Elia – vom heiligen Gott bekocht und berührt

Datum: 3. September 2023 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: 1. Könige 19,1-10

Elia hat eine grosse Schlacht für Jahwe, seinen Gott, geschlagen und gewonnen. Leider bleibt die erwartete Antwort von Gott aus, was Elia verwirrt und in eine Depression treibt. Mutlos macht er sich auf, um diesen heiligen und fremden Gott zu sehen. Auf dem langen Weg zum Berg Gottes begegnet ihm sein Gott in unbeschreiblicher Vielfalt und Weisheit.


In einer Stadt wie Vancouver, in der ich nun längere Zeit gelebt habe, besteht ein riesiges Angebot für Spiritualität. Es gibt buddhistische Tempel, islamische Zentren, viele Kirchen und auch Stände am Strassenrand, wo man das persönliche Horoskop abholen kann. In einer pluralistischen, technologischen und globalisierten Gesellschaft merken die Leute, dass sie nicht ohne das Göttliche leben können. Es gibt beinahe so viele Religionen wie Menschen. Noch vor 30 Jahren war die Frage: Kann ich an Gott glauben? In der postmodernen Ära ist die Frage: An welchen Gott soll ich glauben?

Der ganz Andere in Aktion

Die Propheten im Alten Testament lebten unter ähnlichen Voraussetzungen. Sie waren spirituelle Führer in einer Zeit, als die Leute von allerlei Art von Göttern und Religionen umgeben waren. Für diese Menschen stellte sich ebenfalls die Frage, wie sie unter all den wetteifernden spirituellen Möglichkeiten und Angeboten entscheiden können.

Als Elia Prophet war, etablierte das Königsehepaar des Nordreichs von Israel, Ahab und Isebel, die Anbetung Baals als die offizielle Religion in Israel. Die Göttin Aschera hatte ebenfalls guten Zulauf. Baal hatte 450 Propheten, Aschera 400. Elia war der einzige Prophet von Jahwe, des dreifach heiligen Gottes. Und er hatte eine Idee. «Elia stellte sich vor das Volk und sagte: ‘Wie lange wollt ihr noch hin- und herschwanken? Wenn der HERR (Jahwe) Gott ist, folgt ihm! Wenn aber Baal Gott ist, dann folgt ihm!’ Doch das Volk schwieg» (1Könige 18,21 NLB).

Um herauszufinden, ob Jahwe oder Baal Gott ist, veranstaltete er auf dem Berg Karmel einen Wettbewerb. Oben auf dem Berg baute er zwei Altare auf. Dann forderte er die 450 Baalspropheten auf, einen Stier in Stücke zu schneiden und diese auf das Holz des Altars zu legen. Elia tat das gleiche. Und nun sollten beide Parteien ihren jeweiligen Gott anrufen. Der wahre Gott ist der, der mit Feuer antwortet. Obwohl die Baalspropheten einen ganzen Tag lang schrien, tanzten und letztlich in Ekstase gerieten, geschah rein gar nichts.

Dann richtet sich das Augenmerk auf Elia. Um die Bedingungen noch etwas zu erschweren, bewässert er Altar und Holz grosszügig. Dann betet er: «’Antworte mir, HERR! Antworte mir, damit dieses Volk erkennt, dass du, HERR, Gott bist und dass du ihre Herzen zurückerobert hast.’ Da liess der HERR Feuer herabfallen und setzte das Opferfleisch, das Holz, die Steine und die Erde in Brand und trocknete sogar den Graben aus. Als das Volk das sah, warfen die Menschen sich zu Boden und riefen: ‘Der HERR ist Gott! Der HERR ist Gott!’» (1Könige 18,37-39 NLB). Daraufhin liess Elia alle 450 Baalspropheten töten.

Ich stelle mir das gleiche in Seon auf dem Fornholz vor. Hätte ich den Mut, so öffentlich auf Jahwe zu setzen? Würde er das Wunder tun? Das Resultat jedenfalls ist beeindruckend: unisono bekannte das Volk den HERRN als Gott.

