Datum: 30. Januar 2022 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: 1. Mose 1,26-27

Der Mensch ist als Abbild Gottes erschaffen. Er widerspiegelt Gott. In diesem Status liegt eine ungeheure Verantwortung, welche dem Menschen zukommt. Doch das Bild, welche die Menschen abgeben, bröckelt und hat mächtige Risse. Der Mensch schafft es nicht seiner Verantwortung gerecht zu werden. Doch es besteht Hoffnung. In Jesus Christus findet sich das perfekte Bild Gottes - ohne Kratzer. Nachfolger von Jesus dürfen durch ihn an dem perfekten Bild Gottes teilhaben. Durch Jesus Christus finden sie ihre wahre Bestimmung – Gottes Bilder zu sein.


Im Jahr 2017 hat die Schweizerische Eidgenossenschaft eine Untersuchung gemacht. Dabei ging es um die Frage, wie viele Leute Einsamkeit in ihrem Leben erfahren. Die Zahlen, die dabei herausgekommen sind, sind erschütternd. Von allen Personen ab 15 Jahren, welche in der Schweiz wohnen, fühlen sich 38% einsam. Dies ist ein individuelles Gefühl, aber dennoch ist es eine erschütternde Zahl. Über ein Drittel aller Personen in der Schweiz fühlen sich einsam. Einsamkeit ist nicht unproblematisch und kann sich in verschiedenen Symptomen zeigen. Typische Symptome sind Anspannung, Nervosität, Unsicherheit, Unruhe, Herzrasen, Beklemmung, Schwindel oder Schlafstörungen. Spannend ist dabei die Tatsache, dass sich ältere Menschen tendenziell weniger einsam fühlen. Das Einsamkeitsempfinden nimmt mit zunehmendem Alter ab, ist aber bei den über 65-jährigen immer noch bei 32%. Menschen brauchen ein Gegenüber. Menschen brauchen ein soziales Netz und Verbindungen zu anderen Menschen. Der Mensch ist auf Beziehung hin geschaffen. Im 1. Mose 1,26-27 steht die Entstehungsgeschichte des Menschen. «Da sprach Gott: Wir wollen Menschen schaffen nach unserem Bild, die uns ähnlich sind. Sie sollen über die Fische im Meer, die Vögel am Himmel, über alles Vieh, die wilden Tiere und über alle Kriechtiere herrschen. So schuf Gott die Menschen nach seinem Bild, nach dem Bild Gottes schuf er sie, als Mann und Frau schuf er sie» (1. Mose 1,26-27, NLB).

1. Der Mensch - Bild Gottes

Der Mensch ist als Bild Gottes, als Imago Dei, geschaffen. Bild Gottes sein bedeutet, dass der Mensch etwas Göttliches an sich hat. Ich bin überzeugt, dass darin der wichtigste Grund liegt, weshalb sich Menschen nach einem Gegenüber sehnen. Dies zeigt sich schon ganz zu Beginn bei der Erschaffung der Menschen durch Gott. Gott schuf die Menschen als Mann und Frau. Nur in dieser Polarität ist der Mensch ein Bild Gottes. Einen Mann oder eine Frau für sich selbst betrachtet, ist unvollkommen und nur ein Teil des Bildes Gottes. Als Gott die Erde schuf, erscheint immer wieder der Ausdruck es war gut oder sogar es war sehr gut. Doch nur an einem Punkt findet sich die Aussage, dass etwas mit der Schöpfung nicht gut war. «Dann sprach Gott, der Herr: Es ist nicht gut für den Menschen allein zu sein. Ich will ihm ein Wesen schaffen, das zu ihm passt» (1. Mose 2,18 NLB). Dies bezieht sich auf das Fehlen des weiblichen Parts. Der Mensch ist nur ganz Ebenbild als Mann und Frau und ist auf Beziehung zu anderen Menschen angewiesen.

