Karfreitag – Es ist vollbracht!

Datum: 7. April 2023 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: Johannes 19,30

In uns Menschen ist der Wunsch angelegt, sich immer mehr zu verbessern. Doch leider schlägt diese Optimierung in der Begegnung mit dem heiligen Gott fehl. Denn auch ein optimiertes Ich kann von sich aus nicht vor Gott bestehen. Das Problem ist die sogenannte Sünde, was so viel bedeutet wie Zielverfehlung. Um den Zugang der Menschen zu Gott wiederherzustellen, starb Jesus Christus an Karfreitag. Er war das vollkommen schuldlose Opfer welches nötig war, um die gesamte Schuld der Welt zu tragen. Nachdem er alles ertragen hat, schreit er ein letztes Mal auf mit den Worten «Es ist vollbracht!». Der Heilige Gott sandte seinen eigenen Sohn, welcher für uns unheilige Menschen starb – dies alles, um Gemeinschaft mit uns zu haben! 


Mir scheint es, als gäbe es heute nur noch zwei Arten von Werbungen. Zum einen ist dies die Werbung, welche einem suggeriert, dass man mit diesem und jenem Tipp zu einem besseren Ich werden kann. Es geht alles um Selbstoptimierung. Du bist für dein Ich verantwortlich und du kannst alles werden, wenn du nur genügend willst. Du kannst dir jeden Wunsch erfüllen – es liegt nur an deinem Willen. Die anderer Art Werbung sagt dir, dass du perfekt bist, so wie du bist. Du musst nichts ändern, sondern du kannst dein bestes Ich leben. Es kommt mir fast so vor wie eine Zeitschrift, in der auf den ersten fünf Seiten beschrieben wird, wie du in einem Monat zehn Kilogramm Gewicht verlierst und danach folgen fünf Seiten dazu, dass du nichts an dir verändern musst, weil du so wie du bist perfekt bist. Doch hier liegt ein Widerspruch in der Werbung, aber auch in unserer Gesellschaft vor. Zum einen bist du als Mensch grundsätzlich gut und musst nichts an dir ändern. Zum anderen musst du dich selbst optimieren. Einig ist man sich aber darin, dass der Mensch nicht böse oder schlecht ist. Wenn jemand schlecht ist, dann immer nur die anderen, nicht ich selbst.

Ein Leben für mehr als Optimierung

Doch für was sind wir Menschen den geschaffen? Für was leben wir Menschen? Folgen wir der biblischen Schöpfungsgeschichte, dann ist der Mensch dafür geschaffen worden, um in Gemeinschaft mit dem heiligen Gott, seinem Schöpfer, zu leben. Als Menschen sind wir für einen Gott geschaffen, welcher nicht in unser Konzept passt. Es ist ein Gott, welcher all unser Denken, Tun und unsere Vorstellungskraft sprengt. Dieser Gott schuf uns, damit wir seine Gegenwart geniessen können. Daher ist die wichtigste Aufgabe als Mensch Gott zu lieben. Einmal wurde Jesus Christus darauf angesprochen, was denn das wichtigste Gebot der Bibel sei. «Jesus antwortete: ‘Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben, von ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken!’» (Matthäus 22,37 NLB).

Leider ist es aber doch oftmals so, dass die Welt um uns herum nicht nur gut ist, sondern oftmals ist es für uns schwer zu glauben, dass ein Gott existiert. Doch meine These ist, dass der Grund, weshalb der Mensch zu Gutem imstande ist, obwohl es so viel Schlimmes auf der Erde gibt, darin liegt, dass es das absolut Gute gibt. Doch wenn es das absolut Gute gibt, dann leider eben auch das absolut Schlechte. Erst in der Dualität von Gut und Böse lässt sich etwas auch so einordnen. Dieses absolut Gute ist der heilige Gott. Wir Menschen wurden zwar dafür geschaffen, unser Leben in der Gegenwart dieses guten Gottes zu verbringen, aber leider verloren wir diese intime Stellung bei Gott. Diese verloren wir, weil unsere Vorfahren wie Gott sein wollten und Gut und Böse voneinander unterscheiden wollten. Diese Zielverfehlung wird in der Bibel mit Sünde beschrieben. Wird also von der Sünde gesprochen, dann ist immer damit gemeint, dass etwas sein Ziel verfehlt.

