Du kannst (nicht) immer gewinnen

Datum: 14. Juli 2024 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: 2. Mose 17,8-16

Die Wüstenwanderung des Volkes Israel zwischen Ägypten und dem Verheissenen Land ist ein Bild für die Nachfolge Jesu. Als die Israeliten auf die feindlichen Amalekiter trafen, konnten sie durch eine zweigleisige Strategie den Sieg erringen: Gebet und Angriff. Mit dieser Strategie wird ein Nachfolger von Jesus ebenfalls in der Auseinandersetzung mit seinen Herausforderungen siegreich sein.


Als die Schweizer Fussballnationalmannschaft im Viertelfinal gegen England im Elfmeterschiessen ausgeschieden ist, haben sich manche dem geflügelten Wort «Du kannst nicht immer gewinnen» bedient. Es ist ein Satz, den wir oft brauchen, wenn wir eine Enttäuschung erlebt oder nicht den Vorstellungen entsprechend geliefert haben. Wenn wir mit Gott zusammen marschieren, wird das «Nicht» durchgestrichen. Mit Ihm steht jeder Mensch auf der Siegerseite. Unter Seinem Banner laufen Gewinner. Diese gewagte Aussage soll an der Geschichte des Volkes Israel verifiziert werden. Die 40-jährige Wüstenwanderung nach den Auszug aus Ägypten ist ein Bild für die Nachfolge Jesu.

Unsere «Amalekiter»

«Als die Israeliten noch in Refidim lagerten, wurden sie von den Amalekitern angegriffen» (2. Mose 17,8 NLB). Die Amalekiter waren die ärgsten Feinde der Israeliten. Immer wieder tauchen sie auf und wollen dem Volk Israel das Leben vermiesen. Das ist der Grund, weshalb Gott sie radikal vernichten will: «Dann wies der HERR Mose an: ‘Schreib dies zur Erinnerung auf und schärfe es Josua ein: Ich werde die Amalekiter vernichten, sodass sich niemand mehr an sie erinnern wird’» (2. Mose 17,14 NLB). Etwa 400 Jahre später werden die Amalekiter zum Fallstrick von König Saul. Weil er sie nach gewonnener Schlacht nicht restlos ausgetilgt hat, wird er als König verworfen (1Samuel 15).

Auch im Leben eines Nachfolgers von Jesus gibt es «Amalekiter», Feinde, die das Leben vermiesen wollen. Unsere «Amalekiter» sind keine Krieger mit Rüstung, Pferd und Wagen. Paulus identifiziert sie folgendermassen: «Denn wir kämpfen nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut, sondern gegen die bösen Mächte und Gewalten der unsichtbaren Welt, gegen jene Mächte der Finsternis, die diese Welt beherrschen, und gegen die bösen Geister in der Himmelswelt» (Epheser 6,12 NLB).

Es sind Feinde, die einem Nachfolger das Leben miesmachen, ihm die Freude nehmen und manchmal sogar zur Aufgabe bringen. Folgende Gesichter können sie haben:

  • Andere Götter: Denn das, für das du lebst, ist dein Gott. Während der UEFA EURO 24 hatte ich mal ein Gespräch, ob es richtig ist, als Kirche ein Public Viewing zu machen. Ich bin überzeugt, dass wir uns durchwegs am Fussball freuen dürfen, es darf aber nicht zur obersten Priorität werden. Für was lebst du? Was bestimmt deinen Tagesablauf, deine Laune, dein Denken? Fussball hat – wie andere Dinge auch – das Potenzial, zu unserem Gott zu werden.
  • Suchtverhalten: Paulus sagt: «Mir ist alles erlaubt. Aber nicht alles ist gut. Es ist mir zwar alles erlaubt, doch ich will mich von nichts beherrschen lassen» (1Korinther 6,12 NLB). Es gibt so manches Gutes, dass uns beherrschen will: Essen, Wein, Filmserien, Social Media, etc.
  • Belastungen von Vorfahren: In manchen Familiengeschichten gibt es Dinge, die sich wiederholen: Eheprobleme, Suchtverhalten, Jähzorn, das Eingehen von ungesunden Beziehungen, finanzielle Probleme, etc.
  • Unversöhnlichkeiten: Manchmal kommen Menschen einfach nicht darüber hinweg, dass ihnen Unrecht geschehen ist. Sie können nicht vergeben und so gibt es auch keine Versöhnung. Zurück bleiben Bitterkeit und ein stark limitiertes Leben.
  • Erfahrenes Unrecht: Es gibt Menschen, denen schreckliche Dinge wie körperlicher, emotionaler oder gar ritueller Missbrauch, widerfahren ist. Solche Traumata vermiesen das Leben aufs Ärgste.
  • Festlegungen sind Sätze, die wir uns aufgrund von erfahrenen Verletzungen zurechtgelegt haben: Ich muss besser sein als die anderen. Ich kann das nicht. Es ist zu gefährlich, seine Gefühle zu zeigen. Wir können uns das nicht leisten.