Doch was ist denn das Göttliche an der Existenz des Menschen? Ist es der aufrechte Gang? Seine Fähigkeit zu denken, resp. der Verstand? Das Problem bei all den Herangehensweisen ist, dass sich immer ein Beispiel finden lässt, welches dagegenspricht. Die beste Erklärung des Abbild Gottes sein des Menschen findet sich für mich in der Beziehungsfähigkeit des Menschen. Diese Beziehungsfähigkeit liegt nicht nur im Zwischenmenschlichen, sondern viel mehr auch gegenüber dem Göttlichen. Dies zeichnet den Menschen aus, er kann anbeten. Daneben kann er aber auch schöpferisch tätig sein. Die Beziehungsfähigkeit des Menschen zeigt sich darin, dass er in verschiedene Beziehungen eingebunden ist. Erstens sind dies die verschiedenen Generationen, zweitens die Verbindung zu anderen Kreaturen. Die Tiere können sehr wohl ohne den Menschen leben, doch der Mensch nicht ohne sie. Drittens zeigt sich dieses eingebunden sein im Gegenüber von Mann und Frau.

Viele Leute tun sich heutzutage schwer an eine Sechstageschöpfung zu glauben. Die Zeiträume scheinen zu kurz. Was mich persönlich an der Vorstellung der Sechstageschöpfung begeistert, ist, dass Gott zu allem was er sagt eine positive Beziehung hat. Alles was existiert ist gewollt. Dies beinhaltet Pflanzen, gesamte Landschaften, Flüsse, Meere, Tiere und den Menschen. Über all dem steht ein Ja. Ein Ja, welches ausserhalb dieser Dinge selbst liegt. Dieses Ja hat seinen Ankerpunkt in der schöpferischen Liebe Gottes. Ohne diese Liebe Gottes kann kein Leben entstehen und fortbestehen. Dieses Ja steht auch über deinem Leben. Egal wie deine Umstände auch sein mögen. Gottes Ja steht über dir. Dieses Ja Gottes heisst nicht, dass er auch zu allem was geschieht ein Ja hat. Es steht aber über der Existenz eines jeden einzelnen Geschöpfes. Ja, du bist gewollt, kein Zufall oder Unfall, sondern liebevoll von Gott geschaffen.

Für den Theologen Michael Herbst ist es für uns Menschen entscheidend zu wissen, dass wir als Bilder Gottes geschaffen wurden. «Wissen ohne Gewissheit hilft uns nichts. Wir brauchen Gewissheit, woher wir kommen, wozu wir da sind, was wir dürfen und wovor wir gewarnt werden, und wohin wir gehen, wenn das Leben, das wir wiegen, messen und zählen können, zu Ende geht. (…) Die Antwort des Glaubens lautet: Gewissheit kommt aus Begegnung. Begegnung mit dem, der sagt und es geschieht. Der sagt: Es werde Licht, und sein Wort schafft, was es sagt» (Michael Herbst). Durch die Gewissheit verstärkt sich das Ja über dem eigenen Leben.

Dadurch, dass der Mensch Gott ähnlich ist, erhält er auch eine verantwortungsvolle Aufgabe in Gottes Schöpfung. Der Mensch soll über die Welt herrschen. Doch diese Herrschaft ist nicht so zu verstehen, dass alles dem Menschen zu dienen hat. Sondern die von Gott angedachte Herrschaft der Menschen über die Welt ist liebevoll. Sie orientiert sich am Wohl der Mitmenschen und der Welt als Ganze. Die Menschen brauchen die Erde, aber sie missbrauchen sie nicht. Sie wollen das Beste für Gottes Schöpfung und sind nicht an ihren eigenen Vorteilen interessiert.

2. Das Bild bröckelt und hat Risse!

So gut die Verantwortung des Menschen für diese Welt angedacht ist, so hat das Bild, welches die Menschen als Verwalter abgeben, mächtige Risse und bröckelt gewaltig. Anstatt die Welt zu bewahren, nutzt die Menschheit die Erde aus. Die Verantwortungslosigkeit der Menschen führt dazu, dass Gottes wunderbare Schöpfung für eigene Bedürfnisse missbraucht wird. Tiere werden hochgezüchtet, damit sie genügend Ertrag ergeben oder damit sie als Unterhaltung für die Menschen dienen. Wälder werden gerodet, damit es genügend Anbauflächen für die Futterindustrie gibt. Berge werden gänzlich abgetragen, um an Kohle oder andere Metalle zu kommen. Abfall wird direkt in die Flüsse geleitet wo es schlussendlich ins Meer gelangt und dort für etliche Tiere zum Verhängnis wird. Doch der Mensch nutzt nicht nur die Erde aus, sondern auch seine Mitmenschen. So gibt es Millionen sogenannte billige Arbeitskräfte in armen Ländern, wo sie für einen Hungerlohn auf Feldern arbeiten, in stickigen Firmen Kleider nähen oder in Mienen seltene Metalle schürfen. Daneben aber auch viele Working Poor in Industrieländern, Kinder welche zum Lebensunterhalt der Familie beitragen müssen. Frauen welche zur Prostitution gezwungen werden.

