Erntedank – Fest der Lebensfreude

Datum: 23. Oktober 2022 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: 5. Mose 16,13-15; Offenbarung 21,1-5

Das jüdische Fest für unseren heutigen Erntedank ist das Laubhüttenfest, ein Fest der Lebensfreude. Im Alten Testament wollte Gott das Volk erinnern, dass sie während der Wüstenwanderung in Laubhütten gewohnt hatten, Er sie versorgte und ihnen nahe war. In der Offenbarung wird uns verheissen, dass Gott einst unter uns «laubhütten» wird. Er wird bei uns wohnen. Er wird unser Gott sein und wir werden Ihm Söhne und Töchter sein. So beinhaltet das Erntedankfest einen starken Hoffnungsaspekt.


In meiner Herkunftsfamilie spielte die Ernte eine grosse Rolle. Den ganzen Herbst hindurch wurden Äpfel gepflückt. Riesige Wagenladungen wurden ins Nachbardorf gefahren auf die grosse Waage gefahren und dann entladen. Den Waagschein konnten wir in einem Restaurant entgegennehmen. Dabei kam es vor, dass mein Vater mir hin und wieder ein Kägi fret kaufte. Das war ein Höhepunkt! Ich empfand es als Dank fürs Helfen, als Erntedank. Zudem fand in unserer Kirche jedes Jahr das Erntedankfest an. Alle Landwirte brachten etwas von ihrer Ernte. So entstand ein grossartiger Gabentisch, den der Pastor zu eigenen Zwecken abräumen durfte.

Leider haben wir dieses Kirchenfest in den letzten Jahren vernachlässigt. Der HERR selbst forderte sein Volk auf, Feste zu feiern, so auch das Laubhüttenfest: «Auch das Laubhüttenfest soll am Ende der Erntezeit – wenn das Getreide gedroschen ist und die Trauben gekeltert sind – gefeiert werden, und zwar sieben Tage lang. Bei diesem Fest sollt ihr fröhlich sein zusammen mit euren Söhnen und Töchtern, euren Sklaven und Sklavinnen, den Leviten, den Ausländern sowie den Witwen und Waisen, die in euren Städten wohnen. Feiert dieses Fest sieben Tage lang zu Ehren des HERRN, eures Gottes, an dem Ort, den er bestimmt. Denn der HERR, euer Gott, schenkt euch reiche Ernten und segnet all eure Arbeit. Es soll ein reines Freudenfest sein!» (5Mose 16,13-15 NLB).

Ein Fest der Dankbarkeit

Wir sollen am Ende der Erntezeit ein fröhliches und langes Fest feiern! Und zwar mit der Begründung: «Denn der HERR, euer Gott, schenkt euch reiche Ernten und segnet all eure Arbeit.» Der HERR segnet nicht nur die Arbeit der Landwirte, sondern all unsere Arbeit. Wir verdanken alles, jeder Atemzug, jede Bewegung, jedes Wort unserem Schöpfer. Was brauchst du für deine Arbeit? Geschickte Hände, logisches Denken, ein barmherziges Herz, einen sozialen Sinn? Das alles ist Teil des Segens Gottes! Vielleicht geht es dir gesundheitlich nicht so gut, dass du arbeiten könntest. Auch die Rente von der IV oder vom Sozialamt gehört zum Segen Gottes.

Darum sind wir auch in unserem Lebensunterhalt vom Schöpfer abhängig: «Aller Augen sehen auf dich und warten auf Hilfe; du gibst ihnen Nahrung, wenn es nötig ist. Wenn du deine Hand öffnest, stillst du den Hunger und Durst aller Geschöpfe» (Psalm 145,15f NLB). Gott versorgt uns. Hast du schon beobachtet, wie eine Vogelmutter zu ihrem Nest fliegt und den Wurm im Schnabel in die wartenden Mäuler setzt? Wenn die Mutter ihren Schnabel nicht öffnet, gibt es kein Leben für die Jungvögel. Genauso abhängig sind wir davon, dass der HERR seine Hand öffnet. Es ist gut, beim Tischgebet ein solches Bild vor dem inneren Auge zu haben. Creatio – Gott kreiert immer noch. Gemüse, Früchte, Würmer und auch Rinder sind Kreationen aus Seiner Hand.