Solche Dinge erlauben es den bösen Mächten und Gewalten der unsichtbaren Welt einen destruktiven Einfluss auf ein Leben auszuüben. Hildegard von Bingen (1098-1179): «Die Kunst der Menschwerdung besteht darin, die Wunden in Perlen zu verwandeln.» Dies geschieht durch Siege in vielen Kämpfen gegen unsere «Amalekiter». Der hinterst Letzte davon muss ausgerottet werden.

Unser Kampf

Die Strategie, die Mose beim Kampf gegen die Amalekiter wählt, ist modellhaft für einen Nachfolger von Jesus. Er kämpfte gleichzeitig auf zwei Ebenen:

«Mose befahl Josua: ‘Wähle dir Männer aus und kämpfe gegen das Heer von Amalek. Morgen werde ich mich mit dem Stab Gottes in der Hand auf den Hügel dort stellen.’ Josua tat, was Mose ihm gesagt hatte. Er führte seine Männer in den Kampf gegen die Amalekiter. In der Zwischenzeit stiegen Mose, Aaron und Hur auf den Hügel. Solange Mose seinen Arm hochhielt, waren die Israeliten im Vorteil. Doch immer, wenn er seinen Arm sinken liess, gewannen die Amalekiter die Oberhand» (2Mose 17,9-11 NLB).

Die Kriegsstrategie lautet: Beten und kämpfen. Es braucht Beides – und zwar gleichzeitig. Beten und Tun sind voneinander nicht zu trennen. Martin Luther hat Recht, wenn er sagt: «Man muss beten, als ob alles Arbeiten nichts nützt und arbeiten, als ob alles Beten nichts nützt.» Es gibt Nachfolger mit einem eher technokratischen und andere mit einem eher spiritualistischen Denkmuster. Technokratische Nachfolger neigen dazu, alles aus eigener Kraft zu bewältigen. Wenn alle Stricke reissen, merken sie, dass sie gar noch nicht gebetet haben. Christen mit spiritualistischer Schlagseite forschen nach der richtigen Gebetstaktik und realisieren nicht, dass es Schritte gefordert sind.

Wie beten? Mose, Aaron und Hur beteten auf der Höhe eines Hügels. Berge sind in der Bibel Orte der Gegenwart Gottes. Abseits der florierenden Alltagsgeschäfte, in der Stille und Einsamkeit, begegneten Menschen dem himmlischen Vater. Eine siegreiche Nachfolge erfordert das regelmässige Aufsuchen von Gott in der Stille.

Wie handeln? Wenn dir ein Amalekiter begegnet, beginne zu beten und ergreife gleichzeitig praktische Massnahmen. In der begleitenden Seelsorge spricht man von Verhaltenstherapie. Stellt sich dir beispielsweise der Feind Pornografie entgegen, gilt es nebst dem Gebet ein Dispositiv aufzubauen, das uns hilft, abstinent zu bleiben. In diesem Fall ist es wohl eine Rechenschaftsbeziehung und Ersatzhandlungen in der Versuchung. Wenn es Unversöhnlichkeiten gibt in deinem Leben, dann beginne zu beten und frage Gott, was für konkrete Schritte du tun kannst. Gebet allein reicht in vielen Fällen nicht. Es geht darum, konkrete Schritte zu planen und durchzuführen.

«Als nun Moses Arme schwer wurden, suchten Aaron und Hur ihm einen Stein, auf den er sich setzen konnte. Dann stützten sie seine Arme – der eine den linken und der andere den rechten. Auf diese Weise blieben seine Arme oben, bis die Sonne unterging. Deshalb gelang es Josua, das Heer von Amalek zu schlagen» (2Mose 17,12-13 NLB).

Diese Szene lehrt uns die Bedeutung der Gemeinschaft. In schwierigen Zeiten brauchen wir einander. Es ist wichtig, dass wir füreinander da sind, uns gegenseitig unterstützen und ermutigen. Keiner von uns ist allein stark genug, um alle Herausforderungen des Lebens zu meistern. Aber zusammen können wir durchhalten und Siege erringen, die uns allein unmöglich wären. Solche Gemeinschaft findet ein Nachfolger in seiner Kleingruppe oder durch einen seelsorgerlichen Begleiter. Notabene liegt hier die Problemzone auf der Seite des Gebets und nicht der praktischen Schritte. Das ist wohl bezeichnend.

