Im Konflikt mit dem heiligen Gott

Datum: 11. Juni 2023 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: 1. Mose 4,2-8; Hebräer 11,4

Anhand der Geschichte von Kain und Abel zeigt sich exemplarisch ein Konflikt zwischen einem Menschen und dem heiligen Gott. Zuerst gibt es einen Unterschied, welcher bei Kain etwas auslöst und seine innere Haltung beeinflusst. Die Warnung Gottes schlägt er aus dem Wind und sucht sich in Abel einen Sündenbock, an welchem er schlussendlich seine Wut auslässt. Kain projiziert die Schuld auf Abel und macht ihn verantwortlich für SEIN Problem.


Heute tauchen wir in einen der ersten Konflikte der Menschheitsgeschichte ein. Es ist die Geschichte der ersten beiden Menschen, welche auf dieser Erde geboren wurden – Kain und Abel. Dieser Konflikt soll uns als Beispiel dienen. Vielleicht fragst du dich, was denn Streit zwischen Brüdern mit dem Jahresthema Heiligkeit zu tun hat. Ich hoffe aber, mir gelingt es dies im Verlauf der Predigt zu zeigen.

Unterschiede bejahen!

Die Geschichte findet sich gleich im ersten Buch der Bibel. Nachdem Adam und Eva aus dem Garten Eden geworfen wurden, zeugten sie Kinder. Zuerst kam Kain auf die Welt, danach Abel. Diese Brüder waren sehr unterschiedlich. Genau dort liegen die meisten Ursachen für Konflikte. Unterschiede sind völlig normal und gehören dazu. Unterschied ist nicht per se etwas Schlechtes. Es wird aber dann zu einem Problem, wenn ich diesen nicht mehr bejahen kann.

Im Falle von Kain und Abel gab es einige Unterschiede. Kain war von Beruf ein Ackerbauer. Er bepflanzte das Land. Abel war auch in der Landwirtschaft tätig, aber auf eine andere Art – er war Hirte. Beide hatten nacheinander die gleiche Absicht. Sie wollten Gott ein freiwilliges Opfer darbringen. Die genauen Motive sind nicht klar, ich gehe aber davon aus, dass es ihnen darum ging, ihrem Gott Danke zu sagen. Bei der Wahl, was geopfert wird, zeigt sich dann schon der nächste Unterschied. Kain wählte einen Teil seiner Ernte. Ich kann mich noch an die Kinderbibeln erinnern, wo dies alles so schön gezeichnet wurde. Melonen, Gurken, Tomaten, Karotten, Kartoffeln, Getreide, Feigen, Erdbeeren etc. Beim Anblick dieser Zeichnungen läuft einem das Wasser im Mund zusammen. Im Gegensatz zu all den Früchten und Gemüsen bringt auch Abel ein Opfer aus seiner Arbeit dar. Er nimmt ein paar der erstgeborenen Lämmer, tötet und opfert sie zusammen mit dem Fett. Beide bringen von dem, was sie erarbeitet haben ein Opfer dar. Doch dann taucht schon der dritte Unterschied auf. Denn das eine Opfer wird von Gott wohlwollend angenommen, das andere wiederum nicht. Das Gemüse-, Früchte- und Obstopfer wurde verworfen. Das Fleischopfer dagegen wurde angenommen. Was bedeutet dies? Ist Gott kein Vegetarier?

Oftmals legen wir den Fokus auf das, was geopfert wird, nicht aber auf den, welcher opfert. Gott betrachtet die Person und das Opfer. « […] Der HERR sah wohlwollend auf Abel und nahm sein Opfer an» (1. Mose 4,4 NLB). Im Gegensatz dazu «Kain und sein Opfer jedoch wies er zurück. […]» (1. Mose 4,5 NLB). Es gibt unzählige Theorien, weshalb Kain zurückgewiesen wurde.

Eine besagt bspw., dass Kain zurückgewiesen wurde, weil er nicht die ersten Früchte opferte. Wiederum eine andere besagt, dass das Opfer von Abel deshalb angenommen wurde, weil er intuitiv das richtige tat. Denn in der Bibel wird ein Gebot gegeben, wie ein Opfer dargebracht werden soll. «Der Dienst tuende Priester soll alles auf dem Altar verbrennen; ein solches Opfer gefällt dem HERRN. Alles Fett gehört dem HERRN» (3. Mose 3,16 NLB). Handelte Abel richtig, weil er auch das Fett opferte? Zuletzt besagt eine Annahme, dass nur Abels Opfer angenommen wurde, weil er Tiere opferte und dadurch Blut vergossen wurde. Wird kein Blut geopfert, dann fehlt der Bezug zum Leben. All diese Theorien haben zwar ihre Berechtigung, aber greifen zu kurz. Der Hund liegt an einem anderen Ort begraben – in der Gottesbeziehung von Kain. «Durch den Glauben brachte Abel Gott ein besseres Opfer dar als Kain. Gott nahm Abels Opfer an, um zu zeigen, dass er in seinen Augen gerecht gesprochen war. Und obwohl Abel schon lange tot ist, spricht er so noch immer zu uns» (Hebräer 11,4 NLB). Dies ist der vierte und entscheidende Unterschied. Durch den Glauben brachte Abel das bessere Opfer dar. Dies klingt auch in den verschiedensten Theorien an. Abel begegnete dem heiligen Gott mit Hochachtung. Sein ganzes Leben war als Gottesdienst gestaltet. Der Unterschied der beiden Opfer liegt im Glauben der Person, welche diese Handlung ausführte. Kain wurde nicht aufgrund seines Opfers verworfen, sondern das Opfer aufgrund von Kain!

