Gottes Heiligkeit färbt ab
Serie: Heilig - Heilig - Heilig | Bibeltext: 2. Mose 33-34
Nach der Begegnung am Dornbusch, lebte Mose mit dem sehnsüchtigen Wunsch, der Herrlichkeit Gottes immer wieder zu sehen. In seinem Leben gab es aussergewöhnliche Erfahrungen wie am Berg Sinai. Wichtiger für Mose war aber, dass er seinen Alltag so organisierte, dass gemeinsame Zeiten mit Gott zur regelmässigen Gewohnheit wurden. Diese Begegnungen mit dem ganz Anderen veränderten Mose in seinem Sein und Tun. Ein heiliges Leben entsteht aus der Intimität mit Gott, zu der wir uns allerdings entscheiden und das wir suchen müssen.
Mose wurde am Dornbusch von Gottes Heiligkeit in den Bann gezogen. Von nun an wollte er nichts lieber, als Gottes Herrlichkeit zu sehen. Er realisierte, dass er in seinem ganzen Sein und Tun existenziell von Gott abhängig ist. Heute werfen wir einen Blick in Moses Alltag und entdecken, wie er tagtäglich an Gottes Heiligkeit auftankte, bis sie in sein Leben abfärbte.
Aussergewöhnliche Erfahrungen
Ungefähr 50 Tage nach dem Auszug aus Ägypten, erreichten die Israeliten den Fuss des Bergs Sinai. Auf dem Sinai kam es für Mose zu mehreren eindrücklichen Gotteserfahrungen. Bei diesen Gelegenheiten wurde Mose von Gott mit einer Bundesverfassung und Weisungen für alle Lebenssituationen beschenkt. Die Begleiterscheinungen am Berg Sinai unterstreichen Gottes Majestät, Seine Unverfügbarkeit und Erhabenheit: Donner, Blitz, Feuerflammen, Rauch und Posaunenschall (2Mose 19,16ff). Der Gott Israels ist alles andere als harmlos, nämlich heilig, erhaben und geheimnisvoll.
Um den Berg herum musste Mose eine Linie, ziehen, damit das Volk den lebenserhaltenden Abstand zur Heiligkeit Gottes einhält (2Mose 19,12). Zudem musste sich das ganze Volk mit Reinigungsritualen auf die Begegnung mit Gott vorbereiten. Wieder bringt Jahwe zum Ausdruck, dass sich seine Heiligkeit mit menschlicher Unzulänglichkeit nicht erträgt. Mose hörte dann die Stimme Jahwes, aber sehen durfte er Ihn nicht. Auf die Bitte Mose hin, machte der HERR eine Ausnahme und gab folgende Anweisung: «Stell dich hier auf diesen Felsen neben mich. Wenn ich dann in meiner Herrlichkeit vorüberziehe, werde ich dich in die Felsspalte stellen und meine Hand schützend über dich halten, bis ich vorübergegangen bin. Dann will ich meine Hand wegnehmen und du wirst mir hinterher sehen. Mein Gesicht aber kann niemand sehen» (2Mose33,21-23 NLB).
Wichtig ist mir an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass Mose hier eine beeindruckende, begeisternde Begegnung mit Gott erlebte, die ihn beinahe aus den Socken hob. Solche uns fast umhauende Erfahrungen kommen vereinzelt vor, sind aber nicht der Alltag. Die Juden feiern die Ereignisse vom Sinai mit dem Schawuot Fest. Ausgerechnet beim Ausrichten eines solchen Festes geschah Pfingsten. Auch dort zeigten sich Phänomene mit Feuer und Wind. Pfingsten ist Begegnung mit der Heiligkeit Gottes. Der Heilige Geist nimmt Wohnsitz in einem Menschen. Ein Mensch wird zum Tempel des Geistes Gottes. Genau diese Erfahrung darf ein Mensch in dem Moment machen, wenn er sein Leben Jesus Christus anvertraut.
Bezeichnend ist, dass mit der Überreichung von Gottes Weisungen an das Volk diese eindrückliche Offenbarung Seiner Heiligkeit einherging. In der Nachfolge Jesu gehören diese zwei Dinge unbedingt zusammen: das Staunen über die Heiligkeit Gottes sowie das Ernstnehmen von Gottes Weisungen. Wenn unser Herz und unser Denkmuster nicht von der Heiligkeit Gottes geprägt sind, verliert Gottes Wort an Autorität und unterliegt der Beliebigkeit. Der Mensch stutzt es sich dann immer so zurecht, dass es für ihn stimmt und es ihm in seiner Vorstellung von Glück Vorschub leistet.
Die Weisungen, die Mose auf dem Berg Sinai von Gott bekam, betrafen nicht nur das kultische, sondern auch das politische, das wirtschaftliche und das familiäre Leben. Am Sinai wurde eine Nation geboren. Die Heiligkeit Gottes soll auch in unseren Leben in alle Bereiche hineinstrahlen und sie prägen. Wer den Geist Gottes geschenkt bekommen hat, kann nicht mehr zwischen geistlichen und weltlichen Bereichen unterscheiden. Alles, was wir tun und sind, soll von Seiner Heiligkeit geprägt sein.
