Schöpfung & Glaube | Der ganzen Schöpfung die gute Nachricht verkünden

Datum: 25. Mai 2025 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: Markus 16,15; 1. Mose 1,26-27; 2,15

Die Berufung des Menschen ist es, Gottes souveräne Herrschaft und Weisheit in die Welt zu spiegeln und das Lob der ganzen Schöpfung Gott zurückzuspielen. Diese Predigt geht der Frage nach, wie wir Menschen uns als Bilder Gottes in der uns anvertrauten Schöpfung sozial, ökologisch und ökonomisch gerecht verhalten sollen. So viel sei verraten: Es geht nicht um Leistung aus eigener Kraft, sondern darum, ein Spiegel für Gottes Herrlichkeit in diese Welt hinein zu sein.


Die Berufung des Menschen ist es, Gottes Herrlichkeit, seine souveräne Herrschaft und Weisheit in der Welt widerzuspiegeln – und das Lob der Schöpfung zu Gott zurückzutragen. In der letzten Predigt ging es darum, in den Lobpreis der Schöpfung einzustimmen. Als Johannes in der Offenbarung einen Blick in die unsichtbare Wirklichkeit Gottes werfen darf, schreibt er: «Und ich hörte jedes Geschöpf im Himmel, auf der Erde, unter der Erde und im Meer sagen: ‚Dem, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm gebühren Lob, Ehre, Herrlichkeit und Macht – für immer und ewig!‘» (Offenbarung 5,13 NLB).

Heute fragen wir uns: Wie können wir als Menschen Gottes Herrlichkeit in der Schöpfung widerspiegeln? Oder, mit den Worten Jesu: «Geht in die ganze Welt und verkündet der ganzen Schöpfung das Evangelium!» (Markus 16,15 NGÜ). Der heilige Franziskus von Assisi lebte diese Botschaft wörtlich. Seine tiefe Verbindung zur Natur und zu den Tieren ist legendär – etwa in der Geschichte, in der er zu den Vögeln predigt und sie zum Lob Gottes auffordert. Aber was bedeutet das konkret für uns?

Nach Gottes Bild geschaffen

Die Antwort liegt bereits im ersten Kapitel der Bibel: «Da sprach Gott: ‘Wir wollen Menschen schaffen nach unserem Bild, die uns ähnlich sind. Sie sollen über die Fische im Meer, die Vögel am Himmel, über alles Vieh, die wilden Tiere und über alle Kriechtiere herrschen.’ So schuf Gott die Menschen nach seinem Bild, nach dem Bild Gottes schuf er sie, als Mann und Frau schuf er sie. Und Gott segnete sie und gab ihnen den Auftrag: ‘Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde und nehmt sie in Besitz. Herrscht über die Fische im Meer, die Vögel in der Luft und über alle Tiere auf der Erde.’» (1Mose 1,26-28 NLB).

Der Mensch ist nicht Gott, aber nach seinem Bild geschaffen – um auf ihn hinzuweisen. In der Antike stellte man in Tempeln Götterbilder auf – aus Stein, Holz oder Metall. Die Bibel lehnt diese Praxis ab, denn: Nur ein lebendiger Mensch kann den lebendigen Gott widerspiegeln.

Später stellten auch die römischen Kaiser in den verschiedenen Provinzen Statuen von sich auf, damit die lokalen Menschen wussten, wer ihr Herrscher sei. Die Bilder waren eine Art, um die Herrschaft in die weite Welt zu projizieren. Alle Menschen – unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Status oder sozialem Milieu – sind dazu berufen, Gottes weise Herrschaft in Seine Welt zu reflektieren.

Das vollkommene Bild Gottes war Jesus: «Christus ist das Bild des unsichtbaren Gottes […]» (Kolosser 1,15 NLB). Er repräsentierte mit jeder Faser Seines Seins Seinen himmlischen Vater. Der Grund für diesen klaren Spiegel wird gleich im Anschluss beschrieben: «Denn Gott wollte in seiner ganzen Fülle in Christus wohnen. Durch ihn hat er alles mit sich selbst versöhnt. Durch sein Blut am Kreuz schloss er Frieden mit allem, was im Himmel und auf der Erde ist. Darin seid auch ihr eingeschlossen» (Kolosser 1,19-21 NLB). Der Einfluss von Jesus, als Bild des unsichtbaren Gottes, auf die Schöpfung war riesig, nicht weniger als die Versöhnung der ganzen Schöpfung. ER ist das menschliche Bild, das den Vater offenbart.

