Dritter Advent | Hoffnung in düsterer Zeit
Serie: Folge du mir nach | Bibeltext: Zefanja 3,14-17
Der Prophet Zefanja fordert das Volk Israel in einer düsteren Zeit zum Jubeln und Jauchzen auf. Der Grund dafür ist Hoffnung. Zefanja konnte durch den Horizont schauen und sah dort in inspirierendes Bild der Zukunft. Da die Enderfüllung dieses Bilds noch aussteht, können wir im Hinblick auf unsere Zukunft auch heute noch hoffnungsvoll jubeln und jauchzen.
Meine Mutter hatte eine sehr schwierige erste Geburt, die mit viel Leiden verbunden war. Und dennoch war sie bereit, fünf weitere Male schwanger zu werden. So etwas tut sich eine Frau nur an, weil die Freude am Familiennachwuchs riesig ist. Die Hoffnung blickt durch das Leiden hindurch und sieht, was kommen wird. Paulus, der Autor des Briefes an die Nachfolger Jesu in Rom, setzt die Hoffnung ebenfalls auf diesen Hintergrund: «Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick mit uns seufzt, wie unter den Schmerzen einer Geburt» (Römer 8,22 NLB). In diesem Zusammenhang schreibt er über die Hoffnung auf die kommende Herrlichkeit: «Ich bin aber davon überzeugt, dass unsere jetzigen Leiden bedeutungslos sind im Vergleich zu der Herrlichkeit, die er uns später schenken wird» (Römer 8,18 NLB).
Zefanja, ein prophetisches Buch im Alten Testament, gehört zu den «zwölf kleinen Propheten». Diese Propheten sprechen oft in dunklen und schwierigen Zeiten, aber sie bringen auch eine Botschaft der Hoffnung und der Zukunft.
Hoffnung zurzeit Zefanjas
In den Prophezeiungen von Zefanja lässt sich sehr anschaulich die Funktionsweise lebendiger Hoffnung darstellen.
Grund zur Freude
Wer eine lebendige Hoffnung in sich trägt, hat allen Grund, sich zu freuen. Zefanja braucht dazu richtig starke Worte: «Brich in Jubel aus, Tochter Zion, jauchze, Israel! Sei froh und freue dich von ganzem Herzen, Tochter Jerusalem!» (Zefanja 3,14 NLB).
Trotz dunkler Wolken
Das Wesen von echter Hoffnung ist, dass sie sich gerade in schwierigen Zeiten durchsetzt. In Israel gibt es zur Zeit von Zefanja nämlich nicht viel Grund zum Feiern. Tatsache ist, dass Zefanja dies in eine äusserst triste Zeit hineinspricht. Eben gerade gingen die Regierungszeiten der beiden Könige Manasse und Amon zu Ende (ca. 640 v.Chr.). Während dieser Zeit wurde der Tempel in Jerusalem entweiht und zu einem Ort, an dem diversen Götzen geopfert wurde (Zefanja 1,4-6). Das Nordreich von Israel wurde vor gut 60 Jahren von Assyrien erobert. Die Zukunft des Südreichs sah nicht besser aus: die Deportation der Israeliten nach Babylon sowie die Zerstörung des Tempels steht kurz bevor. Dunkle Gewitterwolken hingen über dem Horizont.
Bundesbeziehung mit einem lebendigen Gott
Gott spricht Israel mit Tochter Zion und Tochter Jerusalem an. Das hat tiefe Bedeutung. Das Volk Israel wird also personifiziert als Frau angesprochen. An manchen Stellen wird sogar das Bild einer ehelichen Beziehung zwischen Jahwe und Israel als kraftvolle Metapher für die Bundesbeziehung zwischen Gott und seinem Volk benutzt. Kennzeichen dieser Ehebeziehung ist nebst der Liebe Gottes auch der häufige Abfall Israels. Israel hurt mit fremden Gottheiten herum und Jahwe buhlt um seine Ehefrau. Ein unverbrüchliche Bund trägt die Ehebeziehung. Paulus spricht über Gottes Treue: «Denn die Gaben, die Gott gibt und die Berufung, die er ausspricht, bereut er nicht und sie gelten für immer» (Römer 11,29 NLB).
Ein inspirierendes Bild der Zukunft
Auch wenn Zefanja durch den Horizont sehen konnte, blendete er die dunklen Wolken nicht aus. Israel – gerade jetzt arg in Hurerei verstrickt – geht einem schweren Gericht entgegen. Jahwe will das Volk aber nicht zerstören, sondern es neu ausrichten. Die alttestamentlichen Propheten sprechen öfters von einem Rest, der verschont werden soll, so auch Zefanja: «Ihr Demütigen im Land, die ihr bis jetzt nach dem Recht Gottes gelebt habt, sucht den HERRN! Streckt euch weiter nach Gerechtigkeit aus, seid weiterhin demütig! Vielleicht werdet ihr dann an diesem Tag vor Gottes Zorn bewahrt werden» (Zefanja 2,3 NLB). Weil Gott heilig ist, kann Er nicht einfach über die Sünde der Menschen hinwegschauen. Gottes Zorn ist Ausdruck Seiner Liebe.