Kurzum: Der Mensch wird seiner Verantwortung nicht gerecht. Daher fällt es schwer zu glauben, dass der Mensch als Abbild von Gott geschaffen wurde. So erstaunt es kaum, dass es vielen Menschen schwer fällt an eine solche Aussage zu glauben. Wie kann der Mensch Abbild sein und dennoch so handeln? Insbesondere auch an anderen Menschen, welche ja auch Bilder Gottes sind? Eine Teilantwort liegt darin, dass die Gottebenbildlichkeit des Menschen aus Kontinuität und Bruch besteht. Zum einen ist der Mensch Bild Gottes was seine Beziehungsfähigkeit anbelangt. Zum anderen besteht der Bruch darin, dass der Mensch von sich aus die Beziehung zu Gott gekappt hat. Der Mensch ist zwar nur als Abbild Gottes geschaffen, verhält sich aber oftmals so, als wäre er selbst Gott. Er hat selbst die Beziehungsebene nach oben abgeschnitten. Als Mensch ohne Bezug zum Göttlichen fehlt auch der Bezug dazu, was es bedeutet Bild Gottes zu sein. Darin, dass der Mensch Ebenbild Gottes ist, liegen auch grosse Würde, Berechtigung und Verantwortung. Doch wir Menschen neigen dazu, alles selbst machen zu wollen. Dadurch verfehlen wir aber häufig das Ziel, welches Gott für uns hatte. Diese Zielverfehlung wird in der Bibel als Sünde bezeichnet. Der Mensch kann Dinge neu schaffen und kreativ wirken. Aber er hat auch immer wieder die Tendenz sein eigenes Wohl zu suchen und auf dieses hinzuarbeiten.

Daher lässt sich sagen, dass die Kontinuität des Bild Gottes sein im Ja Gottes über dem Menschen steht. Der Bruch wiederum zeigt sich im Hang des Menschen seine eigenen Ziele zu verfolgen. Diese Spannung findet sich auch beim Menschen im Umgang mit der Welt. Auf der einen Seite muss er sie um seiner selbst willen erhalten, auf der anderen Seite nutzt er sie, um selbst zu überleben. Dabei kann es mal auf der einen, aber auch der anderen Seite ausschlagen.

3. Das intakte, lebendige Bild!

Diese ungeheure Verantwortung, welche auf dem Menschen lastet, derer er aber nicht gerecht wird, kann zu Verzweiflung führen. Doch es gibt Hoffnung für die gesamte Schöpfung. Die Hoffnung liegt in Jesus Christus. Er selbst ist das intakte, lebendige Bild Gottes und durch ihm können wir daran teilhaben.

Der Zustand des Menschen, diese Kontinuität und Bruch kann auch wie folgt beschrieben werden: «Von Gott auf Gott hin geschaffen, Ebenbild seines Schöpfers und doch zutiefst bis in sein physisches Leben hinein von der Sünde, die so schnell Gottes gutes Werk verdarb, gezeichnet, entstellt und jetzt von Gott, der Quelle des Lebens, getrennt» (Helmut Egelkraut). Die Sünde ist das Problem. Diese entfremdet den Menschen von Gott. Doch Gott liegen seine Geschöpfe sehr am Herzen. Es zerreisst ihm das Herz, dass seine Abbilder nicht in ihrer Bestimmung leben. Doch Gott hat eine Lösung für den Bruch – Jesus Christus. Jesus Christus, wahrer Gott und wahrer Mensch, kam auf die Welt, um das Bild wiederherzustellen. Dies tat er, indem er ans Kreuz ging. Am Kreuz starb er für alle Zielverfehlungen der Menschen, für alles Selbstsüchtige und alles Aufbegehren der Menschen. Jesus Christus sah etwas in uns Menschen, was er als liebenswürdig ansah. Dies sah er, als wir noch in der Zielverfehlung lebten. «Christus kam ja zu einer Zeit, als wir der Sünde noch hilflos ausgeliefert waren, und er starb für uns, die wir ohne Gott lebten» (Römer 5,6 NLB). Menschen, welche für sich annehmen, dass Jesus Christus für ihre Zielverfehlungen starb und an ihn glauben, werden von Gott so erneuert, dass alle Menschen erkennen, dass sie dem Bild ihres Schöpfers gleichen (Kolosser 3,10). Dies zeigt sich insbesondere daran, dass sie wieder in eine Beziehung zum Göttlichen getreten sind.

