Keinen Ausweg – was tun?

Datum: 17. September 2023 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: 2. Chronik 20,15

Wir beobachten das verschiedene Verhalten von zwei Königen, die in eine schier ausweglose Situation geraten sind. Können wir etwas von ihnen lernen?


Wir haben wahrscheinlich schon alle Momente und Situationen erlebt, in denen wir kaum noch ein noch aus wussten. Es war zum Verzweifeln. Bei den einen dauern solche Momente nur kurz, bei dir aber ganz lange. Du hast ein grösseres Problem – und andere jammern über Kleinigkeiten. Die einen erleben Gottes Hilfe, du aber nicht, obwohl du Gott näher bist als viele andere! Interessant finde ich, dass wir in der Bibel immer wieder Menschen begegnen, die plötzlich irgendwo im Leben anstossen und verunsichert einen Ausweg suchen.

Heute möchte ich zwei Könige vom Volk Israel gegenüberstellen, die beide in einer kriegerischen Auseinandersetzung mit ausweglosen Situationen zu kämpfen hatten.

König Joschafat von Juda (Israel war zu jener Zeit in zwei Regionen aufgeteilt: in das Südreich Juda und das Nordreich Israel.) Joschafat wird eines Tages bedroht von zweieinhalb riesigen Heeren: den Moabitern und Ammonitern und einem dritten, kleineren Heer der Edomiter. «Es kommt eine grosse Menge auf uns zu», wird Joschafat ausgerichtet. Ihn überfällt eine grosse Angst. Berechtigt, denn sein kleineres Heer hätte gegen diese gewaltige Übermacht keine Chance!

Wir verstehen die Ängste, wenn Kinder Gottes in einer scheinbar ausweglosen Situation am Ende sind. Angst kann man nicht einfach verdrängen. Was macht König Joschafat in seiner Angst? Er betet! Eine empfehlenswerte Lösung, besonders am heutigen Bettag! Auch sein nächster Schritt ist nachahmenswert: Er braucht Gemeinschaft und lässt in ganz Juda ein Fasten ausrufen. Er sucht Hilfe. «Aus allen Städten im Land strömten die Menschen zusammen, um den HERRN zu suchen, auch aus allen Städten Judas» (2Chronik 20,4 NLB). Joschafat will mit ihnen Gott suchen. ER soll sagen, was zu tun ist. Nur ER kann uns helfen in dieser aussergewöhnlichen Notsituation.

Das ist das Beste, was dir passieren kann in deiner Not: Leute an deiner Seite zu haben, die mit dir zusammen Gott suchen, sich an Gott wenden. Das ist Gold wert! Im neuen Vorhof im Haus des HERRN tritt Joschafat vor das angereiste Volk und betet ein längeres Gebet, das er abschliesst mit folgendem Bekenntnis: «Wir selbst können nichts ausrichten gegen dieses riesige Heer, das gegen uns heranzieht. Wir sehen keinen Ausweg mehr, doch wir vertrauen auf dich» (2Chronik 20,12 Hfa). Den anschliessenden Satz müssen wir auch noch hören: «Das ganze Volk von Juda, mit allen Männern, Frauen und Kindern, stand vor dem HERRN» (2Chronik 20,13 NLB). Erstaunlich!

Szenenwechsel: Wir beschäftigen uns mit dem zweiten König in Not: König Joram vom Nordreich Israel. Ben Hadad, der König der Aramäer, zieht mit seinem riesigen Heer hinauf nach Samaria, der Hauptstadt der Israeliten und belagert es. Samaria ist nun schon wochenlang oder gar länger eingeschlossen. Der Hunger wird immer grösser und das Essen immer teurer! In 2. Könige 6 lesen wir, dass ein Eselskopf 80 Silberstücke kostete, obwohl da nicht viel Fleisch dran ist! Und eine Handvoll Taubenmist (was etwas kaum Essbares meint) kostete 5 Silberstücke. Als König Joram wieder mal auf der Stadtmauer Ausschau hält, wird er von einer Frau angeschrien: «Hilf mir, mein Herr und König!» Der König gibt zurück: «Wenn der HERR dir nicht hilft, was kann ich dann tun? Ich habe weder Speisen noch Wein» (2Könige 6,27 NLB). Als der König von der Frau hört, dass sie mit einer anderen Frau zusammen vor Hunger bereits zur Kannibalin geworden ist, zerreisst König Joram sein Gewand und ruft: «Gott soll mich töten, wenn ich Elisa, den Sohn des Schafat, nicht heute noch enthaupten lasse» (2Könige 6,31 NLB).

