Kirche & Glaube | Der Heilige Geist
Serie: EIFACH muetig – mit Jesus als Vorbild | Bibeltext: Galater 3,7; Apostelgeschichte 2,1-4; Matthäus 13,24-30
Der Heilige Geist markiert den Beginn der Kirche. Doch bereits vorher hat sich Gott Menschen ausgesucht, um mit ihnen unterwegs zu sein. Dabei gibt es eine Kontinuität zwischen Israel und der Kirche. Doch wer gehört denn zur Kirche dazu? Die wahre Kirche besteht aus allen, welche an Jesus Christus glauben. Dies ist für uns Menschen unsichtbar, da nur Gott die Herzen der Menschen kennt. Gehörst du auch dazu?
Vom Tempel zur Kirche
Gott hat sich schon immer Menschen ausgesucht, mit denen er gemeinsam unterwegs sein möchte. Zu Beginn waren es einzelne Menschen, danach ein ganzes Volk. Dieses Volk hatte einen Ort der Gottesbegegnung: den Tempel in Jerusalem. Glaube geschieht von Anfang an in Gemeinschaft mit Gott und anderen Menschen. Doch wie kam es zum Tempel als Wohnort Gottes? Noch in der Wüste beauftragte Gott Mose: «Die Israeliten sollen mir ein Heiligtum errichten, damit ich bei ihnen wohnen kann» (2. Mose 25,8 NLB). Zuerst war es ein Zelt, und als sie dann lange in Israel wohnten, wurde schlussendlich ein Tempel daraus. Die Könige Israels wurden oftmals danach beurteilt, wie sie es mit dem Tempelkult und den Opferstätten ringsherum hielten. Denn das religiöse Zentrum war Jerusalem. Wer Gott begegnen wollte, musste dorthin kommen. Der gesamte Gottesdienst war beschränkt auf diesen einen Ort und dieses eine Gebäude.
Jesus Christus ist nun auf einmal der wandelnde Gott. Menschen können Gott somit nun auch ausserhalb des Tempels begegnen. Doch der Tempel ist auch für Jesus zentral. Er war oft dort. Doch Jesus sagt auch: «'Nun gut', erwiderte Jesus. 'Zerstört diesen Tempel, und in drei Tagen werde ich ihn wieder aufbauen'» (Johannes 2,19 NLB). Was mit Jesu Leben begann, führt sich mit seinem Tod fort. Im Moment des Todes von Jesus Christus reisst der Vorhang im Tempel entzwei. Es ist ein Zeichen für das, was geschehen ist, und für das, was kommt.
Obwohl mit der Kirche ein neues Kapitel beginnt, ist Gott nicht anders als im Alten Testament. Beides wird innerbiblisch als Gottes Herde bezeichnet. Einerseits das Volk Israel: «Denn er ist unser Gott und wir sind das Volk, das er beschützt, die Schafe, die er behütet. Wenn ihr doch heute auf seine Stimme hören würdet!» (Psalm 95,7 NLB). Andererseits die Mitglieder der Kirche: «Sorgt gut für die Herde Gottes, die euch anvertraut ist. Hütet sie gern und nicht widerwillig, sondern wie Gott es will. […]» (1. Petrus 5,2 NLB). Gott verändert sich nicht. Er ist von Anfang an ein Gott der Gnade. So soll sich das Volk Israel an die Erlösung erinnern, womit vor allem die Befreiung aus Ägypten gemeint ist. «Denkt an seine mächtigen Taten, an seine Wunder und Urteile, die er fällte» (Psalm 105,5 NLB). Jesus Christus selbst bezieht sich bei der Einführung des Abendmahls auf diesen Auszug aus Ägypten (Lukas 22,14–20). Auf den grossen Gnadenakt im Alten Testament.
Der Heilige Geist in der Kirche
Pfingsten ist nun der grosse Wendepunkt des Unterwegsseins Gottes mit den Menschen. Es ist die Geburtsstunde der Kirche. Gott wohnt nicht mehr im Bauwerk, sondern im Gottesvolk. Auch dieses wird erweitert. Nicht mehr die Abstammung ist entscheidend, sondern der Glaube. «Die wahren Kinder Abrahams sind also die, die an Gott glauben» (Galater 3,7 NLB). Kirche ist ein lebendiger Ort von Gottes Gegenwart, geführt durch den Heiligen Geist. Das, was in der Kirche und an Pfingsten geschieht (Apostelgeschichte 4b–5a), ist ein Abbild dessen, was eigentlich schon im Tempel hätte geschehen sollen. Die ersten Nachfolger von Jesus verkaufen alles, was sie haben, damit sie sich um die Armen kümmern können. Dies war bereits im Alten Testament die Aufgabe des Tempels (5. Mose 14–15). Der neue Tempel, die Kirche, ist die Gemeinschaft der Jesusnachfolger, wo Menschen Gottes Grosszügigkeit und heilende Gegenwart erleben.
