Datum: 13. Oktober 2019 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: 2. Samuel 9,1-13
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In der Bibel gibt die Geschichte von David und Mefi-Boschet ein eindrückliches Bild davon, wie Gott mit uns umgeht. Gott offenbart seine eigene wiederherstellende Natur in der Weise, wie David den Sohn seines Freundes Jonatan wiederherstellt.


Was ist ein Name? Das Ding das wir eine Rose nennen, würde unter jedem anderen Namen eben so lieblich riechen. Dies ist die berühmte Frage, die Julia im tragischen Meisterwerk von William Shakespeare stellt. Die Namen Capulet und Montague waren für Romeo und Julia tödlich und die jungen Liebenden starben wegen dieser Namen und des Hasses zwischen ihren beiden Familien. Namen sind wichtig und haben viel mit Identität und Zuhause und Heimat zu tun. Heute Morgen beschäftigen wir uns mit Namen, insbesondere die Geschichte eines bestimmten Namens in der Bibel. Einige meiner deutschen Arbeitskollegen haben mich gefragt, warum ich Englisch mit ihnen rede, obwohl ich einen deutschen Familiennamen habe. «Herr Grieve,» fragen sie, «sind Sie nicht ein Deutscher oder von deutscher Abstammung?»

Sie haben nur teilweise recht. Mein Name stammt ursprünglich aus dem heutigen Norddeutschland oder Dänemark, aber dies war während des ersten Jahrtausends nach Christus, als Sachsen, Jüten, und Angeln nach England und Schottland auswanderten. Mein Name mag deutsch klingen und hat zwar eine germanische Herkunft und Bedeutung, ist aber seit über tausend Jahren ein schottischer Name. Vor 150 Jahren wanderten meine Vorfahren mit ihren Namen von Schottland nach Kanada aus. Dort sind sie zusammen mit vielen anderen Schotten mitgegangen, um ein neues Leben in der neuen Welt zu suchen. In Kanada sind sie vielen anderen Familiennamen begegnet - nicht nur «MacMüller» oder «MacMeier». Besonders unter den Ureinwohnern gibt es manchmal richtig eigenartige Namen. Diese waren oft mit wichtigen spirituellen Erfahrung oder sonst mit einem besonderen Ereignis verbunden. Im Telefonbuch eines Ortes, wo ich früher gewohnt habe, gab es zum Beispiel Einträge wie Kleine-gelbe-Frau, Mit-einem-Zahn-geboren, oder Wolf-erwürgen. Mir gefällt die Andersartigkeit dieser Namen. Es geht um mehr als die Arbeit oder Herkunft eines Vorgängers, was die meisten von unseren Familiennamen bestimmt. Eigentlich sind wir so viel, viel mehr als das was wir tun, oder dort wo wir herkommen.

Mein Name ist Synonym für meinen Ruf und ist eng verbunden mit der Person die ich bin. Obwohl Familiennamen eine relativ neue Erfindung sind, gehen die Namen zurück zur Entstehung der Menschheit. Sie haben viel mit unserer Identität zu tun und sind deswegen nicht von Themen wie Zuhause und Heimat zu trennen. Wie nennst du dich unter Freunden und Familien, und wie nennst du dich unter Fremden? Welchen Namen hast du von anderen? Wie nennen dich die Menschen, die dich lieb haben? Wie nennen sie dich, wenn dein Geliebter dir in die Augen schaut, wenn du mit deiner Familie unterhältst, wenn du mit Freunden lachst oder wenn du im Spitalbett aufwachst? Wie klingen diese Namen in deinem Ohr? Zuhause sind wir bekannt - mit Namen. Manche Namen sind lustig, manche sind doof. Manche Namen haben tiefe Bedeutung und andere haben keine. Manche Namen sind mit schmerzvoller Erinnerung belastet und liegen wie ein Stein auf unserem Herzen, andere beflügeln unsere Seele.

In der Bibel haben Namen eine tiefe Bedeutung und spielen eine wichtige Rolle. Das jüdische Verständnis von Namen war, dass sie einen prophetischen Einfluss auf die Person hatten, die den Namen trug. Deswegen haben diese Namen öfters tiefe Bedeutung und sind Ausdrücke der Erfahrung und des Glaubens. Biblische Namen kommen manchmal vor wie Parolen oder Glaubensbekenntnisse. Dies ist in unserem Kontext nicht oft der Fall, da wir die Bedeutung der von uns getragenen Namen nicht immer verstehen. Für manche Menschen klingen die Namen aus der Bibel einfach schön. Wir haben Nachbarn, die nichts vom Glauben wissen wollen, aber ihren Sohn das hebräische Äquivalent von «ein Geschenk Gottes» nannten. Möge das Leben dieses Kindes seinen Namen erfüllen.