Wir beobachten an König Joram in der Sackgasse Folgendes: Er ist nicht mehr sich selbst. Er zerreisst seine Kleider und zeigt sich im Unterkleid aus Sackstoff. Er kann nicht mehr König sein. Er entzieht sich der Verantwortung. Er lässt die Frau stehen. Er hat eine Wahnsinnswut auf Gott. Und weil er Gott nicht so leicht bestrafen kann, muss Elisa, der Prophet, seinen Kopf hinhalten. Er spricht den schlimmsten Fluch aus, den ein Mensch rauslassen kann: «Gott soll mich verdammen, wenn ich Elisa nicht noch heute einen Kopf kürzer mache.»

Was machst du, wenn du eine Wut auf Gott hast? Den Gottesdienstbesuch streichen? Die Bibel ins Altpapier schleudern? Deine Wut an andern auslassen? König Joram macht sich tatsächlich mit einem Offizier auf zu Elisa. Wie man es so macht in spannenden Momenten, man wechselt das Thema!

Zurück zu König Joschafat von Juda. Mitten in der gemeinsamen Gebetszeit im Tempelvorhof redet der Geist Gottes zum Leviten Jahasiel. Er bekommt eine Botschaft für das Volk Juda: «Hört, König Joschafat und auch ihr Leute von Juda und Einwohner Jerusalems. So spricht der HERR zu euch: Habt keine Angst und verliert nicht den Mut angesichts dieses riesigen Heeres, denn nicht ihr kämpft diesen Kampf, sondern Gott» (2Chronik 20,15 NLB). Mit anderen Worten: «Ihr müsst nur dabei sein und könnt zuschauen. Habt keine Angst. Der Herr ist mit euch.» Sie knien nieder und beten gemeinsam Gott an! Dazu singt eine Levitengruppe laut schallende Loblieder. Singend und mit Festkleidern gekleidet, zieht die Levitengruppe am nächsten Morgen an der Spitze des Heeres in den Kampf. «Dankt dem HERRN; denn seine Gnade bleibt ewig bestehen» (2Chronik 20,21 NLB) singen sie fortlaufend. Der Krieg, der keiner war, ist schnell erzählt: Zuerst bekommen die Ammoniter und Moabiter Krach mit dem dritten Heer der Edomiter und schlagen sich gegenseitig die Köpfe ein. Dann geschieht dasselbe zwischen den Ammonitern und Moabitern. Sie morden sich gegenseitig – bis niemand übrigbleibt. Für die Judäer bleibt nur eines: Beute einzusammeln. Davon bekommen sie so viel, dass sie drei Tage benötigten, um es zu verteilen! Die Freude ist riesengross. Sie ziehen zuhause jubelnd und lobend in Jerusalem ein.

König Joram von Israel ist unterwegs zu Elisa, um seine Wut an ihm auszulassen. Elisa sitzt zuhause mit den Ältesten der Stadt zusammen und prophezeit ihnen, dass jetzt bald der König, zusammen mit einem Offizier, kommen wird, um ihn zu töten. Kaum gesagt, ist Joram da und schimpft: «Der HERR hat dieses Unglück über uns gebracht! Warum soll ich noch länger auf den HERRN hoffen» (2Könige 6,33 NLB). Warum, warum… Warum fragt er Elisa und stellt die Frage nicht an Gott, z.B. wie die Korachiter in Psalm 42: «Warum hast du mich verlassen und warum muss alles so dunkel um mich sein und ich unter der Gewalt meiner Feinde leiden» (Psalm 42,10 NLB). Elisa bringt Licht in diese Dunkelheit mit einem prophetischen Wort: «Hört das Wort des HERRN! So spricht der HERR: Morgen um diese Zeit sind im Tor von Samaria fünf Kilo Weizenmehl oder zehn Kilo Gerstenkörner für ein Silberstück zu kaufen» (2.Könige 7,1 GNB).

Der Offizier, der den König begleitet, zweifelt «Das ist unmöglich, selbst wenn der HERR Fenster in den Himmel machen würde!» Elisas Antwort: «Du wirst es mit eigenen Augen sehen, aber nicht mehr davon essen!» Was dann weiter geschieht, beginnt mit vier Aussätzigen, die sich gezwungenermassen vor dem Stadttor aufhalten. Einer fragt: Sollen wir jetzt einfach hierbleiben, bis wir sterben? Oder gehen wir in die Stadt und sterben dort wegen der Hungersnot? Aber wir könnten auch ins Lager der Aramäer gehen. Lassen sie uns leben, bleiben wir am Leben. Töten sie uns, dann sterben wir eben dort. Beim Einnachten machen sie sich auf den Weg ins Lager der Aramäer und stellen fest, dass das Heerlager ganz verlassen ist. Wie geschah das? Gott hat mit seinem genialen Soundsystem Kriegslärm verbreitet, dass alle Aramäer es ausnahmslos hörten. Sie meinten dann, Israel habe mindestens von zwei Seiten, von den Ägyptern und den Hetitern, Verstärkung erhalten. Sie erschrecken und rennen Hals über Kopf davon, lassen alles liegen, wo es ist. Die vier Aussätzigen gehen in das erste Zelt und schlagen sich zuerst mal die Bäuche voll. Sie feiern zu viert eine Aussätzigen Party! Dann sammeln sie Silber, Gold und Kleider, verstecken es in ihrer Bleibe und gehen ins nächste Zelt. Bevor sie dort ankommen, sagen sie sich: «Kommt, das müssen die andern auch wissen. Wir gehen in die Stadt und sagen es allen».

