Datum: 10. März 2019 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: 1. Mose 29
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Viele Menschen glauben daran, dass alles gut wird, sobald sie nur den perfekten Partner gefunden haben. Wer die ganze Last seiner Hoffnungen und Sehnsüchte auf den Partner lädt, wird ihn mit seinen Erwartungen erdrücken. Die Geschichte von Jakob, Rahel und Lea illustriert diese Sache und weist uns den Weg zur Freiheit.


Schon immer wurde die Sehnsucht der Menschen nach wahrer Liebe besungen und beschrieben, aber in unserer gegenwärtigen Kultur wird dieses Verlangen ins schier Unermessliche gesteigert. Die Bühnen unserer Welt sind erfüllt vom sehnsüchtigen Klang unzähliger Liebeslieder. Die Gefahr ist gross, dass wir Liebe und Ehe an die Stelle Gottes setzen. Somit machen wir die Liebe zum Götzen, geben uns ihr ganz hin und hoffen, dass sie uns ein glückliches Leben schenkt.

Der Liebe verfallen

Nach dem letzten Sonntag, als wir uns mit Abraham befassten, geht es heute um die Generationen nach Abraham. Abraham bekam Isaak. Viele Jahre später wurde Isaaks Frau Rebekka schwanger. Sie erwartete Zwillinge, über die Gott sagte: «Der Erstgeborene wird dem Zweiten dienen» (1Mose 25,23 GN). Damit erklärte Gott, dass der Messias von dem Jüngeren der beiden Zwillinge abstammen würde. Obwohl Gott seinen Plan deutlich kundgetan hatte, liebte Isaak aber Esau, den Erstgeborenen, mehr und zog ihn Jakob, dem zweiten Sohn, vor. Damit beging Isaak exakt den Fehler, vor dem Gott seinen Vater Abraham bewahrt hatte. Seine Zuneigung zu Esau war ihm wichtiger als das Reden Gottes. Die Folge war, dass Esau zu einem stolzen, selbstsüchtigen und impulsiven Mann heranwuchs, während Jakob verbittert und zynisch wurde.

Als die Zeit kam, dass der alt gewordene Isaak den Erstgeburtssegen an seinen Sohn weitergeben sollte, da beschloss er unter Missachtung des göttlichen Plans, Esau zu segnen. Aber Jakob zog die Kleidung von Esau an, ging zu seinem fast erblindeten Vater und erschlich sich den Segen. Als Esau wenig später davon erfuhr, schwor er, seinen Bruder zu töten. Jakob musste in die Wüste fliehen. Sein Leben lag in Trümmern. Er hatte seine Familie und sein Erbe verloren. Als er sich auf den langen Weg zu den Verwandten seiner Mutter und seines Grossvaters machte, die am anderen Ende des fruchtbaren Halbmondes lebten, ging es um das nackte Überleben.

Die Verwandten seiner Mutter nahmen ihn freundlich bei sich auf. Sein Onkel Laban beschäftigte ihn als Hirten und sagte zu Jakob:

«’Du sollst nicht ohne Bezahlung für mich arbeiten, nur weil wir miteinander verwandt sind. Sag mir: Was willst du dafür haben?’ Nun hatte Laban zwei Töchter: Die ältere hiess Lea und die jüngere Rahel. Lea hatte glanzlose Augen, Rahel aber hatte eine gute Figur und war wunderschön. Jakob liebte Rahel, deshalb sagte er: ‘Ich werde sieben Jahre für dich arbeiten, wenn du mir dafür deine jüngere Tochter Rahel zur Frau gibst.’ ‘Einverstanden!’, antwortete Laban. ‘Bleib bei mir. Ich gebe sie ohnehin lieber dir als einem anderen Mann.’ Also arbeitete Jakob die folgenden sieben Jahre, um dadurch den Brautpreis für Rahel zu bezahlen. Die Zeit verging für ihn wie im Flug, weil er Rahel liebte» (1Mose 29,15-20).

Rahel hatte eine hervorragende Figur und war ausserdem sehr hübsch. Jakob war ihr regelrecht verfallen. Deshalb war er bereit, einen absurden Brautpreis – ungefähr das Vierfache dessen, was damals üblich war – zu bezahlen.

Nach den sieben Jahren sagte er zu Laban: «Gib mir nun meine Frau! Denn meine Tage sind erfüllt, dass ich zu ihr eingehe» (21 Elb). Dieser Satz ist im Hebräischen ungewöhnlich direkt. Es war nicht üblich, so unverblümt über Sex zu reden. Selbst heute würde wohl kein junger Mann zum Vater seiner Verlobten sagen: «Ich kann es kaum erwarten, endlich mit deiner Tochter zu schlafen.» Jakob ist von seiner Verliebtheit und seinem sexuellen Verlangen überwältigt.