Diese Zielverfehlung in uns zeigt sich nicht immer, aber immer dann, wenn wir etwas tun, was wir als schlecht bezeichnen würden. Denn wenn wir Menschen ein Ideal haben, dann eigentlich dieses: Immer gut zu handeln. Denn niemand möchte bewusst schlecht handeln, ausser es bringt einen Vorteil mit sich. Hier liegt womöglich auch der Grund, weshalb wir stets bemüht sind uns zu optimieren. Doch Optimierung heisst eben gerade nicht, dass alles gut ist. Wir scheitern leider darin uns perfekt zu optimieren. Uns geht es so, wie es bereits im Römerbrief steht. «Wenn ich Gutes tun will, tue ich es nicht. Und wenn ich versuche, das Böse zu vermeiden, tue ich es doch» (Römer 7,19 NLB). Daher müssen wir leider entweder zu Ausreden greifen wie: «Ich gebe ja mein Bestes, aber…»; «Ich bin immerhin noch besser als…» oder «Wenn der andere nicht so gehandelt hätte, dann hätte ich auch nicht…». Oder wir erkennen, dass es leider in jedem Menschen einen Teil gibt, auf den wir überhaupt nicht stolz sein können, aber leider auch nicht überwinden können. Das Problem ist, dass wenn wir wieder in die Gegenwart Gottes kommen wollen, müssen wir ohne Zielverfehlung sein. Und dies führt uns zum Karfreitag. Karfreitag ist Gottes Lösung für dies. Karfreitag ist die Geschichte eines wirklich guten, heiligen Menschen, der für wirklich schlechte, unheilige Menschen stirbt. Ja es ist die Geschichte, dass Gott seinen Sohn, selbst 100% Gott und zugleich 100% Mensch hingibt. Bereits im Alten Testament ist Jesus Christus an Karfreitag beschrieben. «[…]. Sein Äusseres war weder schön noch majestätisch, er hatte nichts Gewinnendes, das uns gefallen hätte. Er wurde verachtet und von den Menschen abgelehnt – ein Mann der Schmerzen, mit Krankheit vertraut, jemand, vor dem man sein Gesicht verbirgt. Er war verachtet und bedeutete uns nichts. Dennoch: Er nahm unsere Krankheiten auf sich und trug unsere Schmerzen. Und wir dachten, er wäre von Gott geächtet, geschlagen und erniedrigt! Doch wegen unserer Vergehen wurde er durchbohrt, wegen unserer Übertretungen zerschlagen. Er wurde gestraft, damit wir Frieden haben. Durch seine Wunden wurden wir geheilt!» (Jesaja 53,2-5 NLB).

Jesus trinkt den bitteren Kelch

Was Jesaja über 700 Jahre früher vorausgesagt hatte, ging mit Jesus Christus vor knapp 2000 Jahren in Erfüllung. Er kam zwar auf die Welt, genau für Karfreitag und Ostern, allerdings war es für ihn kein leichter Weg. Der Weg war steinig und hart und kostete ihn alles – ja es kostete ihm das Leben. Die Kreuzigung von Jesus ereignete sich um das Passahfest. Dieses Fest ist bis heute das höchste Fest der Juden. An diesem Tag wird ein fehlerloses Lamm geopfert. Es erinnert an den Auszug aus Ägypten, bei dem sie ebenfalls ein Lamm schlachten mussten. Damals wurde das Blut an die Türpfosten gestrichen und diente als Zeichen, dass die Bewohner darin von Gott verschont wurden. Das unschuldige, fehlerlose Lamm musste sterben, damit die erstgeborenen Söhne im Haus leben konnten. Dieses Prinzip zieht sich durch die ganze Opferthematik im Alten Testament. Ein schuldloses Tier muss für die Vergehen der Menschen sterben, damit sie selbst leben können. Da die Menschen aber immer wieder gegenüber Gott ihr Ziel verfehlten, mussten sie immer wieder opfern. Um die Schuld ein und für alle Mal zu tilgen, ist ein schuldloses Opfer notwendig. Es ist ein Opfer notwendig, welches selbst keine Zielverfehlung begeht. Dies wiederum ist nur durch Gott selbst möglich. Daher sandte Gott seinen Sohn, Jesus Christus auf die Welt. So steht im Hebräerbrief über Jesus. «Ein einziges Mal brachte er Blut in jenes Allerheiligste, aber nicht das Blut von Böcken und Kälbern, sondern sein eigenes Blut, durch das er uns die Rettung brachte, die für alle Zeiten gilt. Früher konnte die Besprengung mit dem Blut von Böcken und Stieren oder mit der Asche einer jungen Kuh den Körper des Menschen von ritueller Unreinheit reinigen. Wie viel mehr kann dann das Blut des Christus bewirken, denn durch die Kraft von Gottes ewigem Geist brachte Christus sich selbst Gott als vollkommenes Opfer für unsere Sünden dar. Er befreit unser Gewissen, indem er uns freispricht von unseren Taten, für die wir den Tod verdienen. Nun können wir dem lebendigen Gott dienen» (Hebräer 9,12-14 NLB).

