, Berge, Galerien, Tunnels, Brücken, begleitet von tausenden applaudierenden Fans. Die Rede ist von Europas bekanntesten und begehrtesten Amateur-Radmarathon - der Ötztaler. Auf einer Strecke von 227 Kilometern gilt es, vier Pässe und 5500 Höhenmeter zu überwinden. Die heissbegehrten Startplätze werden jedes Jahr nach der Anmeldung verlost. Es kann einige Jahre dauern, bis man einen Startplatz ergattert. Anfangs Jahr, gleich bei meiner ersten Anmeldung, hatte ich Glück und durfte am 1. September an den Start gehen.
Der Traum droht ein Alptraum zu werden
Die lange Strecke mit den vielen Höhenmetern ist sehr anstrengend, dazu kommt der Zeitdruck. An vielen Stellen gibt es Zeitkontrollen und die Überschreitung einer Zeitvorgabe bedeutet da das Ende der Tour. Auf die Veranstaltung wollte ich mich gut vorbereiten, um nicht dem gefürchteten Besenwagen zum Opfer zu fallen. Die Vorbereitung bis Ende Mai ging gut, in den Nachfolgenden Monaten verdoppelte ich meine Trainingszeit. Trotz erhöhten Trainings blieb der Erfolg aus, zuerst ein Plateau und dann Stagnation der Leistung. Je näher ich zum Startermin des Ötztalers kam realisierte ich, dass ich nicht in meiner erwünschten Hochform und nicht sicher war, ob ich es in der vorgegebenen Zeit schaffen würde. Schwere Beine, Übertraining, körperliche Probleme, eine schreckliche Langzeitwettervorhersage und ein Problem mit meinem Fahrrad: Mein Traum drohte, ein Albtraum zu werden.
Eine Leere
Ich hatte einen Plan, hatte dafür hart gearbeitet und nun schien mein Traum geplatzt zu sein. Eine Leere breitete sich in mir aus und der Gedanke des Psalms 127 kam mir in den Sinn. «Wenn der HERR nicht das Haus baut, ist die Arbeit der Bauleute vergeblich» (Psalm 127,1 NLB). War es nur mein Plan, mein Ziel und mein Traum und dies ohne Gottes Segen? Möchte Gott mir ein Zeichen geben? Klar, es kann auch sein, dass ich falsch trainiert habe und am schlechten Zustand selber schuld bin. Nichtsdestotrotz regen mich die Umstände zum Nachdenken an. Ganz klar, ohne Gott ist unser Tun wertlos. Wir Menschen können selbstsicher grosse Ziele haben, doch am Ende hat Gott das letzte Wort; wie etwa im Gleichnis vom reichen Bauer, der seine Scheunen abreisst, um grössere Speicher zu bauen. Dieser dachte, er habe für sein ganzes Leben vorgesorgt. Doch der reiche Bauer starb noch in derselben Nacht (Lukas 12,16-21). Die Geschichte dreht sich um die richtigen Prioritäten im Leben. Auch ich stelle mir die Frage, ob meine Prioritäten richtig gesetzt sind?
Die zentrale Frage der Lebensprioritäten
Auch heute haben wir den «Teaser» vor der Predigt gesehen. Falls wir keinen Sonntag verpasst haben, war es der 37igste. Im «Teaser» werden wir jeden Sonntag gefragt, was unsere Aufmerksamkeit hat. Wir alle folgen etwas nach: Sport, Stars, Karriere, Erfolg, Besitz oder Ruhm. Wie sieht es mit Jesus aus - hat er deine Aufmerksamkeit? Folgst du seiner Aufforderung: «Folge du mir nach.»?
Was bedeute Nachfolge?
Was heisst nun «Folge du mir nach»? Jesus hatte eine klare Vorstellung was es heisst ihm nachzufolgen.
«Er fragte ihn: Meister, welches ist das wichtigste Gebot im Gesetz? Jesus antwortete: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, mit ganzer Hingabe und mit deinem ganzen Verstand! Dies ist das größte und wichtigste Gebot. Ein zweites ist ebenso wichtig: Liebe deine Mitmenschen wie dich selbst! Sicher niemand in hier hat das Problem» (Matthäus 22,36-39 NGÜ). Wow, das ist dicke Post. Alles aufgeben, um es Gott und den Mitmenschen zu geben. Als Christen in der heutigen Zeit könnten wir argumentieren, dass wir nicht unter diesem Gesetz stehen. Dies stimmt, wir stehen nicht unter dem Gesetz, vielmehr sollte das Gesetz in unserem Herzen geschrieben sein. Oder wie Harry Graf letzten Sonntag gesagt hat, dass als Christen nicht unsere Vorhaut, sondern unsere Herzen beschnitten sind. Unser Leben soll ein Wohlgeruch von Liebe sein, damit die Welt darin Gott erkennt.
