Ein Jünger baut auf Felsen

Datum: 22. März 2020 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: Matthäus 7,24-27

Wer auf Jesus hört und danach handelt, ist wie ein Mann, der sein Haus auf Felsen baut. Wer hingegen nur hört und nicht handelt, dessen Leben versandet. Ein Jünger reagiert auf die Aufforderung von Jesus, ihm nachzufolgen, und setzt nun alles daran, das ganze Leben mit ihm zu teilen und so zu werden wie er. «Jünger» ist eine andere Bezeichnung für den Menschen, der ein felsiges Fundament hat. Kleingruppen sind das Trainingszentrum auf dem Weg zum Jünger.


Der französische Christ und Evangelist Erino Dapozzo (1907 – 1974) berichtet aus der Zeit seiner Inhaftierung in einem deutschen Konzentrationslager: «Um die Mittagszeit liess mich der Lagerleiter holen. Er sass an einem gedeckten Tisch. Ich hatte brüllenden Hunger. Und dann begann er, mir einen Gang nach dem anderen vorzuessen. Ich musste strammstehen und zusehen. Zuletzt liess er sich Kaffee bringen. Auf das Päckchen daneben zeigend, sprach er: ‘Sehen Sie, das hat Ihnen Ihre Frau aus Paris geschickt: Gebäck!’ Ich wusste, wie wenig es zu essen gab, und wie meine Frau gespart haben musste, um diese Plätzchen zu machen. Und dann fing der Lagerleiter an, sie aufzuessen. Ich bat ihn: ‘Geben sie mir wenigstens eins, ich will es nicht essen, ich möchte es zum Andenken an meine Frau haben.’ Und lachend ass er das Letzte auf. Das war ein Moment, an dem man zu hassen beginnt.» Dapozzo berichtet weiter: «In diesem Augenblick wurde mir klar, was es heisst: ‘Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unser Herz.’ Ich konnte den Mann liebhaben. Ich dachte: ‘Du armer Mann! Keinen Menschen hast du, der dich liebt. Nur Hass umgibt dich! Wie gut habe ich es als Kind Gottes.’ Da sprang der Mann auf – er spürte das – und rannte hinaus.» Nach dem Krieg hat ihn Dapozzo besucht. Da wurde der Mann bleich: «Sie wollen sich rächen!» «Ja», sagte Dapozzo, «ich möchte eine Tasse Kaffee mit Ihnen trinken. Und im Auto habe ich eine Torte mitgebracht. Und jetzt essen und trinken wir zusammen!» Da ging dem Mann erschütternd auf, dass ein Mensch, der an Jesus Christus glaubt, nicht mehr hassen muss. Die Liebe Gottes ist ausgegossen in sein Herz (aus: Wilhelm Busch, Jesus unser Schicksal, Neukirchen-Vluyn 2004, S. 152f).

In mir regt sich eine Stimme, die sagt: «Das kannst du nicht machen, zeige es ihm! Gerechtigkeit muss her!» Gibt es da eine Differenz zwischen meinen Regungen im Herz und denen von Jesus?! Er hat nämlich am Kreuz angesichts seiner Peiniger gesagt: «Vater, vergib diesen Menschen, denn sie wissen nicht, was sie tun» (Lukas 23,34). Genau das ist ein Jünger Jesus: Er reagiert auf die Aufforderung von Jesus, ihm nachzufolgen, und setzt nun alles daran, das ganze Leben mit ihm zu teilen und so zu werden wie er.

Dapozzo hat sein Leben auf einen Felsen gebaut. Sein Haus ist selbst gegen die ärgsten Lebensstürme immun. Auf diesem Felsen ist er resilient gegen innerseelische Stürme wie Minderwert, Selbstanklage oder finstere Gedanken und auch gegen äussere Einflüsse wie Feindseligkeit, Schmerz oder Hunger. Wie können wir unser Lebenshaus auf Felsen bauen? Indem wir als Jünger von Jesus leben! Was heisst das?

