Berge – himmlische Begegnungsorte
In der Schweiz sind Berge allgegenwärtig. Sie sind rings um uns herum. Doch auch im eigenen Leben gibt es sprichwörtliche Berge, an denen man ansteht und nicht mehr weiterweiss. Auch in der Bibel begegnen uns Berge, oftmals tritt Gott mit den Menschen auf Bergen in Kontakt. Auf den Bergen da berührt sich der Himmel und die Erde. Auch Jesus Christus selbst ging oftmals auf Berge und begegnete dort Gott. Mussten die Israeliten früher nach Jerusalem auf den Berg Zion pilgern, um Gott zu begegnen, so ist dies heute nicht mehr notwendig. Wir können überall mit Gott in Kontakt treten.
Meine Frau und ich wohnen jetzt seit knapp einem Jahr in Seengen und nun seit knapp drei Wochen mit unserem Sohn Hosea. Wir haben uns im Seetal gut eingelebt und finden auch die Natur sehr schön. Bei schönem Wetter sieht man sogar ein paar Innerschweizer Berge. Dennoch unterscheidet sich das Panorama von hier schon wesentlich von dem, was ich mir von meinem zu Hause gewohnt bin. Ich bin im Aaretal zwischen Bern und Thun aufgewachsen. Vom Esstisch und der Küche aus hat man bei meinen Eltern einen uneingeschränkten Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau. Letzten Samstag waren wir in Thun an einer Hochzeit und da merkte ich wieder, wie nahe die Berge dort im Vergleich zu hier sind. Früher sah ich die Berge praktisch jeden Tag. Seit drei Wochen sehe ich zwar auch jeden Tag Berge – Berge voll Windeln. Auch in der Bibel begegnen uns einige Zeilen und Geschichten, welche sich um und in den Bergen abspielen. Heute wollen wir uns mit Bergen auf verschiedene Arten und Weisen auseinandersetzen.
Berge in deinem Leben
Was kommt dir in den Sinn, wenn du an Berge denkst. Geht es dir wie mir? Was für einen Bezug hast du zu den Bergen? Obwohl ich nahe an den Bergen aufgewachsen bin, bin ich dennoch im Flachland sehr wohl. Ich finde die Berge faszinierend. Eine Zeit lang ging ich immer der Aare entlang von Wichtrach nach Münsingen joggen. Die Aare ist dort links und rechts von einem Wald umgeben. Bei der Badi Münsingen hat es eine Brücke, welche über die Aare führt. Dort machte ich jeweils eine Pause und dehnte ein wenig. Ich machte dies nicht ungefähr, denn von dort hat man die beste Sicht auf die Berge. Besser gesagt auf einen Berg. Wie ein Ausschnitt taucht dort über dem Wasser die Blüemlisalp auf. Die Blüemlisalp ist ein sehr breiter Berg und auch im Sommer immer noch voller Schnee. Dieser Anblick war für mich jedesmal unglaublich und so ist auch bis heute die Blüemlisalp mein Lieblingsberg. Doch Berge sind nicht nur schön anzuschauen, sondern sie bilden auch eine natürliche Sperre. Sei es bezüglich des Wetters, aber auch ein Hindernis, welches nicht so leicht überwunden werden kann. Berge können so einen natürlichen Schutz bieten. Auf der anderen Seite sind Berge, obwohl sie zwar eigentlich ja tote Materie sind, sehr angsteinflössend. Es gibt unzählige Gefahren wie bspw. Lawinen, Geröll und herunterfallende Steine. Besonders in der Kombination mit einem Gewitter kann es schnell zu einer gefährlichen und auch tödlichen Kombination werden.
In der Schweiz kommen seit 1984 jedes Jahr über 100 Menschen in den Bergen ums Leben. Nicht mitgerechnet sind Leute, welche bei einer Extremsportart verunglücken. Obwohl Berge nicht ungefährlich sind, üben sie eine ungeheure Faszination auf uns aus. Obwohl zwar das Besteigen der Berge in der Freizeit erst seit dem 18. Jhdt. zugenommen hat, wurden die Berge schon viel vorher bestiegen. Ötzi bspw. starb vor ca. 5300 Jahren in den Bergen, er war wohl auf der Flucht und suchte dort Zuflucht. Diese Faszination und zugleich auch Respekt vor den Bergen findet sich auch in der Bibel. «Ich schaue hinauf zu den Bergen - woher wird meine Hilfe kommen?» (Psalm 121,1 NLB).
