Elia – den heiligen Gott in eine Box gesteckt

Datum: 10. September 2023 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: 1. Könige 19,8-18

Elia steckt tief in der Krise. Dennoch – oder gerade deshalb – nimmt er den langen Weg durch die Wüste zum Berg Gottes unter die Füsse. Er will Gott sehen und erfahren, wer Er ist. Am Ziel angekommen erfährt er auf unbeschreiblich eindrückliche und sanfte Art die Gnade des heiligen Gottes. Zwar wird er auf liebevolle Art durch Gottes Wort korrigiert, erlebt aber gleichzeitig volle Annahme und bekommt eine neue Perspektive auf die Zukunft.


Gerade kürzlich schrieb mir jemand folgende Zeilen: «Ich wäre so froh, ich könnte Gott in all dem als den liebenden Vater erleben, der er sein soll. Ich fühle mich gerade sehr verlassen von ihm.» Das ist eine zutiefst menschliche Erfahrung. In schwierigen Momenten, in denen wir für göttliche Impulse dankbar wären, fühlen wir so gar nichts von Ihm. Elia ging es wohl auch so nach seinem gewaltigen Triumph auf dem Berg Karmel.

Der Weg zu Gottes Herrlichkeit

In seiner grossen Enttäuschung fasste Elia den Entschluss, zum Berg Gottes zu gehen. Es ist derselbe Ort, an dem es Mose ein paar hundert Jahre vorher schon gegönnt war, die Herrlichkeit Gottes zu sehen. Elia wollte sehen, wer Gott wirklich ist. Dafür nahm er eine Reise von 40 Tage und Nächte durch die Wüste in Kauf. Er war bereit, in die Einsamkeit zu gehen und das Schweigen auszuhalten.

Manchmal denken wir, dass die Leute in der Bibel ständig Gott erlebten und Seine Stimme hörten. Doch wann hast du das letzte Mal so intensiv Gottes Angesicht gesucht? Diesen Sommer hatte ich das Vorrecht, in ähnlichen Zeiträumen Gott zu suchen. Es ist nicht einfach, so viel Stille und Einsamkeit auszuhalten und sich dabei mit der eigenen Nacktheit, Verwundbarkeit und Scham auseinanderzusetzen. Wüstenzeiten, in denen wir uns reflektieren müssen, bereiten den Boden vor Gottes Begegnungen vor. Dort, wo wir unsere emotionalen Komfortzonen verlassen, liegt ein besonderes Potenzial für das Handeln Gottes. Die Wüste ist der Ort der Reinigung und Veränderung, der Ort von grossen Kämpfen und der Begegnung mit Gott – der Ort unserer Erlösung.

Schon früh auf dem Weg erlebt Elia göttliche Interventionen. Durch den Engel wurde er von Gott berührt und mit Brot versorgt. Vermutlich registrierte er dies aber nicht als göttliche Handlungen, weil es sich um ein alltäglich profanes Geschehen handelte. Könnte es sein, dass wir oft in unseren Denkmodellen gefangen sind und nicht realisieren, dass Gott längstens am Werk ist?

Trägst du auch den tiefen Wunsch, mehr von Gott zu sehen, Ihn besser zu verstehen? Der Preis dafür ist der Aufenthalt in der Wüste. Und zugegeben, es ist nicht so einfach, aber lohnend, verändernd und beglückend! Es ist ganz einfach, kostet uns aber alles.

Die Offenbarung von Gottes Herrlichkeit

Als Elia am Berg Sinai angekommen war, verbrachte er eine Nacht in einer Kluft. Man vermutet, dass sich dort bereits Mose aufgehalten hat. Am nächsten Morgen spricht der HERR zu ihm: «‘Geh hinaus und stell dich auf den Berg vor den HERRN, denn der HERR wird vorübergehen.’ Zuerst kam ein heftiger Sturm, der die Berge teilte und die Felsen zerschlug, vor dem HERRN her. Doch der HERR war nicht im Sturm. Nach dem Sturm bebte die Erde, doch der HERR war nicht im Erdbeben. Und nach dem Erdbeben kam ein Feuer, doch der HERR war nicht im Feuer. Und nach dem Feuer ertönte ein leises Säuseln» (1Könige 19,11f NLB).

