Gottes Heiligkeit heilt
Serie: Heilig - Heilig - Heilig | Bibeltext: 4. Mose 12; Hebräer 11,13
Durch das schlichte Gebet von Mose «Ach Gott, heile sie» wurde Mirjam vom Aussatz geheilt. Auch heute gilt, dass Gottes Heiligkeit heilt. Seit der ersten Infragestellung Gottes durch den Menschen im Garten Eden gehört die Krankheit zu unserem Erdendasein. Wenn wir um Heilung beten, tun wir das mit der grossen Gewissheit, dass Gott immer heilt – manchmal im Jetzt, hundertprozentig im Morgen.
Nach den Begegnungen mit dem heiligen Gott leuchtete das Gesicht von Mose so stark, dass er es mit einem Tuch bedeckte. Er wurde durch die Heiligkeit Gottes geheiligt. Eines Tages kam es zum Familienzwist mit Schwester Mirjam, die eine Prophetin war, und Bruder Aaron, der Priester war. Die zwei Geschwister redeten abfällig über Moses Frau, und zwar wegen ihrer braunen Hautfarbe. Vermutlich ging es aber weniger rassistische Fragen, sondern um Moses prophetische Sonderstellung. «Sie fragten: ‘Hat der HERR wirklich nur durch Mose geredet? Hat er es denn nicht auch durch uns getan?’ Und der HERR hörte es» (4Mose 12,2 NLB). Neid, Eifersucht und Konkurrenzdenken sind die Eltern dieser Frage. Mose trägt diese Demütigung still: «Mose war sehr demütig, es gab niemanden auf der Erde, der demütiger war als er» (V.3 NLB). So überlässt er die Sache dem HERRN.
Krankheit in einer gefallenen Welt
Die Folge dieses Putschversuchs war für Mirjam verheerend. Nach einem kurzen Zwiegespräch, in dem der HERR die Sonderstellung Moses bekräftigte, wurde sie vor Aussatz weiss wie Schnee. Seit der ersten Infragestellung Gottes durch den Menschen im Garten Eden gehört die Krankheit zu unserem Erdendasein. Die Sünde ist Verursacherin von Krankheit. Sünde bedeutet, sein Vertrauen auf etwas anderes als Gott zu setzen.
Kürzlich sind mir zwei tragische Geschichten begegnet. In der Zeitschrift AufAtmen 1/2023 beschreibt Mirjam, Mutter von drei Schulkindern, wie ihr Mann Sebastian an Krebs erkrankte und mit 42 Jahren verstarb. Fast gleichzeitig las ich in der Osterausgabe der Zeitung «Viertelstunde für den Glauben» von einer sechsköpfigen Familie. Der Vater namens Elias, ein Realschullehrer, starb am 1. Dezember 2021 mit gerade mal 41 Jahren an einer Lungenembolie. Sebastian und Elias – zwei Familienväter im besten Alter – werden krank und sterben. Das ist die traurige Realität in einer gefallenen Welt. Und was tut Gott? Nichts?
An einer Stelle fragt Jesus, ob die achtzehn Männer, die von einem umstürzenden Turm getötet wurden, die grössten Sünder waren (Lukas 13,4). «Nein. Ich sage euch noch einmal: Wenn ihr nicht Reue zeigt und auf eurem Weg umkehrt, werdet ihr genauso umkommen» (Lukas 13,5 NLB). Bei Mirjam schlug das Schicksal direkt und unmittelbar nach ihrer Zielverfehlung zu. Das ist aber in den allermeisten Fällen nicht der Fall. Krankheit und Sündhaftigkeit bei einem Menschen laufen nicht parallel. Dennoch gehören Krankheiten in die Kategorie «Folge des Sündenfalls».
Heilung in einer gefallenen Welt
Heilig sein bedeutet, ganz, vollständig und heil zu sein. Der heilige Gott heilt! So war es auch bei Mirjam. «Mose aber schrie zu dem HERRN: Ach, Gott, heile sie!» (4Mose 12,13 LUT). Die Heilung geschah nicht sofort. Doch nach sieben Tagen durfte Mirjam wieder kerngesund ins Lager der Israeliten zurückkehren. Gottes Selbstvorstellung lautet: «[...] Ich bin der HERR, dein Arzt» (2Mose 15,26 LUT).
