Folge du mir nach
Serie: Folge du mir nach | Bibeltext: Johannes 21,1-22
«Folge du mir nach!», diese Aufforderung ist das Jahresthema 2024 der seetal chile. Der auferstandene Jesus spricht diesen Satz Petrus zu. Der Kontext des Geschehens zeigt wichtige Kriterien eines Nachfolgers: er fischt rechts, er lässt sich von Jesus dienen und liebt Ihn, er verabschiedet sich aus dem Konkurrenzkampf, er ist bereit zu leiden und entdeckt den «Löwen» in sich. «Folge du mir nach!» Diese Aufforderung des auferstandene Christus gilt auch dir.
Petrus ist zutiefst frustriert. Jetzt wollte er doch an vorderster Front mit seinem Rabbi Jesus die Welt verändern. Gerade etwa vor drei Jahren forderte Jesus ihn auf, die Fischerei zu verlassen und dafür Menschen zu fangen (Lukas 5,10). Zwar hat er nie ganz verstanden, was das bedeuten soll, doch stellte er sich eine visionäre Aufgabe mit Einfluss vor. Aber nun wurde sein Auftraggeber, Jesus, auf Drängen der jüdischen Elite von den Römern ans Kreuz geschlagen. In diesem Zusammenhang fing Petrus den Frust seines Lebens ein. Um seine Haut zu retten, behauptete er dreimal, dass er Jesus nicht kenne. Dies geschah, obwohl er unmittelbar vorher grossmundig verkündigt hatte, dass er mit Jesus sogar in den Tod gehen würde. In seiner Selbstüberschätzung sagt er: «Auch wenn alle anderen sich von dir abwenden, ich werde es nicht tun» (Markus 14,29 NLB). Petrus ist auf dem Boden der harten Realität aufgeprallt. Alle seine hochtrabenden, von Jesus initiierten Pläne sind wie eine Seifenblase zerplatzt.
Links oder rechts fischen
Die ganze Ernüchterung wird mit folgendem Satz, den er zu seinen sechs Freunden sagt, ausgedrückt: «[...] Ich gehe fischen. Sie sprechen zu ihm: Wir kommen mit dir. Sie gingen hinaus und stiegen in das Boot, und in dieser Nacht fingen sie nichts» (Johannes 21,3 NLB). Am Ufer entdecken sie schemenhaft eine in den Morgennebel gehüllte Person. Sie erkannten nicht, dass es der auferstandene Jesus war. «Er aber sprach zu ihnen: Werft das Netz aus zur Rechten des Bootes, so werdet ihr finden. Da warfen sie es aus und konnten’s nicht mehr ziehen wegen der Menge der Fische» (Johannes 21,6 NLB).
Petrus fischt auf der linken Seite. Die linke Seite ist nach hebräischem Denken die Seite des Herzens, unserer Gemütsregungen und der Gefühle. Wer links fischt, handelt nach den eigenen menschlichen Triebkräften, nach Lust und Laune. Petrus gerät in Rücklage und lebt nach seinen eigenen Gefühlen und Handlungsweisen. Seine Entscheidung wird von seinem momentanen Frust bestimmt. Er handelt so, wie wenn Jesus nicht da wäre. Interessant ist die Beobachtung, dass Jesus die ganze Zeit da war, aber von den Jüngern nicht erkannt wurde. Paulus braucht für die Links-Fischerei die Redeweise, nach dem Fleisch zu handeln. Es meint, sich von seinen menschlichen Triebkräften und Gefühlen bestimmen zu lassen.
Folgende Aussagen stammen typischerweise von Links-Fischern:
- Ich bin frustriert und von Jesus spüre ich auch nichts. Wenn es mir so schlecht geht, dann habe ich das Recht, mir etwas Gutes zu tun. Und so esse ich halt oder klicke mich durch ein paar lustvolle Seiten.
- Wenn der Lehrer in der Prüfung schon so fiese Fragen stellt, habe ich das Recht, illegale Methoden anzuwenden.
- Ich werde über dem aktuellen Weltgeschehen ängstlich und mache mir Sorgen. Was in Japan geschieht, kann auch bei uns geschehen.
- Wenn die Leute meine Arbeit nicht mehr schätzen, kündige ich meine Pastorenstelle und werde Lokomotivführer.
- Ich komme von der Arbeit nach Hause und meine Frau will mit mir reden. Weil ich im Moment keine Lust habe, reagiere ich ungehalten und abweisend.
Das Problem beim Links-Fischen ist, dass es weder zielführend noch erfolgreich ist.
