Eltern nach dem Herzen Gottes

Datum: 3. November 2019 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: 1. Korinther 4,15; u.v.a.m.
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Dass Gott sich in der Bibel als Vater vorstellt, gibt den Themen Eltern sein, Erziehung und Kindschaft eine riesige Würde. Gottes väterliche Eigenschaften dürfen wir zuerst persönlich geniessen und dann auch in der Erziehung anwenden. Gottes Erziehungsmodell beschreibt sich mit den Worten Freiheit, Konsequenz und Beziehung. Gottes oberste Priorität ist eine Herzensbeziehung.


Die Psychologie sagt, dass das, was du in den ersten sechs Lebensjahren erlebst, dein «Normal» ist. Anders ausgedrückt: Was du im Leben als normal empfindest, ist das, was in den ersten sechs Lebensjahren mit dir passiert ist. Als Eltern können wir Menschen auf eine Weise prägen wie niemand anders sonst. Bei Menschen, die straffällig wurden, wurden umfassende Studien gemacht. Und zwar wurde nach Mustern gesucht, die dich durchziehen. Dabei wurde herausgefunden, dass die Übereinstimmung von straffällig werden und instabiles Elternhaus sehr gross ist. Ein Psychologe wurde in der Frankfurter Allgemeinen gefragt, was zu tun sei, dass Jungs nicht straffällig werden. Seine Antwort: «Sie brauchen einen guten Vater.»

Kein Mensch ist gut

«’Warum nennst du mich gut?’, entgegnete Jesus. ‘Gut ist nur Gott, sonst niemand’» (Markus 10,18 NGÜ). Niemand ist gut – ausser Gott. Es gibt keine gerechten und guten Eltern, es gibt nur normale Sünder. Dabei wollen wir doch gute Väter und Mütter sein. Wir starten mit der Überzeugung in die Elternschaft, es sehr gut zu machen, ganz sicher besser als die eigenen Eltern es gemacht haben. Und dann ertappen wir uns, wie wir genauso versagen und die gleichen Sätze ‘raushauen’ wie sie. Wir alle haben eine unperfekte sündhafte Prägung. Wir alle tragen Vater- und Mutterwunden. Vielleicht war unser Vater emotional abgeschnitten oder traumatisiert. Wir kommen aus einer Situation, die nicht perfekt ist und starten als Menschen, die selbst gebrochen sind.

Auch du wirst nicht der perfekte Elternteil sein und deine Kinder verletzen. Die Botschaft ist: Du hast eine sündige Natur und deine Kinder auch. Wir brauchen Erlösung durch Jesus Christus. Es ist einzig und allein das Kreuz Jesu, das uns das Bild zum perfekten Vater vermittelt. Wir müssen vom perfekten Vater lernen, was Erziehung bedeutet. Er ist die einzige Quelle, aus der wir die Kinder ins Leben lieben können. Das Ziel ist nicht, perfekte Eltern zu sein, sondern dass unsere Kinder lernen zu Gott Vater zu gehen, so wie wir zu IHM gehen. Wir können ihnen ein Beispiel geben, indem wir sie auf den Weg mitnehmen.

Deshalb ist die Grundlage der ganzen Erziehung, dass wir uns um unsere eigene Geschichte kümmern. Du wirst ein ganzer, beziehungsfähiger Mensch, wenn du dich deinen eigenen Schattenseiten und Verletzungen – den schmerzhaften Elementen deiner Geschichte stellst. Keinen emotionalen Zugang zu den Kindern zu haben, kann damit zu tun haben, wie ich mit mir selbst und meinen Gefühlen umgehe. Vielleicht schaffst du es nicht, eine Autoritätsperson zu sein. Wir müssen uns vom Heiligen Geist unsere unguten Prägungen aufzeigen lassen. Tun wir es nicht, triggern uns die eigenen Kinder. Wir sehen den dreijährigen Sohn und merken plötzlich, wie einsam oder verletzt wir uns in ähnlicher Situation gefühlt haben. Wie gesagt, empfinden wir unsere eigenen Prägungen als normal, selbst wenn sie stolz, arrogant, unwahrhaftig oder gar gewalttätig sind. Es ist höchste Zeit, aufzuhören mit Schönreden, und anstelle dessen mit unseren Prägungen zu Jesus zu gehen.