Der Name Mefi-Boschet

2. Samuel stellt eine Person vor, deren Name ein Versprechen war, das später erfüllt wurde. Der Name dieser Person war Mefi-Boschet. Du hast vielleicht noch nie von ihm gehört. Es gibt heute definitiv nicht viele Eltern, die ihren Kindern diesen Namen geben - sogar in christlichen Kreisen nicht. Mefi-Boschet war der Sohn von König Davids bestem Freund und Seelenverwandten Jonatan. Sein Grossvater war König Saul und so wurde Mefi-Boschet zur königlichen Familie geboren, er war ein Prinz. Mefi-Boschet (oder Merib-Baal) hat eine besondere Bedeutung. Es besteht aus zwei hebräischen Wörtern: Pa’ah und Boschet. Pa’ah bedeutet vertreiben; buchstäblich in den Ecken zerstreuen oder wegblassen. Wie Blätter im Herbstwind oder Mehl aus der Handfläche. Boschet bedeutet beschämt, grosse Verwirrung, in eine beschämende Sache gesteckt. Boschet wurde auch als Synonym für Baal verwendet: Der Götz dieser Welt oder Satan. Zusammen bedeutet Mefi-Boschet: Vertreiber von Scham oder von Baal und seine Wirkung. Wir treffen Mefi-Boschet zum ersten Mal an einem sehr schwarzen Tag für die Menschen in Israel. An diesem Tag wurden Jonathan und zwei seiner drei Brüder zusammen mit Saul im Kampf gegen die Philister getötet. Wir lesen in 2. Samuel 4, 4: «Sauls Sohn Jonatan hatte einen Sohn namens Mefi-Boschet, der an beiden Beinen gelähmt war. Er war fünf Jahre alt, als die Nachricht vom Tod Sauls und Jonatans aus Jesreel eintraf; da nahm die Amme das Kind und floh. Doch in der Eile stürzte sie und liess ihn fallen und seitdem war er gelähmt.»

Die Nachricht muss ein schrecklicher Schock gewesen sein. Der König und Helden Israels wurden von den verachteten Feinden getötet. Was würde passieren? Wer würde Gottes Volk führen und beschützen? Zu dieser Zeit folgte dem Tod eines Königs typischerweise ein schrecklicher Machtkampf. Alle Nachkommen des Königs würden routinemässig geschlachtet, um potenzielle Rivalen für den Thron auszuschalten. Mefi-Boschet war in Lebensgefahr. Der Text sagt nichts über Mefi-Boschets Amme aus. War sie ein junges Kindermädchen oder ein zerbrechliches Mütterchen, vielleicht etwas dazwischen? Wir wissen nur, dass sie das Kind packte und losgerannt ist. Und dann passierte es. Mefi-Boschet wurde wortwörtlich fallen gelassen. Das Ergebnis war wahrscheinlich das Schlimmste, was einer Person zu Mefi-Boschets Zeiten passieren konnte. In der Zeit von König David wurde der Wert eines Menschen normalerweise daran gemessen, was er konnte und wie stark er war. In gewisser Hinsicht hat sich bis Heute nichts geändert. Gelähmt zu werden bedeutete, keine Hoffnung, keine Zukunft und keine Würde zu haben. Innerhalb eines Augenblicks wurde ihm alles weggenommen. Von hier hören wir nichts mehr von Mefi-Boschet, bis David den Thron Israels bestiegen hat. In 2. Samuel 9 lesen wir folgendes: «Eines Tages fragte David: Ist noch irgendjemand aus Sauls Familie am Leben? Ich will ihnen Gutes tun, wie ich es Jonatan versprochen habe.» David erinnerte sich an seinen Freund und an das Versprechen, das er ihm geschworen hatte. Wir lesen weiter: «Er liess einen Mann namens Ziba rufen, der zu Sauls Dienern gehört hatte. Bist du Ziba? fragte der König. Ja, Herr, antwortete Ziba. Da fragte der König ihn: Ist aus Sauls Familie noch jemand am Leben? Wenn ja, möchte ich ihm in Gottes Namen Gutes tun. Ziba antwortete: Ja, einer von Jonatans Söhnen ist noch am Leben, aber er ist an beiden Beinen gelähmt. Wo ist er? fragte der König. In Lo-Dabar, erwiderte Ziba, im Haus von Machir, dem Sohn Ammiëls. David schickte nach ihm und liess ihn aus Machirs Haus holen.»