Der Heilige Geist in der Kirche ist eine paradoxe Aussage. Denn der Heilige Geist ist der Startpunkt der Kirche. Doch er war auch schon vorher ein Zeichen von Gott. Bezalel, ein Handwerker, erhielt den Heiligen Geist, damit er Weisheit bekam, die Arbeiten an der Stiftshütte auszuführen (2. Mose 31,3). Dem ersten König von Israel, Saul, wird verheissen, dass er durch den Heiligen Geist prophetisch reden wird (1. Samuel 10,6). Jesus selbst treibt durch den Heiligen Geist Dämonen aus und macht dadurch deutlich, dass das Reich Gottes gegenwärtig ist. Und an Pfingsten kulminiert das Ganze, und der Geist Gottes wird ausgegossen und nicht mehr nur zeichenhaft auf Einzelne. «Am Pfingsttag waren alle versammelt. Plötzlich ertönte vom Himmel ein Brausen wie das Rauschen eines mächtigen Sturms und erfüllte das Haus, in dem sie versammelt waren. Dann erschien etwas, das aussah wie Flammen, die sich zerteilten, wie Feuerzungen, die sich auf jeden Einzelnen von ihnen niederliessen. Und alle Anwesenden wurden vom Heiligen Geist erfüllt und fingen an, in anderen Sprachen zu sprechen, wie der Heilige Geist es ihnen eingab» (Apostelgeschichte 2,1–4 NLB).
Der Heilige Geist wird ähnlich ausgegossen, wie die Herrlichkeit Gottes das Heiligtum erfüllt. Eine Wolke bedeckte das Heiligtum (2. Mose 40,34), und Feuer fiel vom Himmel (2. Chronik 7,1). Auch hier findet sich eine Kontinuität. Der neue Tempel ist die neue Bundesfamilie von Jesus Christus. Der Heilige Geist ist die treibende Kraft hinter Einheit, Gemeinschaft und Dienst. Kirche ist keine Organisation, sondern ein Organismus, durch den der Geist wirkt. Kirche ist die Gemeinschaft der Gläubigen – kein Gebäude!
Wer gehört dazu?
Doch wer gehört dazu? Bei Israel war es klar. Es hing von der Abstammung ab. Aber was nun? Es gibt verschiedene Diskussionen, wer denn nun zur Kirche dazugehört. Ich fokussiere hier nur auf zwei Meinungen. Die eine ist diejenige der reinen Kirche, die andere ist diejenige, welche Augustinus als «Corpus Permixtum» bezeichnet hat. Dahinter steht die Frage: Was macht eine wahre Kirche aus? Für die Reinheitsbewegungen im Verlauf der Jahrhunderte muss die Kirche eine rein geistliche und moralisch heilige Gemeinschaft sein. Keine Mischung aus Jesusnachfolgern und denjenigen, die es nicht sind. Das Heil lässt sich nur in einer moralisch reinen Kirche finden, und daher muss die Kirchenleitung dafür sorgen, dass die Kirche rein ist und rein bleibt. Meine Herkunftskirche feiert heute ihr 50-jähriges Jubiläum. Die Wurzeln liegen in der Brüderbewegung, welche auch den Reinheitsbewegungen zuzuordnen ist. Zu Beginn der Kirche war es so, dass am Abendmahl nur diejenigen teilnehmen durften, welche bekannt waren. Wer neu hinzukam, musste sich entweder bewähren oder ein Schreiben seiner Gemeindeleitung dabeihaben, das bestätigte, dass derjenige ein Jesusnachfolger und würdig ist. Es ging darum, die Gemeinschaft reinzuhalten. Ausserdem waren sie von der Angst geprägt, jemand würde unwürdig das Abendmahl einnehmen.
