Heiliger Geist – Basis der Nachfolge

Datum: 19. Mai 2024 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: Jeremia 31,33-34

Es ist bemerkenswert und nicht zufällig, dass Pfingsten genau auf den Tag fiel, als die Juden Schavuot feierten. Gott wollte es den Juden leicht machen und ihnen auf die Sprünge helfen, den Zusammenhang der Gabe des Heiligen Geistes mit Schavuot zu erkennen. Schavuot ist das Fest der Erstlingsfrucht und des Wortes Gottes. Das Volk feierte an diesem Tag, dass ihm am Sinai die Tora gegeben wurde. Durch den Heiligen Geist wurde den Nachfolgern von Jesus an Pfingsten die Tora ins Herz geschrieben. Es ist das Zeichen des neuen Bundes.


In seiner Predigt am Pfingstfest schildert der Pfarrer, wie der Heilige Geist sich als feurige Zunge auf den Köpfen der Versammelten niederliess. Da flüstert Hans dem Emil zu: «Jetzt weiss ich, warum die Mönche Tonsuren tragen.»

Es ist faszinierend und kein Zufall, dass beim Pfingstfest Juden aus vielen verschiedenen Ländern in Jerusalem versammelt waren. Bereits beim Tod und der Auferstehung von Jesus war dies der Fall. Beide Anlässe fanden termingerecht an einem der grossen jüdischen Wallfahrtsfeste statt.

Am Passahfest feiern die Juden die Befreiung aus der ägyptischen Sklaverei. Jesu Tod und Auferstehung schaffen die Voraussetzung, dass wir alle aus unseren persönlichen Gefangenschaften befreit werden können. Durch Mose gab Gott dem Volk Israel die Anweisung, nach dem Passahfest sieben Wochen plus einen Tag zu zählen (3Mose 23,15-22) und dann Schavuot (dt. Wochenfest) zu feiern. Der Name Schavuot kommt daher, weil die Terminierung nach der Zählung der Wochen nach Passah und nicht nach dem Kalender stattfindet.

Im Neuen Testament, das in Griechisch verfasst wurde, heisst das Fest Pentekostos (dt. fünfzig, auch Pfingsten). Fünfzig Tage nach dem Passahfest waren also wiederum grosse Feierlichkeiten in Jerusalem angesagt. Schavuot. Die ganze Stadt war voller Leben. Das zweite Wallfahrtsfest hat eine naturbezogene und eine historische Bedeutung. Die Juden feierten die Getreideernte, den Empfang der Tora am Sinai sowie den Bund, den Gott mit Israel schloss. Mitten in diese Feierlichkeiten giesst Gott den Heiligen Geist auf seine Nachfolger aus.

Fest der Erstlingsfrüchte

Gott hat seinem Volk ein Land gegeben, in dem Milch und Honig fliesst, aber auch viele verschiedene Arten von Obst, Gemüse, Früchte und Getreide bietet. An Schavuot ist es Zeit, um Gott für die erste Ernte zu danken. Ein Fest wider des Vergessens der Güte Gottes. Die Gefahr war schon immer gross, dass der Mensch, wenn es ihm gut geht, Gott vergisst, der alles wachsen und gedeihen lässt (5Mose 6,10-12). Gott schafft jegliche Lebensgrundlage. Der Mensch kann säen und ernten, doch wachsen lassen kann nur Gott (1Korinther 3,6).

Genau gleich ist es in der Nachfolge. Wir können unsere Herzen für Gott öffnen, Ihn suchen, doch die Frucht schenkt der Geist Gottes. «Wenn dagegen der Heilige Geist unser Leben beherrscht, wird er ganz andere Frucht in uns wachsen lassen: Liebe, Freude, Frieden, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung» (Galater 5,22 NLB). Pfingsten ist ein Tag gegen das Vergessen, dass diese Dinge nicht selbstverständlich, sondern ein Geschenk Gottes sind.

Nach jüdischer Tradition wird während dieses Festes eine ganze Nacht dem Schriftstudium gewidmet. Unter anderem wird das Buch Rut vorgelesen, weil diese Geschichte während der Ernte spielt. Die bewusste Hinwendung der Moabiterin Rut zum Gott Israels (Rut 1,16+17) ist eine Erstlingsfrucht unter den vielen Heiden, die in den nachfolgenden Jahrhunderten ihrem Beispiel gefolgt sind.