Als Mose vom Sinai zu seinem Volk zurückkehrte, hatten die aus ihrem Schmuck ein Goldenes Kalb gegossen, welches sie anbeteten. Die Folge dieses Götzendienstes und des Mit- Füssen-Tretens von Gottes Heiligkeit war fatal: Es drohte die Vernichtung des ganzen Volkes. Letztlich verloren 3000 Männer ihr Leben. Nur dank dem Flehen und der Bitte um Vergebung durch Mose erliess sich der heilige Gott erweichen und entschied, weiterhin mit Mose und dem Volk zu ziehen (2Mose 33,14). Die Heiligkeit Gottes erfordert Hochachtung. Die Abwendung von Gottes Weisungen hat verhängnisvolle Folgen.
Alltägliche Begegnungen
Nebst dem Aussergewöhnlichen sind es vor allem die alltäglichen Begegnungen, die in der Nachfolge Jesu entscheidend sind. Zu diesem Zweck gab es die Institution des Zelts der Begegnung. «Jedes Mal, wenn die Israeliten ihr Lager aufschlugen, errichtete Mose in einiger Entfernung ausserhalb des Lagers ein Zelt, das er ‚Zelt der Begegnung‘ nannte. […] Immer wenn Mose zum Zelt der Begegnung hinausging, erhoben sich alle Israeliten und traten an den Eingang ihrer Zelte. Sie schauten hinter Mose her, bis er in das Zelt hineingegangen war. Sobald Mose das Zelt betreten hatte, liess sich die Wolkensäule nieder und lagerte vor dem Eingang, während der Herr mit Mose sprach. […] Der Herr sprach mit Mose von Angesicht zu Angesicht, wie einer, der mit seinem Freund redet. Danach kehrte Mose wieder ins Lager zurück […]» (2Mose 33,7-11 NLB).
Mose begegnete immer wieder dem ganz Anderen. Sein Aufenthalt im Zelt der Begegnung machte den Unterschied aus! Dort erhielt Mose seine Kraft, seine Ausdauer, seine Geduld, den Willen dranzubleiben und den dringend benötigten Zuspruch für seinen herausfordernden Alltag. Wir können aus dem Erleben von Mose im Zelt der Begegnung wichtige Schlüsse für unsere persönlichen Beziehungen mit dem ganz Anderen ziehen.
Mose stellte ‘jedes Mal’ ausserhalb des Lagers ein Zelt auf, heisst es hier. Ich stelle mir vor, wie das Aufbauen seines Zeltes der Begegnung bei jedem neuen Lagerplatz für Mose zu einem guten Ritual wurde. Wenn ich also will, dass diese Begegnungen nicht zu kurz kommen, mache ich sie am besten zu einem festen Bestandteil in meinem Alltag, also zu einem Ritual, das selbstverständlich dazugehört. Warum fand Mose regelmässig die Zeit für solche Begegnungen? Er erlebte nämlich – ähnlich wie wir heute – dass ihn die Ansprüche der Leute und die riesengrosse Aufgabe fast auffrassen. Mose begegnete dieser Überforderung und Geschäftigkeit dadurch, dass er einen Coach mit einer guten Aussensicht aufsuchte. Es war sein Schwiegervater Jitro, der ihm zu einer stark verbesserten Work-Life-Balance verhalf (2Mose 18,13ff). Der Rat eines Coaches kann in der Gestaltung unseres geistlichen Lebens auch für uns wichtig sein. Er hilft bei der Reflektion und bei der Entwicklung neuer Gewohnheiten.
Es ist zudem hilfreich, einen festen Zeitpunkt und ein fester Ort zu haben. Ein Sprichwort sagt: «Wer nicht zu bestimmten Zeiten betet, betet auch nicht zu unbestimmten.» Lange nach Mose, als die Israeliten längst im Land Kanaan wohnten, lebte König David. Sein Tag war bis zum Rand mit Regierungsgeschäften gefüllt. An mehreren Stellen lesen wir in seinen Gedichten, dass er sein Zelt der Begegnung in der Frühe betrat. «Höre meine Stimme am Morgen, HERR» (Psalm 5,4 NLB). In der Stille des Morgens ist es leichter mit Gott synchron zu gehen, als wenn wir unseren ‘Motor’ erst mal auf hochgetourt haben.