David rief einen ehemaligen Diener von König Saul zu sich, um zu sehen, ob es Überlebende aus dem Hause Sauls gab. Ich denke, er muss erfreut gewesen sein zu hören, dass Jonatans Sohn noch lebte. Mefi-Boschet wurde an einem Ort mit einem ganz besonderen Namen gefunden: Lo-Dabar. Dieser Name bedeutet «keine Weide» und ist ein Bild der Trostlosigkeit, Hoffnungslosigkeit und keine Zukunft. David liess Jonatans Sohn in seinen Palast bringen und der arme Mefi-Boschet musste mit dem Schlimmsten gerechnet haben. Wir lesen weiter: «Als Mefi-Boschet, der Sohn Jonatans und Enkel Sauls, zu David kam, warf er sich vor ihm nieder und verbeugte sich voller Ehrfurcht. Da sagte David: Also du bist Mefi-Boschet! und er antwortete: Ja, ich bin dein Diener.» Mefi-Boschet muss gedacht haben, dass dies seine letzte Stunde war. Und David reagiert auf solch erstaunliche Weise. Im hebräischen Text rief er nur ein Wort: Mefi-Boschet! Erinnerst du dich, was es bedeutet? Jonatans Sohn hatte wahrscheinlich das Versprechen seines Namens vergessen, oder es wurde für ihn eine bittere Form des Spottes und Hohn. «Doch David antwortete: Hab keine Angst! Ich will dir Gutes tun, wie ich es deinem Vater Jonatan versprochen habe. Ich will dir alle Ländereien zurückgeben, die früher deinem Großvater Saul gehörten, und du bist eingeladen, immer mit mir an meinem Tisch zu essen. Mefi-Boschet warf sich erneut vor dem König zu Boden. Sollte der König zu einem toten Hund wie mir so gut sein? Bin ich das wert? rief er aus» (2. Samuel 7-8). David ignorierte Mefi-Boschets Proteste wegen seiner Unwürdigkeit. Er stellte einfach den ganzen Reichtum und die Ehre und Würde wieder her, die er verloren hatte. Wir lesen weiter: «Dann ließ der König Ziba, den Diener Sauls, rufen und sagte: Ich habe dem Enkel deines Herrn alles gegeben, was Saul und seiner Familie gehört hat. Du und deine Söhne und Knechte sollen das Land für ihn bebauen, die Ernte einbringen und so für seinen Unterhalt sorgen. Aber Mefi-Boschet selbst, der Enkel deines Herrn, wird immer bei mir an meinem Tisch essen. Ziba, der 15 Söhne und 20 Knechte hatte, antwortete: Ja, mein Herr und König, ich werde tun, was du befiehlst.» Ich denke, der beeindruckendste Teil dieser Geschichte ist die Wiederherstellung von Mefi-Boschets Zugehörigkeit. Das Kind, das seine Familie, sein Zuhause und seine Identität verloren hatte, erhielt einen neuen Platz als Sohn des Königs. Er bekam eine neue Familie und ein neues Zuhause: «Und von da an ass Mefi-Boschet regelmäßig mit David zusammen, als wäre er einer seiner Söhne. Mefi-Boschet hatte einen kleinen Sohn namens Micha. Alle Mitglieder des Hauses von Ziba wurden Mefi-Boschets Diener. Und Mefi-Boschet, dessen beide Beine gelähmt waren, wohnte in Jerusalem, um dort täglich mit dem König zu essen.»