Die rechte Seite ist die Seite von Jesus, die Seite der Vollmacht und der Autorität. Jesus hat sich nach seiner Auferstehung zur Rechten Gottes gesetzt (Hebräer 10,12). Der Auferstehungsleib von Jesus Christus ist ein Vorbote für die Neuschöpfung, die am Ende der Zeit vollendet wird. Ein Mensch, der diesen Jesus bewusst aufgenommen hat, ist «eine neue Kreatur» (1Korinther 5,17 LUT). Dies, weil der auferstandenen Christus in der Person des Heiligen Geistes in ihm lebt. Rechts fischen bedeutet, sich mit ‘Christus in uns’ zu identifizieren. Zu sagen: «Ich bin ‘Christus in mir’ und als der will ich jetzt denken und handeln.» Es geht darum, sich bewusst zu sein, Jesus steht immer am Ufer und ist ganz da.
Wenn sich Jesus im Garten Gethsemane von seinen Gefühlen hätte bestimmen lassen, wäre er nicht ans Kreuz gegangen. Doch er unterstellte seinen Willen seinem himmlischen Vater (Lukas 22,42). Immer wenn ich das Böse mit Gutem überwinden, immer wenn ich meine Feinde segnen, immer wenn ich einer Versuchung widerstehen und immer, wenn ich den andern höher achten kann als mich selbst, bin ich ein Rechts-Fischer. Es geht darum, dass ich mich nicht von meinen alten Triebkräften bestimmen lasse, sondern mir bewusst bin, dass in mir die Neuschöpfung seinen Anfang genommen hat. Nachfolger von Jesus sind Rechts-Fischer. Das Resultat ist eindrücklich: «Da stieg Simon Petrus ins Boot und holte das Netz an Land. Obwohl es mit hundertdreiundfünfzig grossen Fischen gefüllt war, zerriss das Netz nicht» (Johannes 21,11 NLB).
Das wir uns richtig verstehen: Gefühle sind sehr wichtig auf dem Weg mit Jesus. Emotionale Reife ist auch ein Kennzeichen von Jesus. Emotionale Reife bedeutet, dass ich meine Gefühle gut kenne, ihnen aber nicht ausgeliefert bin. Gefühle machen das Leben bunt und lügen nie. Deshalb sind sie wichtig für die Führung des Geistes in unserem Leben.
Sich lieben lassen und lieben
«’Kommt her und frühstückt!’, sagte Jesus. Doch keiner wagte ihn zu fragen, ob er wirklich der Herr sei. Sie wussten, dass er es war. Jesus kam auf sie zu, nahm das Brot und gab es ihnen, ebenso den Fisch» (Johannes 21,12f NLB). Die sieben Männer fischten die ganze Nacht lang und waren am Morgen sehr hungrig. Jesus lädt sie zum Frühstück ein, dient ihnen als Gastgeber und begegnet ihren Bedürfnissen. Das ist grosszügig gelebte Liebe, die ankommt. Typischerweise ergreift Jesus in Sachen Liebe die Initiative.
Im Anschluss daran fragt Jesus Petrus dreimal nach seiner Liebe zu ihm. Damit nimmt Jesus unüberhörbaren Bezug auf das dreimalige Abstreiten, dass Petrus Jesus kennt. Jesus vergibt Petrus. Er verschafft ihm die Möglichkeit zur Umkehr und lädt ihn ein, seine göttliche Berufung zu leben. Wir hören in die Konversation hinein: «Noch einmal fragte er ihn: ‘Simon, Sohn des Johannes, hast du mich lieb?’ Petrus wurde traurig, weil Jesus die Frage zum dritten Mal stellte, und sagte: ‘Herr, du weisst alles. Du weisst, dass ich dich lieb habe.’ Jesus sagte: ‘Dann weide meine Schafe’» (Johannes 21,17 NLB). Die Berufung von Petrus wird erweitert. Nebst der evangelistischen Aufgabe, Menschen zu fangen, soll er nun auch die Hirtenaufgabe für Gottes Schafherde übernehmen. Er soll zu dem Felsen werden, auf den Jesus seine Kirche baut.
Das Killerkriterium für einen Nachfolger von Jesus ist die Liebe zu Jesus. Hätte Petrus die Liebesfrage nicht mit Ja beantworten können, wäre er für das grosse Projekt Gottes auf dieser Erde hin zur ultimativen Neuschöpfung nicht qualifiziert gewesen. Doch wie bereits gesagt, Jesus Liebe geht immer voraus. «Wir lieben, weil er uns zuerst geliebt hat» (1Johannes 4,19 NLB). Aus der gelebten Gemeinschaft mit Jesus wird uns alles geschenkt, was wir als Nachfolger brauchen, vor allem auch die Liebe.