Bei den Juden ist der Erntedank ein überaus freudiges Fest («Es soll ein reines Freudenfest sein»). Ob jung oder alt, körperlich geschickt oder eher steif und unbeholfen – alle tanzen, jubeln und freuen sich. Es ist ein Fest der Lebensfreude. Der bekannte Satz: «[...] Seid nicht bekümmert; denn die Freude am Herrn ist eure Stärke» (Nehemia 8,10 NLB), wurde ebenfalls an einem Laubhüttenfest zu Zeiten des Mauerbaus gesprochen. Löst die die Ernte bzw. über den Segen bei der Arbeit bei uns auch solche Freude aus?

Ein Fest der Erinnerung

Bei den Hebräern heisst das Erntedankfest Sukkot (dt. Laubhütte). Gott wollte das Volk daran erinnern, dass sie während der Wüstenwanderung in Laubhütten gewohnt hatten und Er ihnen nahe war. Deshalb findet das 7-tägige Fest in Laubhütten statt. Dieser ‘Wüstenwanderungskontext’ hat tiefe Bedeutung:

Das Sukkot ist in dem Sinn eine Erinnerung daran, dass auch wir auf dieser Welt nur in provisorischen Unterkünften leben. «Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir» (Hebräer 13,14 LUT). Wir alle sind mit einer Sehnsucht nach Heimat unterwegs, nach dem Suchen des Hauses Gottes. Tief in uns steckt die Sehnsucht nach Liebe, die nicht aufhört, und Gerechtigkeit, der Genüge getan wird. In diesem Leben ist alles provisorisch und vorläufig. Unser ganzes Leben soll von einer Wanderkultur gekennzeichnet sind. Wenn ich andernorts über die seetal chile berichte, dann sage ich oft, dass wir eine Wanderkultur hätten. Das ist ein ausserordentlich wertvolles Prädikat für eine Kirche. Es ist nicht so anstrengend, bei uns Veränderungen zu lancieren. Wir sind es uns gewohnt und üben uns fleissig darin. Das Schöne dabei ist, dass Gott uns nahe ist und uns versorgt.

Ein solche Wanderkultur will ich persönlich auch leben. Für Gott verfügbar sein. Mich nicht an diese Welt binden. Frei und beweglich bleiben. Besitzen, als gehöre es mir nicht. Mich verändern, wie der Heilige Geist es anstösst.

Ein Fest der Hoffnung

Man sagt der Dessertgabel auch «kleine Prophetin». Wenn diese Gabel zum Gedeck auf dem Tisch gehört, weist sie auf einen finalen Schlussgang hin. Das Laubhüttenfest ist wie eine Dessertgabel. In der Offenbarung wird uns verheissen, dass Gott einst mit unter uns «laubhütten» wird:

«Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr. Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen, bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann. Und ich hörte eine grosse Stimme von dem Thron her, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden seine Völker sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem Thron sass, sprach: Siehe, ich mache alles neu! Und er spricht: Schreibe, denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiss!» (Offenbarung 21,1-5 LUT).

Das Laubhüttenfest ist der Abschluss aller Ernten. Jesus hat einmal gesagt, dass die Ernte gross sei (Matthäus 9,37). Über diese Ernte schreibt Petrus: «Es ist aber nicht so, dass der Herr seine versprochene Wiederkehr hinauszögert, wie manche meinen. Nein, er wartet, weil er Geduld mit uns hat. Denn er möchte nicht, dass auch nur ein Mensch verloren geht, sondern dass alle Busse tun und zu ihm umkehren» (2Petrus 3,9 NLB). Nachdem die Ernte eingebracht ist, wird Jesus wiederkommen. Es ist der Start in die vollkommene Neuschöpfung, das ist der Ort, an dem alle unsere Sehnsüchte in überfliessender Art und Weise gestillt werden. Wunschlos glücklich werden wir dort sein! Gott schafft eine neue Welt. Seine Hütte steht bei den Menschen, es handelt sich um eine ewige und innige Gemeinschaft von Gott und Mensch.