Bevor Jesus zu seinem Vater zurückging, gab er die Anweisung, dass die Jünger in Jerusalem bleiben sollten, bis der Geist Gottes kommt. Erst dann sollen sie in die Welt hinausgehen und allen Menschen die gute Nachricht bringen (Apostelgeschichte 1,4+8). Der Grund ist der, dass ohne Heiliger Geist die Erfolgsaussichten bei null sind. Jeder Nachfolger von Jesus Christus wird in den Auftrag eingeschlossen, anderen Menschen das Evangelium, die gute Nachricht, zu erläutern. Die Bereitschaft, dies auf takt- und liebevolle Art zu tun, ist unser Part. Für den Erfolg und offene Herzen ist der Geist Gottes zuständig. Ohne Ihn geht gar nichts. Es wäre, wie wenn wir mit blossen Händen, ohne Vorschlaghammer, eine gemauerte Wand niederreissen oder wenn wir im Gasgrill das Fleisch mit leere Gasflasche braten wollten.

Fest des Wortes Gottes

Beim Schavuot brachten die Juden ursprünglich zwei Brote als Schwingopfer dar. Aber, «der Mensch braucht mehr als nur Brot zum Leben. Er lebt auch von jedem Wort, das aus dem Mund des HERRN kommt» (5Mose 8,3 NLB). Deshalb ist das Schavuot als Fest der Erstlingsfrüchte auch ein Fest des Wortes Gottes. Das jüdische Volk feiert an diesem Tag, dass ihm am Sinai die Tora gegeben wurde (2Mose 19). Selbst die Umstände waren vergleichbar. Am Sinai gab es Feuer, Sturm und Rauch. Beim Pfingstereignis in Jerusalem ist von einem Brausen wie das Rauschen eines mächtigen Sturms und von Flammen die Rede.

Das Zählen der Tage zwischen Passah und Schavout, die sogenannte Omerzählung, ist bei den Juden ein bewusstes Ritual. Diese Zeit lehrt in erster Linie, dass die geschenkte Freiheit und die durch Gott gegebenen Weisungen in einem tiefen und untrennbaren Zusammenhang stehen. Leo Trepp (1913-2010), ein Rabbiner sagt: «Freiheit ohne Verpflichtung führt zum Nihilismus. Das kündet uns die Zählung.» Und ein Ausspruch der Weisen lautet: «Je mehr Tora, umso mehr Leben. Je mehr Lernen, umso mehr Weisheit.»

Wir stehen in der Gefahr zu denken, dass Gott ein Spielverderber ist, der unsere Freiheit einschränkt. Gottes Wort gibt der geschenkten Freiheit den richtigen Rahmen. Es ist lebensfördernd und führt in die Weite. In einem Land ohne Bundesverfassung herrscht Willkür und Anarchie. Die Tora ist die Verfassung, die dem Bund zwischen Gott und seinem Volk einen Boden gibt. Freiheit ohne Gottes Wort ist wie ein Kunstbild auf Leinwand ohne Bilderrahmen. Die Tora kann verstanden werden als Manifest der Menschenwürde, als Markierung, wie Menschen miteinander, mit der Natur, mit fremdem Leben umgehen sollen.

Das erste Pfingstfest war auch ein Hörwunder. So riefen ausländische Juden, die der hebräischen Sprache nicht mächtig waren: «[...] Wie kann das sein? Diese Leute stammen alle aus Galiläa, und doch hören wir sie in den Sprachen der Länder sprechen, in denen wir geboren wurden!» (Apostelgeschichte 2,7-8 NLB). Dank dem Heiligen Geist verstanden sie unbekannte Sprachen. Genauso entschlüsselt uns der Heilige Geist Gottes Wort, so dass wir immer mehr davon verstehen können.

«Zu den Juden, die nun an ihn glaubten, sagte Jesus: ‘Wenn ihr in meinem Wort bleibt, seid ihr wirklich meine Jünger, und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen’» (Johannes 8,31-32 NGÜ).

Nachfolger von Jesus bleiben in seinem Wort. Gottes Wort und der Heilige Geist gehören untrennbar zusammen. Sie bedingen sich gegenseitig. Der Geist Gottes macht uns nicht zu Freigeistern, sondern bindet uns an Gottes Wort. Deshalb studieren die Juden an Schavuot eine Nacht lang die Schrift.

Fest des Heiligen Geistes

Durch den Heiligen Geist wird einem Nachfolger von Jesus die Tora ins Herz geschrieben. Jeremia gibt uns einen prophetischen Ausblick auf Pfingsten: «‘Doch dies ist der neue Bund, den ich an jenem Tage mit dem Volk Israel schliessen werde’, spricht der HERR. ‘Ich werde ihr Denken mit meinem Gesetz (Tora) füllen, und ich werde es in ihr Herz schreiben. Und ich werde ihr Gott sein und sie werden mein Volk sein’» (Jeremia 31,33 NLB). Pfingsten markiert den Anfang eines Bundes, bei dem Gott durch seinen Geist in und mit den Nachfolgern lebt.