Nachfolge = Gott & Nächstenliebe - Lust oder Frust?
Wenn ich das höre, tönt es ja gut, aber wenn ich ehrlich bin, habe ich manchmal keine Lust darauf, denn es ist fürchterlich mühsam und schwierig. Jesus weiss, dass wir es von uns aus nicht können. Wir als gefallene Kreaturen möchten dem Egoismus frönen. Genau darum hat Jesus uns einen Helfer versprochen, den Heiligen Geist. «Doch glaubt mir: Es ist gut für euch, dass ich weggehe. Denn wenn ich nicht von euch wegginge, käme der Helfer nicht zu euch; wenn ich aber gehe, werde ich ihn zu euch senden» (Johannes 16,7 NGÜ). Gott hilft uns in der Nachfolge und er will uns auch nicht alles, was Spass macht, wegnehmen. Doch will er, dass unsere Priorität Gott und den Mitmenschen gilt. Was heisst das nun für mich: Was für Prioritätsoptionen habe ich?
Wie sieht das nun bei mir aus, welche Optionen habe ich?
Option A: Keine Nachfolge, nur Sport. Ich könnte argumentieren, dass ich errettet bin und tue, worauf ich Lust habe und der Rest ist mir egal. Momentan habe ich Lust auf Sport; Nachfolge ist sowieso mehr Leiden als Leidenschaft.
Option B: Kein Sport, nur Nachfolge. Ich könnte mich entscheiden, den Sport aufzugeben, damit dieser nicht mein Götze wird.
Welches ist nun die bessere Option? A oder B? Wir können jetzt eine Abstimmung durchführen, welches die bessere Option ist, doch das lasse ich derzeit sein. Vielmehr möchte ich eine dritte Option vorschlagen.
Option C: Die Leidenschaft für die Nachfolge vergrössern.
Die Leidenschaft für Sport muss nicht das Problem sein, die fehlende Leidenschaft zur Nachfolge ist das Problem; die Liebe für die Nachfolge sollte grösser sein als der Sport. Die Kunst ist nicht andere Leidenschaften zu eliminieren sondern die Leidenschaft für die Nachfolge zu vergrössern.
Bereitschaft zum Leiden?
Doch zuerst, was ist Leidenschaft? Kurz ausgedrückt: Leidenschaft ist die Bereitschaft, für ein Ziel zu leiden. Beim Rennrad fahren ist es die Bereitschaft zu leiden, um das gesteckte Ziel zu erreichen. Möglicherweise geht es darum, das Ziel einer Route zu erreichen oder schneller als Alle anderen am Ziel zu sein. Um beim Ötztaler rechtzeitig ins Ziel zu kommen, war ich bereit zu frieren, durch nasskalten Regen zu fahren, zu schwitzen, Muskelkrämpfe, Atembeschwerden auszuhalten, einen Sturz zu riskieren und mich einen Tag mit Sportlernährung zu versorgen. Und für eine solche Tortur habe ich ein stattliches Startgeld bezahlt, ein Hotel gebucht, bin nach Österreich gefahren und habe ein Wochenende geopfert. Meine Leidenschaft zum Rennradfahren existiert, doch wie kann meine Leidenschaft für die Nachfolge Jesu‘ wachsen?
Die Quelle zur leidenschaftlichen Nachfolge
Woher kommt die Leidenschaft zur Nachfolge? Es gibt mehrere Gründe, warum wir motiviert sind, Nächstenliebe zu verschenken. In der Geschichte mit der Sünderin gibt Jesus uns einen Einblick, wie die Liebe zu Gott natürlich fliesst. Jesus wurde von einem Pharisäer zum Essen eingeladen. Dort war eine Sünderin, die mit Tränen seine Füsse wusch und sie mit ihren Haaren trocknete. Zusätzlich salbte sie noch die Füsse mit Öl. Daraufhin erklärte Jesus, warum diese Sünderin ihre Liebe so ausgeschüttet hat: «Ich kann dir sagen, woher das (die Liebe) kommt. Ihre vielen Sünden sind ihr vergeben worden, darum hat sie mir viel Liebe erwiesen. Wem aber wenig vergeben wird, der liebt auch wenig» (Lukas 7,47 NLB). Diese Frau hat realisiert, dass sie eine Sünderin ist und durch Jesus Gnade empfangen hat. Die Offenbarung erfüllte sie mit Dankbarkeit und daraus resultierte eine natürliche Liebe. Als sie begriffen hat, welches riesiges Geschenk sie erhalten hat, konnte sie nicht anders, als diese Liebe zu erwidern.
