Was wahre Liebe wirklich bedeutet
Serie: EIFACH muetig – mit Jesus als Vorbild | Bibeltext: 2. Samuel 9,1-13
Gottes grosszügige Liebe ist verbindlich und unabhängig von der Leistung des Gegenübers. Gott hat seine verbindliche Liebe durch Bündnisse mit Menschen ausgedrückt. Durch den neuen Bund hat er uns befähigt, diese grosszügige, verbindliche Liebe an unseren Mitmenschen auszudrücken.
I love Töff (Motorrad)
Schon als Kind war ich fasziniert von Motorrädern. Ich beobachtete sie mit leuchtenden Augen und freute mich jedes Mal, wenn sie mit Leichtigkeit an unserem Auto vorbeizogen. Diese Maschinen wirkten elegant, kraftvoll und schnell. Einmal fragte ich meinen Vater, ob Motorräder eigentlich schneller fahren dürften als Autos. Die starke Beschleunigung und der Anschein grenzenloser Freiheit zogen mich in ihren Bann. Ich konnte es kaum erwarten, selbst ein Motorrad zu besitzen. Im Jahr 1989 liess Hans Stadler die ersten 5000 Aufkleber mit der Aufschrift «I love Töff» drucken – und ich war stolzer Besitzer eines solchen Exemplars. Ich glaubte damals tatsächlich: «I love Töff». Liebe – ein Wort, das in unserem Alltag fast inflationär gebraucht und oft missbraucht wird. Doch was auch immer die Welt unter «Liebe» versteht – entscheidend ist, was Gott darunter versteht.
Was bedeutet chesed?
Im Alten Testament begegnet uns ein hebräisches Wort, das einen tiefen Aspekt von Gottes Liebe beschreibt: chesed. Chesed ist der ultimative Ausdruck von Gottes grosszügiger, treuer und verbindlicher Liebe. Es verbindet zwei zentrale Elemente: Liebe und Verbindlichkeit. Gottes Liebe ist nicht chaotisch, nicht abhängig vom momentanen Gefühlszustand des Gebers und auch nicht von der Leistung des Empfängers. Gott drückt seine chesed-Liebe in Bündnissen aus – Versprechen mit ewiger Gültigkeit.
Ein solches Bündnis schloss er mit Abraham: «Nachdem Lot fortgezogen war, sprach der HERR zu Abram: Schau dich nach allen Seiten um. Dieses ganze Land, das du siehst, werde ich dir und deinen Nachkommen für immer zum Besitz geben. Und ich werde dir so viele Nachkommen schenken, dass man sie nicht zählen kann – so wie der Staub auf dem Erdboden!» (1. Mose 13,14–16 LUT).
Gott versprach Abraham eine unzählbare Nachkommenschaft und einen Segen, der durch ihn und seine Nachkommen fliessen würde. Dieser Bund – Ausdruck von chesed – galt und gilt allen Nachkommen, unabhängig von ihrer Leistung.
Chesed trotz Schuld – Jakob
Einige Jahrzehnte später betrog Jakob, Abrahams Enkel, seinen Bruder Esau um das Erstgeburtsrecht und floh. Nach zwanzig Jahren kehrte er zurück – mit Angst vor Esaus Rache. «Dann betete Jakob: O Gott meines Großvaters Abraham und meines Vaters Isaak – HERR, du hast mir geboten: Kehre zurück in deine Heimat und zu deinen Verwandten. Ich will dir Gutes tun. Ich bin es nicht wert, dass du mir, deinem Diener, mit so großer Treue und grenzenloser Liebe begegnest» (1. Mose 32,10–11 NLB).
Jakob erkannte seine Schuld – und dass er Gottes chesed-Liebe nicht verdient hatte. Doch er wusste auch: Diese Liebe ist verbindlich. Er bezog sich im Gebet auf den Bund mit Abraham – auf Gottes Treue. Jakob war nicht nur ein Einzelner, sondern Teil eines Volkes, das durch Gottes Bund mit ihm verbunden war.
David – ein Mann nach Gottes Herzen
Ein weiteres Beispiel für gelebte chesed-Liebe ist David. Die Bibel nennt ihn einen Mann nach Gottes Herzen (1. Samuel 13,14). Auch wenn David nicht perfekt war, lebte er verbindliche Liebe. David und Jonatan, Sauls Sohn, waren enge Freunde. Doch als sich die Lage zwischen David und König Saul zuspitzte, trafen die beiden eine verbindliche Entscheidung: «So schloss Jonatan einen Bund mit dem Hause Davids. [...] Und Jonatan ließ nun auch David schwören bei seiner Liebe zu ihm; denn er hatte ihn so lieb wie sein eigenes Leben» (1. Samuel 20,16–17 LUT). Es war mehr als eine Freundschaft – es war ein Bund, der nicht nur David, sondern dessen ganze Familie umfasste.
Als Jonatan später im Kampf starb, blieb David dem Bund treu. «Und David sprach: Ist noch jemand übrig geblieben von dem Hause Sauls, dass ich (chesed) Barmherzigkeit an ihm tue um Jonatans willen?» (2. Samuel 9,1 LUT). Er findet Mefi-Boschet, einen überlebenden Sohn Jonatans, der aufgrund seiner Herkunft ein potenzieller Konkurrent um den Thron gewesen wäre. Doch David handelt anders als die Herrscher seiner Zeit: «Fürchte dich nicht, denn ich will (chesed) Barmherzigkeit an dir tun um deines Vaters Jonatan willen [...] Du aber sollst täglich an meinem Tisch essen» (2. Samuel 9,6–8 LUT). Diese treue, revolutionäre Liebe war Ausdruck des Bundes – der chesed-Liebe.