Ich gehe zwar von Zeit zu Zeit gerne mal in die Berge, fühle mich aber jeweils auch wieder sehr wohl, wenn ich es wieder ins Flachland zurückgeschafft habe. Doch es gibt nicht nur physische Berge, sondern auch sinnbildliche Berge, welchen begegnet werden kann. So gibt es umgangssprachlich den Ausdruck «einen Berg voll». Wie gesagt gibt es bei uns zu Hause momentan einen Berg voll Windeln und wenn unser Sohn nicht so klein wäre, auch noch einen Berg voll Wäsche. Verschiedene Sachen können in unserem Leben als Berge wahrgenommen werden. Als Dinge, welche ein unüberwindbares Hindernis darstellen. Diese sind persönlich sehr herausfordernd. Es gibt Schwierigkeiten, welche immer wieder kommen und die einem sehr einnehmen können. Welchem Berg begegnest du momentan in deinem Leben? Wie gross und unverrückbar schwer scheint er?
Berge – wo sich Himmel und Erde berühren
Menschen bestiegen nicht nur seit jeher die Berge, sondern sie errichteten oftmals auch Heiligtümer auf den Bergen. Egal welcher Religion die Heiligtümer angehören, die schönsten und oftmals bedeutendsten liegen auf Hügel oder Bergen und sind so von weitem sichtbar. Teilweise sind diese sehr schwer zugänglich was wiederum einiges an Schutz bietet, zum anderen sind sie sehr abgelegen und die Umgebung bietet die nötige Ruhe, um mit dem Heiligen in Kontakt zu treten. Doch einer der Hauptgründe ist sicherlich, dass sich auf den Bergen Himmel und Erde begegnen. Der Raum den die Menschen bewohnen, die Erde berührt dort den Raum, wo das Heilige, Göttliche wohnt. Dadurch entsteht auf den Bergen ein Begegnungsort. Auf dem Gipfel eines Berges ist man dem Unbekannten nahe.
Auch in der Bibel begegnet Gott oftmals Menschen auf Bergen. Ich möchte besonders eine Geschichte aus dem Alten Testament hervorheben, welche eine solche Gottesbegegnung auf einem Berg besonders deutlich beschreibt. Es handelt sich dabei um den Propheten Elia. Dieser wurde von Gott berufen um im Nordreich von Israel den Königen Gottes Botschaft mitzuteilen. Dies war alles andere als eine leichte und schöne Aufgabe. Er musste viel unten durch und war wohl einer der unbeliebtesten Zeitgenossen. Dennoch blieb er seinem Auftrag treu, allerdings hatte auch er Zweifel. Eines Tages kam er in die Wüste zum heiligen Berg Horeb und dort begegnete er Gott. Als er sich in einer Höhle versteckte, da begann Gott mit ihm zu sprechen. «Da sprach der Herr zu ihm: ‚Geh hinaus und stell dich auf den Berg vor den Herrn, denn der Herr wird vorübergehen.‘ Zuerst kam ein heftiger Sturm, der die Berge teilte und die Felsen zerschlug, vor dem Herrn her. Doch der Herr war nicht im Sturm. Nach dem Sturm bebte die Erde, doch der Herr war nicht im Erdbeben. Und nach dem Erdbeben kam ein Feuer, doch der Herr war nicht im Feuer. Und nach dem Feuer ertönte ein leises Säuseln. Als Elia es hörte, zog er seinen Mantel vors Gesicht, ging nach draussen und stellte sich in den Eingang der Höhle. Eine Stimme sprach: ‚‘Was tust du hier, Elia?‘» (1. Könige 19,11-13 NLB). Ich kann mir nur vage vorstellen, wie dies getönt haben muss auf diesem Berg. Es war sicherlich ungeheuerlich und angsteinflössend. Gott verursachte diese Naturereignisse, doch er selbst war nicht darin. Erst ganz am Schluss im Säuseln des Windes begegnete Gott seinem Propheten Elia. Elia war und ist für die Juden nebst Mose der grösste Prophet. Mose wurde von Gott ebenfalls berufen und dies sogar auf dem gleichen Berg, wie nun Elia Gott begegnete. Mose war der Anführer des Volkes Israel. Er ging ihnen voran und gab dem Volk die Weisungen und Ordnungen, wie sie als Gottesvolk leben sollten. Dieses Gesetz hat für die Juden bis heute Gültigkeit. Dagegen war Elia ein Prophet zu einer Zeit, in der das Volk Israel in zwei Königreiche aufgeteilt war und in der das Volk nicht mehr auf ihren Gott hörte. Deshalb wurde Elia gesandt, um das Volk zurechtzuweisen und zur Umkehr zu Gott aufzurufen.