Fredy Staub hat mal gesagt: «Ich mache PUSH: Pray until something happens.» Manche «Amalekiter» sind zäh und es braucht Geduld und Standhaftigkeit, um sie zu besiegen. Hier in der Wüste dauerte der Kampf bis zum Sonnenuntergang. In solchen Situationen ist es gut, wenn andere Menschen einem helfen, die Arme hochzuhalten.

Unser Banner

«Mose errichtete einen Altar und nannte ihn ‘Der HERR ist mein Banner’ (Jahwe Nissi)» (2Mose 17,15 NLB).

Nach dem Sieg gegen die Amalekiter drückt Mose seine Dankbarkeit gegenüber Gott aus. Er weiss, wem er den Sieg zu verdanken hat und betet seinen Gott mit dem Namen Jahwe Nissi, der HERR ist mein Banner, an.

Ein Banner ist eine an einer Stange befestigte Flagge. Früher besass jede Jungschar einen eigenen Banner, den man bei seinen Zelten einpflanzte. Alle Leiter und Kinder identifizierten sich damit. Die Hauptaufgabe der Nachtwache an Pfingstlagern war es, dieses Panier zu bewachen und vor Feinden zu schützen. Solange der Banner bei den Zelten stand, war die Welt in Ordnung. Es galt als Katastrophe und als Niederlage, wenn das Banner bei einem nächtlichen Überfall gestohlen wurde. Man siegte und verlor unter diesem Banner. Als Kind empfand ich es als Ehre unter dem Banner der Jungschar Romanshorn zu stehen. Die Erfolgsaussichten waren erfahrungsgemäss recht gross. Ein Banner zeigt die Zugehörigkeit, Identität, Loyalität und Autorität derjenigen Menschen, die sich darunter sammeln.

Was für eine Ehre ist es, unter dem HERRN, unserem Banner, zu stehen! Dieses Bild können wir mitnehmen in die zweigleisigen Kämpfe unseres Alltags (Gebet und Handeln). Es hilft einem Nachfolger, sich seiner Identität in Christus bewusst zu sein. Diese beschreibt Paulus folgendermassen: «Daran zeigt sich, dass du kein Sklave mehr bist, sondern ein Sohn. Wenn du aber ein Sohn bist, bist du auch ein Erbe; Gott selbst hat dich dazu bestimmt» (Galater 4,7 NGÜ). Als Sohn bzw. Tochter Gottes stehen wir in der Position, unter dem Banner Gottes unsere «Amalekiter» zu besiegen. Indem Mose den HERRN als sein Banner beanspruchte, sagte er zum Volk Israel: «Jahwe ist unsere Identität.» Und Ihm verdanken wir unser Leben.

Stimmt es wirklich, dass ein Nachfolger von Jesus immer gewinnen kann? Ja, absolut. Es bedeutet aber nicht, dass sich das Leben immer als Sieg anfühlt, sondern dass man in Not, Leid, Krankheit und sogar im Tod siegreich bleiben kann. Solange wir unter dem Banner des HERRN laufen, werden wir gewinnen. Wenn wir – wie Saul – aufhören, die «Amalekiter» in unserem Leben auszurotten, werden sie uns einholen und uns massakrieren. Sie locken uns unter ein fremdes Banner, welches zwar viel verspricht, aber wenig hält.

Josua war ein begabter Militärgeneral. Er wurde damit beauftragt, die Israeliten im Kampf zu führen. Wie passend, dass Josuas Name auf Hebräisch Yeshua lautet, was bedeutet: «Jahwe ist Heil». Etwa vierzehn Jahrhunderte später wurde in diesem Teil der Welt ein kleiner Junge geboren. Der Name des Kindes? Josua – Yeshua – oder ins Griechische übersetzt Jesus. Die Parallelität ist kein Zufall. Wie Josua das Volk Israel aus einem ruhelosen Dasein an einen Ort des Friedens und der Fülle führte, so führt Jesus Seine Nachfolger siegreich durch die Herausforderungen des Lebens.

 

Mögliche Fragen für die Kleingruppe

Bibeltext lesen: Mose 17,8-16

  1. Was für «Amalekiter» stehen dir in deiner Nachfolge feindlich entgegen?
  2. Mit welcher zweigleisigen Strategie errangen die Israeliten den Sieg?
  3. Bekämpfst du deine Feinde mit einem mehr spiritualistischen oder mehr technokratischen Denkmuster? Was ist der Platz des Gebets? Wo machst du konkrete Schritte?
  4. Mit was für Personen stehst du in Gemeinschaft, so dass deine Arme nicht sinken?
  5. Was bedeutet der Name Jahwe Nissi für dich persönlich? Woran zeigt es sich, dass du unter diesem Banner kämpfst?