Wir brauchen Heilung. Gerade auch wegen der Tatsache, die Stephen Corvey sagt: «Das, was du bist, schreit so laut in meinen Ohren, dass ich nicht hören kann, was du sagst.» Es reicht nicht, wenn wir das Richtige sagen. Die Kinder tun das, was sie bei uns sehen. Nur Jesus kann uns von innen her verändern.

Gott ist der perfekte Vater

Wenn wir über Elternschaft reden, müssen wir von dem einzig perfekten Vater ausgehen. Es ist grossartig, dass Gott sich als Vater vorstellt. Das bedeutet, dass dem Thema Elternschaft eine riesige Würde zukommt. Kindschaft, Eltern sein und Erziehung gehören zu den wichtigsten Themen im Evangelium überhaupt. Die Schöpfungsgeschichte zeigt uns die Charakteristik dieser Vaterschaft:

Gott als Vater…

…will, dass du DU bist. Gott erschafft die Menschen; und zwar Adam und Eva. Er schuf keine Kopien, sondern bewusst verschiedene Personen. Er will, dass du überhaupt bist und du DU bist. Gott hätte ja auch sagen können: «Mich gibt’s, ich bin perfekt, was will ich mehr?» Viele Ehepaare wollen gar keine Kinder, weil sie sich diesen Stress nicht antun wollen und ihr Leben schon genug gefüllt ist. Gott hat die Menschen geschaffen, obwohl er wusste, dass sie viel falsch machen werden.

… hat das Sagen. Gott hat kein Problem mit seiner Position und gibt ganz am Anfang die Spielregeln bekannt. Gott liebt bedingungslos, aber macht auch eine klare Ansage. Er will, dass wir gehorchen.

… liebt bedingungslos. Adam und Eva sind einfach da und haben noch nichts geleistet, dennoch sagt Gott: «Ihr seid sehr gut!» Gott freut sich an der Tatsache, dass die beiden einfach da sind. Gott Vater liebt auch dich bedingungslos!

… erzieht zu Eigenverantwortung. Gott setzt Adam und Eva in einen Garten mit einem verbotenen Baum. Stell dir vor: Du stellst etwas vor dein Kind, was es gerne mag, und sagst: «Das darfst du nicht!» Voll fies? Oder gutes Training? Gott wollte, dass der Mensch die Fähigkeit entwickelt, selbst Verantwortung zu übernehmen. Es gibt Eltern, die packen ihre Kinder in Watte, damit nie etwas passieren kann. Gott setzt die beiden in den Garten und weiss, dass es richtig daneben gehen kann. Genauso geht Gott auch mit uns um. Er bringt uns in Situationen, in denen wir lernen, nach seinem Herzen zu agieren und zu reagieren.

… erspart dir nichts. Er setzt Adam und Eva in einen Raum von Freiheit und sagt: «Ihr könnt euch entscheiden, aber eure Entscheidungen haben Konsequenzen. Wenn ihr von diesem Baum esst, werdet ihr sterben.» Manchmal wollen Eltern ihren Kindern alles ersparen. Sie lernen nicht eigenverantwortlich zu handeln, weil sie nie mit den Konsequenzen konfrontiert werden. Gott erlaubt es, dass wir Früchte unseres Verhaltens ernten. Nicht weil er böse ist, sondern weil er uns liebt und erzieht.

… gibt immer eine neue Chance. Schliesslich verhauen sie es. Quer durch die Heilsgeschichte durch, gibt Gott einzelnen Menschen oder seinem ganzen Volk immer wieder eine neue Chance.

… steht immer zu seinem Wort. Eine der Hauptaussagen in Gottes Wort heisst: Das was ich sage, das mache ich wirklich. Wie tief ist die Verletzung in Kindern, wenn die Eltern nicht zu ihrem Wort stehen und nicht verlässlich sind.