Wie sieht denn dies ganz konkret aus? Wie zeigt sich diese wiederhergestellte Beziehungsfähigkeit des Menschen? Ich bin zutiefst überzeugt, dass sich dies in einem Verlangen nach Gott zeigt. Ein Mensch, der wieder offen für das Göttliche ist, sehnt sich danach mehr von ihm zu erfahren. Er forscht in Gottes Wort nach dem Wesen, welches sagt, du bist mein Abbild. Er betet Gott an, da er erkannt hat, dass Gott noch so viel grösser ist als es sich vorstellen lässt und gleichzeitig sagt er zu jedem Einzelnen: Du bist meine geliebte Tochter, mein geliebter Sohn.

Jesus Christus lebte uns hoffnungsvoll vor, wie die Verantwortung als Abbild Gottes aussehen kann. In seinem irdischen Leben kümmerte sich Jesus Christus liebevoll um alle Menschen. Er stand zu den Ausgestossenen, kümmerte sich um Witwen und nahm sich der Kranken an. Er heilte viele Leute und lehrte seine Nachfolger, wie der Umgang untereinander aussehen sollte. Die Handlungen und Worte Jesus waren geprägt von der tiefen Annahme, dass jeder Mensch ein Abbild Gottes ist. Dabei setzte Jesus alles daran, das Bild Gottes in den Menschen wiederherzustellen. Dabei unterlies er es aber auch nicht die Menschen auf ihre Zielverfehlungen hinzuweisen und sie zu ermutigen davon loszulassen.

Menschen, welche Jesus Christus nachfolgen, sind immer wieder herausgefordert zu fragen, was kann ich meinem Nächsten, welcher auch Bild Gottes ist, Gutes tun. Dabei stehen sie oftmals in der Gefahr sich Gottes Worte und was er von ihnen will so zurechtzubiegen, dass es dem Bild der Menschen entspricht. Doch dies ist ein folgenschwerer Irrweg. Denn Gott wurde nicht nach dem Bild der Menschen erschaffen, sondern umgekehrt. Daher müssen die Nachfolger Jesu immer wieder fragen, was sie tun können, um dem Bild Gottes ähnlicher zu werden. Daher lohnt es sich, viel Zeit mit Gott zu verbringen. Denn je mehr wir auf Gott schauen, desto ähnlicher werden wir ihm.

Der Mensch ist als Abbild Gottes erschaffen. Er widerspiegelt Gott. In diesem Status liegt eine ungeheure Verantwortung, welche dem Menschen zukommt. Doch das Bild, welche die Menschen abgeben bröckelt und hat mächtige Risse. Der Mensch schafft es nicht seiner Verantwortung gerecht zu werden. Doch es besteht Hoffnung. In Jesus Christus findet sich das perfekte Bild Gottes - ohne Kratzer. Nachfolger von Jesus dürfen durch ihn an dem perfekten Bild Gottes teilhaben. Durch Jesus Christus finden sie ihre wahre Bestimmung – Gottes Bilder zu sein.

Mögliche Fragen für die Kleingruppe

Bibeltext lesen: 1. Mose 1,26-27

  1. Was bedeutet es für dich als Bild Gottes geschaffen zu sein? Wo fällt es dir schwer dies zu glauben? Weshalb?
  2. Wie sehen deine Beziehungen aus? Wie gestaltet sich deine Beziehung zu Gott? Wie trittst du mit ihm in Kontakt?
  3. Worin siehst du die grösste Verantwortung des Menschen? Inwiefern wird er dieser gerecht?
  4. Worin siehst du in deinem Leben die Kontinuität und den Bruch als Bild Gottes?
  5. Inwiefern hat Jesus Christus den Bruch überwunden? Was hat dies für eine Auswirkung auf dein persönliches Leben?
  6. Wie gestaltet sich dein Nachfolger sein? Richtet es sich nach dem Motto «ich gestalte mir Gott nach meinem Bild und erhalte dadurch Verantwortung» oder eher «ich bin Bild Gottes und übernehme dadurch Verantwortung»?