Eines ist sicher: Jahwe, der dreimal heilige Gott, ist der einzige aller Götter, der lebendig und kreativ ist. Genauso sicher ist, dass Wunder nicht automatisch zum Glauben führen. «Doch trotz der vielen Wunder, die er getan hatte, glaubten die meisten Menschen nicht an ihn» (Johannes 12,37 NLB). Es gibt den Ausdruck, dass die Christen das fünfte Evangelium seien. Die Leute lesen nicht mehr die Bibel mit den vier Evangelien, sehen jedoch die Exponenten des christlichen Glaubens. In unserem Jahresthema werden wir herausgefordert: «Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig» (3Mose 19,2 NLB). Geben wir doch unseren Mitmenschen die Chance, den wahren Gott zu erkennen, indem sie uns beobachten!

Elia versteht die Welt nicht mehr

Im letzten Vers des Kapitels steht: «In diesem Augenblick kam die Kraft des HERRN über Elia. Er gürtete seinen Mantel und lief den ganzen Weg nach Jesreel vor Ahab her» (1Könige 18,46 NLB). Warum läuft der gute Mann geradewegs in die Hauptstadt? Elia war ein gesuchter Mann, auf den ein Kopfgeld ausgesetzt war. Die einzige Erklärung ist die, dass er erwartete, dass Ahab und Isebel nun Busse tun oder sonst von den Leuten rausgeschmissen würden. Er erwartete, dass der Glaube an Jahwe wieder zum offiziellen Glauben Israels werden würde. Doch Isebel sandte ihm eine Nachricht mit konträr anderem Inhalt: «Die Götter sollen auch mich töten, wenn ich nicht morgen um diese Zeit das Gleiche mit dir tue, wie du es mit ihnen gemacht hast. Da bekam Elia Angst und floh um sein Leben. Er ging nach Beerscheba in Juda; dort liess er seinen Diener zurück.» (1Könige 19,2f NLB).

Elia hatte einen Diener, nicht weil er ein reicher Mann, sondern ein Prophet war. Das ist sein Personal. In anderen Worten: Elia quittiert seinen Dienst. Und im nächsten Vers bietet er Gott an, sein Leben zu nehmen. So sieht eine ausgewachsene Depression aus. In dieser traurigen Verfassung rannte Elia in die Wüste, dem «Berg Gottes, dem Horeb» (V.8 NLB) entgegen. Dieser Berg hat noch einen bekannteren Namen: Berg Sinai. Und er wird «Berg Gottes» genannt, weil Mose dort Gott in seiner Herrlichkeit begegnete. Elia rannte zum Berg Horeb, weil er – wie Mose – Gott sehen wollte!

Der Grund für den ‘Absturz’ Elias ist seine tiefe Überzeugung, dass er geliefert hat, doch Gott kein verlässlicher Partner ist und seinen Beitrag nicht leistet. Mit dem Satz, «Ich habe sehr geeifert für den HERRN, den Gott der Heerscharen» (V.10+13 ELB), bringt er dies zum Ausdruck. Obwohl Elia das Wunder erlebte und die Baalspriester tötete, blieb das nationale Führerduo unbeeindruckt. Und das Volk demonstrierte nicht mit dem Slogan: «Wir wollen den HERRN zurück!» Es wird noch einige Zeit vergehen, bis Elia durch Gottes Wort überführt wird und zum Punkt kommt, an dem er merkt, dass er Gott zum Diener seiner Pläne gemacht hat.

Der ganz Andere ganz liebevoll

Manchmal singen oder sagen wir, dass Gott souverän sei. Nicht selten brauchen wir den Ausdruck gar als Synonym für Gottes Heiligkeit. Souverän assoziiert, dass Gott über allem steht, abgeklärt und etwas distanziert ist. In der folgenden Begegnung mit Elia lernen wir den heiligen Gott ganz anders kennen. Der HERR begegnet Elia in unbeschreiblicher liebevoller und vielfältiger Weisheit! Er tut dies, indem Er einen Engel sendet. Was tut Gott durch den Engel zuerst mit diesem völlig mutlosen und deprimierten Propheten? Er sagt nicht: «Fürchte dich nicht!» Auch nicht: «Ich bringe dir eine gute Botschaft!» oder «Tue Busse!». Nicht einmal: «Möchtest du darüber reden?» Alles, was der Engel Gottes tut, ist, für Elia kochen und ihn berühren! «Dann legte er sich hin und schlief unter dem Strauch ein. Doch plötzlich berührte ihn ein Engel und sagte zu ihm: ’Steh auf und iss!’» (1Könige 19,5 NLB). Der heilige Gott – massgeschneidert, persönlich und liebevoll!

