Datum: 25. Juli 2021 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: Epheser 1,17-23

Gottes Macht zeigt sich in Wundern, die wir mit unseren natürlichen Augen wahrnehmen können. Wunder sind aber nicht die tägliche Portion Macht Gottes, die wir am dringendsten brauchen. Wenn wir Gottes Macht dauerhaft, tief und existenziell erfahren möchten, so dass unser Fühlen, Denken und Handeln, davon ergriffen wird, dann müssen wir lernen, mit den inneren Augen, mit den Augen des Herzens, zu sehen.


Macht bedeutet Handlungsfreiheit. Es gibt Machthaber, Machtausübung, Machtspielchen und Machtmenschen. Macht hat keinen guten Ruf. Deswegen gibt es das geflügelte Wort: Macht für niemand. Wir sagen gerne: «Macht korrumpiert den Charakter.» Abraham Lincoln war vom Gegenteil überzeugt: «Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht.» Nach Lincoln verdirbt der menschliche Charakter die Macht. Die Macht offenbart lediglich den Charakter. Darum ist menschliche Macht eine so problematische Sache. Es ist unser grosses Glück, dass Gott, im besten Sinne des Wortes, unmenschlich mit Macht umgeht. Paulus hatte den sehnsüchtigen Wunsch, dass die Christen in Ephesus Gott und seine Macht kennenlernen. Deshalb spricht er das leidenschaftliche Gebet, das in Epheser 1,17-23 aufgeschrieben wurde.

Warum verkennen wir die Macht Gottes so leicht?

«Er öffne euch die Augen des Herzens, damit ihr erkennt, was für eine Hoffnung Gott euch gegeben hat, als er euch berief, was für ein reiches und wunderbares Erbe er für die bereithält, die zu seinem heiligen Volk gehören, und mit was für einer überwältigend großen Kraft er unter uns, den Glaubenden, am Werk ist» (Epheser 1,18f NGÜ). Paulus betet um geöffnete Augen des Herzens für die Hoffnung, die Gott ihnen gegeben hat. Damit blickt er in die Vergangenheit, auf den Anfang ihres Glaubens. Ebenso wirft er einen Blick in die Zukunft, auf das Erbe, das für sie bereit ist. Und dann auf die überwältigend grosse Macht und Kraft, die jetzt in der Gegenwart in der Gemeinde von Ephesus wirkt.

Wenn auf der Seetalstrasse jetzt ein Panzer vorbeifahren würde, dann würden wir es sofort merken. Ein Panzer ist nichts im Vergleich mit Gottes Macht. Warum muss Paulus dafür beten, dass die Menschen eine so unfassbare grosse Macht erkennen? Warum ist sie so leicht zu verkennen?

Das gleiche Problem begegnet uns schon ganz am Anfang der grossen Geschichte Gottes mit den Menschen; nämlich bei Abraham und Sarah, den Stammeltern des Glaubens. Das Leben der beiden ist von einer Spannung geprägt: auf der einen Seite Gottes Zusage und auf der anderen Seite die natürlichen Umstände. Gott hat Abraham in einer Sternstunde versprochen, ihn zu einem grossen Volk und Sara zur Mutter vieler Völker zu machen. Die äusseren Umstände deuten in eine völlig andere Richtung. Nebst der Unfruchtbarkeit ist auch Saras biologische Uhr längst abgelaufen. Nicht viel besser sieht es bei Abraham aus. Dennoch verspricht Gott dem unterdessen 99-jährigen Abraham nochmals das Gleiche. Kurz darauf besucht Gott Abraham in Gestalt von drei Männern. Sie sagen: «In einem Jahr kommen wir wieder und dann hat Sara einen Sohn.» Sara, die im Küchenzelt am Kuchenbacken war, hörte diesen Satz durch die Zeltwand hindurch. Sie kann sich nicht halten und beginnt zu lachen. Sie wusste, was Sache war: Ihre Abänderung lag Jahre zurück. Und sowieso lief zwischen den beiden nichts mehr. «Da sprach der HERR zu Abraham: Warum lacht Sara und spricht: Sollte ich wirklich noch gebären, nun, da ich alt bin? Sollte dem HERRN etwas unmöglich sein? Um diese Zeit will ich wieder zu dir kommen übers Jahr; dann soll Sara einen Sohn haben. Da leugnete Sara und sprach: Ich habe nicht gelacht –, denn sie fürchtete sich. Aber er sprach: Es ist nicht so, du hast gelacht» (1Mose 18,13-15 LUT). Sara, eine gottesfürchtige Frau, hätte in jedem Gottesdienst bekannt: Gott ist allmächtig. Doch tief in ihrem Herzen war Gott klein. Als sie lacht, kommt intuitiv aus ihr heraus, was tief in ihr drinsteckt. Sie spricht den natürlichen Umständen mehr Macht zu als Gott. Ihr gesunder Menschenverstand hat in ihrem Herzen die Oberhand. Ich kann Sara so gut verstehen. Auch wir sind von morgens bis abends mit natürlichen Umständen konfrontiert. Diese haben in uns einen gesunden Menschenverstand geformt, auf den wir uns verlassen. Doch ist das alles?

