Umdenkbar – Gewöhne dich an anders oder warum Musterbrechen zum Christsein dazugehört
Serie: Heilig - Heilig - Heilig | Bibeltext: Lukas 5,1-11; 2. Korinther 5,17
Manches, das du im Leben vielleicht für undenkbar hältst, ist in Gottes Wirklichkeit auch umdenkbar. Dein bisheriger Erfahrungsschatz, muss nicht die Grenze deiner zukünftigen Möglichkeiten bleiben! Mit Jesus werden bestehende Lebensmuster durchbrochen und somit wirst du immer wieder mit dem Umdenkbaren konfrontiert.
Herr, gib uns ein Herz für dein Wort und auch ein Wort für unser Herz. Amen.
Unsere Lebensmuster
Kennst du auch solche Situationen, in denen du immer wieder ähnlich reagierst? In denen du dich wiederholend gleich verhältst? Zum Beispiel, dass du dich stets in die hinteren Reihen setzt, wenn du ins Kino oder den Gottesdienst gehst. Oder dass du dich bei kritischen Rückmeldungen schnell verteidigst, oder in den Angriff wechselst und dein Gegenüber dadurch gar nicht zu Wort kommen lässt. Ich selbst hatte lange die Angewohnheit, dass ich, wenn man mir Komplimente machte, diese gar nicht annehmen wollte. Ich machte mich ständig kleiner, als ich in Wirklichkeit bin und hatte Mühe, von anderen Lob anzunehmen. Bis mir jemand erklärte, dass ich durch mein Verhalten das gering schätze, was anderen wichtig ist.
Solche sich wiederholenden Verhaltensweisen nennt man «Muster». Man spricht immer dann von Lebensmustern, wenn man sich in unterschiedlichen Lebenssituationen bewusst oder auch unbewusst ähnlich bzw. gleich verhält. Manche dieser erlernten Muster sind gut und geben uns aus der gemachten Erfahrung Sicherheit. Andere sind eher schwierig, weil wir immer wieder auch in destruktive Muster verfallen, die wir selbst so gar nicht wollen, aber auch nicht einfach ablegen können! Solche Lebensmuster haben wir von unseren Eltern, aus unserer Familie, Kindheit übernommen. Manche haben wir uns als Werte angeeignet, weil alle um uns herum sich so verhalten. Weil «man» das eben in unserer Kultur oder auch in der Kirche so macht. Bei anderen Mustern haben wir gelernt, dass sie uns schützen. Dann gehen wir lieber in die 2. Reihe und lassen anderen gerne den Vortritt.
Das Thema der Predigt heisst: «Umdenkbar – gewöhne dich an anders oder warum Musterbrechen zum Christsein dazugehört.»
Blickwechsel mit Jesus
Ich habe euch einen Videoclip aus «the chosen» mitgebracht. In dieser neuen Jesus-Filmserie geht es darum, Jesus aus der menschlichen Perspektive seiner auserwählten Jüngerinnen und Jünger zu betrachten. Der Untertitel der ersten Staffel heisst passend «Gewöhne dich an anders.»
Ich nehme euch mit an den See Genezareth, wo Jesus dem Fischer Simon zum ersten Mal am Ufer begegnet und ihn mit seinen bisher gewohnten Mustern konfrontiert (Videoclip). Ja, manches, dass wir in unserem Leben selbst vielleicht für undenkbar halten, ist in Wirklichkeit auch umdenkbar. Das heisst, es ist nicht per se unmöglich, sondern es muss lediglich anders gesehen, neu gedacht und um-interpretiert werden. Für Simon war das hier so der Fall. Für ihn war klar, dass es nach einer langen erfolglosen Nacht beim Fischen, überhaupt keinen Sinn macht, die Netze jetzt noch einmal bei Tageslicht am Morgen auszuwerfen. Er wusste aus Erfahrung, dass man in der Ruhe der Nacht am besten fischt. Alle seine Fischerkollegen hätten ihm das auch bestätigt und es ist bekannt, dass man nicht am helllichten Tag, sondern in der Dunkelheit und Stille der Nacht, die meisten Fische fängt. Und doch lässt er sich nach einem langen, sehr intensiven Blickwechsel mit Jesus darauf ein, sein gewohntes Muster zu brechen.
