Heimisch am Vaterherz Gottes

Datum: 19. Mai 2019 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: Galater 4,6+7
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Die Bibel stellt Gott immer wieder als Vater mit vielen guten Eigenschaften vor. Durch diese wollen wir uns herausfordern lassen, ebenfalls in unseren Familien eine gute Vaterschaft zu leben. Trotz allen Bemühungen verpassen wir manches und werden selbst unseren eigenen Anforderungen nicht gerecht. Dies hinterlässt Spuren bei den Kindern. Doch Gott als Vater nimmt sich uns an und schenkt Heilung.


Eine Gemeinde veranstaltete einen Glaubenskurs zum Thema «Aufatmen in Gottes Gegenwart». Ein Kursteilnehmer hörte sich alles geduldig an, blieb aber äusserst reserviert. Erst am letzten Abend brach es aus ihm heraus: Was ist, wenn dieser Vater im Himmel wie mein eigener Vater ist? Genauso unbarmherzig? Genauso strafend? Genauso fordernd? Natürlich wurde im Kurs genau das Gegenteil gelehrt. Die unglaublich grosszügige, barmherzige Vaterliebe Gottes ist ein Kernbestandteil unserer Botschaft. Aber die eigene, real erlebte Vatererfahrung ist nun einmal tief in uns verwurzelt. Wir übertragen sie bewusst oder unbewusst fast zwangsläufig auf Gott. So viele Menschen berichten, dass sie in ihren Kirchen und Gemeinschaften ein Gottesbild vermittelt bekommen, das eben nicht heilsam und befreiend, sondern eher bedrückend und beängstigend ist.

Der himmlische Vater

Die Bibel stellt Gott immer wieder als Vater dar. Auf die Frage, wie wir beten sollen, antwortete Jesus: «Wenn ihr betet, so sprecht: Vater!» (Lukas 11,2). Warum sagte er «unser Vater»? Jesus hätte auch sagen können: «Unser Retter», oder «Unser Heiliger Geist» – aber er beginnt mit «Unser Vater». Überhaupt ist «Vater» Gottes bevorzugte Bezeichnung für sich in der Bibel. Die Bibel verwendet das Wort Vater im Zusammenhang mit Gott als Vater ungefähr 351 Mal.

Menschen, die ihr Vertrauen auf Jesus Christus richten, erhalten als Geschenk den Heiligen Geist. Dieser bewirkt unter anderem folgendes: «Weil ihr nun also seine Söhne und Töchter seid, hat Gott den Geist seines Sohnes in eure Herzen gesandt, den Geist, der in uns betet und ‘Abba, Vater!’ ruft» (Galater 4,6 NGÜ). Abba, Vater. Das ist die familiäre vertraute Ansprache an einen Vater wie Daddy oder Vati. Genauso wie unseren leiblichen Vater dürfen wir Gott, den Allmächtigen und Allwissenden ansprechen.

Es sollen nun ein paar Charakteristiken dieses guten Vaters gezeigt werden:

Gott als Vater zieht zu sich, ohne zu vereinnahmen. Von was für einem Vater ist in Bezug auf Gott die Rede? Eines der eindrücklichsten Beispiele, welches das Herz von Gott dem Vater zeigt, ist das Gleichnis vom Vater mit den zwei Söhnen (Lukas 15,12-24). Die Geschichte handelt von einem Vater, der einerseits einen rebellischen Sohn und einen stolzen, eifersüchtigen Sohn hatte. Beide Söhne haben den Vater abgelehnt. Der erst gab ihm zu verstehen: «Gib mir mein Erbe» - das bedeutet so viel wie: «Ich wollte, du wärst tot». Der zweite Sohn machte ihm klar: «Ich mag nicht, was du tust. Du bist ungerecht!» Der Vater versuchte die Herzen beider Söhne zu gewinnen, liess ihnen aber die volle Freiheit, die Einladung auch abzulehnen. Niemals zog er sich beleidigt zurück oder übte anderweitig Druck auf seine Söhne aus. Jesus erklärt: «Niemand kann zu mir kommen, wenn der Vater, der mich gesandt hat, ihn nicht zu mir zieht» (Johannes 6,44). Gott zieht als Vater zu sich, ohne zu vereinnahmen.

