Gottes heilige Gerechtigkeit

Datum: 23. April 2023 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: 3. Mose 10,1-7

Einige Bibelstellen scheinen uns zu verstören. Denn sie passen nicht in unser Bild, weil sie nicht dem entsprechen, was wir von Gott erwarten würden. Die Gerechtigkeit Gottes ist von seiner Heiligkeit abhängig. Erst wenn wir dies zusammenbringen, verstehen wir, warum Gott anders handelt, als wir uns vorstellen. Im Angesicht von Dingen, welche nicht dem Willen Gottes entsprechen, zeigt sich gerade seine Gerechtigkeit. Gott kann diese nicht einfach so stehen lassen, sondern muss Gerechtigkeit üben. Nachfolger von Jesus Christus wiederum sollen diese anerkennen – gerade auch wenn sie nicht dem eigenen Verständnis von Gerechtigkeit entspricht.


Ein gerechter Gott stösst auf ungerechte Menschen

Immer wieder stosse ich in der Bibel auf Stellen, welche ich auf den ersten Moment nicht direkt verstehe. Handelt es sich dabei noch um eine alttestamentliche Geschichte, dann sind sie teilweise sogar eher verstörend. Heute Morgen wollen wir gemeinsam genau in so eine Geschichte einsteigen. Es ist die Geschichte von Nadab und Abihu. Sie sind die beiden ältesten Söhne von Aaron. Dieser hatte das höchste religiöse Amt inne, das des Hohenpriesters. Seine Söhne gehörten durch Abstammung auch zu den Priestern, waren aber ihrem Vater untergeordnet. Wir lesen davon, dass die beiden Brüder ihre Räucherpfannen nahmen, glühende Kohlen reintaten und dann Weihrauch darüber streuten. Sie wollten so Gott ein Räucheropfer darbringen. Leider aber taten sie dies ohne irgendeine Anordnung Gottes, daher traf sie sein Zorn unmittelbar. Ein Feuer, wohl ein Blitz, kam vom Himmel und tötete beide auf der Stelle. Dies war kein Unfall oder Zufall. Viele versuchten dies ohne einen übernatürlichen Bezug zu erklären, doch diese führen fehl. Wir kommen leider nicht darum herum den Tod dieser beiden Brüder als von Gott herbeigeführt zu betrachten. Gott strafte die beiden mit dem Tod. Gleich nach dem Tod seiner Neffen sprach Mose, der Bruder von Aaron und Führer des Volkes folgendes. «Mose sagte zu Aaron: ‘Jetzt geschieht, was der HERR angekündigt hat: An denen, die mir nahe sind, werde ich mich als heilig erweisen. Vor dem ganzen Volk werde ich meine Herrlichkeit zeigen.’ Aaron aber schwieg» (3. Mose 10,3 NLB). Spannend daran ist die Nüchternheit, wie Mose dies sagt. Er verurteilt nicht, macht keine Vorwürfe an Aaron versucht aber auch nicht Gott zu entschuldigen. Sondern sagt schlicht und einfach, dass sich Gottes Heiligkeit an denen zeigt, welche ihm nahe sind. So wie dies Priester eben von Amtes wegen sind. Danach lässt Mose die beiden Leichen schnell aus dem Heiligtum beseitigen. Ausserdem macht er den verbliebenen Priestern eine Aufforderung, dass sie nicht trauern sollen. Stellt euch dies vor. Soeben sterben zwei deiner Söhne und du sollst nicht trauern? Die Leute sollen dir nicht anmerken, dass du traurig bist. Immerhin erteilt Mose noch die Erlaubnis, dass das Volk um sie trauern darf. Aber Aaron und seine restlichen zwei Söhne sollen nicht trauern. Ja er droht ihnen sogar den Tod an, wenn sie trauern oder den Eingang des Heiligtums verlassen. An dieser für uns schwer einzuordnenden Geschichte, wird Gottes Gerechtigkeit in seiner Fülle sichtbar.

