Glaube Hoffnung Liebe
Serie: CREATIO | Bibeltext: 1. Korinther 13,13; 1. Thessalonicher 1,3
Creatio – Hoffnung und Verantwortung; so lautet unser aktuelles Jahresthema. Hoffnung gehört zusammen mit Glauben und Liebe zu den wichtigsten Eigenschaften gelebten Christseins. Der Glaube stärkt uns. Die Hoffnung trägt uns. Die Liebe hält uns. Glaube, Hoffnung, Liebe – diese drei bleiben. Wir werden eingeladen, durch Stärkung dieser Eigenschaften den vollen Klang eines Menschen, der mit Jesus unterwegs ist, zu bekommen.
Die Queen und mit ihr das Königshaus von England ist gerade in aller Leute Mund. Was sind eigentlich die Eigenschaften eines Königs? Eine Repräsentantin des Königshauses muss hervorragende Manieren an den Tag legen, sie muss das Protokoll für die Einsetzung eines Premierministers kennen, die Thronrede halten, herrschen, ohne zu regieren, Staatsgäste empfangen, etc. Was zeichnet einen Christen aus? Kürzlich war ich in einem Gespräch, in dem mich eine junge Frau, unmittelbar vor ihrer Entscheidung für ein Leben mit Jesus, fragte, was es denn bedeute Christ zu sein.
Paulus, der Kirchengründer des ersten Jahrhunderts, gibt darauf eine Antwort. Zuerst erklärt er, was es nicht ist; nämlich die Erkenntnis. Unsere momentane Erkenntnis ist Stückwerk, das sich erst in der zukünftigen unmittelbaren Gemeinschaft mit Gott vervollständigen wird. Anstelle der Erkenntnis sind es drei Dinge: «Glaube, Hoffnung und Liebe, diese drei bleiben. Aber am grössten ist die Liebe» (1Korinther 13,13 NLB). Diese drei Zutaten ergeben zusammen den vollen Klang eines Menschen, der mit Jesus unterwegs ist. Glaube, Hoffnung und Liebe – diese drei erscheinen nebst dieser Stelle nochmals mindestens siebenmal in der Bibel (1Thessalonicher 1,3; 5,8; Römer 5,2-5; Galater 5,5f; Kolosser 1,4f; Hebräer 6,10-12; 1Petrus 1,21f).
In der Lobesrede über die Kirche in Thessalonich heisst es: «Wir danken Gott allezeit für euch alle, wenn wir euch erwähnen in unseren Gebeten, indem wir unablässig gedenken an euer Werk im Glauben und eure Bemühung in der Liebe und euer standhaftes Ausharren in der Hoffnung auf unseren Herrn Jesus Christus vor unserem Gott und Vater» (1Thessalonicher 1,2f SLT).
Werk im Glauben
Jemand unterschied einmal zwischen einem «Aspirin-Glauben» und einem «Yeti-Glauben». «Aspirin-Glaube»: Ich glaube, dass das Aspirin etwas bewirkt. «Yeti-Glaube»: Ich glaube, dass es einen Yeti gibt. Der biblische Glaube ist ein «Aspirin-Glaube». Der Glaube, von dem die Bibel spricht, ist nicht bloss ein «Für-wahr-Halten» der historischen Figur Jesus, sondern der Glaube, dass Jesus Christus lebendig ist und in unseren Leben einen Unterschied ausmacht.
Der Missionar John Patten war im 19. Jh. auf einer Inselgruppe im Südwestpazifik tätig. Die Angehörigen der dortigen Stämme waren Kannibalen; sein Leben war also ständig in Gefahr. Bei seiner Arbeit stellte Patten fest, dass die Menschen dort kein Wort für glauben oder vertrauen kannten; kein Wunder, denn keiner vertraute dem anderen. Eines Tages, als ihn ein Einheimischer aufsuchte, lehnte sich Patten in seinen Stuhl zurück, hob die Füsse vom Boden hoch und fragte: «Was mache ich gerade?» Die Antwort war ein Wort, das so viel bedeutete wie sich mit ganzem Gewicht auf etwas lehnen. Diesen Begriff verwendete dann für das Wort Glauben. Glaube ist, wenn wir das ganze Gewicht unseres Lebens auf Jesus Christus setzen.
