Ja, ich will
Serie: Metamorphose | Bibeltext: Matthäus 5,31-32, 19,3-10
Jesus spricht in der Bergpredigt auch über Ehe und Ehescheidung. Weil der Ehebund grundsätzlich heilig und unauflösbar ist, tut er dies sehr restriktiv. Der einzige Grund, der Scheidung und Wiederheirat legitimiert, ist Unzucht. Jesus kann einen solch hohen Standard wohl nur setzen, weil er in seinen Nachfolgern ein neues Herz schafft und so zu Treue und Liebe befähigt.
Die Ehe ist ein Kloster, das Gott gewählt hat, um uns ihm ähnlicher zu machen. Das gleiche Ziel verfolgt die Metamorphose. Das bedeutet, dass die Ehe ein Katalysator hin zur Gottesähnlichkeit sein kann. Darum spricht Jesus in seiner Tugendlehre, in der Bergpredigt, auch über Ehe: «Ihr habt gehört, dass es im Gesetz von Mose heisst: ‘Ein Mann darf sich von seiner Frau scheiden lassen, wenn er ihr einen Scheidungsbrief ausstellt.’ Ich aber sage: Wenn ein Mann sich von seiner Frau scheiden lässt - es sei denn, sie war untreu -, macht er sie zur Ehebrecherin. Und wer eine geschiedene Frau heiratet, begeht ebenfalls Ehebruch» (Matthäus 5,31-32 NLB). Gott geht es auch bei der Ehe nicht darum, durch gesetzliche Regelwerke Ehescheidungen einigermassen fair zu regulieren. Es geht vielmehr darum, Tugenden des Bundes, wie Treue und Liebe, zu fördern. Er möchte, dass wir in unseren Herzen von der Musik Gottes so geprägt werden, dass wir beginnen unser Leben automatisch im Einklang mit seiner Musik zu leben.
Ehe
Das Grundprinzip im Judentum ist: Die Ehe ist heilig. Dies kommt sogar in der Bezeichnung für Eheschliessung zum Ausdruck: Kidduschin bedeutet Heiligung. Wenn in einer jüdischen Trauung der Bräutigam der Braut den Ring ansteckt, ruft die ganze Hochzeitsgesellschaft laut: «Mekudeschet, Mekudeschet, Mekudeschet!» - Geheiligt! Geheiligt! Geheiligt!
Heilig ist, was zum Heiligen, zu Gott, gehört. Für Gott ist die Ehe etwas so Grosses, dass er sie zum Abbild seiner Liebe zu uns Menschen gemacht hat: «Ich schliesse die Ehe mit dir für alle Zeiten; mein Brautgeschenk für dich sind meine Hilfe und mein Schutz, meine Liebe, mein Erbarmen und meine unwandelbare Treue. Du wirst erkennen, wer ich bin – ich, der Herr» (Hosea 2,21f GNB). Manche Leute denken, dass Ehe eine Erfindung von uns Menschen und kulturell abhängig sei. Nach dem biblischen Weltbild ist es eine ursprüngliche Erfindung des Schöpfers, zu der rechtliche Aspekte (Zivilhochzeit) genauso dazugehören wie das Schliessen des Bundes vor Gott.
Jesus sagt: «Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und an seiner Frau hängen, und die zwei werden ein Fleisch sein. So sind sie nun nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch. Was nun Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden!» (Matthäus 19,5f LUT). Entsprechend der unverbrüchlicher Treue Gottes zu uns, sollen wir ebenfalls einander im Ehebund treu sein (vgl. Maleachi 2,16). John Ortberg: «Ein Ehegelübde ist deshalb ein so bewegender, wunderbarer, beängstigender Satz, weil wir es hier mit einem lebenslangen Versprechen zu tun haben. Es geht hier um einen Bund. Ein leises Echo von Gottes Gelübde seiner nie endenden Liebe zu uns.»
Manchmal sagen Eheleute, deren Ehe kompliziert wurde: Gott hat uns gar nicht zusammengefügt, es war unsere eigene Sache. Der Punkt ist aber der, dass die Ehe an sich heilig und von Gott gestiftet ist. Ab dem Moment an, als Silvia und ich uns das Ja-Wort gaben, wussten wir, dass es vorbei ist, denn Gott hat uns zusammengefügt. Jetzt gibt es keinen Weg mehr zurück. Ehescheidung ist keine Option. Alle Probleme, die nun auftreten, müssen gelöst werden oder sie vermiesen unser Zusammensein. Kein Wunder sagten die Jünger zu Jesus: «Dann wäre es ja besser, gar nicht zu heiraten!» (Matthäus 19,10 NLB).
Die romantische Vorstellung, dass Ehe immer Spass machen muss, immer glücklich, jung und schön, kommt aus Hollywood, entspricht aber nicht der Realität. Die Ehe ist manchmal auch ein steiniger Weg. Wenn wir bestehen wollen, müssen wir immer wieder vergeben, demütig sein, nachgeben, Kompromisse eingehen. Manche Paare wissen bis zum Traualtar nicht genau, ob es der gottgebene Partner ist. Ja, ich will! Es ist eine Entscheidung, mit Gottes Hilfe miteinander alt zu werden. Auch wenn dann die anfänglichen Glücksgefühle abebnen, muss man wissen: Mein momentanes Eheglück ist nicht so wichtig wie die langfristige Entwicklung meines Charakters durch meine Ehe.