Die andere Ansicht besagt, dass die Kirche ein «Corpus Permixtum» ist – also ein Ort, wo Jesusnachfolger und solche, die ihm nicht nachfolgen, gemeinsam sind. Daher wird zwischen der sichtbaren und der unsichtbaren Kirche unterschieden. Ich teile diese Ansicht. Der Hintergrund dafür ist das Gleichnis vom Unkraut im Weizenfeld aus Matthäus 13. «Jesus erzählte noch ein anderes Gleichnis: ‘Das Himmelreich ist vergleichbar mit einem Bauern, der gutes Saatgut auf sein Feld säte. Doch in der Nacht, als alles schlief, kam sein Feind und säte Unkraut zwischen den Weizen und ging wieder weg. Als das Korn zu wachsen begann und Ähren ausbildete, kam auch das Unkraut zum Vorschein. Da kamen die Arbeiter des Bauern und sagten: ›Herr, das Feld, auf dem du gutes Saatgut gesät hast, ist voller Unkraut!‹ ›Das hat mein Feind getan!‹, rief der Bauer aus. ›Sollen wir das Unkraut ausreissen?‹, fragten die Arbeiter. Er antwortete: ›Nein, wenn ihr das tut, schadet ihr dem Weizen. Lasst beides bis zur Zeit der Ernte wachsen. Dann will ich den Erntehelfern sagen, dass sie das Unkraut heraussammeln und verbrennen sollen. Den Weizen aber sollen sie in die Scheune bringen‹» (Matthäus 13,24–30 NLB). Zur sichtbaren Kirche gehören alle, die sich dazuzählen, auch wenn sie moralisch anders leben oder keinen echten Glauben haben. Zur unsichtbaren, wahren Kirche gehören alle Menschen, die an Jesus Christus glauben – unabhängig von äusserer Zugehörigkeit zu einer Institution. Sie ist unsichtbar, weil nur Gott die Herzen der Menschen kennt. Dies lässt sich nicht mit äusseren Zeichen identifizieren. Denn dazugehört, wer sein Leben im Glauben und in der Liebe zu Gott gestaltet und in der Gnade von Jesus Christus steht. «In der Kirche sind Wölfe und Schafe, Unkraut und Weizen» (Augustinus von Hippo, Kirchenvater aus Nordafrika, 354–430 n. Chr.)
Heute Morgen feiern wir die Taufe von fünf Personen. Es ist ein äusseres Zeichen für einen inneren Prozess. Wichtig bei der ganzen Diskussion um «wer gehört dazu» ist, dass es auf das ankommt, was Jesus getan hat – nicht auf mich! Die Ausrichtung des Lebenswandels auf Jesus Christus ist eine Reaktion auf das, was Jesus für mich getan hat. Zur Kirche gehört, wer sein Leben an Jesus Christus ausrichtet. Alle Unterserien in diesem Jahresthema drehen sich genau darum: Seinen Lebenswandel an Jesus Christus auszurichten. Gehörst du dazu? Zu den Nachfolgern von Jesus Christus? Nur du kannst dies beantworten. Denn deine Mündigkeit wird ernst genommen! Die Ausgiessung des Heiligen Geistes ist die Geburtsstunde der Kirche – und er ist auch hier am Werk! «[…]. Denkt vielmehr daran, dass ihr sein Siegel tragt und dadurch die Gewissheit habt, dass der Tag der Erlösung kommen wird» (Epheser 4,30 NLB). Wenn du dies mit Nein beantwortest, dann möchte ich dich gerne einladen zu einem Leben in der Nachfolge von Jesus Christus.
Mögliche Fragen für die Kleingruppe
Bibeltext lesen: Matthäus 13,24-30 & Apostelgeschichte 2,1-4
- Wo siehst du eine Kontinuität zwischen dem Alten und dem Neuen Testament?
- «Kirche ist keine Organisation, sondern ein Organismus, durch den der Geist wirkt.» Wo stehst du in der Gefahr, dich zu sehr auf die Organisation zu stützen? Wo nimmst du das Wirken des Heiligen Geistes in der Kirche wahr?
- Wie erlebst du das Wirken des Heiligen Geistes in deinem Leben?
- Wer gehört zur Kirche? Kannst du der Aussage «Corpus Permixtum» zustimmen? Was stört dich an diesem Gedanken?
- Wie steht es mit deiner persönlichen Jesusnachfolge? Wie richtest du dein Leben an ihm aus?