Der Engel verschwindet und erscheint wenig später ein zweites Mal. Wiederum berührt Er Elia und ermutigt ihn, in seinem Vorhaben, Seinen Gott zu sehen, weiterzugehen. So ging er 40 Tage und Nächte weiter zum Berg Horeb. Dort angekommen stellt ihm der HERR zweimal die gleiche Frage: «Was tust du hier, Elia?» (V.9+13 NLB). Dann hört Er lange zu. Wenn Gott uns eine Frage stellt, geht es nie darum, dass Er Informationen bekommt, sondern dass wir Informationen bekommen.

Elia hat eine körperliche Natur und lebt in einer physischen Welt. Manchmal brauchen wir keine Predigt und keine Lektion, sondern einen langen Schlaf, einen Spaziergang am See oder ein Essen in einem guten Restaurant. Wir Menschen sind zudem auf Beziehung angelegt und brauchen Nähe und Berührung. Ebenso haben wir eine psychische Natur und brauchen jemanden, der uns zuhört und mit uns spricht. Und zu guter Letzt sind wir auch spirituelle Wesen, die Gottes Wort brauchen. Wir müssen Gottes Gegenwart kommen und seine Stimme hören. Bei Elia geschieht dies erst ab Vers 15, was Inhalt der nächsten Predigt sein wird. Faszinierend, wie liebevoll der heilige Gott alle Dimensionen des Menschseins ernstnimmt und ihnen begegnet!

Wenn wir zusehen, wie jemand eine depressive Person behandelt, erfahren wir viel über seine Weltsicht. Einige Leute haben eine vorwiegend wissenschaftliche Sicht. Der Mensch wird auf Mechanik, Chemie oder Synapsen reduziert. Die Empfehlung lautet demnach: «Es ist ein chemisches Problem, nimm eine Tablette!» Andere reduzieren den Menschen auf die geistliche Ebene. Sie sind sicher, dass du nicht betest, den Blutschutz Christi nicht in Anspruch genommen hast oder zu wenig glaubst. Solche Leute würden nie eine Tablette nehmen, denn dies ist Mangel an Glauben. Viele Leute reduzieren den Menschen auf die psychologische Ebene und sagen: «Du brauchst Gespräche bei einem Psychologen. Wahrscheinlich wurdest du missbraucht.» Wenn eine Weltsicht alles auf eine Ebene reduziert, ist das eine unzulässige Verkürzung des Problems.

Der heilige Gott begegnet dem entmutigten Elia in einem überaus vielfältigen und liebevollen Ansatz: Er kocht und berührt (V.5), kocht und berührt (V.7), stellt Fragen (V.9+13) und hört zu. Erst viel später spricht Er zu Elia und korrigiert seine falschen Glaubenssätze auf äusserst sensible und weise Art.

 

Obwohl ganz anders, fremd, heilig, souverän, begegnet Er uns Menschen individuell, persönlich, liebevoll, massgeschneidert, weise. Der heilige Gott wurde in der Person von Jesus Christus sogar Mensch, um dich und mich genau dort abzuholen, wo wir stehen. Letzten Freitagmorgen las ich in der Bibel ‘The Message’: «He’ll make the road smooth for you!» Jesus ist gekommen, um deine Strasse zu Gott glatt und sämig zu machen. Nun liegt es an uns, diese Strasse zu benutzen!

 

Mögliche Fragen für die Kleingruppe

Bibeltext lesen: 1. Könige 18,1-19,10

  1. Auf dem Karmel hat sich Jahwe als der wahre Gott erwiesen. Würdest du an Elias Stelle bei einem solchen Wettbewerb auf deinen Gott setzen? Wie können unsere Mitmenschen im heutigen spirituellen Wirrwarr den wahren Gott erkennen?
  2. Wie geht Gott mit dem völlig entmutigten und sterbewilligen Elia um? Was können wir davon für unseren Umgang mit Menschen lernen? Wer braucht deine Berührung und dein Kochen? Wem könntest du Engel Gottes sein?
  3. Welche der Interventionen Gottes bezeichnen wir gemeinhin als «geistlich»?
  4. Als Gott sprach, stellte er nur eine einfache Frage und hörte dann zu. Was könnte das für unsere Kommunikation mit Gott bedeuten?
  5. Wie lange dauerte es, bis Elia das Reden Gottes am Horeb vernahm (2Könige 19,15)? Bist du bereit, diesen langen Weg zum Berg Gottes zu gehen?