«Was ist nun also der Glaube? Er ist das Vertrauen darauf, dass das, was wir hoffen, sich erfüllen wird, und die Überzeugung, dass das, was man nicht sieht, existiert» (Hebräer 11,1 NLB). Der Glaube stützt sich also auf die Existenz von unsichtbaren Dingen und vertraut darauf, dass dies konkrete und wunderbare Auswirkungen auf das Leben hat. Ein Mensch, der sein Leben Jesus Christus anvertraut hat, glaubt an den heiligen Schöpfer, der das ganze Universum und den Menschen geschaffen hat. Wir leben durch seinen Atem, den Heiligen Geist. Er glaubt an Gott, der seinen Sohn Jesus Christus auf die Erde sandte, damit wir durch sein Blut reingewaschen sind, unbefleckt und vor Gott stehen dürfen. Er glaubt an die Auferstehung und dass wir allein durch Christus die Beziehung zu unserem Herrn haben dürfen. Er glaubt daran, dass Christus eines Tages wiederkommen wird und wir mit ihm in der Ewigkeit leben werden. Obwohl der Glaubende nicht sieht, ist er überzeugt, dass Christus existiert und dass er Sein Kind ist, aufgenommen in die ewige und himmlische Familie.
«Ihn liebt ihr, obwohl ihr ihn nie gesehen habt. Obwohl ihr ihn nicht seht, glaubt ihr an ihn; und schon jetzt seid ihr erfüllt von herrlicher, unaussprechlicher Freude. Ihr erreicht ja das Ziel eures Glaubens, nämlich die Rettung eurer Seelen» (1Petrus 1,8f NLB).
Warum spricht Paulus vom «Werk im Glauben»? Sind diese Begriffe nicht gerade der totale Gegensatz? Wir sind ja nicht aufgrund unserer guten Taten, sondern aufgrund des Glaubens gerettet. Sola fide – nur der Glaube. Auch wenn gute Werke als solche nicht Heilsmittel sind, so sind sie doch Begleiterscheinungen echten Glaubens, der ohne Werke tot ist (Jakobus 2,17-26). Wie Aspirin gegen Kopfweh wirkt, muss der Glaube an Jesus Christus Auswirkungen in unserem Leben haben. Der Glaube lässt in einem Menschen folgende Frucht wachsen: Liebe, Freude, Frieden, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung (Galater 5,22f). Glaube hat positive Auswirkungen auf alle Lebensbereiche, sei es auf die Arbeit, die Familie oder die Nachbarschaft.
Standhaftes Ausharren in der Hoffnung
Glaube fundiert auf Ereignissen, die bereits geschehen sind. Hoffnung schaut vorwärts auf zukünftige Dinge. Ein Mensch der Hoffnung hat die ausserordentliche Fähigkeit, durch den Horizont zu schauen. Das ist nicht einfach.
Falls richtig gezählt, war dieses Jahr in der seetal chile bereits 66-mal den Satz «Seht hin, ich schaffe etwas Neues, schon keimt es auf» (Jesaja 43,19a NLB) hören. Er wird zweimal im Teaser gesprochen. Im Bibeltext folgt darauf die Frage: «Seht ihr es nicht?» Hoffnung bedeutet, die neuen Keimlinge zu sehen. Vor ein paar Tagen wurde unser Rasen neu angesät. Wenn man ganz genau hinsah, waren eines Morgens winzig kleine Gräser zu entdecken. Sie wurden nicht von allen gesehen.
Wo sind die winzigen Keimlinge der neuen Schöpfung? Das deutlichste Zeichen ist der leibhaftig auferstandene Jesus Christus. Am dritten Tag nach seiner Kreuzigung verliess er sein Grab und wurde in einem neuen Körper mit neuen Fähigkeiten von über 500 Augenzeugen gesehen. Die neue Schöpfung hat begonnen. Seht ihr es nicht? «Wenn aber Christus nicht auferstanden ist, dann ist euer Glaube nutzlos [...]» (1Korinther 15,17 NLB). Wer mit Christus verbunden ist, der stirbt und aufersteht mit Ihm zu neuem Leben. Das ist Grund und Inhalt einer lebendigen christlichen Hoffnung. Dabei geht es nicht um eine spirituelle Erfahrung, die zu einer unkörperlichen Zukunftshoffnung führt. Echte Hoffnung besteht nicht darin, dass unsere Seele in den Himmel kommt, sondern dass wir zusammen mit Jesus – ebenfalls körperlich in einem neuen Leib – in der neugeschaffenen Welt leben werden. Mit dieser Qualität von Hoffnung im Herzen können wir positiv und zuversichtlich durch die Krisen des Lebens gehen. Nur aufgrund dieser Hoffnung kann Paulus sagen: «Ich bin aber davon überzeugt, dass unsere jetzigen Leiden bedeutungslos sind im Vergleich zu der Herrlichkeit, die er uns später schenken wird» (Römer 8,18 NLB). Eine solche Hoffnung lässt uns angesichts eines Virus, der Corona genannt wird, nicht verzagen und in die Enge treiben. Siehst du die Keimlinge? Das Reich Gottes, die Neuschöpfung, poppt überall dort auf, wo Menschen nach dem Willen Gottes leben. Seht ihr es nicht? Man hat herausgefunden, dass in verheerenden Krisenzeiten, wie es der Holocaust beispielsweise war, nur die Menschen überlebten, die Hoffnung hatten. Daniel Bieri hat vor zwei Wochen vom Rattenversuch erzählt. Obwohl Ratten zwei bis drei Tage schwimmen können, sind sie in einem mit Wasser gefüllten Einmachglas innert Minuten gestorben. Nachdem die Ratten von Zeit zu Zeit auf die Hand genommen wurden und man ihnen so Hoffnung vermittelte, überlebten sie viele Tage.