Als Dummkopf bauen

Solche Kraftausdrücke stehen in der Bibel. Und zwar in folgendem Kontext: «Doch wer auf mich hört und nicht danach handelt, ist ein Dummkopf (moros); er ist wie ein Mann, der ein Haus auf Sand baut» (Matthäus 7,26 NL). Ein Mensch, der auf Gott hört und nicht danach handelt ist ein Dummkopf. Moros kann auch mit eine kurzsichtige und oberflächliche Einstellung zu göttlichen Dingen übersetzt werden. Nach dieser Definition gibt es ziemlich viele Dummköpfe unter den Christen. Es ist halt der bequemere Weg. Es ist recht angenehm, einen peppigen Gottesdienst zu besuchen bzw. zu streamen oder in der Kleingruppe über Gott und die Welt zu diskutieren. Viel aufwändiger und anstrengender ist es, Gottes Wort zu tun.

Sand bringen wir mit Ferien in Verbindung. In einem warmen Sandstrand liegen, tut gut. Sich darin zu räkeln und zu aalen, ist wohlig. Der Sand formt sich unserem Körper an. Beim Beachvolley verletzt man sich kaum, alles ist weich und formbar. Sand assoziiert Ferienstimmung. Für Kinder steht der Sandhaufen hoch im Kurs. Da kann man stundenlang spielen, Skulpturen und Flüsse bauen. Wir hatten einen Jungen in unserer Nachbarschaft, der wollte die Sandkasten-Aera einfach nicht hinter sich lassen. Unter vorgehaltener Hand haben wir über ihn gelächelt.

Auch geistlich gesehen sollten wir den Sand verlassen. Er ist nicht geeignet, um sein Lebenshaus darauf zu bauen. Wir brauchen ein besseres Fundament. Søren Kierkegaard meinte: «Christus will keine Bewunderer, sondern Nachfolger. Der Bewunderer ist die billigste Volksausgabe des Nachfolgers.» Ein Bewunderer ist einer, der begeistert an der Lippe Jesu hängt, das alles voll gut findet, aber nicht danach handelt. Ein Nachfolger ist ein Jünger, der leidenschaftlich auf dem Weg ist, so zu werden wie Jesus.

Stürme sind gute Checks, um herauszufinden, wo wir auf Sand gebaut haben. Ein solcher Sturm fegt aktuell in Form des Coronavirus durch die Welt. Was versandet in meinem Leben, wenn ich keine Freizeitbeschäftigung, keine Arbeit, keine sozialen Kontakte, stattdessen Isolation und Sorgen habe? Ein guter Check ist auch, wenn man einmal annimmt, dass man zur Risikogruppe gehört und eindeutige Symptome hätte. Was würde das mit dir machen?

Als Kluger bauen

«Wer auf mich hört und danach handelt, ist klug und handelt wie ein Mann, der ein Haus auf massiven Fels baut» (Matthäus 7,24 NL). Es ist schon verrückt, das kleine Wort «nicht» macht den Unterschied aus, ob ich auf Sand oder Felsen baue. Im Griechischen sind es zwei winzige Zeichen (me). Diese Silbe unterscheidet zwischen einem Dummkopf und einem verständigen, weisen Menschen, zwischen einem Bewunderer und einem Nachfolger bzw. Jünger. So wenig und doch so viel. Jesus ist es ein Riesenanliegen, dass wir auf Felsen bauen. Schon fast gebetsmühleartig wiederholt er sich und fordert heraus, nicht nur Hörer, sondern auch Täter von Gottes Wort zu sein.

Im Unterschied zu Sand ist Felsen manchmal recht unbequem. Vor einigen Jahren verbrachten wir als Familie unsere Sommerferien in Kroatien, wo es an den Stränden viel Felsen und kaum Sand gibt. Das ist recht anstrengend. Man kann sich gar nicht so richtig einbetten. Immer wieder muss man eine neue Liegeposition finden. Der Fels passt sich nicht mir an, ich muss mich ihm anpassen.