Ehescheidung
Die Tatsache, dass Jesus über Ehescheidung spricht, macht klar, dass er auch damit rechnet. Es hat sie im Volk Israel gegeben, es wird sie auch unter Christen geben. In der Thora steht: «Angenommen, ein Mann heiratet eine Frau. Später gefällt sie ihm nicht mehr, weil er etwas Anstössiges an ihr findet. Er stellt ihr einen Scheidebrief aus, gibt ihn ihr und schickt sie fort» (5Mose 24,1 NLB). Der Grund für Scheidung: Weil er etwas Anstössiges an ihr findet. Es gibt in der jüdischen Tradition zwei verschiedene Auslegungen:
- Die Schule Schammais sagt: Es geht ausschliesslich um Unzucht und Hurerei oder wenn der Mann in der Hochzeitsnacht feststellt, dass sie keine Jungfrau mehr ist.
- Die Schule Hillels sagt dagegen: Etwas Anstössiges ist auch, wenn die Frau eine Speise anbrennen lässt oder das Verbrechen des Altwerdens begeht.
Die Frage der Pharisäer in Matthäus 19,3 zielt auf diese zwei Interpretationen. Sie wollten wissen, ob Jesus zur mehr liberalen oder mehr konservativen Schule gehört. Jesus beantwortet diese Frage nicht, sondern zeigt, was Ehe bedeutet. Dass Ehe ein heiliger Bund ist und dass Sex diesen Bund besiegelt.
Jesus nennt eine einzige Klausel, die einen Mann berechtigt, sich von seiner Frau scheiden zu lassen: «Es sei denn wegen Unzucht» (Matthäus 5,32 und 19,9 LUT). Im griechischen Text steht porneia. Dass dieser Begriff nicht mit Ehebruch gleichgesetzt werden kann, zeigt sich darin, dass Jesus sagt: «Aus dem Herzen kommen böse Gedanken wie zum Beispiel Mord, Ehebruch, Unzucht [...]» (Matthäus 15,19 NLB). Ehebruch war im damaligen Judentum mehr als ein Scheidungsgrund, Ehebrecherinnen wurden gesteinigt. Was meint denn porneia? Im Gesamtkontext des Neuen Testaments finden sich drei Bedeutungen: Einen ausschweifenden Lebensstil im Allgemeinen, Götzenverehrung (Fremdgehen im geistlichen Sinn) sowie Sex ausserhalb der Ehe.
Weder bei geistlichem noch bei sexuellem Fremdgehen muss zwingend geschieden werden. Wenn der Ehepartner fremdgeht, ist das tragisch, aber nicht hoffnungslos. Es gibt Vergebung und Wiederherstellung einer Beziehung, aber es ist ein langer Weg. Wenn du aus der Ehe ausgebrochen bist, darfst du nicht erwarten, dass der andere dir einfach vergibt und dich wieder liebt. Versöhnung hat nur bei völliger Einsicht und radikalem Abbruch einer Fremdbeziehung eine Chance. Vergebung ist kein Fussabtreter, auf dem man seine Schuhe putzt, um dann wieder in den Dreck zu treten. Für Kinder ist es ein Riesenzerbruch, wenn ein Elternteil fremdgeht. Sowieso gilt: Wenn du ein guter Elternteil sein willst, dann kümmere dich mehr um deinen Ehepartner als um dein Kind. Willst du deinem Kind deine Liebe zeigen? Liebe deinen Ehepartner! Wenn Kinder sehen, dass Vati und Mutti zusammenstehen, gibt ihnen das Sicherheit und Vertrauen, was die besten Zugaben auf dem Weg zu gesunden Persönlichkeiten ist.
Im Alten Testament gab es also keinen Zusammenhang zwischen Ehebruch und Scheidung. Was machte dann eine Scheidung legitim? Wir wissen es nicht. Jesus sagt: «Mose erlaubte die Ehescheidung, weil eure Herzen hart sind, aber ursprünglich war sie nicht Gottes Wille» (Matthäus 19,8 NLB). In einer Ehe stehen sich ein unauflöslicher lebenslänglicher Bund und manchmal harte Herzen gegenüber. Leider sind sie manchmal so hart, dass eine Scheidung der bessere Weg ist. Harte Herzen zeigen sich im Unwillen nachzugeben oder sich zu vergeben. Ein hartes Herz kann so brutal sein. Nicht nur körperlich. Manchmal ist das emotionale und psychische Erwürgen des anderen noch schlimmer. Bei einer Ehescheidung handelt es sich um eine Notordnung Gottes, um eine Entstellung des Bundes. Sie soll das in Unordnung geratene Leben vor noch grösserem Übel bewahren.