… konfrontiert Sünde. Manchmal machen Kinder üble Sachen und führen ein wildes Leben. Es gibt Väter, die sagen dann: «Ah ja, macht mal. Wir waren doch alle auch mal jung!» Vermutlich fühlt sich ein Kind kaum geliebt. Gott ist kein Plüschteddy, dem alles egal ist, was wir tun. Ein echter Vater sagt: «Ja, ich bin dein Vater und ich weiss, was in dir steckt. Du lebst unter deinem Niveau, da ist mehr drin.» So konfrontiert Jesus Sünde in unserem Leben.

… spricht Identität. Quer durch die Bibel begegnen wir einem Gott, der seinem Volk oder einzelnen Menschen Identität zuspricht: «Ihr seid die Pflanzung des HERRN» (Jesaja 61,3). «Du bist mein Volk, ich bin euer Gott» (Jeremia 30,22). «Du aber, Israel, bist mein Knecht» (Jesaja 41,8). «Ihr seid eine königliche Priesterschaft, Gottes heiliges Volk» (1Petrus 2,9). Etwas vom Wichtigsten, was Eltern überhaupt tun können, ist ihren Kindern Identität zuzusprechen.

Diese Punkte sind das Programm für die Erziehung unserer Kinder. Und der Vater im Himmel will das alles auch für dich sein – unabhängig davon, wie unperfekt oder verletzt du bist.

Zuchtmeister oder Vater?

«Denn wenn ihr zehntausend Zuchtmeister in Christus hättet, so doch nicht viele Väter.» (1Korinther 4,15 Elb). Paulus unterscheidet zwischen Zuchtmeistern und Vätern. Das griechische Wort für Zuchtmeister paidagogos wird sonst in der Bibel nur noch für das Gesetz benötigt. Es sei ein Zuchtmeister auf Christus hin (Galater 3,24f). Zuchtmeister und Vater stehen für zwei grundlegend verschiedene Erziehungskonzepte.

Das Zuchtmeister-Konzept beschreibt sich mit den Worten Kontrolle – Angst – Distanz. Bei einem Zuchtmeister geht es nicht um Beziehung, sondern um Konditionierung richtigen Verhaltens. Erziehen mit dem Ziel der Kontrolle. Es ist die Haltung, die sagt: Mein Wille geschehe. Oft will Erziehung die Kinder dazu bringen, dass sie nicht nerven. «Ich bin stärker als du, deshalb musst du tun, was ich will!» «Solange du die Füsse unter meinem Tisch hast, habe ich das Sagen!» Notwendigerweise regiert Kontrolle durch Angst. Das Kind gehorcht nicht, weil es etwas verstanden hat, sondern aus Angst. «Ich mach lieber, was Mami sagt, sonst flippt sie wieder aus!» Ein solches Kind sucht nach einer Gelegenheit, bei der wir nicht hinschauen. Wenn wir versuchen, unsere Kinder zu konditionieren und zu kontrollieren, verlieren wir ihr Herz und züchten in ihnen Distanz und Rebellion. Es ist eine Frage der Zeit, bis es unter Despoten einen Aufstand gibt. Wir dürfen nicht Gehorsam mit einer guten Beziehung verwechseln.

«[…] Und unsere Liebe kennt keine Angst, weil die vollkommene Liebe alle Angst vertreibt. Wer noch Angst hat, rechnet mit Strafe, und das zeigt, dass seine Liebe in uns noch nicht vollkommen ist» (1Johannes 4,18 NL). Angst und Liebe beissen sich gegenseitig. Gott will nicht, dass du aus Angst gehorchst – er baut auf Beziehung. Das Vater-Konzept baut auf die drei Pfeiler Freiheit, Konsequenz und Beziehung. Gott Vater schuf einen Garten, indem es die Wahlfreiheit gab, dieses oder jenes zu tun. Es gibt auch die Möglichkeit, daneben zu schiessen. Gott ist die Liebe. Liebe entsteht nur, wo Freiheit ist. Du kannst niemanden zwingen, dich zu lieben, und auch niemanden zur Liebe prügeln. Gott hätte ein Universum ohne Leid erschaffen können – aber nur auf Kosten der Liebe. Denn Liebe setzt Freiheit voraus. Weil Gott Liebe ist, erzieht er über Wahlfreiheit und Konsequenz. Adam und Eva konnten vom Baum der Erkenntnis essen, aber es hatte Konsequenzen. Wenn meine Kinder die Freiheit haben, so oder so mit dieser oder jener Konsequenz zu entscheiden, erziehe ich zur Beziehungsfähigkeit. Wenn Kinder nicht lernen, eine Entscheidung zu treffen, wird ihre Laune siegen – und sie werden ein kleines Stück beziehungsunfähiger.