Die entscheidende Frage im Leben von Sara und Abraham und ebenso in unserem lautet: Kann Gott das tun, was er verspricht? Kann er das Unmögliche möglich machen? Steht er über den natürlichen Umständen? Ist er allmächtig? Die Geschichte von Sara lehrt uns, dass die natürlichen Umstände nur die halbe Wahrheit sind. Wir brauchen ein inneres Auge, um die ganze Wirklichkeit zu sehen. Genau dafür betet Paulus leidenschaftlich. Das innere Auge wird so leicht von den äusseren Augen und dem Verstand übersteuert. Nur das innere Auge sieht Gott in seiner Macht und in seinen grenzenlosen Möglichkeiten.

Sehnst du dich auch nach Erweckung? Erweckung ist dann, wenn wir Gottes Macht nicht länger verkennen, sondern anerkennen und wenn dieses Anerkennen der Macht Gottes unser Handeln, Denken und Fühlen bestimmt.

Wie wirkt Gottes Macht in uns?

Im Zusammenhang mit Skirennen gibt es den Spruch: Das Wetter ist der Chef. Wir wissen, dass Gott der Chef ist und die Macht über die natürlichen Umstände hat. Dafür gibt es viele Belege. Noch viel wichtiger für uns ist aber zu wissen, dass Gott auch Chef über die übernatürlichen Dinge ist. Drei davon kommen im Text vor:

  • Der Tod: Egal ob Mensch oder Mammutbaum; alles, was lebt, stirbt einmal. Der Tod hat eine riesige Kraft. Er ist so mächtig, dass die Mexikaner ein mehrtägiges Fest für den santa muerta (heiliger Tod) veranstalten. In einem Sarg liegt ein Skelett, das die Leute anbeten. Vom Tod erwarten sie Hoffnung und Heil. Für diese Leute ist der Tod das Mächtigste. Wir im Westen ignorieren den Tod eher. Obwohl es jedem passiert, gilt er als Unfall, den man vielleicht einmal vermeiden kann. «Ich bete, dass ihr erkennen könnt, wie übermächtig gross seine Kraft ist, mit der er in uns, die wir an ihn glauben, wirkt. Es ist dieselbe gewaltige Kraft, die auch Christus von den Toten auferweckt und ihm den Ehrenplatz an Gottes rechter Seite im Himmel gegeben hat» (Epheser 1,19f NLB). Paulus sagt: Dieselbe Kraft, mit der der mächtige Tod besiegt wurde, wirkt an euch. Früher wart ihr lebendig tot, von Gott getrennt. Jetzt seid ihr geistlich lebendig, mit Gott verbunden. Wenn euer Körper im Sarg verwest, seid ihr lebendiger denn je. Ihr seid für alle Ewigkeit mit ihm verbunden und ihr werdet mit ihm regieren! Diese Wahrheit erkennen wir nur mit den Augen des Herzens!
  • Die übernatürlichen Mächte: «Jetzt ist er als Herrscher eingesetzt über jede weltliche Regierung, Gewalt, Macht und jede Herrschaft und über alles andere, in dieser wie in der zukünftigen Welt. Gott hat alles der Herrschaft von Christus unterstellt und hat Christus als Herrn über die Gemeinde eingesetzt» (Epheser 1,21f NLB). Für den überwiegenden Teil der Erdbevölkerung ist völlig klar, dass es übernatürliche Mächte wie Engel und Dämonen gibt. Diese Menschen fürchten sich vor den Dämonen und versuchen sie milde zu stimmen. Auch für Jesus war klar, dass es diese Sphären gibt. Es ist keine gute Macht. Sie wollen Menschen zerstören. Sie hassen Jesus und seine Gemeinde, sie hassen unsere Ehen und Familien und alles, was uns heilig ist. Die bahnbrechende Nachricht ist, all diese Mächte sind unterworfen. Der Satan hat seine Macht verloren. Das ist etwas, was wir nicht spüren und mit unseren Augen nicht sehen. Doch es ist geschehen und wir sind geschützt!
  • Die innere Leere: Herbert Grönemeyer hat in seinem Song unbewohnt folgenden Text gedichtet: Ich steh' auf, streun' durchs Haus | Geh' zum Kühlschrank, mach' ihn auf | Er ist kalt, er ist leer | Beweg' mich im aussichtslosen Raum | Führ' Selbstgespräche, hör' mich kaum | Bin mein Radio, schalt' mich aus. [...] Das Nichts steckt in jedem Detail | In mir sind alle Zimmer frei |Und ich dazu. [...] Es tropft ins Herz | Der Kopf unmöbliert und hohl | Ooh, keine Blumen im Fenster, | Der Fernseher ohne Bild und Ton. | Ohne Bild und Ton. | Ich fühl' mich unbewohnt. Sich unbewohnt fühlen und innerlich leer sein ist eine Grunderfahrung der Menschen. Wenn es ruhig wird und man bei sich selbst ankommt, nachdem die Aktivität vorbei ist und die Freunde gegangen sind, spüren wir, dass uns etwas fehlt. Ich bin unbewohnt, ich bin leer. Mit seiner grenzenlosen Macht überwindet er unsere Leere: «Die Gemeinde aber ist sein Leib, und sie ist erfüllt von Christus, der alles ganz mit seiner Gegenwart erfüllt» (Epheser 1,23 NLB). So handelt Gott an Menschen, die sich leer fühlen. Aus Einzelpersonen, die irgendwo unterwegs sind, macht er eine Gemeinde. Er nennt sie seinen Leib. Er gibt sich diesem Leib als Haupt und wohnt in ihr.