Kurzfassung der Botschaft von Jesus Christus

Wie beschreibt man etwas, das nicht beschreibbar ist? Wie hältst du das Universum in deinen Händen oder die Niagarafälle in einem Glas? Dies ist die Herausforderung, vor der wir stehen, wenn wir versuchen, über Gott zu sprechen. Dies entspricht die Herausforderung, der wir uns stellen, wenn wir über die Natur Gottes sprechen. Die Bibel beschreibt Gott anhand von Situationen, Beziehungen oder Ereignissen, die wir kennen oder verstehen können. Jesus zum Beispiel hat viele einfache Geschichten (Gleichnisse) benutzt, um immens komplexe und tiefgreifende Dinge zu erklären. In dieser Geschichte wird der Urgroßvater Jesu zum Typus, der den Charakter Gottes beschreibt. Und die Geschichte von Mefi-Boschet wird zu ein Art Kurzfassung der Botschaft von Jesus Christus. Ich weiss nicht, ob du jemals fallen gelassen wurdest. Wenn du ein Mensch bist, besteht eine gute Chance, dass du so etwas erlebt hast. Wenn du als Mensch auf diesem Planeten lebst, besteht die große Chance, dass du auch mit Enttäuschung, Verwirrung und Scham vertraut geworden bist. Ich habe für dich heute ein Wort, das Gott in diese Situation hineinreden will: Mefi-Boschet! Gott hat an sein Versprechen gedacht. Der Sohn Gottes ist in diese Welt gekommen, um Menschensöhnen und Menschentöchtern im Namen Gottes Gutes zu tun. Er ist gekommen, um wiederherzustellen, was gestohlen oder verloren gegangen ist. Er ist gekommen, um Söhne und Töchtern Gottes zum Festessen am Königstisch einzuladen. Er wird diesen Tisch in Gegenwart deiner Feinde vorbereiten. Er ist gekommen, um deine Würde wiederherzustellen. Er ist gekommen, um dein Scham zu vertreiben. Er ist gekommen um dir einen neuen Namen, dein echten, Namen, zu schenken. In Offenbarung 2,17 lesen wir: «Wer bereit ist zu hören, der höre auf das, was der Geist den Gemeinden sagt! Wer siegreich ist, wird von dem Manna essen, das im Himmel verborgen ist. Und ich werde ihm einen weissen Stein geben; und auf dem Stein wird ein neuer Name geschrieben sein, den niemand kennt außer dem, der ihn erhält.»

Abschliessende Worte

Ich weiss nicht, wo du dich heute befindest, wie es dir geht. Von ganzem Herzen wünsche ich, dass es dir einfach glänzend geht. Und ich denke, dass es den meisten von uns gut geht - mehr oder weniger. Wir versuchen wirklich das Beste aus unserem Leben machen. Aber realistisch gesehen bringt das Leben viele blaue Flecken mit sich. Wahrscheinlich kannst du dich zumindest ein bisschen mit Mefi-Boschet identifizieren. Leider kennen die meisten von uns das Gefühl, fallen gelassen zu werden. Es tut weh und kann uns unser Vertrauen und unser Zugehörigkeitsgefühl berauben. Es kann sich anfühlen, als ob wir ein Stück unser Zuhause verlieren. Viele Menschen haben Verluste erlebt: von Angehörigen, von Sicherheit und Identität, von Würde. Einige haben ihren Namen verloren oder leiden unter ihrem Namen oder haben das Gefühl, dass sie ihm niemals gerecht werden können.

Ich hoffe sehr, dass Dir diese Dinge völlig fremd vorkommen. Ich habe diese gekannt. Aber ich kann auch sagen, dass für den Gott, der sich selbst mein Vater und dein Vater nennt, für den Gott, der rannte, um mir zu begegnen, als ich so weit von Ihm entfernt war, für den Gott, der zu dir gerannt ist oder gerade jetzt  zu dir rennen will - Diesem Gott, dem Gott Jesu, ist diese Erfahrung nicht gleichgültig. Und genau wie König David entschlossen war, Jonatans Sohn im Namen Gottes Gutes zu tun, möchte dieser Gott dir und mir im Namen Gottes Gutes tun. Die Frage ist, lassen wir ihn. Vielleicht fühlst du dich weit weg von Gott. Vielleicht sind Gedanken an Gott und Religion (was auch immer das ist) für dich seltsam und fremd. Das ist in Ordnung. Es ist gut, dass du hier bist. Fühl dich wie zu Hause! Aber wenn du dich auf etwas beziehen kannst, über das wir heute Morgen gesprochen haben, möchte ich dich herausfordern, ruhig ein Gebet in deinem Herzen zu sprechen. Es geht so: Gott, gib mir bitte die Dinge zurück, die gestohlen wurden. Du wirst vielleicht überrascht sein, wie er darauf antwortet.

Amen!

 

 

 

Fragen für die Kleingruppen

  1. Was bedeutet dein Name für dich?
  2. Wurdest du jemals fallen gelassen? Wie hat sich das auf dich ausgewirkt?
  3. Was war Davids Motivation, Mefi-Boschet zu helfen?
  4. Hast du jemals erlebt, dass Gott in deinem Leben etwas wiederhergestellt hat?
  5. Kannst du dir jemanden vorstellen, für den du ein David sein könntest?