Das gesamte Neue Testament dreht sich um eine Person – um Jesus Christus. Er wurde von Gott im Himmel auf die Erde gesandt, damit die Menschen versöhnt werden mit Gott. Er war zwar Gottes Sohn, lebte aber als Mensch auf dieser Welt. Obwohl er vom Himmel kam, lebte er auf dieser Erde. Viele Begebenheiten von Jesus spielen sich in und um Berge ab. Auch hier möchte ich besonders eines hervorheben. Jesus nahm eines Tages drei seiner Jünger mit auf einen hohen Berg. «Plötzlich veränderte sich sein Aussehen. Sein Gesicht leuchtete wie die Sonne und seine Kleidung wurde strahlend weiss. Auf einmal erschienen Mose und Elia und begannen mit Jesus zu sprechen. Petrus rief aus: ‚Herr, wie wunderbar ist das! Wenn du willst, baue ich drei Hütten, eine für dich, eine für Mose und eine für Elia.‘ Doch noch während er das sagte, glitt eine helle Wolke über sie, aus der eine Stimme zu ihnen sprach: ‚Dies ist mein geliebter Sohn, an dem ich meine Freude habe. Hört auf ihn‘» (Matthäus 17,2-5 NLB). Diese Begegnung auf diesem ungenannten Berg stellt die Legitimation für Jesus dar. In Elia und Mose begegnen ihm die zwei bedeutendsten und herausragendsten Menschen des alten Bundes. Jesus sieht sich in einer Linie mit diesen beiden. Dennoch unterscheidet er sich von diesen beiden. Waren sie zwar grosse Männer Gottes, so ist er Gottes geliebter Sohn, an dem er seine Freude hat. Ja in Jesus vollendet sich, an was die beiden mitgearbeitet haben. Gottes Herrlichkeit wird sichtbar auf der Erde. Jesus ist die Vollendung der Propheten und des Gesetzes und schliesst an diese an. «Jesus antwortete: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben, von ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken! Das ist das erste und wichtigste Gebot. Ein weiteres ist genauso wichtig: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Alle anderen Gebote und alle Forderungen der Propheten gründen sich auf diese beiden Gebote» (Matthäus 22,37-39 NLB).
Heute Gott begegnen
Doch wie können wir heute Gott begegnen im Angesicht grosser unüberwindbarer Berge in unserem Leben? Wir haben keine Propheten wie Elia oder grosse Anführer wie Mose mehr. Auch Jesus Christus ist nicht mehr hier, der den Himmel und die Erde zusammenhält. Um diese Frage zu beantworten wollen wir nochmals in den Text aus Psalm 121 eintauchen. «Ich schaue hinauf zu den Bergen - woher wird meine Hilfe kommen? Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat» (Psalm 121,1-2 NLB). In diesen Versen liegen zwei Antworten. Zum einen kann es tröstlich sein zu Gott zu beten und zu wissen, dass er der Schöpfer der gesamten Welt, auch der Berge ist. Also ist für ihn nichts unmöglich und er kann mir helfen.