Ich habe mich in der Vorbereitung gefragt, warum Jesus hier wohl dieses Fischwunder gewirkt hat? Ging es wie Zebedäus, der Vater von Jakobus und Johannes hat, wirklich um die Steuer-Schulden von Simon, die jetzt durch diesen grandiosen Fang beglichen werden konnten? Hat Jesus durch diesen Fang den beiden Brüdern Simon und Andreas aus existenzieller und finanzieller Not helfen wollen? Ja, Vielleicht? Wir lesen zwar nichts direkt davon in den Evangelien. Aber nur weil es in der Bibel nicht niedergeschrieben wurde, heisst es noch lange nicht, dass es auch nicht passiert ist?! Ich glaube schon, dass Jesus sich auch um unsere alltäglichen Sorgen kümmert; Finanzen, Gesundheit, Job, Familie [...].
Ich kann mir allerdings genau so gut vorstellen, dass Jesus Simon mit dem für ihn Umdenkbaren konfrontieren wollte. Vielleicht sollte sich Simon auch an anderes gewöhnen, als er bisher kannte. Vielleicht gehört eine gewisse Art von Musterbrechen zur Nachfolge von Jesus grundlegend mit dazu?! Es kann gut sein, dass Simon gleich von Anfang an lernen sollte, dass sein bisheriger Erfahrungsschatz nicht die Grenze seiner zukünftigen Erfahrungen bleiben muss. Mit Jesus zusammen kann und soll es anders als bisher gewohnt werden.
Prinzip des Noch-Nicht
Bei uns im Wohnzimmer hängt ein Zitat des Kirchenvaters Augustinus. «Wunder sind nicht wider die Natur, sondern nur wider die uns bekannte Natur.» Damit wollte Augustinus wahrscheinlich deutlich machen: «Nur weil ich manches (Wunder) selbst noch nicht erfahren und persönlich erlebt habe, heisst dann noch lange nicht, dass es auch per se unmöglich ist!» Deshalb höre ich mittlerweile gerne Erlebnisse von anderen und ihre Geschichten, was sie mit Jesus erlebt haben.
Denn meistens geht es darum, dass diese Menschen etwas erlebt haben, dass sie bisher nicht erwartet oder erlebt hatten. Ich kann mir gut vorstellen, dass Jesus dem Simon hier das christliche «Prinzip des Noch-Nicht» verdeutlichen wollte. Momentan bin ich selbst noch dabei mir dieses «Jesus-Prinzip des Noch-Nicht» anzueignen. Bei mir sieht das heute ungefähr so aus: Wenn mich jemand frägt, ob ich kochen kann, dann sage ich nicht mehr: «Nein, ich kann nicht kochen.» Sondern,... «Ja, ich kann noch nicht kochen!» Merkt ihr den kleinen Unterschied? Wenn ich sage, dass ich nicht kochen kann, dann lege ich mich fest. Dann ist das so und bleibt wahrscheinlich auch in Zukunft so. Wenn ich allerdings antworte, dass ich noch nicht kochen kann, eröffne ich mir weiterhin die Möglichkeit, dass es auch einmal anders sein und mit der Hilfe meines Sohnes, meiner Frau (oder Gottes Gnade ;)) anders werden kann. Ich bin fest davon überzeugt, dass Musterbrechen, mir Gewohntes zu verlassen ganz grundlegend zum Christsein dazugehört.