Die Nachtwächter wecken den König und informieren alle. Doch Joram zweifelt: Das ist doch eine Falle! Die Aramäer warten versteckt, bis wir die Stadt verlassen und dann können sie uns überraschen. Der König schickt zwei Wagen mit Pferden zum Auskundschaften, aber vergeblich: Keine Aramäer weit und breit! Nun ist das Volk nicht mehr zu halten. Beim Stadttor gibt es so ein Gedränge, dass der Offizier des Königs zu Tode getrampelt wird, wie es Elisa ihm verheissen hat. Satt und bereichert kehrt das Volk zurück und tatsächlich: Im Tor von Samaria war fünf Kilo Weizenmehl für ein Silberstück zu kaufen, oder zehn Kilo Gerstenkörner zum selben Preis!

Menschen in einer ausweglosen Situation. Zwei Könige in aussichtloser Lage, der eine betet, glaubt und unternimmt etwas. Der andere gibt auf, unternimmt nichts; steht völlig hilflos auf der Stadtmauer und hat nichts zu sagen. Joram hat als König gut angefangen und hat den Baals-Tempel und Baals-Altar zerstört. Aber er blieb an anderen Göttern hängen und tat Vieles, was Gott nicht gefiel. Zwei Könige, die unterschiedlicher nicht sein könnten, aber beide regieren im zweigeteilten Volk Gottes. Zwei Könige, die mit ihren Untertanen Statisten sind in zwei aussergewöhnlichen Kriegen! Zwei Könige, die auf wunderbare Weise Gottes Gnade und Barmherzigkeit erleben. Dankt dem HERRN, denn seine Gnade währt ewiglich! Sollen wir sagen, der eine hat sie verdient und der andere unverdient erhalten? Das wäre eine blöde, völlig falsche Aussage. Egal wie gut du bist, wie sehr du dich anstrengst oder wie sehr du versuchst, ein anständiger Mensch zu sein. Was die Jesusnachfolge betrifft, kannst du dir nichts verdienen. Du kannst nicht genug gute Taten tun, um die Waage zu deinen Gunsten zu beeinflussen. Du kannst dir seine Hilfe in ausweglosen Situationen nicht verdienen. Hast du schon erlebt, dass Gott dir in einer ausweglosen Situation einen Ausweg gezeigt hat? Dir eine Tür auftat, die du nie erwartet hättest? Ohne dass du dafür gebetet hast? Oder das Gegenteil: Du hast dich heiser gebetet, aber Gott zeigte dir keine Lösung. Doch im Nachhinein kannst du dankbar sagen, dass Gott durch diese Prüfung zu dir gesprochen hat.

«Meine Gedanken – sagt der HERR – sind nicht zu messen an euren Gedanken und meine Möglichkeiten nicht an euren Möglichkeiten. So hoch der Himmel über der Erde ist, so weit reichen meine Gedanken hinaus über alles, was ihr euch ausdenkt, und so weit übertreffen meine Möglichkeiten alles, was ihr für möglich haltet» (Jesaja 55,8–9 GNB).

Amen

Mögliche Fragen für die Kleingruppe

Bibeltext lesen: Lukas 15,11-32

  1. Zählt Menschen aus der Bibel auf, die plötzlich in einer ausweglosen Situation waren.
  2. Wie kann man mit Ängsten umgehen, die einem gar den Schlaf rauben? (Erfahrungen)
  3. Was fällt dir in einer schwierigen Situation mehr oder weniger leicht? Reiht auf von 1 – 3: nahe bei Gott sein / beten / Not mit andern teilen
  4. Warst du schon mal wütend auf Gott? Wie hat sich das bei dir geäussert?
  5. Was macht das mit dir, dass der «ungeistliche» Joram die gleiche Hilfe von Gott erlebt wie der «fromme» Joschafat?
  6. Warum sind das Beobachten und Vergleichen unter uns Christen manchmal so anhänglich?