Die Nachricht hier ist nicht, dass der HERR nie im Sturm, im Erdbeben oder im Feuer ist. Gott begegnet Mose (2Mose 3,2) und Abraham (1Mose 15,17) im Feuer, den Aposteln an Pfingsten im Sturm (Apg 2,2) und Mose am Sinai in einem Erdbeben (2Mose 19,18). Aber hier offenbart sich der HERR im leisen Säuseln. Gott geht sehr vorsichtig und sanft mit Elia um. Mich fasziniert, wie der heilige Gott, sich überraschend anders – als vermutlich von Elia erwartet – offenbart. Der heilige Gott ist eben der ganz Andere und manchmal Fremde.

Die Botschaft, die damit verbunden ist, lautet: Elia, du hast mich in eine Box gesteckt! Auf das zweimalige Fragen Gottes hin, was Elia hier tue, antwortet er zweimal: «Ich habe sehr geeifert für den HERRN, den Gott der Heerscharen» (V.10+13 ELB). Elia überführt sich mit den eigenen Worten. Mit diesen Worten meint er: «Ich habe den richtigen Plan perfekt ausgeführt. Was ist falsch mit Dir?»

Der Grund für Elias Depression ist, dass er Gott in eine Box gesteckt hat. Er wusste genau, wie Gott handeln müsste. Seine Idee war: Ich veranstalte den Wettbewerb auf dem Karmel und dann muss Gott Ahab und Isebel geistlich oder körperlich überführen. Es war nicht Gott, der Elia fallengelassen hat, sondern sein eigener Plan liess ihn fallen. Er identifizierte Gott mit seinem Plan. Wenn wir denken, dass Gott sich im Feuer zeigen wird, tut er es im Flüstern. Der heilige Gott sagt: «Ich bin kein gezähmter Gott. Du solltest mich nicht in eine Box stecken.» Gott ist so sanft und geduldig, doch er macht deutlich, dass Elia selbst für seine Enttäuschung verantwortlich ist.

Nebst der Mutlosigkeit hatte dies eine weitere Folge. Elia verlor den Bezug zur Wirklichkeit. Einerseits war er zu optimistisch und eilte als Person, auf die ein Kopfgeld ausgesetzt war, geradewegs in die Hauptstadt. Andererseits war er zu pessimistisch und erklärte zweimal, dass er der Einzige sei, der seine Knie nicht vor Baal gebeugt habe. In aller Liebe wird er nun von Gott korrigiert: «Doch 7000 Menschen in Israel will ich verschonen: alle, die sich nie vor Baal niedergeworfen und ihn geküsst haben» (1Könige 19,18 NLB).

Manchmal denken wir, dass Gott keinen Plan hat, weil er sich von dem unseren unterscheidet. Doch auch in dieser Geschichte gibt es einen göttlichen Plan: «Da sprach der HERR zu ihm: ‘Geh zurück auf dem Weg, den du gekommen bist, durch die Wüste nach Damaskus. Wenn du dort bist, salbe Hasaël zum König von Aram. Dann salbe Jehu, den Sohn Nimschis, zum König von Israel, und salbe Elisa, den Sohn Schafats aus Abel-Mehola, an deiner Stelle zum Propheten. Wer Hasaël entkommt, den wird Jehu töten, und wer Jehu entkommt, den wird Elisa umbringen!» (1Könige 19,15-17 NLB).

Elia soll Hasaël zum König salben. Hasaël war ein heidnischer König. Es gibt keinen Hinweis, dass er gläubig war oder wurde. Dennoch ist er Teil von Gottes Plan, der zum Ziel führt. Gott ist grösser als unsere Vorstellung. Manchmal denken wir vielleicht – wie Elia – dass wir so wenige Leute in der Schweiz sind, die dem heiligen Gott nachfolgen. Ja, Elia spielte eine Rolle in Gottes Plan, aber er ist lange nicht der einzige.

Gottes Worte aus Seiner Herrlichkeit

Es gibt kein anderes Kapitel in der Bibel, in der sich der heilige Gott so vielfältig offenbart. Eine wichtige Botschaft für Elia ist, dass die spektakuläre Art vom Karmel nicht das ist, was Herzen verändern kann. Was kann unser Herz durchdringen? Es ist die leise und unaufdringliche Stimme Gottes! Einige wollen Gott in der Natur erleben, andere in Wunder und Heilungen oder mystischen Erfahrungen. Die einzige Möglichkeit der Sicherstellung, dass unser Erleben keine Einbildung ist, ist Sein Wort. Wenn wir Gott kennenlernen und verändert werden wollen, müssen wir das Wort Gottes, die Bibel, als Stimme Gottes lesen. Kein Erdbeben, kein Feuer, sondern das Wort Gottes, das Wort der Gnade.