Warum war Jakob so? Seine innere Leere hatte Jakob empfänglich gemacht für die Überhöhung der erotischen Liebe. In diesem Zustand begegnet er der schönsten Frau, die er jemals gesehen hatte. Kein Wunder, dass er zu dem Schluss kam, dass durch diese Frau sein Leben endlich Sinn und Bedeutung bekäme und er glücklich werden könnte. Er richtete all seine Hoffnungen auf Erfüllung und Bestätigung auf Rahel. Ernest Becker nennt diesen Weg, den viele beschreiten, die Suche nach der «romantischen Kosmologie zweier Liebenden». Der Mensch erhofft sich, dass sein Leben durch die körperliche und seelische Verschmelzung mit seinem Liebespartner einen Sinn erhält, der über den Tod hinaus Bestand hat.

Unsere Gesellschaft glaubt daran, dass alles gut wird, sobald wir nur den perfekten Partner gefunden haben. Die geliebte Person wird dann zu unserem Gott. Das unvermeidliche Ende jeder Liebesgeschichte, die in dieser Weise überfrachtet wird, ist die bittere Enttäuschung. Liebe, die an die Stelle des allmächtigen Gottes tritt, verzerrt die Wahrnehmung und zerstört das Leben.

Wer mit denselben Erwartungen heiratet wie Jakob und die ganze Last seiner Hoffnungen und Sehnsüchte auf den Partner lädt, wird ihn mit seinen Erwartungen erdrücken. Dieser Götzendienst wird das eigene Leben ebenso zerstören wie das Leben des Partners und macht blind für krankhaften Elemente in einer Beziehung.

Enttäuschte Hoffnung

Der skrupellose Laban erkannte, welchen Stellenwert die Sehnsucht nach Liebe bei Jakob eingenommen hatte, und nutzte diesen Umstand schamlos aus. Auf Jakobs Frage, ob er Rahel zur Frau nehmen dürfe, antwortete er nur ausweichend. Er sagte nicht: «Abgemacht, Rahel wird deine Frau.», sondern: «Ich gebe sie ohnehin lieber dir als einem anderen Mann» (19). Jakob wollte unbedingt ein Ja von Laban hören, also verstand er die schwammige Antwort als Zusage.

Sieben Jahre vergingen. Dann wurde ein grosses Hochzeitsfest arrangiert. Am Höhepunkt des Festes brachte Laban die Braut zu Jakob, die sich unter kostbaren Schleiern verborgen hatte. Jakob zog sich mit ihr zurück und hatte endlich den Sex, den er sich so lange gewünscht hatte. «Doch als Jakob am Morgen aufwachte, entdeckte er Lea neben sich!» (25). Was für ein böses Erwachen! Jakob hatte die Ehe mit der unattraktiven älteren Schwester von Rahel vollzogen. Dem wütigen Jakob entgegnete Laban, dass es in seinem Land üblich sei, die ältere Tochter zuerst zu verheiraten. Jakob glaubte mit Rahel ins Bett zu gehen und wachte neben Lea auf.

Diese immer wiederkehrende Enttäuschung findet sich in allen Bereichen des menschlichen Lebens, aber besonders schmerzlich wird sie uns dort bewusst, wo wir besonders viel Hoffnung und Erwartung investiert haben. Egal, worauf wir unsere Hoffnung setzen, am nächsten Morgen wachen wir immer wieder neben Lea auf, nicht neben Rahel.

Wieso war Jakob so naiv und leichtgläubig? Was er hier an den Tag legt, ist das typische Verhalten eines Süchtigen. Die erotische Liebe ist wie eine Droge, die uns die Schwere des Alltags vergessen und der Realität unseres Lebens entfliehen lässt. Rahel sollte nicht nur seine Ehefrau werden, sondern ihn auch noch aus allem Leid erlösen. Er begehrte und brauchte sie so sehr, dass er nur noch sehen konnte, was er sehen wollte. Jakobs Leben litt darunter, dass er Rahel an Gottes Stelle setzte. Indem er Rahels Söhne mehr liebte als die Kinder von Lea, verletzte er alle seine Kinder. Die einen wurden verhätschelt, die anderen verbittert, und die ganze familiäre Atmosphäre war vergiftet.

Aber am härtesten traf es Lea. Sie war unattraktiv und verbrachte ihr gesamtes Leben im Schatten ihrer Schwester, die eine ungewöhnliche Schönheit war. Lea war die Tochter, die der Vater loszuwerden versuchte, und wurde nun zur Frau eines Mannes, der ihre Schwester wollte. «Da schlief Jakob auch mit Rahel - und er liebte sie mehr als Lea» (39). Sie war das Mädchen, das keiner haben wollte. Die Leere in ihrem Herzen war nicht geringer als jene in Jakobs Seele. So ist es nicht verwunderlich, dass sie von Jakob erwartete, was dieser von Rahel erwartete hatte und was Isaak von Esau erhofft hatte. Ihre ganze Hoffnung galt der Liebe Jakobs. Sie hoffte, Glück und Selbstwert zu finden, indem sie die herkömmlichen Familienwerte hochhielt und ihrem Mann viele Söhne schenkte. Das war für eine verheiratete Frau damals der sicherste Weg, um Anerkennung zu ernten. Leider wuchs aber mit jedem Kind ihre Enttäuschung und sie wurde einsamer und verzweifelter.