In der Nachfolge zu leben, bedeutet nicht statisch, sondern im wahrsten Sinne des Wortes mobil, agil und veränderlich zu sein. Nachfolge heisst – Jesus hinterhergehen. Er geht voran und ich folge seinem Beispiel. Ich vertraue seinen Empfehlungen, wohin sein Weg oder sein vorbildliches Verhalten mich führen. Jesus setzt dabei oft bei dem an, was wir schon kennen und was wir bereits können. Ich nenne das «natürliche Begabungen heiligen» – (Musik, Finanzen, Organisation, für andere einsetzen.) Jesus möchte dein Potential und deinen bisherigen Erfahrungsschatz erweitern, mit seinen unbegrenzten Möglichkeiten ergänzen.
In unserer Geschichte befördert Jesus den Fischer Simon zum Menschenfischer. Diesen Beruf gab es bis dahin auch noch nicht! Simon soll in Zukunft keine Fische mehr im See Genezareth fangen, sondern Menschen für Jesus vernetzen. Jesus setzt zwar bei seiner profanen beruflichen Qualifikation an, aber er steigert, heiligt und gebraucht seine normalen Fähigkeiten, indem er nun Menschenfischer in Gottes anbrechendem Reich werden soll. Heute spricht man in der Schule und im Berufsleben vom «lebenslangen Lernen.» «Man lernt quasi nie aus...» Von der modernen Hirnforschung weiss man, dass man bis ins hohe Alter hinein lernen kann. (Der Spruch, was Hänschen nicht weiss, lernt Hans nimmermehr, ist heute widerlegt.)
Die Heiligung
Die Bibel spricht im gleichen Zusammenhang von «Heiligung». Denn Heiligung ist nichts anderes als ein Prozess des lebenslangen geistlichen Lernens in der Nachfolge. «Wer heilig ist, soll auch weiter nach Heiligung suchen» (Offbenbarung 22,11). Geistliches lernen hört nicht auf, wenn ich den Ausgang von biblischen Geschichten bereits kenne, oder weiss wo sie in der Bibel stehen. In der Erwachsenenbildung gibt es einen Grundsatz, den man auch geistlich verstehen kann: «Als Erwachsene zu lernen, heisst auch immer wieder neu zu verlernen.» Sprich alte Muster zu verlassen und zu brechen. Lernen hat mehr mit Erfahrung, Handeln und Umsetzen, statt kognitivem Wissen zu tun und das ist in der Nachfolge mit Jesus nicht anders. Denn das, was vor 20 Jahren noch richtig war, kann heute schon wieder falsch bzw. überholt sein (Kindheit am Tisch essen…)
Christsein lebt nicht aus meiner Erinnerung oder früheren Erfahrungen, so wichtig diese immer wieder sein können. Lebendiger Glaube braucht gegenwärtige Erfahrungen, dass Jesus auch heute noch über Bitten und Verstehen hinauswirken kann und mich und mein Verhalten verändern will. «Dem aber, der überschwänglich tun kann über alles hinaus, was wir bitten oder verstehen, nach der Kraft, die in uns wirkt, dem sei Ehre in der Gemeinde und in Christus Jesus» (Epheser 3, 20). Habt ihr mal überlegt, was das bedeutet?! Diese überwältigende Erfahrung des Fischwunders lässt Simon vor Jesus auf die Knie fallen und anbeten. Simon anerkennt in diesem Moment, dass Jesus das Lamm, der menschgewordene Sohn Gottes ist. Und wieder geschieht etwas Paradoxes. Simon sagt zwar: Geh weg von mir Jesus, denn ich bin ein sündiger Mensch. Wir passen gar nicht zusammen. Ich habe das nicht verdient und bin es auch nicht wert, was mir hier passiert. Aber Jesus widerspricht, er formuliert das Umdenkbare und fordert Simon heraus, sich an anderes zu gewöhnen, indem er ihn trotzdem einlädt und auffordert ihm nachzufolgen. Jesus geht sogar noch einen Schritt weiter und gibt diesem am Uferboden knienden Mann später auch noch einen neuen Namen. Auch hier wird mit Mustern gebrochen, denn Simon wird später Petrus heissen. Durch diese Lernerfahrung erkennt Simon wer Jesus ist und kann durch dieses Bekenntnis später zum stabilisierenden Felsen werden.