Vielleicht fragst du dich gerade: Gottes Gerechtigkeit? Wie kann ein Gott, welcher so handelt als gerecht bezeichnet werden? Ja diese Geschichte hat für uns ziemlich wenig mit Gerechtigkeit zu tun. Doch «Wir können das Handeln Gottes nicht in unser Empfinden einordnen, weil wir vier biblische Grundbegriffe nicht verstehen, die von entscheidender Bedeutung sind, nämlich Heiligkeit, Gerechtigkeit, Sünde und Gnade. […] wir können die Barmherzigkeit Gottes nicht ansatzweise verstehen, wenn wir nicht zuvor einige Aspekte von seiner Gerechtigkeit erfasst haben» (R.C. Sproul). Denn diese Geschichte von Nadab und Abihu ist nicht einfach isoliert, sondern sie steht im Kontext der Vorgeschichte. Gemeinsam wollen wir tiefer in die Geschichte eintauchen und ich hoffe es gelingt mir, daran die Gerechtigkeit Gottes deutlich zu machen.

Das tragische Ende der beiden Brüder hat seinen Ursprung ganz zu Beginn der Menschheitsgeschichte. Damals schuf Gott die Menschen, um in enger Gemeinschaft mit ihnen zu leben. Doch es gab einen Bruch zwischen Gott und den Menschen. Anstatt ihr Vertrauen auf Gott zu setzen, suchten sich die Menschen einen anderen Weg. Dadurch verloren sie ihre Stellung vor Gott – und was noch schlimmer ist, es gab einen Graben, welcher von nun an zwischen Gott und den Menschen steht. Doch Gott nach seinem Wesen nach sucht nach wie vor den Kontakt zu seinen Geschöpfen. Nach wie vor sucht er die Gegenwart der Menschen und möchte, dass sie ihr Vertrauen auf ihn setzen. Daher beruft er das Volk Israel als sein eigenes, für ihn abgesondertes Volk. Aber dies kann den Graben, der zwischen Gott und uns steht, nicht überwinden. Denn Gott kann sich selbst nicht belügen. Er kann jeden egoistischen Versuch des Menschen nicht gutheissen. In der Bibel wird dies als unreines oder auch sündiges Verhalten bezeichnet. Daher muss das Volk, welches er sich ausgesucht hat, ihm Opfer darbringen. Denn darauf, dass die Menschen einen eigenen Weg anstatt Gott selbst gesucht haben, steht der Tod. Das Ergebnis der Gottferne ist der Tod. Dieser Graben zu Gott kann nur mit Blut überbrückt werden. Daher gibt es tägliche Opfer. Opfer für verschiedene Vergehen und schlussendlich einmal im Jahr ein Opfer, welches das gesamte Volk mit Gott wieder ins Reine bringt.

Gottes allumfassende Gerechtigkeit

Der Mensch mit seinen eigenen Zielvorstellungen steht in krassem Kontrast zu Gottes allumfassender Gerechtigkeit. Es ist reine Gnade, dass Menschen Gott begegnen können und nicht sofort sterben. «Denn der Lohn der Sünde ist der Tod […]» (Römer 6,23 NLB). Gott stellt die Durchsetzung seiner Gerechtigkeit zurück. Denn alle Menschen hätten es verdient zu sterben. Die Voraussage Gottes an die ersten Menschen war, dass sie sterben würden, wenn sie vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse essen würden. Nur aus Gnade liess Gott die Menschen noch leben, doch auch der Tod wurde nicht ausgesetzt, sondern zurückgestellt. Spätestens wenn wir auf der Erde sterben, tritt die Trennung von Gott endgültig hervor. Die Schwierigkeit mit Gottes Gerechtigkeit ist diese, dass sie nicht unserem Gerechtigkeitsempfinden entspricht. Wir erachten vieles als ungerecht, was Gott tut, um seiner Gerechtigkeit Genüge zu tun. Oder in anderen Worten, er so handelt, dass es seinem Gerechtigkeitsverständnis entspricht.

Dies ist auch bei der Geschichte von Nadab und Abihu der Fall. Doch bevor wir das Geschehen einordnen wollen, ist es wichtig auf den Kontext einzugehen. Die Beiden Brüder waren Priester. Die Funktion des Priesters ist, sich Gott zu nähern (Hesekiel 42,13). Sie waren bestimmt für den Gottesdienst und beide hatten bereits eine Gottesbegegnung erlebt und sogar überlebt. «Anschliessend stiegen Mose, Aaron, Nadab, Abihu und 70 der führenden Männer Israels auf den Berg. Dort sahen sie den Gott Israels. Der Boden unter seinen Füssen schimmerte wie Saphir, klar wie der Himmel. Und obwohl die führenden Männer Israels Gott sahen, tötete er sie nicht. Ja, sie assen und tranken sogar in seiner Gegenwart!» (2. Mose 24,9-11 NLB). Sie hatten also bereits eine Gottesbeziehung und sahen ihn persönlich.