Im Neuen Testament wird das Ebenbild Gottes mit drei Merkmalen beschrieben. Es wird bewusst die gleiche Sprache verwendet wie in 1. Mose 1. Drei Merkmale machen im Kern dieses Bild aus:

  • Erkenntnis Gottes (Kolosser 3,10): eine intime Beziehung, kein blosses Wissen.
  • Wahre Heiligkeit (Epheser 4,24): eine Identität, die Gott uns schenkt.
  • Gerechtigkeit (Epheser 4,24): gelebter Glaube im Alltag – sozial, ökologisch und wirtschaftlich. Es bedeutet, Heiligkeit in die Praxis umzusetzen.

Der Mensch wurde als geschaffen, um Gott zu kennen, um heilig zu sein und um gerecht zu handeln. Gerechtes Handeln ist eine Frucht dessen ist, dass ein Mensch Gott persönlich kennt und von Ihm eine neue Identität erhalten hat. Wenn wir nun über nachhaltiges Leben und sozialgerechtes Handeln sprechen, meine ich damit keine grossartige menschliche Leistung, sondern lediglich das Ausstrahlen von Gottes Herrlichkeit als Frucht einer neuen Identität. Edith Stein (1891-1942): «Ihr sollt sein wie ein Fenster, durch das Gottes Güte in die Welt hineinleuchten kann.»

Haushalter von Gottes Schöpfung sein

Für den Kulturauftrag des Menschen werden im Schöpfungsbericht vier verschiedene Verben gebraucht. Im oben zitierten Bibelabschnitt (1Mose 1,28) ist von Inbesitznahme der Erde und dem Herrschen über die Tiere die Rede.

  • Die Erde in Besitz nehmen (kavash): Das hebräische Wort bedeutet unterwerfen oder unter Kontrolle bringen. Im Kontext von 1. Mose 1,28 beschreibt es den göttlichen Auftrag an den Menschen, verantwortlich über die Erde zu herrschen, nicht sie rücksichtslos zu beherrschen. Die Menschen sollen die Erde aktiv in Besitz nehmen und ordnen im Bewusstsein, dass sie Gäste auf dieser Erde sind. Als Gott den Sabbat für das Land und das Erlassjahr einsetzte – beides Anweisungen für sozialgerechtes, ökologisches und ökonomisches Handeln – begründete Er dies durch folgende Worte: «Das Land darf nicht für immer verkauft werden, denn es gehört mir. Ihr seid nur Fremde und Gäste, die in meinem Land leben» (3Mose 25,23 NLB).
  • Über die Tiere herrschen (radah): Das hebräische Wort wird auch im Zusammenhang mit der Tätigkeit eines Hirten gebraucht. Der Mensch hat den Auftrag, die Tiere fürsorglich zu leiten und nicht mit Gewalt über sie zu herrschen. «Der Gerechte erbarmt sich über sein Vieh, das Herz des Gottlosen aber ist grausam» (Sprüche 12,10 SLT). Insgesamt zeigt die Bibel, dass der Verzehr von Tieren erlaubt ist, solange dies im Einklang mit den gegebenen Vorschriften und dem Respekt vor der Schöpfung geschieht. In jüdischen Bibelkommentaren fällt auf, dass sie sehr viel Wert auf Mässigung, Respekt und Verantwortung legen.

Diese zwei Verben werden aus dem zweiten Schöpfungsbericht mit zwei weiteren ergänzt: «Gott, der HERR, brachte den Menschen in den Garten Eden. Er sollte ihn bebauen und bewahren» (1Mose 2,15 NLB).

  • Bebauen (avad): Weitere Übersetzungen: arbeiten, dienen. Im landwirtschaftlichen Kontext bedeutet avad bebauen oder kultivieren – also die Erde in dienender Haltung aktiv bearbeiten, pflegen und nutzen.
  • Bewahren (schamar): Weitere Übersetzungen: hüten, achten auf, beobachten, beschützen, überwachen. Es ist das zentrale Wort in Psalm 121 und erscheint dort sechsmal. Diese Wiederholung verstärkt die Botschaft des Psalms: Gott ist der treue Hüter, der sein Volk ständig bewacht und schützt. Hier eine Kostprobe: «Der HERR behütet dich vor allem Unheil und bewahrt dein Leben. Der HERR behütet dich, wenn du kommst und wenn du wieder gehst, von nun an bis in Ewigkeit» (Psalm 121,8 NLB). So wie Gott über unser Menschen wacht und uns beschützt, sollen wir es mit der Schöpfung tun.