Kain war neidisch auf Abel, weil dieser mit seinem Opfer anscheinend besser punktete (1Mose 4,3ff). Neid ist unter Kindern ein bekanntes Phänomen. Nun macht Gott eine lehrreiche pädagogische Intervention. Er könnte mit Kontrolle reagieren: «Wehe, du bist neidisch!» Kain würde weggehen, aber sein Herz hätte sich nicht geändert. Gott sagt: «Warum blickst du so grimmig zu Boden? Ist es nicht so: Wenn du Gutes im Sinn hast, kannst du frei umherschauen. Wenn du jedoch Böses planst, lauert die Sünde dir auf. Sie will dich zu Fall bringen. Du aber sollst über sie herrschen!» (1Mose 4,7 NL).

Gott erlaubt, dass Kain in eine Versuchung kommt. Er geht nicht weg, sondern lebt Beziehung und sagt: «Du bist in einer schwierigen Situation: Herrsche über die Sünde!» Gott will, dass Kain Selbstkontrolle lernt – die Fähigkeit, sich nicht stets als Opfer der Umstände zu sehen. Die Welt ist voll von Pädagogik, die das nicht will. Wenn die Umstände so schlecht sind, musst man zum Triebtäter werden… Gott will Kain ermächtigen, eine gute Entscheidung zu treffen, trifft sie aber nicht für ihn. Der Kern guter Erziehung lautet: «Ich löse das Problem nicht für dich, sondern bin da, um dir zu helfen. Herrsche du über die Versuchung!» Jedes Kind steht vor der schwierigen Aufgabe und muss lernen, Verantwortung für sein Leben zu übernehmen. Letzte Woche habe ich in einem Referat erfahren, dass Menschen der Baby-Boomer-Generation die Neigung haben, Helikopter-Eltern zu sein. Sie neigen dazu, ihre Kinder fortlaufend aus schwierigen Situationen ‘herauszufliegen’. «Mach nur, wenn’s schief geht, bezahle ich die Rechnung schon.» So lernt ein Mensch nicht zu herrschen.

 

Gottes oberste Priorität ist eine Herzensbeziehung. Er ist nicht daran interessiert, dass du nur aus Angst vor Strafe parierst. Gott kontrolliert nicht, er baut auf Beziehung. «Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten» (Johannes 14,15). Zuerst die Liebe, dann das richtige Verhalten. Aus der Beziehung zu Gott wird sich unser Verhalten anpassen. Und dabei gilt: «Der tiefste Grund für unsere Zuversicht liegt in Gottes Liebe zu uns: Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat» (1Johannes 4,19 NGÜ).

 

 

 

 

Mögliche Fragen für die Kleingruppen

Bibeltext lesen: 1. Mose 4,3-10

  1. Wie gehst du mit deiner unperfekten Art um und wie sorgst du dafür, dass sich die Geschichte nicht unreflektiert wiederholt?
  2. Welche von den Eigenschaften väterlichen Eigenschaften Gottes schätzt du persönlich am meisten? Welche wendest du in der Erziehung deiner Kinder noch zu wenig an?
  3. Wie sieht das Erziehungsmodell «Zuchtmeister» praktisch aus? Erzählt wahre oder konstruierte Beispiele dazu?
  4. Was für Voraussetzungen braucht es, dass ein Kind mit der beschriebenen Freiheit umgehen kann? Was sind praktische sinnvolle Konsequenzen?
  5. Aufgabe für Eltern: Überlegt euch, wo ihr dem Kind Freiheit geben könntet, und was eine sinnvolle Konsequenz ist.