Hinter dem Horizont mit den dunklen Wolken zeigt sich eine unbeschreiblich herrliche Zukunft. Die Ansprache Israels mit Tochter Zion und Tochter Jerusalem sind inhaltsreiche Hoffnungsbilder und haben verschiedene Akzente:
- Tochter Zion: Zion ist der Name des Berges in Jerusalem, auf dem der Tempel stand. Der Tempel ist der Ort, in dem Jahwe unter seinem Volk wohnte, der Ort, an dem sich Himmel und Erde begegnen. Nebst der Berufung durch Jahwe war das Wohnen Gottes unter dem Volk das Alleinstellungsmerkmal von Israel. Jahwe wollte beim Volk sein, das zieht sich wie ein roter Faden durch die ganze Bibel. Wegen den Hurereien hat sich Gott zurückgezogen. Doch Zefanja sieht hinter dem Horizont neue Zeiten hereinbrechen: «Denn der HERR hat die Gerichtsurteile, die über dich verhängt wurden, aufgehoben und deine Feinde beseitigt. Der König Israels, der HERR, ist in deiner Mitte und du wirst nichts Böses mehr sehen. An jenem Tag wird man Jerusalem zurufen: ‘Fürchte dich nicht, Zion! Lass deine Hände nicht mutlos sinken!’» (Zefanja 3,15f NLB). Als Folge davon:
- Tochter Jerusalem: Jerusalem heisst übersetzt Stadt des Friedens. Der Begriff Shalom meint nicht nur Frieden im engeren Sinn bedeutet, sondern umfasst viele Aspekte des Lebens, die mit Harmonie, Wohlstand, Ganzheit, Gesundheit und Sicherheit zu tun haben. Es ist ein Idealzustand, in dem sowohl individuelle als auch kollektive Bedürfnisse im Einklang miteinander stehen.
Tochter Zion und Tochter Jerusalem sind die Wahrzeichen echter geistlicher Hoffnung. In der Tat hat sich die Weissagung von Zefanja bereits zweifach erfüllt:
- Die Israeliten durften nach 70 Jahren Gefangenschaft in Babylon zurück nach Jerusalem, wo sie den zweiten Tempel auf dem Berg Zion bauten (516 v.Chr.) Die Wohnstätte Gottes unter den Menschen war wieder errichtet.
- 500 Jahre später kam Jesus, der lang ersehnte Messias, in einem Stall zu Bethlehem auf die Welt. Gott besuchte in der Person von Jesus die Welt. Er war der lebendige Tempel, in dem sich Himmel und Erde berührten (vgl. Matthäus 26,61).
Für einen Israeliten zurzeit Zefanjas war es sehr herausfordernd, an dieser lebendigen Hoffnung festzuhalten. Ihre ‘Adventszeit’ dauerte ganze 640 Jahre. Diese zwei Ereignisse sind wie Erbvorbezüge. Das Erbe in der ganzen Fülle steht noch aus.
Hoffnung in unserer Zeit
Und so stehen wir in der Adventszeit auf die Vollendung dieser Verheissung. Es ist richtig herausfordernd, in einer düsteren Zeit an der Hoffnung festzuhalten. Die Tatsache, dass diese Hoffnung mit einer jahrhundertlange Geschichte verwoben ist, zeigt, dass sie viel mehr als Zweckoptimismus ist und auch nicht in die Kategorie «Die Kraft des positiven Denkens» einzuordnen ist.
Grund zur Freude
«Brich in Jubel aus, [dein Name], jauchze, [dein Name]! Sei froh und freue dich von ganzem Herzen, [dein Name]!» Diese Haltung streben wir an. Wer die lebendige Hoffnung, die uns die Bibel vor Augen malt, regelmässig inhaliert, wird auch angesichts dunkler Wolken am Horizont nicht klagen, sondern sich freuen. Tiefe Freude gehört zum Grundton eines hoffnungsvollen Nachfolgers Jesu.
Trotz dunkler Wolken
Genauso wie es für einen Zeitgenosse Zefanjas, hängen auch an unserem Horizont dunkle Gewitterwolken. Was gerade so in der Welt abläuft, könnte uns in eine Depression versenken. Vielleicht stehst du zudem auch persönlich vor grossen Herausforderungen. Vielleicht musst du dich mit der Diagnose einer unheilbaren Krankheit auseinandersetzen, vielleicht steht eine wichtige Beziehung kurz vor dem Aus, vielleicht nagt der Zahn des Alterns kräftig an dir, ... Es ist mein Gebet, dass Jesus dir die Augen des Herzens öffnet, damit du durch den Horizont die zukünftige Herrlichkeit sehen kannst.