Zeitgeist vs. chesed
In unserer heutigen Kultur ist verbindliche Liebe fast schon ein Fremdwort. Persönliche Freiheit wird zum höchsten Gut erklärt – alles muss jederzeit veränderbar bleiben. Aber diese «Freiheit» kann keine tiefe Liebe tragen. Wahre Freiheit bedeutet nicht, sich selbst zu verwirklichen, sondern sich zu verschenken – wie Jesus es getan hat. «Wer nicht liebt, der kennt Gott nicht; denn Gott ist Liebe» (1. Johannes 4,8 LUT). Diese Aussage klingt hart. Aber sie lässt sich auch positiv formulieren: Wenn wir lieben, erkennen wir Gott. Im Akt der chesed-Liebe erfahren wir Gott. Intimität mit Gott geschieht nicht durch Worte allein, sondern durch gelebte, verbindliche Liebe.
Chesed im Alltag leben
Wir wissen: Diese Art von Liebe kommt uns nicht einfach so. Wir sind als gefallene Menschen nicht fähig, sie dauerhaft aus eigener Kraft zu leben. Deshalb hat Gott einen neuen Bund geschlossen: «Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut, das für euch vergossen wird!» (Lukas 22,20 LUT). Dieser Bund gilt allen, die ihn annehmen wollen – nicht nur den leiblichen Nachkommen Abrahams. «Und ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben» (Hesekiel 36,26 LUT). Wenn wir Jesus nachfolgen, wird diese Verheissung Wirklichkeit. Jesus ist der Weinstock – wir sind die Reben (Johannes 15,5). Nur durch die Verbindung mit ihm können wir Frucht bringen.
Chesed und Gottes Nähe gehören zusammen. Im Ausleben dieser Liebe erleben wir Intimität mit Gott. Solange wir nur lieben, um selbst etwas zu erhalten, ist das keine Liebe – sondern ein Geschäft. Verbindliche Liebe aber spiegelt Gottes Wesen wider. In einer Zeit, die Selbstverwirklichung und Profit vergöttert, ist chesed eine radikale Gegenkultur. Doch genau danach sehnt sich das menschliche Herz: Nach treuer, unverdienter, verbindlicher Liebe – die nicht aufhört.
Zusammenfassung
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Gottes chesed-Liebe ist grosszügig und verbindlich.
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Wir sehnen uns danach, sie zu erfahren – und weiterzugeben.
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Durch den neuen Bund sind wir befähigt, verbindlich zu lieben.
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Wenn wir diese Liebe leben, kommen wir Gott nahe.
Persönlicher Abschluss
Ich möchte nochmals auf die Anfangsgeschichte zurückkommen. Als Teenager klebte ich den Sticker «I love Töff» aufs Motorrad – überzeugt, es zu lieben. Doch rückblickend muss ich sagen: Ich mochte es. Es war ein Gebrauchsgegenstand, der mir kurzfristig Freude machte. Als ein teures Teil kaputtging, war meine «Liebe» schnell verflogen – und bald entdeckte ich die Gleitschirme für mich. Vielleicht werde ich wieder Töff fahren oder mir einen neuen Schirm kaufen. Daran ist nichts Falsches.
Aber ich habe verstanden: «Liebe» ist zu einem Allerweltswort geworden. Umso wichtiger ist es, zu erkennen, was wahre, verbindliche Liebe – chesed – wirklich bedeutet. Lasst uns heute beginnen, diese Liebe zu leben. Schritt für Schritt. Nicht durch Verleugnung unserer Bedürfnisse, sondern im täglichen Wachstum in der Beziehung zu Gott.
Und wenn wir schwach sind? Dann gilt: «Darum bin ich guten Mutes in Schwachheit, in Misshandlungen, in Nöten, in Verfolgungen und Ängsten um Christi willen; denn wenn ich schwach bin, so bin ich stark» (2. Korinther 12,10 LUT). Wenn wir uns unfähig fühlen zu lieben, dürfen wir vertrauen: Jesus ist der Weinstock – wir sind die Reben.
Mögliche Fragen für die Kleingruppe
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Was hat dich an der Predigt besonders angesprochen oder neu berührt?
– Gibt es eine Person oder eine Bibelstelle, die dir besonders nachgeht? -
Wie würdest du den Unterschied zwischen menschlicher Liebe und Gottes chesed-Liebe mit eigenen Worten beschreiben?
– Wo hast du in deinem Leben schon etwas von dieser treuen Liebe Gottes erfahren? -
Welche Rolle spielt Verbindlichkeit in deinen Beziehungen – z. B. in Familie, Freundschaft oder Gemeinde?
– Fällt es dir leicht oder schwer, verbindlich zu lieben? -
David hat den Bund mit Jonatan über den Tod hinaus ernst genommen. Wie können wir heute verbindliche Liebe leben, ohne gesetzlich oder überfordert zu werden?
– Wo spürst du eine Einladung Gottes, jemandem chesed zu zeigen? -
Was hilft dir persönlich, in Gottes Liebe verwurzelt zu bleiben und aus ihr heraus zu handeln?
– Gibt es geistliche «Praxishilfen», die dir helfen, verbunden mit Jesus zu bleiben (z. B. Bibel, Gebet, Gemeinschaft)?