Wie können wir die Macht Gottes erfahren?

Gott hätte Sara im Bruchteil einer Sekunde ein Baby in den Bauch setzen können. Kein Problem! Das nennen wir Wunder. Wunder sind aber nicht die tägliche Portion Macht Gottes, die wir am dringendsten brauchen. Wunder sind für unsere natürlichen Auge und Gott tut immer wieder mal ein Wunder. Davon sind wir überwältigt und überzeugt: das ist Gottes Macht. Leider bleibt diese Überzeugung oft nicht lange. Als Jesus auf dieser Erde war, hat er Wunder über Wunder getan, doch am Ende war niemand bei Ihm gewesen.

Gott hat sich entschieden, nicht beständig Wunder zu tun, weil Er weiss, dass wir seine Macht auf einer viel tieferen Eben erfahren müssen, als unsere Augen es zulassen. Wenn wir Gottes Macht dauerhaft, tief und existenziell erfahren möchten, so dass unser Fühlen, Denken und Handeln, davon ergriffen wird, dann müssen wir lernen, mit den inneren Augen, mit den Augen des Herzens, zu sehen.

Wenn Kinder ein Auge trainieren müssen, wird das andere zugeklebt. Unser inneres Auge wird ebenfalls dann trainiert, wenn die natürlichen Augen nichts sehen. Die Bibel nennt das Glauben. Nichts sehen und doch glauben. Vertrauen auf unsichtbare Tatsachen. Das Sinnesorgan für den Glauben ist das Herz.

Am Ende seines Lebens sagt Jesus: «Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich!» (Johannes 14,1 LUT). Die Botschaft an seine Freunde war: Was eure Augen in den nächsten Tagen sehen entspricht nicht den Tatsachen. Lasst euch nicht erschrecken, schaut mit dem Herzen. Glaubt an Gott und mich. Der gesunde Menschenverstand wird den Freunden Jesu einflüstern: «Das ist die Niederlage! Jesus hängt nackt am Kreuz. Er wird sein Leben aushauchen. Es ist das Ende!» Die Augen des Herzens sehen das und dazu auch die verborgene Wirklichkeit. Nämlich dass Jesus am Kreuz ein für alle Mal den Tod, den Teufel und die Sünde überwinden wird. Jesus steht von den Toten auf und trägt den Sieg davon. Diesen Triumph kann man nur mit den inneren Augen sehen.

Wie können wir Gottes Macht in den Situationen erfahren, in denen wir keine Wunder erleben? Indem wir unser inneres Auge immer wieder auf diese Wahrheit richten: Christus ist für uns gestorben und er hat für uns gesiegt. Dabei hat Er unsere natürlichen und übernatürlichen Umstände völlig überwunden: Tod, Schuld, Sucht, Einsamkeit, Gottes Ferne und jeden noch vorhandenen Makel an unserem Charakter.

 

Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich! Diese Aufforderung gilt auch dir! Spring über den Schatten deines begrenzten gesunden Menschenverstands, um den allmächtigen Gott zu erfahren.

 

 

Mögliche Fragen für die Kleingruppen

Bibeltext lesen: Epheser 1,17-23

  1. Jesus sagt, dass Ihm alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben ist. Woran ist diese Macht zu erkennen?
  2. Was war die Spannung, mit der Sara und Abraham zurechtkommen mussten. Wo siehst du eine ähnliche Spannung in deinem Leben?
  3. Warum tut Gott nicht mehr Wunder im natürlichen Bereich?
  4. Wie können wir die Augen des Herzens trainieren, damit wir Gottes Macht besser sehen?
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