Der ‘gute’ König Ahab wollte an anderer Stelle mit Joschafat, dem König von Juda in den Krieg ziehen. Die Antwort von Joschafat lautet: «Frage doch zuerst nach dem Wort des HERRN!» (2. Chronik 18,4 LUT). Mit anderen Worten: Richte deine eigenen Pläne an Gottes Plänen aus und nicht umgekehrt.

Der HERR fordert Elia heraus: «Da sprach der HERR zu ihm: ‘Geh hinaus und stell dich auf den Berg vor den HERRN, denn der HERR wird vorübergehen [...]’» (1Könige 19,11 NLB). Elia tat es nicht und liess Sturm, Erdbeben und Feuer passieren. «Als Elia es (das leise Säuseln) hörte, zog er seinen Mantel vors Gesicht, ging nach draussen und stellte sich in den Eingang der Höhle» (1Könige 19,13 NLB). Erdbeben und Feuer waren auch Zeichen des Gerichts. Elia verbarg sich hinter dem Felsen, welcher vom Sturm zerschlagen wurde. Der Fels ist ein Bild für Jesus. Auf dem Berg der Verklärung werden beide, Mose und Elia, den Felsen persönlich treffen (Lukas 9,30).

In Sprüche 11,29 gibt es eine interessante Redewendung, die aufzeigt, dass «den Wind erben» ein Ausdruck von Fluch ist. Jesus erbte den Wind, Er nahm den Fluch auf sich, so dass wir das sanfte Säuseln von Gottes Atem haben können. Als Jesus Christus starb, gab es ein Erdbeben als Zeichen des Gerichts. Jesus nahm das Gericht auf sich, damit wir Vergebung, Gnade und Wiederherstellung erfahren können. Elia wurde trotz seines Versagens und offensichtlicher Sünde dank Gottes Gnade nicht vom Gericht getroffen. Sünde ist kein Wort, das den Menschen als relativ «gut» oder «schlecht» einschätzt. Es bezeichnet den Menschen in Bezug auf Gott und sieht ihn von Gott getrennt. Sünde bedeutet, dass zwischen Menschen und Gott etwas nicht stimmt. In diesem Zustand können Menschen böse, unglücklich und ängstlich sein. Oder sie sind tugendhaft, glücklich und wohlhabend. Jesus Christus hat für Elia, dich und mich den Wind geerbt und das Gericht über sich ergehen lassen.

Durch das sanfte Säuseln vernahm er Gottes Stimme und realisierte, was für uns alle gilt: In mir selbst bin ich sündiger, als ich jemals hätte glauben können, aber in Christus bin ich geliebter, als ich jemals hätte hoffen können. Das gilt auch für dich, selbst wenn du dich gerade von Gott sehr verlassen fühlst. Vielleicht zeigt sich dir Gott als Engel, der für dich kocht und dich berührt. Vielleicht zeigt Er sich im Wind, Erdbeben oder Feuer. Vielleicht hörst du ein leises Säuseln und erhältst sanfte und feinfühlige Richtungsweisung. Auf jeden Fall gilt: In Christus bist du geliebter, als du jemals hättest hoffen können!

 

 

Mögliche Fragen für die Kleingruppe

Bibeltext lesen: 1. Könige 19,8-18

  1. Elia geht den langen Weg durch die Wüste. Was bedeutet «Wüste» in unserem Alltag? Was geschieht in einer Wüste?
  2. Elia hat Gott in eine Box gesteckt und seinen eigenen Plan mit Gott verwechselt. Hast du auch schon die Erfahrung gemacht, dass du ganz genau wusstest, wie Gott handeln müsste, doch es kam anders?
  3. Was ist die Botschaft davon, dass Gott im leisen Flüstern war? Weshalb nicht im Sturm, im Erdbeben oder im Feuer?
  4. Was ist der Stellenwert von Gottes Wort in deinem Leben? Wo bekommt es Raum?
  5. Welche Impulse aus der Geschichte von Elia möchtest du in dein Leben transferieren?