Heimischer werden durch Heimsuchung

Datum: 28. April 2019 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: Lukas 19,44
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Unter dem Begriff «Heimsuchung» verstehen wir einen Schicksalsschlag, der als Prüfung oder Strafe von Gott empfunden wird. In Lukas 19,44 begegnet uns das Wort in der Bibel und meint den Besuch Jesu in Jerusalem, mit dem er die Menschen zum himmlischen Vater nach Hause rufen wollte. Aufgrund von persönlichen Geschichten soll das Potenzial von Heimsuchungen aufgezeigt werden und wie sie uns näher zu Gott bringen können.


 

Unter «Heimsuchung» verstehen wir laut Wikipedia einen Schicksalsschlag, der als Prüfung oder Strafe von Gott empfunden wird. Gegenden werden von Unwettern oder Menschen von einer Krankheit oder einer Krise am Arbeitsplatz heimgesucht. Nicht selten fragen wir angesichts solcher Heimsuchungen: «Gott, wo bist du?» oder empfinden es gar als Gottesferne. Nicht wenige Menschen haben aufgrund einer Heimsuchung den Glauben über Bord geworfen.

Wenn Gott gut ist...

Epikur, ein Philosoph, der 300 v.Chr. lebte, machte folgende Aussage: «Gott will entweder das Übel abschaffen, aber er kann nicht – dann ist er ohnmächtig und nicht Gott. Oder er kann es und will es nicht – dann ist er böse, im Grunde ist er dann ein Teufel. Oder er will weder noch kann er es – was auf beide Folgerungen zugleich hinausläuft. Oder er will und kann es – woher dann das Böse?» Die Denkvoraussetzung hinter diesem Satz lautet: Wenn Gott gut wäre, dann müsste er Heimsuchung im Sinn von schmerzhaften Schicksalsschlägen verhindern.

Gott ist gut!

In Lukas 19,44 spricht Jesus über die Zerstörung Jerusalems, die 70 n.Chr. Tatsache wurde, und braucht das Wort Heimsuchung: «und sie werden dich dem Erdboden gleichmachen, auch deine Kinder in dir, und in dir keinen Stein auf dem anderen lassen, weil du die Zeit deiner Heimsuchung nicht erkannt hast!» (Schl).

Das Wort bezeichnet den Besuch eines Höherstehenden zur Fürsorge und Hilfe, aber auch zur Aufsicht und Rechtsprechung; hier meint es den gnädigen Besuch des Herrn, der Jerusalem Umkehr und Rettung anbot. Gott hat in der Person von Jesus Christus die Menschen der Stadt Jerusalem besucht mit dem Ziel, sie zu sich zu rufen. Doch die Bewohner der Stadt haben es nicht erkannt! Könnte es sein, dass Gott uns durch Heimsuchung zu sich ziehen will, doch wir erkennen es nicht?

C.S. Lewis meint dazu: «Gott flüstert in unseren Freuden, er spricht in unserem Gewissen; in unseren Schmerzen aber ruft er laut. Sie sind sein Megafon, eine taube Welt aufzuwecken.»

Gott ist gut! Gott ist kein strafender Gott, der uns mit Schicksalsschlägen abstraft. Gott ist Liebe. Das einzige, was er will, ist, die ungetrübte Gemeinschaft mit uns. Weil Gott gut ist, leidet er mit uns. Als vor vielen Jahren der Zahnarzt unserem Sohn Yanick spontan zwei Zähne ziehen musste, meinte der Zahnarzt: «Die Mütter leiden in solchen Situationen meistens mehr als die Kinder.» Genauso geht es unserem himmlischen Vater. Er leidet mit seinen Kindern, wenn sie durch schwere Zeiten gehen. Für ihn fühlt es sich an, wie wenn er den Schmerz selbst tragen würde!

Menschliche Reaktion

Wenn wir unsicher sind, ob Gott gut ist oder gar an einen strafenden Gott glauben, werden wir Gott in unseren Heimsuchungen nicht erkennen und in grosse Schwierigkeiten geraten. Ich habe eine erwachsene Person vor Augen, die eine solche Heimsuchung erfahren hat. Diese Person hat eine Opferrolle eingenommen, sucht die Schuld bei Gott und anderen Menschen und trägt Bitterkeit und Verletzlichkeit in sich. Dabei würde der Schlüssel zu einer besseren Zukunft darin liegen, die Opferrolle zu verlassen und Gott zu suchen.