Kurz vor dem Tod der beiden Brüder brachten die Priester das erste Opfer dar. Dabei brachte Aaron alle Oper dar und seine Söhne assistierten. Am Ende der Opfer zeigte sich Gottes Freude an der Einsetzung des priesterlichen Opferdienstes. «Feuer ging von ihm aus und verzehrte das Brandopfer und die Fettstücke auf dem Altar. Als die Israeliten das sahen, jubelten sie vor Freude und warfen sich zu Boden» (3. Mose 9,24 NLB). Gott selbst weihte den Opferdienst ein. Er sandte sein Feuer.

Abihu und Nadab hatten also dies erlebt und nun beschlossen sie selbst, Räucheropfer darzubringen. Dabei verstiessen sie gegen einige Dinge. Erstens brachten sie unbefugt ein Räucheropfer dar. Weihrauch zu verbrennen ist die höchste und feierlichste aller Pflichten eines Priesters. Zweitens brachten sie es zusammen dar. Ein Räucheropfer sollte stets allein ausgeführt werden. Doch aus meiner Sicht das schlimmste Vergehen lag drittens darin, dass sie fremdes Feuer vor den Herrn brachten. Das heisst, sie zündeten das Räucheropfer selbst an. Wäre das ganze aus Unwissenheit geschehen, dann wäre darauf nicht die Todesstrafe gestanden, sondern es gäbe die Möglichkeit des Sündopfers. Doch die beiden brachten das Opfer vorsätzlich, anmassend und wohl auch arrogant dar. Sie nahmen sich selbst zu wichtig. Gott wünscht sich eine andere Herangehensweise. «Wer sich rühmen will, soll sich nur wegen dieser einzigen Sache rühmen: dass er mich kennt und begreift, dass ich der HERR bin! Ich handle liebevoll und sorge für Recht und Gerechtigkeit auf der Erde, denn das gefällt mir. Ich, der HERR, habe gesprochen!» (Jeremia 9,23 NLB). Die beiden starben, weil der Lohn des Egoismus des Menschen der Tod ist. Es ist eine Vorwegnahme dessen, was allen Menschen droht – der Tod.

Deshalb durfte Aaron nicht trauern. Denn als Priester standen Aaron und seine Söhne vor Gott und mussten alles meiden, was sie vom Gottesdienst disqualifiziert. Ausserdem hätte ihre Trauer symbolisiert, dass die Strafe Gottes ungerecht war. Doch Gott ist ein heiliger und gerechter Gott. Erst in Kontrast zur Sünde zeigt sich Gottes Gerechtigkeit. Gottes Gerechtigkeit kann auch Strafe bedeuten. Wenn ich mir bspw. im Strassenverkehr etwas zuschulden kommen lasse, dann droht mir eine Strafe. Wenn ich für eine Tat, die ich begangen habe, nicht zur Rechenschaft gezogen wurde, dann wurde der Gerechtigkeit nicht genüge getan. Wir setzen Gottes Gerechtigkeit zu häufig mit dem positiven Zustimmen von unseren eigenen Entscheidungen gleich. Doch Gott kann nicht gleichgültig auf unsere falschen Entscheidungen reagieren. Denn dies wäre eine Gleichgültigkeit gegenüber der Tatsache, dass er Gott, Heilig ist! In unserem Verständnis darf die Strafe nicht die Tat übersteigen. Für einen Israeliten war klar, dass Gott in seinem Gericht immer gerecht ist (1. Mose 28,25). Denn Gott kann nicht ungerecht sein, weil seine Gerechtigkeit heilig ist.

Gottes Gerechtigkeit anerkennen!

