Datum: 25. Dezember 2021 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: Jesaja 35,3-6

Im Film «Der Hirte» wird eindrücklich aufgezeigt, wie Jesus das Leben des Hirten Simon verändert. Mit einem Hinkefuss, einer klaffenden Wunde am Arm und einem fehlerhaften Opferlamm wird er gedemütigt. Er ist das Schlusslicht und trägt die Rote Laterne. Als Jesus geboren wurde, ist er plötzlich der Erste. Jesus stellt sein Leben auf den Kopf. Jesus – das Licht der Welt – hat ihm die Rote Laterne abgenommen und – das macht er auch heute noch.


Die Rote Laterne halten

Diese Laterne mit der roten Kerze steht symbolisch für die sogenannte Rote Laterne, für das Schlusslicht. Wir kennen die Redensweise: die Rote Laterne tragen, das Schlusslicht zu sein. Letztes Wochenende wurde die Vorrunde der Super League abgeschlossen. Der FC Luzern, genannt «die Leuchtenstädter», steht auf dem letzten Platz und trägt die Rote Laterne. Simon, der Hirte, ist auch so ein typisches Schlusslicht. Immer etwas spät dran. Voller Scham. Dann bringt er ein Opferlamm, das nicht makellos ist. Der Priester wirft ihm an den Kopf: «Du fragst dich, dass der Messias noch nicht hier ist? Leute wie du sind es, die ihn davon abhalten.» Daraufhin brüskieren ihn seine Hirtenkollegen: «Sieh zu, dass du mithältst oder du gehst zukünftig allein.» Simon schämt sich, ist sehr traurig, er fällt hin und verletzt sich am Arm.

Parallel dazu hört er, wie in der Synagoge prophetische Texte über den Messias gelesen werden:

«Aber zu Bethlehem im Gebiet der Sippe Efrat sagt der Herr: »Du bist zwar eine der kleinsten Städte Judas, doch aus dir kommt der Mann, der das Volk Israel in meinem Namen führen wird» (Micha 5,1 HFA).

«Stärkt die kraftlosen Hände! Lasst die zitternden Knie wieder fest werden! Sagt denen, die sich fürchten: ‘Fasst neuen Mut! Habt keine Angst mehr, denn euer Gott ist bei euch! Jetzt wird er euren Feinden alles Unrecht vergelten, das sie euch angetan haben. Gott selbst kommt, um euch zu retten.’ Dann werden die Augen der Blinden geöffnet, und die Tauben können auf einmal hören. Gelähmte springen wie ein Hirsch, und Stumme singen aus voller Kehle. In der Wüste brechen Quellen hervor, Bäche fliessen durch die öde Steppe» (Jesaja 35,3-6 HFA).

Jeder von uns kennt es, gefühlsmässig die Rote Laterne in der Hand zu halten. Was bedeutet es, das Schlusslicht bzw. auf dem letzten Platz zu sein? Bis vor kurzem war man noch vorne dabei, hatte was vorzuweisen. Dann kamen Rückschläge: Eine Krankheit, die einem den Boden unter den Füssen wegzieht. Geschäftlich lief es super, bis Corona kam. Es zerschlug ihm alles. Insolvenz. Die Frau ist ausgezogen, Scheidung. Familiär war bei ihm alles in Ordnung, bis auskam, dass er ein Doppelleben führte, die Affäre wurde bekannt, jetzt tobt der Rosenkrieg. Gesundheitlich war alles im grünen Bereich, dann mal beiläufig so ein kleines Zwicken und Zwacken und jetzt mit 63 die verheerende Krebsdiagnose. Der Tumor hat überall gestreut. Das ist das Schlusslicht. Die rote Laterne. Na, was dann tun? Oftmals werden die letzten Wagen abgekoppelt, man fühlt sich völlig abgehängt.

Die Rote Laterne abgeben

«Jetzt gibt euch der Herr von sich aus ein Zeichen: Die junge Frau wird schwanger werden und einen Sohn bekommen. Immanuel (›Gott ist mit uns‹) wird sie ihn nennen» (Jesaja 7,14 HFA).

Simon, der Mann mit dem Schlusslicht, war der Erste, der auf dem Feld realisierte, das gerade jetzt etwas Epochales geschieht. So schnell wie beim Spurt nach Bethlehem war er in den letzten Jahren mit seinem Handicap nie unterwegs. Plötzlich wirkt er vital und gesund. Als die Hirten den Stall stürmen, fühlt sich Josef in seiner Intimität gestört. Er stellt sich schützend vor Maria, die Jesus auf dem Arm trägt. Als er dann aber Simon wieder erkennt, winkt er die Hirten heran und legt Jesus in die Arme von Simon. Voll tiefer Freude sagt Simon: «Darauf haben wir so lange gewartet, unendlich lang!» Maria reicht Simon eine Binde von Jesus, um seinen verletzten Arm zu verbinden. Als er dann erfuhr, dass das Kind Jesus (der HERR rettet) heissen soll, brechen alle Dämme. Voller Begeisterung verlässt Simon den Stall, um allen Menschen die gute Botschaft zu bringen. Simons klaffende Wunde am Arm und sein kaputter Fuss sind geheilt.

«Denn uns ist ein Kind geboren! Ein Sohn ist uns geschenkt! Er wird die Herrschaft übernehmen. Man nennt ihn ‘Wunderbarer Ratgeber’, ‘Starker Gott’, ‘Ewiger Vater’, ‘Friedensfürst’. Er wird seine Herrschaft weit ausdehnen und dauerhaften Frieden bringen» (Jesaja 9,5f HFA).

Auf seiner Verkündigungstour begegnet er dem Priester, der ihn vor einiger Zeit schroff abgewiesen hat. «Ich habe dir gesagt, du bist hier unerwünscht. Also wo ist es, hast du endlich ein makelloses Opferlamm gefunden?», fragt er ihn. Simon überlegt und lächelt verschmitzt. Er weiss, Jesus ist das makellose Opferlamm! Weil Jesus makellos ist, bin ich mit meinen Makeln bei ihm richtig.

Und dieser Jesus ist als Licht in die Welt gekommen (Jesaja 42,6). Zu den Aufgaben dieses Lichts gehört: «Das geknickte Schilfrohr wird er nicht abbrechen und den glimmenden Docht nicht auslöschen. Unbeirrbar setzt er sich für das Recht ein» (Jesaja 42,3 HFA). Jesus löscht auch ein Schlusslicht nicht aus. Im Gegenteil: Die unfassbar geniale Botschaft von Weihnachten lautet: Jesus macht aus Schlusslichtern Leuchten! Und als solche scheinen sie in die dunkle Welt hinein.