Jesus sitzt mit seinen Jüngern vor dem Passahfest zusammen. An diesem Abend setzt er das Abendmahl ein, welches wir im Anschluss gemeinsam nehmen wollen. Nach dieser Zeit geht er mit seinen Jüngern in einen Garten. Dort bereitet er sich darauf vor, was in den nächsten Minuten und Stunden mit ihm geschehen wird. Was dort geschieht, zeigt ein tiefes Ringen von Gottes Sohn mit Gott selbst. «Er ging noch ein bisschen weiter, sank zu Boden und betete: ‘Mein Vater! Wenn es möglich ist, lass den Kelch des Leides an mir vorübergehen. Doch ich will deinen Willen tun, nicht meinen.’ […]. Und wieder liess er sie zurück und betete: ‘Mein Vater! Wenn dieser Kelch nicht an mir vorübergehen kann, dann geschehe dein Wille’» (Matthäus 26,39-42 NLB). Jesus hatte Todesangst und bat seine Jünger mit ihm wach zu bleiben, doch sie schliefen immer wieder ein. In seiner dunkelsten Stunde war er allein. Der Kelch ist ein biblisches Symbol für eine göttliche Prüfung, aber auch für Gottes Zorn. Der bittere Kelch, den Jesus trinken muss, ist die gesamte Zielverfehlung der Menschen. Jesus Christus muss am Kreuz den gesamten Zorn Gottes tragen. Es ist nicht bloss die Angst vor dem Tod, sondern es ist der totale Zorn Gottes und die Gottesferne, vor der er sich so fürchtet. Jesus stellt sich unter den Willen des heiligen Gottes, welcher dieses Opfer verlangt, damit seine Sehnsucht in Erfüllung gehen kann – dass Menschen wieder mit ihm in Kontakt treten können. Jesus selbst sagt: «Denn ich bin vom Himmel herabgekommen, um den Willen Gottes zu tun, der mich gesandt hat, und nicht, um zu tun, was ich selbst will» (Johannes 6,38 NLB). Weisst du, weshalb Jesus dies getan hat? Wegen Dir! Weil er dich so unendlich liebt!

Es ist vollbracht!

Jesus liess sich freiwillig verhaften und ans Kreuz nageln. Und so neigt sich das Leben von Jesus Christus dem Ende zu. Dort hing er und am Schluss trank er von einem Schwamm ein bisschen Weinessig. «Als Jesus davon genommen hatte, sagte er: ‘Es ist vollbracht!’ Dann neigte er den Kopf und starb» (Johannes 19,30 NLB). Es ist vollbracht! Im griechischen steht hier teleo. Dies bedeutet vollständig erreicht werden. Doch was ist vollbracht, was ist vollständig erreicht worden?