Leider wird uns im Bibeltext nicht verraten, wie Mose die Zeiten in der Heiligkeit Gottes gestaltete. Immerhin wird ausdrücklich beschrieben, dass Mose jedes Mal ausserhalb des Lagers ein Zelt aufstellt. Ganz klar: Das sorgte dafür, dass Mose Abstand vom Lageralltag nahm, wenn er sich mit Gott traf. Das Abstandnehmen vom Tagesgeschäft hilft, den Alltagstrott zu durchbrechen. Die grosse Chance meines Timeouts vom nächsten Sommer in Kanada ist, dass ich mein Zelt der Begegnung ausserhalb des Lagers aufstelle und ich dabei durch einen Coach begleitet werde.
Allmähliche Veränderung
«Als Aaron und die Israeliten das Leuchten auf Moses Gesicht sahen, hatten sie Angst sich ihm zu nähern» (2Mose 34,30 NLB). Nach den Begegnungen mit der Herrlichkeit Jahwes leuchtete das Gesicht von Mose, ohne dass er selbst es merkte. Der Abglanz des HERRN war so stark, dass Mose sein Gesicht mit einem Tuch verhüllte, um das Volk zu schützen. Das erinnert mich an fluoreszierende Sterne im Kinderzimmer, die am in der Dunkelheit am hellsten leuchten, nachdem sie von einer Lampe angestrahlt wurden.
Immer wieder ruft uns Gott auf, heilig zu werden und ein heiliges Leben zu führen. Insgesamt achtmal finden wir diese Worte als direkten Aufruf in der Heiligen Schrift, fünfmal im Alten Testament und dreimal im Neuen. Auf dem Bild zu unserem Jahresthema steht: «Ihr sollt heilig sein, weil ich, der HERR, euer Gott, heilig bin» (3Mose 19,2 NLB). Wie aber soll das gehen? Muss ich mich also doch anstrengen, um Gott ähnlich zu werden? Nein, denn Gottes Heiligkeit färbt ab. Heilig werden heisst zuerst einmal, Gottes Heiligkeit anzuerkennen und zu würdigen. Um dann ein möglichst heiliges – also «heiles» - Leben führen zu können, sollte ich möglichst viel Zeit in seiner Gegenwart verbringen. Ich kann wählen, was mich prägen soll: TV-Serien, ein Buch, Instagramm – oder ER. Diesen Part nimmt mir niemand ab. Wähle ich bewusst Zeit in Seiner Nähe, strahlen Seine Heiligkeit und Sein Licht in mich hinein. Wir können aus uns heraus nicht heilig sein, wir brauchen die Berührung des Heiligen. Alle Selbstversuche, ein heiliges Leben zu führen, werden scheitern, nur die Hinwendung an den Heiligen Gottes selbst kann uns helfen. Wer aus eigener Kraft heilig werden will, schafft es genau bis in die Scheinheiligkeit. Dafür lohnt sich der Aufwand nicht, denn Scheinheiligkeit ist abstossend. Heilig sein hingegen bedeutet ganz, rein, vollständig und heil zu sein. Wer als Christ auf der Suche nach einem erfüllten Leben ist, kommt an der Heiligkeit Gottes nicht vorbei, denn in ihr ist die höchste Lebensqualität verborgen.
Paulus greift die Erfahrungen von Mose auf, wenn er sagt: «Von uns allen wurde der Schleier weggenommen, sodass wir die Herrlichkeit des Herrn wie in einem Spiegel sehen können. Und der Geist des Herrn wirkt in uns, sodass wir ihm immer ähnlicher werden und immer stärker seine Herrlichkeit widerspiegeln» (2Korinther 3,18 NLB). Der Weg zur Christusähnlichkeit – das Ziel eines Lebens in der Nachfolge Christi – führt über die Begegnung mit dem HERRN. Seine Heiligkeit mag uns zuerst erschrecken, doch sie ist es, die uns heil macht.
Der Segen, den der HERR Aaron, den ersten Priester lehrte, bringt den Gedanke der Abfärbung von Gottes Heiligkeit auf uns anschaulich zum Ausdruck: «Der HERR segne dich und behüte dich; der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der HERR hebe sein Angesicht über dich und gebe dir Frieden» (4Mose 6,24-26 NLB). Im Anschauen seiner Herrlichkeit, werden wir heilig, also heil, ganz und vollständig. Der Ruf zur Heiligkeit ist der Aufruf zur Fülle.
Mögliche Fragen für die Kleingruppe
Bibeltext lesen: 2. Mose 33-34
- Hast du schon aussergewöhnliche Erfahrungen mit der Heiligkeit Gottes gemacht? Wie war dein persönliches Pfingsterlebnis?
- Was bedeutet es, dass Gottes Heiligkeit in alle Lebensbereiche hineinstrahlen will?
- Wie handhabst du die Sache mit dem Zelt der Begegnung? Wann suchst du es auf? Wo steht es in deinem Leben?
- Gibt es eine Person, die dich coacht, oder der du Rechenschaft ablegst?
- Wie kriegst du Abstand zu deinem Tagesgeschäft? Was ist dir wichtig geworden? Was für eine Entscheidung willst du heute treffen?
- Was bedeutet es, heilig zu sein? Wie ist der Weg dorthin?