Gott als Vater erzieht seine Kinder in Liebe, ohne unberechenbar zu sein. «Wenn ihr Schweres ertragen müsst, dann erkennt darin die Zurechtweisung Gottes; denkt daran, dass Gott euch als seine Kinder behandelt. Wer hätte je von einem Sohn gehört, der nie bestraft wurde?» (Hebräer 12,7). Kinder erziehen ist eine der schwierigsten Aufgaben. Viel lieber würde ich ihnen alle Hindernisse aus dem Weg räumen, so dass sie möglichst wenig Frustration erleben müssen. Vor ein paar Wochen fing unsere Tochter ihre erste Busse wegen Geschwindigkeitsübertretung ein. Sie muss mehr als zwei Stunden arbeiten, um Fr. 40.- zu verdienen. Für uns ist es ungleich weniger. Gerne würde ich ihr die Busse bezahlen, um ihr den Frust zu ersparen. Es wäre aber töricht. Der himmlische Vater lässt uns Schweres ertragen, damit wir reifer werden. Nie tut er dies aus niedrigen Motiven, sondern immer aus Liebe. Über ihn heisst es: «Alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe kommt von oben herab, von dem Vater des Lichts, bei dem keine Veränderung ist noch Wechsel von Licht und Finsternis» (Jakobus 1,17 Lut). Kein Wechsel von Licht und Finsternis, absolut verlässlich. Unberechenbarkeit würde die Seele der Kinder zutiefst verletzen.

Gott als Vater ist grosszügig und barmherzig, ohne seine Kinder zu verwöhnen. Gott ist der Besitzer allen Silbers und allen Goldes (Haggai 2,8). Ihm gehört die ganze Welt. In der Fortsetzung, dass wir «Abba, Vater» rufen dürfen, steht: «Daran zeigt sich, dass du kein Sklave mehr bist, sondern ein Sohn. Wenn du aber ein Sohn bist, bist du auch ein Erbe; Gott selbst hat dich dazu bestimmt» (Galater 4,7 NGÜ). In Gottes Grosszügigkeit macht er seine Kinder zu Erben seines unfassbaren Reichtums! Gross ist auch seine Barmherzigkeit: «Wie sich ein Vater über seine Kinder zärtlich erbarmt, so erbarmt sich der Herr über alle, die ihn fürchten» (Psalm 103,13). Gegen Verwöhnung spricht die Tatsache, dass er uns erzieht.

Gott als Vater ist stark, ohne seine Kinder zu verweichlichen. «Und er wird zu mir sagen: ‘Du bist mein Vater, mein Gott, mein rettender Fels.’» (Psalm 89,27). Kinder Gottes profitieren enorm von seiner Stärke. Jederzeit können wir uns auf den Felsen stellen. Dort werden wir in unserer Eigenverantwortlichkeit gestärkt und freigesetzt.

Gott als Vater initiiert und ruft ins Leben, ohne zu missbrauchen. Bereits vor Grundlegung der Welt hat er uns berufen. Auch heute spricht er zu uns. Gleichzeitig lässt er uns immer die Freiheit, auch eigene Wege zu gehen.

Irdische Väter

Vor zwei Wochen zeigte das Schweizer Fernsehen eine DOK-Sendung zum Thema «süchtig». Dabei erzählte ein süchtiger Mann in erbärmlichen Zustand, dass er mit elf Jahren sein Liebstes verloren habe, nämlich seinen Vater. Dies sie der Knackpunkt in seinem Leben gewesen. Der leibliche Vater hat einen sehr grossen Einfluss auf unser Leben.