Wenn wir christlich sozialisiert sind oder uns ein wenig mehr mit dem Ostersonntag befassen, dann kommen wir relativ schnell zur Meinung, dass Jesus am Kreuz den Tod besiegt hat. Doch dies ist ein zu schneller Sprung zum Ostersonntag. Halten wir die Spannung von Karfreitag aus? Klar, nach Karfreitag kommt der Ostersonntag. Aber verstehen wir, was dort in diesem Moment am Kreuz geschah? Jesus vollbrachte dort etwas, was kein Tieropfer vor ihm vollbringen konnte. Es war das einmalige Opfer, welches uns freikaufte.«[So] wollen wir mit aufrichtigem Herzen in die Gegenwart Gottes treten und ihm ganz und gar vertrauen. Denn unsere Herzen wurden mit dem Blut Christi besprengt, um unser Gewissen von Schuld zu reinigen, und unsere Körper sind mit reinem Wasser gewaschen!» (Hebräer 10,22 NLB). Ursprünglich wurde der Altar mit dem Blut der Opfertiere besprengt und dies reinigte diesen und machte ihn rein. Was hygienisch nach einem Schwachsinn tönt, ist eine zutiefst rituelle Wahrheit. Durch das Besprengen unserer Herzen mit dem Blut von Jesus Christus wurden sie gereinigt. Sie sind nun so rein, dass wir vor Gott treten und ihm begegnen können.

Merkst du die Spannung von Karfreitag? Jesus, Gottes Sohn ist gestorben. Gott ist tot! Für Dich! Dies ist kein Justizirrtum, kein Zufall, sondern Gottes freie Entscheidung. Wie lautet deine Antwort? Gott wünscht sich sehnlichst, dass du ihm antwortest: «Hier bin ich». Der Karfreitag endet damit, dass Jesus Christus tot ist. Er hinterlässt die offenen Fragen: War alles für nichts? Was geschieht mit den Worten und Taten? Karfreitag sprengte definitiv die Vorstellung der Jünger und der Leute von damals – und von heute. Doch Gott wäre nicht Gott, wenn er unsere Vorstellungen nicht sprengen würde. Denn ein Gott, welchen wir ganz fassen können, ist kein Gott, sondern eine Vorstellung. Halten wir diese Spannung aus, welche noch über diesen Karfreitag hinaus geht. Denn danach folgt der Ostersamstag. Können wir es ertragen, dass nicht immer alles schnell vorbeigeht, sondern es Spannungsmomente gibt? Wie gehen wir mit Karfreitagen und Ostersamstagen in unseren Leben um?

An Karfreitag stirbt der heilige Gott für uns Menschen. Er stirbt aus Liebe zu Dir. Alle die an ihn glauben und ihn aufgenommen haben werden dadurch selbst zu Heiligen. Nicht aus eigener Kraft, sondern durch das Blut, welches an die Herzen der Jesusnachfolger gesprengt wurde. Anschliessend nehmen wir das Abendmahl ein. In der Vorbereitung darauf, werden wir das apostolische Glaubensbekenntnis beten. Dieses besteht fast zur Hälfte aus dem Karfreitags- und Ostergeschehen. Darin sagen wir als versammelte Kirche aus, dass wir an die «Gemeinschaft der Heiligen» glauben. Denn Jesus Christus hat bezahlt. Er hat es vollbracht! Es ist vollbracht!

Mögliche Fragen für die Kleingruppe

Bibeltext lesen: Jesaja 53 und Johannes 19,28-30

  1. Bist du selbst immer wieder in der Gefahr dich selbst optimieren zu wollen? Wo geschieht dies?
  2. Welche ist deine Lieblingszielverfehlung? Wo machst du immer wieder Dinge, die du eigentlich nicht machen möchtest?
  3. Verstehst du die Wichtigkeit eines schuldlosen Opfers für uns Menschen? Worin liegt deiner Meinung nach der Unterschied, dass das Opfer von Jesus Christus ausreichte, um dies zu erreichen?
  4. Wie geht es dir mit der Tatsache, dass Jesus damit rang, dass er ans Kreuz gehen sollte?
  5. Es ist vollbracht! Was löst dieser Satz in dir aus?
  6. Hältst du die Spannung von Karfreitag aus? Weshalb gelingt es dir nicht? Worin könnte der Schatz liegen, wenn du diese Spannung aushältst?