Gott als Mittelpunkt

Jakob ist auf der Suche nach der «romantischen Kosmologie zweier Liebenden». Lea verpflichtet sich den traditionellen Werten, bekommt ein Kind nach dem anderen und versucht, ihren Selbstwert in der Rolle als Ehefrau und Mutter zu finden. Beide bekommen nicht, was sie suchen und bleiben enttäuscht. Man hört immer wieder, dass Männer Liebe vortäuschen, um Sex zu bekommen, während Frauen Sex über sich ergehen lassen, um Liebe zu erhalten. Gleichgültig, von welcher Seite man die Sache angeht, die überhöhten Erwartungen an Sex und Liebe werden immer enttäuscht werden. Lea hatte Zugang zum Körper ihres Mannes, nicht aber zu seiner Seele. Seine Liebe und seine Hingabe blieben ihr verwehrt. Doch genau danach sehnte sie sich. Ihr Leben blieb leer und traurig. Frauen werden durch ihre Sehnsucht nach Hingabe und Verbindlichkeit zu leicht manipulierbaren, verletzlichen Opfern. Beide Lebensformen machen uns blind, verhindern weise Entscheidungen und zerstören unser Leben.

Doch Lea ist die einzige Person in dieser Geschichte, die sich geistlich und menschlich weiterentwickelte. Bei jeder Namensgebung berief sie sich auf Gott, auf Jahwe. Elohim war aber zu dieser Zeit das übliche Wort für Gott. Der Name ‘Jahwe’ bezeichnete ausschliesslich den Gott, der sich Abraham und später Mose offenbarte. Jakob musste ihr erzählt haben, was Jahwe seinem Grossvater Abraham versprochen hatte, und Lea suchte diesen Gott.

Beim ersten Sohn Ruben sagte sie: «Der HERR hat meine Not bemerkt, jetzt wird mein Mann mich lieben» (32). Bei Simeon: «Der HERR hat gehört, dass ich nicht geliebt werde, und hat mir auch noch diesen Sohn geschenkt» (33). Daraufhin folgte der Dritte, Levi: «Ganz sicher wird mein Mann mir jetzt seine Zuneigung schenken, denn ich habe ihm drei Söhne geboren!» (34). Als ihr letzter Sohn Juda geboren wurde, erklärte sie: «Nun will ich den HERRN preisen!» (35). Zum ersten Mal erwähnt sie weder ihren Mann noch ihr Kind. Ihre Hoffnung ist nun nicht mehr auf die Liebe ihres Mannes und auf ihre Kinder gerichtet, sondern ganz auf Jahwe. Laban und Jakob hatten ihr den Lebensmut geraubt, Jahwe gab ihr das Leben zurück. Lea rückte Gott in den Mittelpunkt ihres Lebens und fand bei Jahwe Heimat.

In 1. Mose 49 lesen wir, dass von Juda der wahre König, der Messias, abstammen würde. Gott machte die ungeliebte Frau, die keiner haben wollte, zur Ahnherrin von Jesus. Der Erlöser kam nicht durch die schöne Rahel in die Welt, sondern durch die verachtete Lea. Gott schreibt mit schwachen Menschen, die Gott in den Mittelpunkt ihres Lebens setzen, seine Geschichte!

 

Gott möchte, dass unser Leben gelingt! Sein Herz schlägt voller Begeisterung für dich. Er ist es, der unserem Leben Bedeutung, Glück, Liebe und Sinn geben kann. Wer diesen Gott zur Nummer 1 in seinem Leben erhebt und bei ihm ein Zuhause findet, wird erfahren, wie alle seine Sehnsüchte gestillt werden. Das gilt auch für Menschen, die ihren Traumpartner nicht finden können. Und Menschen, die in einer Partnerbeziehung stehen, werden eine neue Qualität in ihrer Gemeinschaft erleben – ohne überzogene Erwartungen und Bedürfnisse. Wir sollen unseren Partner nicht weniger lieben, sondern die Beziehung zu Gott vertiefen und ihn mehr lieben. «Die grösste Liebe beweist der, der sein Leben für die Freunde hingibt» (Johannes 15,13). Das sagt der Nachkomme Leas. Diese Liebe ist die Grundlage für ein erfülltes Leben – sei es mit oder ohne Partnerbeziehung.

 

Mögliche Fragen für die Kleingruppen

Bibeltext lesen: 1. Mose 29

  1. Was hat das Verhalten von Jakob mit seiner Herkunftsgeschichte zu tun?
  2. Wie erklärst du die Entwicklung von Lea. Weshalb bekam der vierte Sohn einen Namen mit einer ganz anderen Bedeutung?
  3. Hattest du auch schon den Eindruck, mit Rahel schlafen zu gehen und bist dann mit Lea aufgewacht? Bei welchen Themen ist dir das auch schon passiert?
  4. Wie kann Jesus Christus Mittelpunkt in deinem Leben werden/bleiben? Wie kann die Liebe zum ihm wachsen?