Häufig haben wir das Gefühl, dass sich dieser wohl bekannteste Konflikt unter Brüdern abspielt. Doch dies ist nicht der Fall. Diese Auseinandersetzung findet zwischen Kain und Gott statt. Ich hatte diese Woche eine Weiterbildung mit dem Thema Konflikte. Dabei habe ich gelernt, dass die goldene Regel in der Konflikttheorie besagt, dass Probleme immer zuerst mit mir selbst zu tun haben. Dies ist auch bei Kain der Fall. Der zweite Fehler, welchem Kain erliegt, ist derjenige, welchen wir auch ständig machen. Wir wollen den Konflikt lösen. Doch Konflikte lassen sich nicht lösen – auch wenn dies umgangssprachlich so gesagt wird – sie lassen sich nur bearbeiten.

Gefühle und innere Haltung übernehmen das Ruder!

Doch Kain hatte keine Kenntnisse der Konflikttheorie, daher wollte er sein Problem lösen. Wollen wir doch weiter betrachten, wie er vorging. Nachdem beide geopfert hatten und sein Opfer zurückgewiesen wurde, geschah etwas mit ihm. « […] Da wurde Kain sehr zornig und er blickte grimmig zu Boden» (1. Mose 4,5 NLB). Die Nichtannahme löste bei ihm Gefühle aus. Ich kann mir vorstellen, wie schon allein die Tatsache, dass das Opfer des kleinen Bruders besser ist als das eigene, bei Kain einiges auslöste. Gefühle sind immer subjektiv und nicht objektiv und im ersten Moment unkontrollierbar. Da wie gesagt, das Problem immer zuerst mit mir selbst zu tun hat, lösen Spannungen bei jeder Person unterschiedliche Reaktionen aus. Hier werden fünf Konfliktstile unterschieden. Jede reagiert anders. Einige gehen gleich in den Angriff über und begegnen dem Konfliktpartner mit Aggressionen. Andere flüchten und gehen der Auseinandersetzung aus dem Weg. Manche suchen den Konsens. Bis dieser erreicht ist, kann sehr wohl sehr hart um die Positionen gekämpft werden. Einige suchen den Kompromiss, was aber nicht zwingend bedeutet, dass es eine Win-Win Situation gibt. Eine letzte Gruppe passt sich an und gibt nach. All diese Stile haben ihre Stärken und Schwächen. Es geht dabei auch nicht um eine Bewertung, sondern um eine Beschreibung eines bestimmten Musters, in das eine Person in einem Konflikt zurückfällt. Dies bedeutet auch nicht, dass dies persönlich zufriedenstellend ist. Ich persönlich habe den Konflikttyp des Kompromisses. Dies bedeutet, dass ich auf eine schnelle Einigung abziele. Das kann aber auch bedeuten, dass ich teilweise unzufrieden mit dem Resultat bin, da ich mich als zu wenig standhaft wahrnehme. Ich denke, dass Kain vom Stil her ein Angreifer war.

 

Nachdem sich das Gefühl des Zorns bei ihm eingenistet hatte, veränderte sich seine innere Haltung zunehmend. Er senkte den Blick grimmig auf den Boden und kam in den sogenannten Tunnelblick. Dies verengte seine Sicht. Dies ist genau dies, was passiert, wenn die Gefühle überhandnehmen. Eine Auswirkung davon ist die Vereinfachung aller Dinge. Es gibt keine Schattierungen oder Grautöne mehr, sondern nur noch Gut oder Böse, für oder gegen mich, richtig oder falsch. Kain war sauer, weil Gott gnädig mit Abel war und ihm nicht so begegnete. «Der HERR antwortete: Ich will meine Güte an dir vorüberziehen lassen und will meinen Namen ‚der HERR‘ vor dir ausrufen. Ich schenke meine Gnade und mein Erbarmen, wem ich will» (2. Mose 33,19 NLB). Diese Haltung machte ihm zunehmend Mühe.

Warnschilder beachten - ansonsten wird ein Sündenbock bestraft!

Kain hatte keinen Konflikt mit einem Menschen, sondern mit dem heiligen Gott. Wie in jeder Auseinandersetzung, so kommt auch hier ein Warnschild – diesmal sogar von Gott persönlich. Gott fragt Kain: «‚Warum bist du so zornig?‘, fragte der HERR ihn. ‚Warum blickst du so grimmig zu Boden? Ist es nicht so: Wenn du Gutes im Sinn hast, kannst du frei umherschauen. Wenn du jedoch Böses planst, lauert die Sünde dir auf. Sie will dich zu Fall bringen. Du aber sollst über sie herrschen!‘» (1. Mose 4,6-7 NLB). Gott weist Kain auf SEIN Problem hin. Er zeigt ihm auf, dass es keinen Grund gibt zornig zu sein und so grimmig zu gucken. Der Blick nach unten zeigt, dass er Böses im Sinn hat. Die innere Haltung, die sich aus dem Unterschied und den Gefühlen ergab, strahlt nun auf seine Körperhaltung, Gestik und Mimik über.