David wurde in seinen Jugendjahren von Samuel zum König über Israel gesalbt. Als Israel mit den Philistern im Krieg stand, war David der einzige, der Gott vertraute. Im Glauben an Gott nahm er den Kampf mit Goliath auf und besiegte ihn mit einem Stein aus der Schleuder. Doch kaum war der Jubel verklungen, traf ihn eine gewaltige Heimsuchung. Wegen krankhafter Eifersucht von Noch-Throninhaber Saul muss sich David für Jahre in der Wüste verstecken und sich aus Angst sogar der feindlichen Macht der Philister anschliessen. Wie muss sich David gefühlt haben? Zum König gesalbt, als einziger auf Gott vertraut und jetzt um sein Leben rennend. Hey Gott, was soll das? Diese Heimsuchung birgt das Potenzial in sich, das Vertrauen in Gott wegzuwerfen.

David hat es nicht getan. Viele während dieser Zeit entstandene Psalmen zeugen von einem intensiven Suchen nach Gott und Austauschen mit ihm. «Sein Zorn trifft uns einen Augenblick, doch seine Güte umgibt uns unser Leben lang! Die Nacht ist noch voll Weinen, doch mit dem Morgen kommt die Freude» (Psalm 30,6). In der Stille der Wüste lernte David auf Gott hören und wurde für seine grosse Aufgabe vorbereitet. Die schwere Zeit der Heimsuchung hat ihn heimischer bei Gott gemacht. Gott ist selbst dann gut, wenn ich eine Heimsuchung erleide.

Eine schwere Heimsuchung erlebten auch Paulus und Silas, als sie wegen ihres Glaubens ins Gefängnis geworfen wurden. Gefangen in der sichersten Zelle, die Füsse im Block, lobten sie Gott (Apostelgeschichte 16,25). Die beiden waren sich des Sieges durch Christus so bewusst, dass sie ihn vorsorglich schon mal feierten! Leider lassen wir in solchen Krisen allzu gerne unseren alten Triebkräften und Gefühlen freien Lauf und meinen, dass wir dazu ja auch das Recht haben.

Kürzlich fragte jemand, ob wir denn Krisen brauchen, um geistlich zu wachsen. Das griech. Wort Verb für krisis lässt sich mit Beurteilung und Entscheidung übersetzen. Eine Krise erfordert eine Entscheidung. Wem will ich vertrauen? Wer hat das Sagen in meinem Leben? Stehe ich mit der Hilfe Gottes auf oder bleibe ich in der Opferhaltung? Eine Heimsuchung ist eine Krise, in der Gott mich besucht. Unsere Aufgabe ist es, ihn zu entdecken. Weggefährten können in diesem Prozess eine wichtige Hilfe sein. «Was beim Wein das ‚schwere Bouquet’ bringt, jene besondere Geschmackstiefe, das sind bei der Lebensreife eben doch die herben Stunden» (Hanspeter Wolfsberger).

 

Das Beste ist: Gott hat uns durch Jesus Christus alle heimgesucht. Er wurde Mensch und lebte unter uns. Das einzige Ziel, das er damit verfolgte, ist, uns nach Hause zu rufen. Hast du ihn schon erkannt?

 

 

 

 

Mögliche Fragen für die Kleingruppen

Bibeltext lesen: Apostelgeschichte 16,23-40

  1. Was beinhaltete die Heimsuchung von Silas und Paulus?
  2. Was war ihre Denkvoraussetzung, dass die beiden in ärgster Not Gott lobten?
  3. Was könnte der Wert von Heimsuchungen bezüglich unseres Glaubens sein?
  4. Brauchen wir Krisen, um bei Gott heimischer zu werden? Wie könnte es auch anders gehen?
  5. Tauscht über die Erfahrung von Interviewpartner Walter St. aus. Was können wir daraus lernen?