Paulus spricht vom «standhaften Ausharren in der Hoffnung». Hoffnung hat nichts mit Schwärmerei oder einem «geistlichen Überbiss» zu tun. Wir sollen die Gegenwart mit ihren Aufgaben und Nöten weder kleinreden noch verdrängen. Darum ist das standhafte Ausharren (griech. hypomonä = darunterbleiben, durchhalten auch unter den grössten Prüfungen und Leiden) wichtig. «Hoffen» eilt vorwärts; «standhaftes Ausharren» bleibt fest stehen am gegenwärtigen Platz. Das Hoffen auf die Auferstehungskraft Gottes lässt die heutigen Kämpfe geduldig ertragen.
Hoffnung ist die Fähigkeit, die Musik der Zukunft zu hören. Glaube ist der Mut, in der Gegenwart danach zu tanzen. «Deshalb bete ich, dass Gott, der euch Hoffnung gibt, euch in eurem Glauben mit Freude und Frieden erfüllt, sodass eure Hoffnung immer grösser wird durch die Kraft des Heiligen Geistes» (Römer 15,13 NLB).
Bemühung in der Liebe
«Glaube, Hoffnung und Liebe, diese drei bleiben. Aber am grössten ist die Liebe» (1Korinther 13,13 NLB). Die letzte und grösste Charakteristik echten Christseins ist die Liebe. Und diese ist deshalb am grössten, weil Gott selbst Liebe ist. «Wir haben erkannt, wie sehr Gott uns liebt, und wir glauben an seine Liebe. Gott ist Liebe, und wer in der Liebe lebt, der lebt in Gott und Gott lebt in ihm» (1Johannes 4,16 NLB). Weil die Liebe von Gott kommt, können wir einander lieben. Würden unsere Arbeitskollegen uns mit dem Begriff «Liebe» beschreiben?
«Liebe» ist bei uns oft ein warmes Gefühl, das dem anderen entgegenquillt. Sie stellt eine wechselnde Stimmung dar, die schnell verglühen kann. Man spricht dann von auseinanderleben. Im Griechischen steht agape, das ist die göttlich, sich selbst aufopfernde Liebe. Paulus kombiniert die Liebe mit Bemühung (griech. kopos). Kopos bedeutet intensive, mit Anstrengung verbundene Mühe bis zum Rand der Erschöpfung. Da steckt doch ein anderes Verständnis dahinter, als heute gemeinhin akzeptiert und angenommen wird. Ja, die Liebe darf uns etwas kosten. Die Rechnung übernimmt die Liebe selbst, nämlich Gott.
Wenn ein Paar sich vor dem Altar Liebe verspricht, geht es darum. Und ich frage mich, wie es um unsere Ehen, Familien und die Teamsituationen am Arbeitsplatz stünde, wenn wir von dieser Liebe Gottes geprägt wären. Nein, wir müssen uns die Bemühung in der Liebe nicht krampfhaft erarbeiten, sie ist ein Geschenk von dem, der die Liebe ist, dem Schöpfer des ganzen Universums. Der Tanz des Glaubens in der Gegenwart soll von «Bemühung in der Liebe» geprägt sein.
Das ist es also, was echtes Christsein ausmacht: Glaube, Hoffnung und Liebe. Der Glaube stärkt uns. Die Hoffnung trägt uns. Die Liebe hält uns. Und ich stelle mir die Frage, ob wir Christen durch diese Eigenschaften auffallen. An der Fensterfront zwischen Kirche und Kirchgemeindehaus in Seon sind diese drei Begriffe gross aufgeklebt. Die Seoner haben die unrühmliche Bezeichnung gottlose Seener erhalten. Arbeiten wir daran, dass dieses Etikett mit den drei Wörtern Glaube, Hoffnung und Liebe ausgetauscht wird.
Mögliche Fragen für die Kleingruppen
Bibeltext lesen: 1. Korinther 13,13; 1. Thessalonicher 1,3
- Was macht einen Menschen, der mit Jesus lebt, aus?
- Was hältst du von der biblischen Zusammenfassung mit den drei Begriffen Glaube, Hoffnung, Liebe?
- Wie würdest du den Begriff Glaube umschreiben? Wie die Begriffe Hoffnung und Liebe?
- Wo siehst du Keimlinge, Boten der Hoffnung, spriessen? Siehst du es?
- Betet füreinander, dass Glaube, Hoffnung und Liebe wachsen kann!