Diese vier Verben zeigen: Unsere Aufgabe ist eine dienende Fürsorge – keine Herrschaft zur Selbsterhöhung. Herausgefordert sind dabei nicht nur die Landwirte, sondern jeder Mensch. Der Aargauer Theologe Thomas Härry sagt: «Als Konsument bin ich Bauer, Hersteller, Arbeitgeber, Lohnzahler und gestalte dabei aktiv und verantwortlich mit, wie mit dieser Welt und ihren Geschöpfen umgegangen wird.» Wir alle haben beim Konsumieren einen Hebel, den wir betätigen können. Am wirksamsten ist wohl die Mässigung, ein Leben der Einfachheit.

Was bringt das alles?

Oft hören wir: «Was bringt mein Einsatz, wenn Weltmächte sich nicht darum kümmern?» Eine Geschichte gibt eine Antwort: Ein Vater sieht seinen Sohn am Strand Seesterne ins Meer werfen. «Was bringt das?», fragt er. «Es sind tausende!» Der Junge antwortet und wirft einen weiteren Stern ins Wasser: «Für diesen hier macht es einen Unterschied.» So funktioniert Gottes Reich: klein, unscheinbar, zeichenhaft, aber voller Bedeutung. Jesus, das personifizierte Reich Gottes, beschränkte seinen Dienst auf einen kleinen Landstreifen im Nahen Osten zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer. Obwohl nur wenige Menschen das Rettungsangebot von Jesus annehmen, werden von Missionsgesellschaften riesige Anstrengungen unternommen, um alle Menschen der Welt mit der guten Nachricht zu erreichen. Für den Menschen, der Jesus Christus als seinen Herr und Erlöser annimmt, macht es einen Riesenunterschied. Und auch unser Umgang mit der Schöpfung zählt – nicht, was Trump oder Jinping tun, sondern was wir verantworten. Es ist nicht unserer Aufgabe, die Welt zu retten. Das tut Jesus Christus am Tag seiner Wiederkunft. Als Nachfolger von Jesus Christus möchten wir aber jetzt schon Zeichen der neuen Schöpfung aufblitzen lassen. Reich Gottes befindet sich im Spannungsfeld von schon jetzt und noch nicht.

 

Gott hat uns als sein Ebenbild in diese Welt gestellt – nicht als blosse Nutzer, sondern als treue Verwalter seiner Schöpfung. Jeder Atemzug, jeder Akt der Fürsorge, jede bewusste Entscheidung für Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Liebe ist ein Spiegel seiner Herrlichkeit in der Welt. Wir sind berufen, wie Fenster zu sein, durch die Gottes Licht und Güte in eine oft dunkle Welt scheinen können. Vielleicht erscheint dir dein Beitrag klein – eine bewusste Kaufentscheidung, ein freundlicher Umgang mit der Natur, ein Gebet für den Wandel. Doch gerade darin zeigt sich die Kraft des Reiches Gottes: im Kleinen, im Verborgenen, im Treuen. Denn für ‘diesen einen Seestern’ macht es einen Unterschied. Und für Gott auch.

Lasst uns also im Vertrauen auf Christus, das vollkommene Bild Gottes, hinausgehen – in Liebe, in Demut und mit dem festen Entschluss, seine gute Nachricht der ganzen Schöpfung zu verkünden. Nicht aus Pflicht, sondern als Ausdruck unserer Identität: geliebte Kinder Gottes, geschaffen zum Lob seiner Herrlichkeit.

 

Mögliche Fragen für die Kleingruppen

Wähle die Fragen aus, die für eure Gruppe passen.

  1. Was bedeutet es für dich persönlich, ‘Gottes Bild’ in der Welt zu sein? Welche Aspekte dieses ‘Bildes’ – wie Erkenntnis Gottes, Heiligkeit oder Gerechtigkeit – fordern dich im Moment besonders heraus?
  2. Wie kannst du konkret Gottes Herrlichkeit in deinem Alltag widerspiegeln – in deinem Beruf, deiner Familie oder im Umgang mit der Schöpfung? Gibt es kleine, konkrete Schritte, die du in den nächsten Wochen gehen möchtest?
  3. Was denkst du über den Gedanken, dass der Mensch ‘Haushalter’ der Schöpfung ist? In welchen Bereichen deines Lebens spürst du Verantwortung – oder auch Überforderung – im Umgang mit der Umwelt, Tieren oder Ressourcen?
  4. Wie gehst du mit dem Gefühl um, dass deine Beiträge zu einem gerechten, nachhaltigen Leben ‘nichts bewirken’? Welche Rolle spielt dabei dein Glaube oder dein Vertrauen in Gottes Reich?
  5. Was bedeutet es für dich, der ‘ganzen Schöpfung’ das Evangelium zu verkünden? Kann das auch ohne Worte geschehen? Wenn ja, wie?