Auf Jesus oder andere schauen
Interessant ist noch, dass Jesus beim ersten Mal fragt: «Simon, Sohn des Johannes, liebst du mich mehr als die anderen?» (Johannes 21,15). Auch das ist ein Bezug auf den früheren Anspruch von Petrus, Jesus gegenüber loyaler als die anderen zu sein (Markus 14,29). Petrus setzt sich beim Antworten nicht in Relation zu den anderen, sondern verabschiedet sich aus dem Konkurrenzkampf.
Doch dann fordert Jesus Petrus gewaltig heraus: «’Ich versichere dir: Als du jung warst, konntest du tun, was du wolltest, und hingehen, wo es dir gefiel. Doch wenn du alt bist, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich führen und hinbringen, wo du nicht hingehen willst.’ So deutete Jesus an, auf welche Weise Petrus sterben würde, um Gott damit zu verherrlichen. Dann forderte Jesus ihn auf: ‘Folge mir nach.’» (Johannes 21,18f NLB). Jesus verspricht, dass Petrus mit steigendem Alter immer mehr zum Rechts-Fischer wird. Und dann konfrontiert er ihn fadengrad damit, dass sein Leben auf dieser Erde als Märtyrer enden wird. Zur Nachfolge Jesu kann Leiden, Verfolgung und Martyrium gehören. Der Weg in Gottes Zukunft ist für die Kirche der gleiche Weg, den Jesus ging (vgl. Johannes 15,20). Nachfolge Jesu ist kein Ponyhof, keine Blumenwiese. Es wird kein einfaches und leichtes Leben sein, aber ein sinnvolles, bedeutsames und ewiges.
Diese Ansage wirft Petrus insofern aus der Bahn, als dass er nun doch wieder auf andere schaut und wissen will, ob es denn seinen Kollegen Johannes gleichermassen treffen wird. Darauf erwidert Jesus: «Wenn ich will, dass er am Leben bleibt, bis ich wiederkomme, was geht das dich an? Folge du mir nach» (Johannes 21,22 NLB). Ein Nachfolger von Jesus soll seinen Blick auf Jesus richten und nicht auf andere Jesus nachfolgende Menschen. Und schon gar nicht vergleichen! Vergleichen macht entweder überheblich und stolz oder – leider viel öfter – missmutig und kleinherzig. Israel Schwartz war traurig darüber, dass er nicht wie Mose war. Eines Nachts erschien ihm ein Engel und sagte: «Am Jüngsten Tag wird Jahwe dich nicht fragen, warum du nicht Mose warst, sondern warum du nicht sein geliebter Izzy gewesen bist.» Jesus führt jeden Nachfolger individuell, begabt ihn für seinen spezifischen Auftrag und hält für ihn ein gut austariertes Schicksal bereit. Ich gehe mit Fjodor Dostojewski einig, wenn er sagt: «Liebe dein Schicksal, denn es ist der Weg Gottes mit deiner Seele.»
«Folge du mir nach!» Diese Aufforderung des auferstandene Christus gilt auch dir. Oft hören wir Predigten und Gottes Wort mit den Ohren anderer und sagen: «Hoffentlich hat er oder sie das gehört!» Ich lade dich ein, wenn wir in diesem Jahr über Nachfolge reden, dass du alle Zusagen und Herausforderungen primär für dich hörst. «Folge du mir nach!»
Als Petrus einige Zeit nach dieser Fischerei die Pfingstpredigt hielt, fischte er rechts, er sprach aus Liebe zu Gott und fürchtete sich nicht vor möglichen Konsequenzen. So wurde er immer mehr zu dem Felsen, den Jesus schon zu Beginn in ihm sah. Jesus glaubte an Petrus. Ein kleiner Knabe fragt den Künstler: «Warum hast du gewusst, dass in diesem Marmorblock ein Löwe steckt?» – «Ich sah den Löwen in meinem Herzen, bevor er im Marmor war!» In der Nachfolge Jesu geht es darum, dass der Löwe, der Gott in dir längst sieht, immer mehr zum Vorschein kommt. Jesus glaubt an dich. Mit Christus in dir steckt ein enormes Potenzial in dir!
Mögliche Fragen für die Kleingruppe
Bibeltext lesen: Johannes 21,1-22
- Was machst du persönlich mit dem Anspruch von Jesus: «Folge du mir nach?» Bist du ein Nachfolger von Jesus? Auf welchen Kriterien baut deine Antwort?
- Rechts oder links fischen – was bedeuten die zwei Seiten? Nenne Beispiele aus deinem eigenen Leben?
- Was würdest du auf die Frage von Jesus: «Liebst du mich» antworten? Was bedeutet es konkret, Jesus zu lieben?
- Was macht der Gedanke mit dir, dass Nachfolge auch leiden bedeuten kann?
- Die Berufung von Petrus war es, Fels der Kirche zu sein. Was ist deine Berufung im Reich Gottes? Wo baust du an Seinem Reich?