Für die andere Antwort aus diesen Versen muss ich ein wenig weiter ausholen. Zurzeit als dieser Text geschrieben wurde, gab es in ganz Israel nur einen Ort, an dem Gott begegnet werden konnte. Dies war der Tempel in Jerusalem auf dem Berg Zion. Die Israeliten hatten einige Gebote und mussten, um etwas mit Gott wieder ins Reine zu bringen, nach Jerusalem kommen und dort ein Opfer darbringen. Dort vor Ort gab es Vermittler, welche halfen, damit dies wieder ins Reine kam, die Priester. Dieser Tempel war Gottes Wohnung auf der Erde. Es war der Ort, an dem der Himmel und die Erde zusammenkamen. Hier wird auch oftmals vom alten Bund gesprochen, welcher das Heiligtum in Jerusalem als Mittelpunkt hatte. Wer also Gott begegnen wollte, pilgerte nach Jerusalem. Die Stadt liegt auf 760 m.ü.M. und ringsherum sind Täler. Wenn also jemand vom Toten Meer her oder auch vom Mittelmeer nach Jerusalem hinaufzog, dann legte er einiges an Höhenmeter zurück. Wenn nun also der Psalmist schreibt, schaue ich hinauf zu den Bergen, dann ist damit auch der Tempel Gottes gemeint. Die Frage die sich anschliesst, ist dann bloss rhetorischer Natur. Denn der Schreiber weiss genau, von wo seine Hilfe kommt. Daher auch die Antwort in Vers zwei. Doch durch Jesus Christus brach etwas Neues an. Hier wird auch vom neuen Bund gesprochen. Dieser neue Bund besteht darin, dass keine Vermittlerschaft durch einen Priester mehr nötig ist. Es ist auch nicht mehr nötig zu einem irdischen festgelegten Heiligtum zu pilgern und dort Gott zu begegnen. Durch Jesus Christus, Gottes geliebten Sohn, ist Gott jedem Menschen ganz nahe, der nach ihm sucht. So kann Gott dort begegnet werden, wo man sich gerade befindet, auch wenn natürlich gewisse Orte wie bspw. Berge immer noch ihren besonderen Reiz haben.
Wenn du dich selbst als Nachfolger von Jesus Christus bezeichnest. Wo begegnest du Gott? Welche Orte berühren dich und du kommst dort in Kontakt mit dem Schöpfer von Himmel und Erde? Wenn du der ganzen Geschichte mit Gott gegenüber eher distanziert eingestellt bist, dann möchte ich dich fragen, wo suchst du dir Entspannung von deinen Bergen? Was oder wen suchst du, wenn Berge dich zu erdrücken scheinen? Gott verspricht uns, dass er sich finden lässt, wenn wir ihn suchen. «Denn ich weiss genau, welche Pläne ich für euch gefasst habe, spricht der Herr. Mein Plan ist, euch Heil zu geben und kein Leid. Ich gebe euch Zukunft und Hoffnung. Wenn ihr dann zu mir rufen werdet, will ich euch antworten; wenn ihr zu mir betet, will ich euch erhören. Wenn ihr mich sucht, werdet ihr mich finden; ja, wenn ihr ernsthaft, mit ganzem Herzen nach mir verlangt, werde ich mich von euch finden lassen, spricht der Herr» (Jeremia 29,11-14a NLB). Wenn wir Jesus Christus nachfolgen, dann schenkt uns Gott seinen Heiligen Geist. Dieser möchte uns helfen, mit den Bergen in unseren Leben umzugehen. Vielleicht hilft er uns auch eine andere Perspektive zu gewinnen und wir merken, dass diese Berge nicht mehr so bedrohlich sind.
Mögliche Fragen für die Kleingruppe
Bibeltext lesen: Psalm 121,1-2; Matthäus 17,1-21
- Was empfindest du, wenn du an Berge denkst? Geht dein Herz auf oder macht es dir Angst?
- Was sind Berge in deinem Leben? Gibt es welche, die du immer vor dir herschiebst? Welche scheinen unbezwingbar?
- Hast du bereits so einen Bergmoment erlebt, an dem sich Himmel und Erde begegneten? Wie fühlte sich dies an?
- Verstehst du die Rolle von Elia und Mose im Gegenzug zu Jesus Christus?
- Wo begegnest du Gott? Gibt es irgendeinen Ort, den du für Gottesbegegnungen besonders liebst?
- Wie suchst du Gott? Hat er sich von dir finden lassen?