Durch den Heiligen Geist wird einem Nachfolger von Jesus die Tora ins Herz geschrieben. Derselbe Vorgang wird an anderer Stelle mit dem Ersetzen des Herzens aus Stein mit einem Herzen aus Fleisch beschrieben (Hesekiel 36,26). Das bedeutet, dass der Heilige Geist nicht nur den Buchstaben in unser Herz bringt, sondern gleichzeitig die Barmherzigkeit und das Vermögen, die Weisungen Gottes zu erfüllen. Ein wichtiger Aspekt dieses neuen Bundes ist der Neuanfang durch Vergebung (Jeremia 31,34). Deshalb schreibt Paulus: «Er hat uns befähigt, Diener seines neuen Bundes zu sein, eines Bundes, der nicht auf schriftlichen Gesetzen beruht, sondern auf dem Geist Gottes. Der alte Weg führt in den Tod, aber auf dem neuen Weg schenkt der Heilige Geist Leben» (2Korinther 3,6 NLB).

Nachfolge Christi ohne den Heiligen Geist ist nicht möglich. Der Geist Gottes wird in griechischer Sprache auch parakletos genannt. Das bedeutet ‹an die Seite eines anderen gerufen zu sein, um ihm zu helfen›. Der Heilige Geist ist der Erfolgsgarant in der Nachfolge gegen alles Scheitern und ist rund um die Uhr im Einsatz. Es gibt pflegebedürftige Menschen, die engagieren eine Person aus Polen, die 24/7 bei ihnen ist und sie in allen Lebenslagen unterstützt. Der Vorteil des Heiligen Geist ist, dass er nie schläft und übernatürliche Wunder tut.

Das Buch Rut endet mit der Hochzeit von Boas und Rut. Der Heilige Geist ist das Siegel, das einen Nachfolger als Gottes Eigentum bestätigt und damit versichert, zur Braut zu gehören, mit der der Bräutigam Jesus nach seiner Wiederkunft Hochzeit feiern wird. «Durch Christus habt auch ihr nun die Wahrheit gehört, die gute Botschaft, dass Gott euch rettet. Ihr habt an Christus geglaubt, und er hat euch mit dem Siegel seines Heiligen Geistes, den er vor langer Zeit zugesagt hat, als sein Eigentum bestätigt» (Epheser 1,3 NLB). Ein Siegel für die Teilhabe am neuen Bund, der durch Jesus Christus begründet wurde.

 

In der Omerzählung erinnerten sich die Juden daran, dass Freiheit ohne Verpflichtung in die Nichtigkeit führt. Die guten Weisungen Gottes der Tora gaben den Rahmen für das Volk, das nach langer Gefangenschaft nun endlich frei war. Durch den Heiligen Geist wird einem Nachfolger von Jesus die Tora ins Herz geschrieben. Die Folge davon ist ebenfalls Freiheit. Paulus beschreibt den Zusammenhang zwischen Freiheit und Geist Gottes: «Der Herr aber ist der Geist, und wo immer der Geist des Herrn ist, ist Freiheit» (2Korinther 3,17 NLB). Pfingsten ermöglicht eine Freiheit, die nicht in die Nichtigkeit, sondern hinein in den ewigen Bund mit Gott führt. Eine Freiheit, die den Nächsten weder beschneidet noch ausnützt, sondern wertschätzt und ehrt.

 

Mögliche Fragen für die Kleingruppe

Bibeltext lesen: Apostelgeschichte 2,1-13; Jeremia 31,33-34

  1. Was haben die Juden an Schavuot gefeiert (historische und naturbezogene Bezug)? Weshalb fand die Ausgiessung des Heiligen Geistes präzis während dieses Festes statt?
  2. Was ist der Zusammenhang vom Heiligen Geist mit Ernte? Was ist die Frucht des Heiligen Geistes?
  3. Was ist der Zusammenhang vom Heiligen Geist mit der Tora? Was bedeutet es, dass die Tora in ein Herz geschrieben wird?
  4. Weshalb ist der Heilige Geist unverzichtbar in der Nachfolge Jesu?
  5. Wo der Geist Gottes ist, da ist Freiheit. Wie verstehst du diesen Zusammenhang?
  6. Betet füreinander um eine frische Erfüllung durch den Heiligen Geist!