Gott Vater ist das grosse Vorbild für Vaterschaft. Ich greife ein paar Punkte heraus:

Zu Gott ziehen: Viele Väter überlassen die religiöse Erziehung ihrer Kinder der Mutter. Das ist höchst bedauerlich. Eine Untersuchung zeigt, dass wenn in einer Familie die Mutter zum Glauben kommt, eine Chance von 17% besteht, dass der Mann und die Kinder ihr folgen. Findet hingegen der Vater zum Glauben, besteht eine über 70% Chance, dass der Rest der Familie es ihm gleichtut. Der Einfluss des Vaters auf den Glauben in einer Familie ist sehr gross. Josua sagte für seine Familie stellvertretend: «Ich und meine Familie werden jedenfalls dem Herrn dienen» (Josua 24,15b). Darf ein Vater für seine ganze Familie entscheiden? Zumindest sollte er sich der Verantwortung stellen und vorausgehen.

In Liebe erziehen: Es ist so wichtig, dass Väter ins Leben ihrer Kinder sprechen. Manchmal reden wir darüber, was es bedeutet, sich gegenseitig unterzuordnen bzw. die Frau dem Mann (Epheser 5,21f). Das griech. Wort ist gar nicht so hierarchisch gemeint, sondern meint primär, ein Teil vom Familiensystem zu sein (einordnen). Der Input der Väter wird dringend gebraucht. Väter sollten am Leben ihrer Kinder teilnehmen. Studien zeigen, dass sich dadurch bei den Kindern die Schulleistung, die Gesundheit, die seelische Entwicklung, ihre Aussichten auf ein wirtschaftlich stabiles Zuhause, ihr späteres Liebesleben und vieles mehr steigert. Mofas haben ja die Eigenschaft, dass sie ständig repariert und unterhalten werden müssen. Spasseshalber sage ich manchmal, dass Mofas wohl deshalb erfunden wurden, damit Väter mit ihren Söhnen etwas machen. Reed Markham sagt treffend: «Vater zu sein ist wie Rasieren. Egal, wie gründlich man sich heute rasiert, man muss es morgen schon wieder machen.»

Initiieren und ins Leben rufen: Wir wissen heute, dass die geschlechtliche Identität eines Kindes vom Mann herkommt: er liefert das entscheidende Chromosom. Die Bestätigung und Herausbildung unserer Identität und Sexualität – sowohl für Männer wie auch Frauen – geschieht vor allem durch den Vater. Das heisst nicht, dass die Mutter in diesem Prozess keine Rolle spielt – natürlich tut sie das. Aber das Ziehen der Identität eines Kindes in die Bejahung von Männlichkeit oder Weiblichkeit geschieht durch den Mann. So hat es Gott eingerichtet. Du tust das, indem du ins Leben deiner Kinder sprichst und durch emotionale Verbindung zu deinen Kindern, indem du eine Beziehung aufbaust, ihre Welt kennenlernst und sie verstehst. So wird Charakter und Identität gebaut. Wenn also zum Beispiel jemandem der Sinn einer Persönlichkeit und Identität fehlt, dann hat das meistens mit den frühen formativen Jahren und der emotionalen oder physischen Abwesenheit des Vaters zu tun.

Vaterwunden

Vaterwunden hindern dich daran, in eine liebende, vertrauensvolle Beziehung mit Gott einzugehen. Sie geben dir auf verschiedene Arten eine falsche Vorstellung des himmlischen Vaters. Hier sind einige praktische Beispiele:

  • Ein gesetzlicher, harter und fordernder Vater führt zur Vorstellung, dass Gott zornig, unpersönlich und fordernd ist.
  • Ein perfektionistischer Vater mit hohen Forderungen, wenig Lob und Ermutigung führt zur Vorstellung, dass Gott nie zufrieden, immer enttäusch und zornig mit mir.
  • Ein Vater, der wenig oder keine sichtbare Zuneigung zeigt, führt zu einer Vorstellung, dass Gott distanziert und unpersönlich ist.
  • Ein Vater, der kritisch und verbal missbräuchlich ist, führt zu einer Vorstellung, dass Gott zwar Menschen duldet, sie aber nicht wirklich liebt.
  • Ein Vater, der zu verwöhnend ist und nie nein sagt, führt zu einer Vorstellung, dass Gott für meine Bedürfnisse existiert und sich meinen Wünschen anpassen muss.
  • Ein Vater, der Lieblingskinder hat, führt zu einer Vorstellung, dass Gott nur gute Menschen liebt und Lieblingskinder hat, dass seine Liebe an Bedingungen geknüpft ist.
  • Ein Vater, der immer wieder seine Versprechen gebrochen oder warnende Konsequenzen nicht durchgezogen hat, führt zu einer Vorstellung, dass Gott unzuverlässig und untreu ist.
  • Ein Vater, der ein Workaholic ist und seine Energie und Leidenschaft ausserhalb seines Zuhauses fokussiert, führt zu einer Vorstellung, dass Gott gleichgültig ist und es schwierig ist, seine Aufmerksamkeit zu bekommen.
  • Ein Vater, der missbraucht und dominiert, führt zu einer Vorstellung, dass Gott durch Angst regiert, absoluten Gehorsam verlangt und nicht vertrauenswürdig ist.
  • Ein Vater, der launisch und temperamentvoll ist, führt zu einer Vorstellung, dass Gott unberechenbar ist, mich mal liebt, und dann plötzlich wieder zornig ist.
  • Ein Vater, der sündhaft, unmoralisch und undiszipliniert ist, führt zu einer Vorstellung, dass Gott nicht meint was er sagt, dass er ein Schwächling ist, der nicht ernstgenommen und gefürchtet werden muss.
  • Ein Vater, der heuchlerisch ist, indem er zuhause ein anderer war als in der Öffentlichkeit, führt zu einer Vorstellung, dass Gott nicht mächtig ist, dass der Glaube höchstens für Soziales gut und nichts mit dem täglichen Leben zu tun hat.

 

Ja, Väter sind manchmal schwierig, was die Kinder auch merken. Deshalb sagte Mark Twain: «Als ich vierzehn war, war mein Vater so unwissend. Ich konnte den alten Mann kaum in meiner Nähe ertragen. Aber mit einundzwanzig war ich verblüfft, wieviel er in sieben Jahren dazugelernt hat.»

Auch für die Wundern, die von den Vätern geschlagen wurden, brauchen wir Heilung. Wie schon bei den Mutterwunden ist der Schlüssel dazu, eine wachsende und vertraute Beziehung zu Gott Vater. «Wenn selbst Vater und Mutter mich verlassen, wird doch der Herr mich aufnehmen» (Psalm 27,10). Ich bin überzeugt: Was wir in unseren Gemeinden noch viel mehr brauchen, ist Raum für echte Herzensbegegnung mit dieser alles übersteigenden Liebe des himmlischen Vaters. Dann wird uns der Heilige Geist unsere Wunden offenbaren und wir dürfen sie erkennen, dem Vater vergeben, Bindungen lösen, Vergebung erfahren und den Segen Gottes empfangen.

 

Die zugewendeten Herzen von Vätern zu ihren Kindern hat prophetische Dimension. «Doch bevor der grosse und schreckliche Tag des Herrn kommt, sende ich euch den Propheten Elia. Er wird die Herzen der Väter ihren Kindern und die Herzen der Kinder ihren Vätern zuwenden, damit ich bei meinem Kommen nicht das Land vernichten muss» (Maleachi 3,23f). Die Herzensbeziehung zwischen Vater und Kind hat bewahrenden und heilenden Einfluss auf das ganze Land.

 

 

 

Mögliche Fragen für die Kleingruppen

Bibeltext lesen: Galater 4,6-7

  1. Erzählt einander Erlebnisse, die ihr mit eurem Vater gemacht habt!
  2. Welche der Charakteristiken des himmlischen Vaters spricht dich besonders an? Bei welchem Punkt hast du so deine Zweifel, ob er wirklich so ist?
  3. An die Väter: Welcher der genannten Verantwortungen für die Kinder willst du in nächster Zeit besonders Beachtung schenken? Wo brauchst du Unterstützung?
  4. Welche von deinen eigenen Vatererfahrungen überträgst du (vielleicht unbewusst) auf Gott als Vater? Was für Vaterwunden könnten vorliegen, bei denen du Heilung brauchst?
  5. Wo solltest du als Vater oder als Mutter (siehe letzten Sonntag) bei denen Kindern um Vergebung für Versäumtes oder Misslungenes bitten?