Was haben wir Menschen denn Gottes Gerechtigkeit entgegenzuhalten? Gottes Gerechtigkeit muss genüge getan werden. Daher musste Blut vergossen werden, welches uns Menschen, ja die gesamte Welt freikauft und die Macht des Todes durchbricht. Jesus Christus musste sterben, damit der Weg zu Gott wieder frei wurde. «Denn Gott war in Christus und versöhnte so die Welt mit sich selbst und rechnete den Menschen ihre Sünden nicht mehr an. Das ist die herrliche Botschaft der Versöhnung […]» (2. Korinther 5,19 NLB). Durch Jesus Christus wurden wir gerechtfertigt. Rechtfertigung bedeutet, dass das Verhältnis zwischen Gott und den Menschen wieder in Ordnung gebracht wurde. Wenn wir an Jesus Christus glauben, dann haben wir Anteil an seinem stellvertretenden Tod und seiner Auferstehung. Allein der Glaube kann uns retten. Nicht eigenmächtige oder gut gemeinte Handlungen. Wir sind nicht aus Stolz über unsere Leistung, aufgrund unseres Könnens oder einer besonderen Stellung gerecht gesprochen. Sondern allein durch Jesus Christus. Theologisch gesprochen: Der Sühnetod von Jesus Christus war das gerechtfertigte Opfer, welches uns gerecht spricht. Nadab und Abihu vertrauten nicht Gott. Daher wurde der Tod, der aufgrund des selber-machen-wollens jedem Menschen droht, vorgezogen.

Nachfolger von Jesus Christus erkennen an, dass sie alles ihm verdanken. Sie selbst konnten das Oper nicht vollbringen, welches Gott forderte. Sie erkennen, dass alle eigenen Bemühungen ergebnis- und erfolgslos sind. Dies wird bei der Taufe ausgedrückt. Durch das Abtauchen und wieder auftauchen wird der Kreuzestod von Jesus Christus und seine Auferstehung symbolisch nachgestellt. Ausserdem wird ein Wechsel bezeugt. Nämlich der Wechsel vom auf sich selbst Vertrauen hin zu sein ganzes Vertrauen auf Gott zu setzen.

Nadab und Abihu sahen bei ihrem Vater wie ein richtiger Opferdienst durchgeführt werden sollte. Sie sahen, wie Gott Freude daran hatte. So wollten sie selbst auch dies erleben. Sie kopierten ab, machten Dinge gleich, aber aus selbstsüchtigen Gründen. So stehen auch Nachfolger von Jesus Christus in dieser Gefahr. Zum einen hören wir vielleicht von Wunder, Krankenheilungen etc. und wollen 1:1 so handeln. Wir versprechen uns durch das Kopieren das gleiche Ergebnis. Doch dahinter steckt eine magische Vorstellung von Gott. Nämlich diese, dass ich mir Gott verfügbar machen kann. Aber Gott allein schenkt dies. Zum anderen zeigt diese Geschichte, dass wir Menschen schnell in der Gefahr stehen Gott für unsere Dinge missbrauchen zu wollen. Er muss für unser Ansehen, für unsren Wohlstand oder unsere Ideen hinhalten. Doch dies widerstrebt Gottes Gerechtigkeit. Denn Gottes Gerechtigkeit meint die Treue Gottes gegenüber seinen Versprechungen, gegenüber seinem Volk. Es beinhaltet aber auch die Treue der Menschen, welche von sich aussagen, dass sie ihr ganzes Vertrauen auf Gott setzen. Dies zeigt sich bei Nachfolgern von Jesus Christus dann in einer inneren Einstellung, aber auch gerade im äusseren Verhalten. So werden die Worte, welche Mose zu Aaron sagte auch in den Leben derer sichtbar, welche ihr Vertrauen auf Jesus Christus setzen. «[…] Jetzt geschieht, was der HERR angekündigt hat: An denen, die mir nahe sind, werde ich mich als heilig erweisen. Vor dem ganzen Volk werde ich meine Herrlichkeit zeigen. […]» (3. Mose 10,3 NLB).

Mögliche Fragen für die Kleingruppe

Bibeltext lesen: 3. Mose 10,1-7 (ergänzend das gesamte Kapitel 10)

  1. Was macht diese Geschichte mit dir? Was stört dich, regt dich vielleicht sogar auf? Wo verstehst du Gott nicht?
  2. Was bedeutet Gerechtigkeit für dich? Unterscheidet sich deine Vorstellung, wenn du an Gerechtigkeit im Alltag oder die Gerechtigkeit Gottes denkst?
  3. Wie würdest du die Gerechtigkeit Gottes beschreiben?
  4. Wie hängen Gnade, Gerechtigkeit, Sünde und Heiligkeit zusammen? Was verstehst du am wenigsten? Worin liegt die Verbindung von Gottes Heiligkeit und Gerechtigkeit?
  5. Verstehst du die Rechtfertigung allein aus Glaube?
  6. Wo stehst du in der Gefahr Gott instrumentalisieren zu wollen? Wie zeigt sich Gottes Gerechtigkeit in deinem Leben?