Jeder, der Jesus nachfolgt, hat Vergebung erlebt. Ich bin zum Glauben gekommen, als ich die Offenbarung erhalten hatte, dass ich mit meinen Sünden ohne Jesus verloren bin. Bis dorthin dachte ich, dass Gott mich akzeptieren würde, weil ich im Prinzip ein guter Mensch bin. Eine Sünde genügt, mit nur einer Sünde sind wir verloren. Ich wusste, dass ich ein neues Leben geschenkt bekommen hatte und dieses habe ich Gott hingegeben. Doch nun sind bereits Jahrzehnte vergangen. Die Kunst ist, dieses wunderbare Geschenk jeden Tag wieder zu realisieren. Aus dieser Dankbarkeit schöpfen wir die Kraft zum Dienen. Die täglich bewusst erlebte Busse und daraus resultierende Vergebung lösen in uns Dankbarkeit aus. Aus dieser Dankbarkeit entspringt die Liebe.
Täglich die Vergebung erleben
Tägliches Bewusstsein unserer Verlorenheit und Gottes Gnade gibt uns die Motivation zur Nächstenliebe; wenn wir dies immer wieder vor den Augen haben, werden wir die dankbarsten Menschen sein. Ein Weg, immer wieder daran erinnert zu werden, sind visuelle Hilfen wie zum Beispiel Denkmäler.
Denkmäler - Erinnerungshilfen für Gottes Gnade
Gott gab im Alten Testament den Israeliten etliche Male die Weisung, Denkmäler von seiner Gnade zu errichten, damit sie nicht vergessen wird. Von den vielen möchte ich nur drei kurz erwähnen.
Jakob errichtete einen Stein, nachdem er im Traum eine Verheissung von Gott erhalten hat. Er nannte diese Stätte Bethel (Haus Gottes) 1. Mose 28,10-22.
Josua baute in Gilgal ein Denkmal, nachdem die Israeliten die Bundeslade trockenen Fusses über den Fluss Jordan getragen hatten Josua 4,21-22.
Samuel baut in Ebenezer ein Denkmal, nachdem die Israeliten die Philister geschlagen hatten. Er nannte den Ort Eben - Eser (Stein der Hilfe) 1. Samuel 7,10.
Sich an Gottes Gnade zu erinnern, ist wichtig und schöpft Kraft. Auch in der Schweiz sehen wir an einigen Orten Denkmäler. Im Speziellen in katholischen Gegenden finden wir vielfach Kreuze sowie kleine Kapellen, die uns an den Tod und unsere Auferstehung mit Jesus erinnern. Früher waren in vielen Häusern und sogar in Schulzimmern Kreuze zu sehen. Doch was erinnert dich täglich an das wunderbare Geschenk? Ist es eine Halskette mit einem Kreuz, ein Ring, ein Aufkleber auf dem Auto, ein W.W.J.D. Armband aus den 90er Jahren oder vielleicht sogar ein Tattoo? Auch ich frage mich die Frage, was erinnert mich täglich an Gottes Gnade an mir?
Zum Abschluss darf ich wohl verraten, dass ich am 1. September bei idealen Wetterbedingungen gestartet bin. Ich habe die Landschaft, die abgesperrte Strecke und all die rufenden, applaudierenden Zuschauer genossen. Teilweise war es ein Kampf, da habe ich am Wort Gottes festgehalten, gebetet und geglaubt, dass ich es mit Gottes Hilfe schaffen werde. Vierzehn Gels, fünf Liter Zuckerwasser und zwei Red Bulls später bin ich nach elf Stunden sechsundvierzig Minuten glücklich im Ziel angekommen. Zur Erinnerung habe ich ein Finisher-Trikot erhalten. Es ist schön, eines zu haben, aber im Vergleich zum Kreuz ist es wertlos.
Mögliche Fragen für die Kleingruppe
Bibeltext lesen: Lukas 7,41-47
- Kennst du die Geschichte von der Sünderin, die Jesus Füsse mit Tränen gewaschen hatte? Warum denkst du, hat Jesus die Frau so geliebt? Was ist in Lukas 7,41-42 gemeint?
- Können nur Leute, die viel gesündigt haben, Gott wirklich lieben?
- Könnte es darum gehen, wie gut man die persönliche Gnade Gottes versteht?
- Begreifst und fühlst du Gottes Gnade? Erinnerst du dich täglich an die Gnade Gottes?
- Was für ein „Denkmal“ der Gnade könntest du errichten?
- Bist du mit meiner Liebe zu Gott und den Mitmenschen zufrieden?
- Wie könntest du deine Liebe und Leidenschaft vergrössern, ohne dass es ein Krampf wird?