Gott weisst ihn darauf hin, dass die Sünde auf ihn lauert. Sünde bedeutet Zielverfehlung. Die Eltern von Kain und Abel waren von Gott selbst erschaffen worden. Er wollte mit ihnen Gemeinschaft haben. Ihr ursprünglichster Auftrag war es in Gottes Gegenwart zu leben und ihn an die erste Stelle zu setzen. Sünde ist in Gottes Augen alles, was ihn nicht an die erste Stelle setzt. Es verfehlt das Ziel, als Mensch Gott vollkommen hingegeben zu sein. Dieses Ziehen selbst zu entscheiden, hatte nicht nur Kain, sondern es ist etwas, was alle Menschen kennen - auch diejenigen, welche von sich sagen, dass sie Jesus Christus nachfolgen und ihn an die erste Stelle setzen. Im Neuen Testament wird beschrieben, wie Nachfolger von Jesus Christus mit diesem Drang nach Selbstverwirklichung umgehen sollen. «Lasst nicht die Sünde euer Leben beherrschen; gebt ihrem Drängen nicht nach» (Römer 6,12 NLB). Es ist unsere eigene Entscheidung, wie wir mit Einzelheiten umgehen, doch wir sollen über unser Verlangen herrschen. Diese Botschaft galt Kain, aber ebenso uns. Doch Kain geht in der Konfliktspirale immer weiter.

Weil Kain trotz der Warnung Gottes das Problem immer noch nicht bei sich selbst sieht, muss ein Sündenbock her. In Abel ist ein perfektes und vermeintlich auch schuldiges Opfer gefunden. Abel wird für das Problem von Kain schuldig gemacht. Er will den Konflikt seines nicht angenommenen Opfers lösen. Doch dieser kann nicht gelöst, sondern nur beantwortet werden. Er wählt den vermeintlich einfachen Weg der schnellen Lösung, anstatt der Bearbeitung seiner Gottesbeziehung. Nachdem er in Abel einen guten Sündenbock gefunden hat, wird nicht mehr lange geredet, sondern zur Handlung geschritten. «Später schlug Kain seinem Bruder Abel vor: ‚Komm, wir gehen aufs Feld hinaus.‘ Als sie dort waren, fiel Kain über seinen Bruder her und schlug ihn tot» (1. Mose 4,8 NLB). Mehrmals habe ich erwähnt, dass das Problem immer zuerst mit mir selbst zu tun hat. Vielleicht hat dich dieser Satz irritiert, denn was hat Abel damit zu tun? Denn auch in diesem Fall stimmt dies. Denn Abel war gar keine Konfliktpartei, sondern bloss Sündenbock – und ja, hier können wir nichts dafür, aber Abel hatte ja persönlich nichts bemerkt, bis er getötet wurde.

Kain hatte die Wahl wie er mit seinem Problem umgehen wollte. Doch er liess sich in den Strudel hineinziehen, welcher schlussendlich im Brudermord endete. Danach wurde Kain vertrieben. Vorher war er in der Gegenwart Gottes. Wie auch immer diese ausgesehen haben mochte. Denn er bekam ja hautnah mit, dass er und sein Opfer nicht angenommen wurde. Er war zwar noch nicht Tod, aber die Selbstbestimmung (Sünde) bestimmte von nun an sein Leben. So verwirklichte sich dies, was später der Apostel Paulus im Römerbrief aussagte. «Denn der Lohn der Sünde ist der Tod; das unverdiente Geschenk Gottes dagegen ist das ewige Leben durch Christus Jesus, unseren Herrn» (Römer 6,23 NLB). Der Entscheid liegt bei dir. Dem heiligen Gott nachzufolgen bedeutet sich ihm ganz unterzuordnen und sein ganzes Leben zu einem Gottesdienst zu machen – wie dies Abel getan hatte.

 

 

 

 

 

 

 

 

Mögliche Fragen für die Kleingruppe

Bibeltext lesen: 1. Mose 4,1-16

  1. Mit welchen Unterschieden tust du dich schwer? Welche kannst du leicht bejahen?
  2. Was macht der Satz: «Probleme haben immer zuerst mit dir selbst zu tun» mit dir?
  3. Kannst du die Reihenfolge (Unterschied führt zu Spannung, Gefühle nehmen überhand, innere Haltung verändert sich (Tunnelblick), Warnschilder missachten, Sündenbock suchen, zur Tat schreiten) von Kains Tat einordnen? Wie erlebst du die bei dir?
  4. Wo hast du Gottes Warnschilder bereits erlebt? Wie hast du darauf reagiert?
  5. Wie sieht dein «Opferdienst» aus? Gibst du dich ganz Gott hin oder bist du eher zurückhaltend? Was hält dich zurück?