Bundesbeziehung mit einem lebendigen Gott
Wenn Jahwe das Volk Israel Tochter Zion und Tochter Jerusalem nennt, bezeichnet Jesus die Gesamtheit der Nachfolger von Jesus als seine Braut. Die Ehe ist also auch im neuen Bund, den Jesus Christus begründet hat, eine Metapher für die Beziehung mit Gott. An anderer Stelle steht, dass Nachfolger von Jesus Kinder Gottes sind: «[...] Wir sind doch Kinder Gottes geworden und dürfen ihn ‘Abba, Vater’ rufen» (Römer 8,15 NLB). Wer in dieser unverbrüchlichen Bundesbeziehung mit Jesus lebt, steht vor dem Vollbezug des herrlichen Erbes.
Ein inspirierendes Bild der Zukunft
Zion (Tempel) und Jerusalem bleiben Symbole für eine lebendige Hoffnung. «Dann sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde, denn der alte Himmel und die alte Erde waren verschwunden. Und auch das Meer war nicht mehr da. Und ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen wie eine schöne Braut, die sich für ihren Bräutigam geschmückt hat. Ich hörte eine laute Stimme vom Thron her rufen: ‘Siehe, die Wohnung Gottes ist nun bei den Menschen! Er wird bei ihnen wohnen und sie werden sein Volk sein und Gott selbst wird bei ihnen sein’» (Offenbarung 21,1-3 NLB).
Der Tempel ist der Ort, wo Himmel und Erde sich begegnen. Genau das wird in der heiligen Stadt, dem neuen Jerusalem, der Fall sein. Die ganze neue Schöpfung wird wie ein Tempel sein, in dem Gott bei seinem Volk wohnen wird. Der erste und der zweite Tempel standen auf dem Tempelberg (Zion) in Jerusalem. Der jüdischen Tradition zufolge wird auch der dritte Tempel dort errichtet werden, wenn der Messias kommt. Wir erwarten keinen dritten Tempel in Zion, sondern einen neuen Himmel und eine neue Erde auf dieser Welt. Typischerweise tragen wir ein Bild in uns, dass Jesus bei seiner Wiederkunft von einem fernen Planeten wie ein Astronaut durch den Weltraum geflogen kommt und seine Nachfolger abholt und in einen fernen Himmel bringt. Der Himmel ist kein Ort, der Lichtjahre von hier entfernt ist. Der Himmel ist mitten unter uns, Gott ebenfalls, wenn auch für unsere Sinne noch nicht wahrnehmbar. Doch bei Seiner Wiederkunft wird sich Jesus Christus offenbaren. Das neue Jerusalem, die Stadt des Shaloms, wird sichtbar und erfahrbar. Harmonie, Wohlstand, Ganzheit, Gesundheit und Sicherheit. Es ist ein Idealzustand, in dem sowohl individuelle als auch kollektive Bedürfnisse im Einklang miteinander stehen. Wenn wir nur einen Hauch davon erfassen würden – wir würden voll lebendiger Hoffnung durch düstere Zeiten gehen. Dieses irdische Leben müsste nicht mehr alles bieten und auch nicht ewig dauern.
Bei der Enderfüllung dieser Prophetie wird das Gericht ebenfalls nochmals zum Thema. Allerdings nicht für alle Menschen: «Wer an ihn glaubt, wird nicht verurteilt. Wer aber nicht an ihn glaubt, ist schon verurteilt, weil er nicht an den Namen des einzigen Sohnes Gottes geglaubt hat» (Johannes 3,8 NLB). Jesus Christus, die Vorerfüllung der Zefanja Prophezeiung, hat das Gericht auf sich genommen. Wer an Ihn glaubt und Ihm nachfolgt, wird weder gerichtet noch verurteilt – sondern ist gerettet.
Der letzte Satz unseres Textes spricht über die gewaltige Liebe Gottes zu seinem Volk: «Der HERR, dein starker Gott, der Retter, ist bei dir. Begeistert freut er sich an dir. Vor Liebe ist er sprachlos ergriffen und jauchzt doch mit lauten Jubelrufen über dich» (Zefanja 3,17 NLB). Diese Liebe trägt auch uns, die wir Jesus nachfolgen, durch das Leben. Peter Kuzmic: «Hoffnung ist nichts anderes als der Glaube an Gottes unendliche Liebe.» Diese leidenschaftliche Liebe verbunden mit dem inspirierenden Bild der Zukunft schafft eine Hoffnung, mit der wir jubeln und jauchzen können, selbst wenn schwarze Wolken am Horizont hängen.
Mögliche Fragen für die Kleingruppen
Bibeltext lesen: Zefanja 3,14-17; Römer 8,18-24
- Was gibt dem Volk Israel Grund für das Jauchzen und Jubeln?
- Was steckt hinter den Begriffen Tochter Zion und Tochter Jerusalem? Was sagen sie über die Beziehung zwischen Israel und Jahwe aus? Was für ein Hoffnungsbild steckt darin?
- Wie kann die Tatsache, dass unsere Hoffnung mit einer jahrhundertlangen Geschichte verwoben ist, unsere persönliche Zuversicht befeuern?
- Was für ein inspirierendes Bild der Zukunft trägst du in deinem Herzen? Hilft es dir, in düsteren Zeiten zu jubeln und zu jauchzen?
- Was möchte dir im Moment die Hoffnung rauben? Betet miteinander für neue Hoffnung.