Scheidebrief
Jesus nimmt in diesem Abschnitt Bezug auf die Institution des Scheidebriefs. Dieser Brief war kein Frei-, sondern ein Schutzbrief. Er hatte eine prophylaktische und eine fürsorgliche Komponente.
Der Scheidebrief verhinderte, dass ein Mann nicht leichtfertig und willkürlich seine Frau entlassen konnte. In einer ordentlichen Gerichtsverhandlung wurde der Fall besprochen und die Gründe unter die Lupe genommen. Jesus lehrt uns eine Scheidungspolitik, die restriktiver ist als die damals im Judentum einflussreiche liberale Position von Rabbi Hillel. Umso mehr fordert er uns heraus, viel in die Ehe zu investieren und dafür zu kämpfen. Ein Ehepaar antwortete an ihrer Eisernen Hochzeit auf die Frage, wie sie es so lange miteinander geschafft haben: «Wir wurden in eine Zeit geboren, in der man kaputte Dinge repariert, anstatt sie wegzuwerfen.» Immer wieder höre ich von Ehepaaren, die durch schwere Krisen gegangen sind, aber durch externe Hilfe den Rank wieder gefunden haben. Dies sollte nicht erst geschehen, wenn die Würfel für das Beenden der Ehe zutiefst im Herzen schon gefallen sind. Als seetal chile ist wollen wir durch Kurse und persönliche Begleitung Hilfestellungen bieten. Und – ganz wichtig: Wir wollen dich dabei unterstützen, Jesus besser kennenzulernen. Nur Er kann dich lehren, zu lieben.
Der Scheidebrief diente aber auch zum Schutz der geschiedenen Frau, dass sie nicht als Freiwild betrachtet wurde. Gott ist immer auf der Seite der Schwachen und Vernachlässigten, deshalb war der Mann auch nach der Scheidung verpflichtet, weiterhin für den Unterhalt der Frau zu sorgen. Es ist mir ein sehr grosses Anliegen, dass gerade auch Menschen in oder nach der Scheidung in der seetal chile Würde und Wertschätzung erfahren. Liebe Geschiedene: Ihr seid keine gescheiterten Menschen nur weil eure Ehe gescheitert ist. Auch wenn Ehen und Familien nicht einfach wiederhergestellt werden können, kannst du Vergebung und Heilung erfahren. Vergebung beinhaltet immer auch die Möglichkeit eines Neuanfangs.
Eine interessante Beobachtung findet sich in Jeremia 3,8. Obwohl Gott eine lebenslange Ehebeziehungen will, stellt er Israel wegen Ehebruchs eine Scheidungsurkunde aus und schickt es fort. Auch Jesus geht davon aus, dass es Ehescheidung gibt, sonst würde er nicht darüber reden. Sie ist immer als Notordnung und nicht als ursprüngliche Absicht Gottes zu verstehen.
Wie sieht es denn mit Wiederheirat aus? «Ich sage euch aber, dass, wer immer seine Frau entlässt, ausser wegen Hurerei, und eine andere heiratet, Ehebruch begeht; und wer eine Entlassene heiratet, begeht Ehebruch» (Matthäus 19,9 ELB). Diese Stelle sagt, dass wer sich unberechtigterweise scheiden lässt, eigentlich noch mit dem ehemaligen Partner verheiratet ist. In einem solchen Fall ist Wiederheirat Ehebruch, aber nicht, weil die Ehe unauflöslich wäre, sondern weil man eigentlich noch verheiratet ist. Gottes Gnade und Vergebung steht über zerbrochenen Beziehungen. Es gibt Vergebung auch für Menschen, deren Ehe gescheitert ist. Eine Beziehung zu verlieren ist schmerzhaft. Noch schlimmer aber: Dich selbst wegen einer Beziehung zu verlieren.
«Die Ehe: eine absurde Erfindung, die nur durch die unendliche Gnade Gottes existieren kann» (Gabriel Garcia Marquez). Warum zieht Jesus die Schraube in Sachen Ehescheidung und Wiederheirat im Vergleich zu Mose an? Weil er uns hilft. Er ist der Treue. Durch seine Hilfe und Gnade kann seine Treue zu unserer Tugend werden. Alles Böse, auch Unzucht und Ehebruch, kommt aus dem Herzen. David hat gebetet: «Gott, erschaffe in mir ein reines Herz und gib mir einen neuen, aufrichtigen Geist» (Psalm 51,12 NLB). Durch die Metamorphose wird das harte Herz in ein neues Herz verändert. Das eröffnet völlig neue Möglichkeiten und eine neue Verantwortung. Lass dich von Jesus verändern und tanze nach seiner Musik!
Mögliche Fragen für die Kleingruppen
Bibeltext lesen: Matthäus 5,31-32; 19,3-10
- Warum hat die Ehe in Gottes Augen einen so hohen Stellenwert und ist unauflöslich?
- Was bedeutet das für die Liebe Gottes zu uns Menschen?
- Was für Gründe legitimieren eine Ehescheidung?
- Wo liegt das Problem einer Wiederheirat?
- Wie könnten wir Ehen im Rahmen der seetal chile stärken?