Immer wieder lesen wir im Neuen Testament, dass Musterbrechen zum Glauben dazugehört. Mindestens 5x heisst es in den Briefen, dass wir den alten Menschen mitsamt seinen alten Gewohnheiten ablegen sollen.
Weil die angelernten Gewohnheiten, unser menschliches Gewordensein, uns nicht weiter, - uns nicht in Gottes Nähe bringen. Das grösste Anders im Glauben, das Umdenkbarste für uns Menschen und das stärkste Musterbrechen geschieht dann in der Kreuzigung und Taufe. Hier wird alles auf den Kopf gestellt und zum Positiven gewendet. In der Taufe geschieht der Wechsel von Alt zu Neu. Vom Tod zum Leben und von Sünde zur Gnade. Am Kreuz ereignete sich das Undenkbare, dass wir in Gottes heilige Familie hineinadoptiert werden, dass wir miteinander Söhne und Töchter Gottes heissen und Jesus Christus unseren Bruder nennen dürfen. Dieser Musterbruch ist für nichtgläubige Menschen undenkbar. Aber in und durch die Taufe bestätigen wir, dass der Geist des Heiligen Gottes in uns lebt und wir durch seine Kraft nicht mehr an das gebunden sind, was uns scheinbar im Leben festhalten und gleichbleiben lassen will.
Von daher glaube ich, lohnt es sich, wie Petrus auch «Kontra-Intuitives» mit Jesus zu wagen und die Netze am Tag auszuwerfen. Später ist Petrus bei einer anderen Gelegenheit mitten auf dem See aus dem Boot ausgestiegen, um Jesus auf dem Wasser entgegenzugehen. Die einen halten das für verrückt! Aber alle die im Boot sassen und bloss zuschauten, haben sich diese Erfahrung entgehen lassen, dass Jesus auch auf dem Wasser trägt und hält. Meiner Meinung nach zahlt es sich aus, dass für uns vielleicht Undenkbare umzudenken und Jesus mehr zuzutrauen, als wir bis heute an Erfahrungen gesammelt haben. Wir geben Jesus dadurch die grösste Ehre, wenn wir ihn nicht mit unseren beschränkten Erkenntnissen eingrenzen und unseren Erfahrungen limitieren. Denn unser bisheriger persönlicher Erfahrungsschatz muss nicht die Grenze unseres zukünftigen Erfahrungshorizontes sein. Ich glaube, dass uns Jesus immer wieder überraschen will, wenn wir ihm unser Lebens-Boot, wie Simon das tat, als Bühne zur Verfügung stellen.
Überlege dir doch einmal, was deine Muster sind, die dein Leben unnötig limitieren. Wo kommen sie her? Welchen Sinn machen sie heute für dich? Und wenn dir keine Muster in den Sinn kommen, dann habe den Mut einen anderen Menschen ehrlich zu fragen, welche Muster sich bei dir mit Jesus noch ändern lassen. Denn es gilt was in 2. Kor. 5, 17 geschrieben ist: «Wer mit Jesus Christus lebt, wird ein neuer Mensch. Er ist nicht mehr derselbe, denn sein altes Leben (Gewohnheiten/Muster) ist vorbei. Neues hat begonnen» (2. Korinther 5,17). Bei den meisten Menschen passiert diese Umgestaltung nicht von Heute auf Morgen, sondern ist ein lebenslanger Lernprozess. Bis wir einmal in Ewigkeit so sein werden, wie das bereits vor allem Anfang an, von Gott selbst so für uns gedacht war.
Mögliche Fragen für die Kleingruppe
Bibeltext lesen: Lukas 5,1-11
- Welche Muster erkennst du in deinem Leben?
- Welche der Muster sind hilfreich und welche hinderlich?
- Welche Menschen kommen dir in den Sinn, die du auf deine Muster ansprechen kannst?
- Wo hat Jesus schon deinen Erfahrungshorizont durchbrochen, so dass du überrascht worden bist?