Aber: Durch das Tun von Gottes Wort bauen wir ein überaus stabiles Lebenshaus auf einen Felsen. Das Beispiel von Dapozzo spricht deutlich. Kein Sturm kann es beschädigen, nicht einmal der grösste und letzte Sturm im irdischen Leben, unser Sterben. Folgende Textpassage spricht darüber: «Übe (griech. gymnazo) dich darin, den Willen Gottes zu tun!» (1. Timotheus 4,7 Lut). Und weiter: «Körperliches Training hat einen gewissen Wert, aber geistliches Training ist noch viel wichtiger, denn es verspricht Gewinn in diesem wie auch im zukünftigen Leben» (4,8 NL). Zuerst einmal: Ja, ein Hausbau auf Felsen braucht mehr als ein Räkeln im warmen Sand, es braucht geistliche Gymnastik. Der Gewinn in diesem und im zukünftigen Leben ist riesig und garantiert. Letzte Woche besuchte ich das Eisenbahnmuseum in Bergün. Auf der Albulastrecke wurden alle Viadukte mit Stein gebaut. Es wurde gesagt, dass diese im Unterschied zu Eisenbrücken, viel dauerhafter sind. Aber es kostet Aufwand. Aber keine Angst: wir fallen nicht aus der Gnade, wenn wir hören und tun. Beides basiert auf Gottes Wort und seinem Geist, der alles für uns tut, wenn wir denn wollen.

Unsere Kleingruppen sollen Orte für geistliche Gymnastik sein: Orte, wo wir das Wort Gottes umsetzen. Turnhallen für Jüngerschaft. Jesus hat gesagt: «Darum geht zu allen Völkern und macht sie zu Jüngern» (Matthäus 28,19 NL). Den Hirten unserer Gruppen haben wir den Dreidrittelprozess vorgestellt:

  • Blick zurück: Im ersten Drittel des Abends schauen wir zurück auf die Höhen und Tiefen der vergangenen Tage. Zudem reden wir über das, was wir uns letztes Mal vorgenommen haben. Elemente wir Abendmahl und Lobpreis gehören auch in diesen Teil, wenn sie überhaupt vorkommen.
  • Blick nach oben: In diesem Teil beschäftigen wir uns mit der Bibel bzw. mit der Predigt vom letzten Sonntag. Wir reden darüber und fragen uns, was Gott uns zu sagen hat.
  • Blick nach vorne: Ausgehend von der Predigt üben wir uns im Hören. Ein jeder fragt Gott im persönlichen Gebet, was genau davon ich umsetzen soll. Wem soll ich in den nächsten zwei Wochen von dir erzählen? Wo brauche ich Vergebung? Wem kann ich helfen? Wen soll ich ermutigen?

Die Erfahrung ist, dass der dritte Drittel gerne unter den Tisch fällt. Es braucht Disziplin, an den Punkt zu gelangen, wo Gottes Wort getan wird. Aber wir müssen es üben. Wenn wir zu lange Gottes Wort hören und nicht tun, werden wir immuner gegen Gottes Wort. Auf dem Weg zu einem Täter von Gottes Wort brauchen wir einander, das gemeinsame Hören, das mutige Anpacken und ehrliche Rechenschaft voreinander.

Älter wird man automatisch, Jünger nicht. 😉 Der Startschuss fällt dort, wo ein Mensch auf den Ruf von Jesus «Folge mir nach» antwortet. Wenn wir im Staube des grossen Rabbis namens Jesus unterwegs sind, haben wir das Vorbild und die tatkräftige übernatürliche Unterstützung für den Hausbau auf Felsen. Dieser Jesus lädt dich ein, Ihm nachzufolgen und sein Jünger zu sein!

 

 

 

Mögliche Fragen für die Kleingruppen

Bibeltext lesen: Matthäus 7,24-27

  1. Gib eine Definition für einen Jünger!
  2. Was könnten bei dir die Hindernisse für einen Hausbau auf Felsen sein?
  3. Erzähle von einem Sturm in deinem Leben, bei dem dein Fundament geprüft wurde!
  4. Ist der ausserordentliche Zustand, in dem wir uns befinden, für dich auch ein Sturm? Wie gehst du damit um?
  5. Was hältst du vom Dreidrittelprozess in den Kleingruppen? Könnte das für das Tun von Gottes Wort hilfreich sein?