Die Hütten beim Sukkot werden mit nur mit Zweigen abgedeckt, so dass man den Himmel sieht. Hoffnung bedeutet, durch den Horizont zu sehen. Es bedeutet, die Musik des Himmels zu hören. Es ist gut, wenn wir den Blick zum Himmel in unserem Leben nicht zu dicht machen. Die Konzentration auf das Irdische, auf das Materielle und die eigenen Ideen verbauen uns die Sicht zum Himmel. Es ist gut, jeden Tag das Dach zur Seite zu schieben und freie Sicht zum Himmel zu kommen. Das geschieht am besten in einer geplanten und fest in den Alltag integrierten Gemeinschaftszeit mit Gott.

Im jährlichen Kreislauf gibt es 7 Feste, die der HERR in 3Mose 23 angeordnet hat. Zusammen erzählen sie die grosse Geschichte Gottes mit den Menschen. Durch das erste Kommen Jesu, seine Kreuzigung und Auferstehung und dann durch das Kommen des Heiligen Geistes sind die ersten vier Feste, die Frühlingsfeste, zur Erfüllung gelangt. Diese vier Feste feiern wir in Erinnerung an die ersten Schritte von Gottes Heilsplan, die bereits stattgefunden haben. Da Jesus diese vier Feste an ihrem exakten Datum, im richtigen Kontext und universell erfüllt hat, glaube ich zutiefst, dass Er auch die drei letzten Feste, die Herbstfeste, die auf seine Wiederkunft und sein Königreich hindeuten, zu ihrer Erfüllung bringen wird. Somit feiern wir die Frühlingsfeste im Gedenken an unsere Vergangenheit und in Dankbarkeit über unsere Erlösung; die Herbstfeste in freudiger Erwartung auf eine Ewigkeit gemeinsam mit unserem Vater und König. Im prophetischen Buch Sacharja findet die Wiederkunft von Jesus am Laubhüttenfest statt, und zwar vom Ölberg her (Sacharja 14,1-16).

Der Tempel war der Ort, wo Gott seinem Volk begegnete. Es begeistert mich, dass die Einweihung ausgerechnet an einem Laubhüttenfest war. Dabei bat König Salomo Gott, er möge auch die Gebete der Ausländer erhören (2Chronik 6,32f). Dieser Gedanke ist bis heute geblieben. So werden in Israel Bürger anderer Nationen herzlich in die Hütten eingeladen und in einem speziellen Ritual werden alle Nationen gesegnet.

 

 

Mögliche Fragen für die Kleingruppen

Bibeltext lesen: Sacharja 14,1-16; Offenbarung 21,1-5

  1. Welchen Stellenwert hat das Tischgebet in deiner Familie? Wie könnte es belebt werden?
  2. Welchen Sinn hat das Wohnen in Laubhütten für die Juden? Was könnte uns helfen, diese Wahrheit vor Augen zu halten.
  3. Die Zweige auf dem Dach lassen den Blick zum Himmel offen. Was hilft dir, den Blick zum Himmel freizuhalten?
  4. In Sacharja 14,1-16 findet die Ankunft des messianischen Retters vom Ölberg her am Laubhüttenfest statt. Denkst du, dass Jesus an einem Laubhüttenfest wiederkommt? Was spricht dafür (vgl. andere jüdische Feste)?
  5. Am Sukkot werden alle Nationen gesegnet. Betet doch gemeinsam für Länder, die aktuell in grossen Herausforderungen stehen!