Heilt Gott immer? Die Geschichten von Sebastian und Elias sowie tausend weitere Erfahrungen zeigen, dass Gott nicht immer heilt. Wenn Jesus davon ausgegangen wäre, dass Heilung immer bereitsteht, hätte er im Weltgericht nicht lobend über seinen Nachfolgern ausgesprochen: «Ich war krank, und ihr habt mich gepflegt» (Matthäus 25,36 NLB), sondern: «Ich war krank, und ihr habt mich geheilt.» Und wenn Gott immer heilen würde, würde niemand mehr sterben. Das Altern ist eine Form des körperlichen Zerfalls. Die Zellteilung verlangsamt sich, die Haut wird schlaffer, die Haare auf dem Kopf fallen aus, die Sehkraft nimmt ab. Das Ganze mündet unaufhaltbar ins Sterben. So konstatiert Paulus: «Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick mit uns seufzt, wie unter den Schmerzen einer Geburt» (Römer 8,22 NLB). Die Qualität einer Kirche zeigt sich nicht zuerst daran, wie vollmächtig sie heilt, sondern, wie liebevoll sie kranke Menschen begleitet.
Ich bin überzeugt, dass sofortige Heilung längst nicht immer zielführend ist. Manchmal möchte der heilige Gott uns auch zurechtbringen. Es gibt nämlich durchwegs auch Krankheiten, die wir selbst verursachen. So kann Bitterkeit im Herzen psychische oder auch körperliche Beschwerden nach sich ziehen. Kürzlich gab es im Schweizer Fernsehen eine Sendung über Ernährung. Als Beispiel zeigten sie einen früheren Eishockeyspieler, der nur durch Umstellung der Ernährung gesund wurde. Andere haben Gelenk- oder Rückenprobleme aufgrund dessen, dass sie sich zu wenig bewegen. In solchen Fällen wäre eine Spontanheilung eine unzulässige Abkürzung, die nicht zur nachhaltigen Verbesserung der Lebensqualität verhilft. Die Frage nach der eigenen Verantwortung bei einer Erkrankung sollten wir uns unbedingt stellen.
Und dennoch gilt: Der heilige Gott heiligt und heilt! Zurzeit Mose mussten aussätzige Menschen ausserhalb des Lagers leben, weil die Gefahr der Verbreitung der Krankheit zu gross war. Jesus hingegen setzte sich über diese Konvention hinweg und heilte aussätzige Menschen, indem er sie berührte. Das Heilige ist stärker als die Unreinheit. Deshalb geht es darum, kranke Menschen mit der Heiligkeit Gottes in Verbindung zu bringen. Mich begeistert das schlichte Gebet von Mose: «Ach, Gott, heile sie!» Kein Zehnpunkteprogramm, keine magische Formel, einfach eine schlichte, überzeugte Anrufung des HERRN. Es ist das Gebet eines Mannes, der sich regelmässig Gottes Heiligkeit aussetzt. Aus diesem Geheiligt-Werden heraus erwuchs seine Demut und Autorität. Das sind Grundvoraussetzungen für einen Heilungsdienst.
Wir leben bezüglich des Reiches Gottes im «Jetzt schon» und «Noch nicht». Jetzt schon dürfen wir zeichenhaft die Kraft aus der neuen Welt Gottes erfahren und dennoch erleben wir Gottes Reich noch nicht in Vollendung. Krankenheilung ist ein Vorbote der neuen Welt, die wir bereits zeichenhaft, aber leider noch nicht flächendeckend erfahren dürfen. Wir rechnen damit, dass auch in unserer Mitte Heilungen geschehen werden. Dafür wollen wir Raum schaffen und das Gebet für Krankenheilung fördern.
Heilung in einer neuen Welt
Sebastian stirbt zu Hause, in Mirjam Armen. Eine der Söhne sagt später: «Wir haben immer gebetet, dass der Krebs besiegt wird. Jetzt ist der Krebs tot und der Papa lebt.» Der Zimmerkollege von Elias schreibt: «Unsere Gebete um Heilung wurden erhört, wenn auch auf unterschiedliche Weise. Elias wird nie mehr leiden müssen.» Die Frau des verstorbenen Elias sagt: «Wir bleiben nicht bei Karfreitag stehen. Wir gehen hinüber zu Ostern. Das war immer sehr tröstlich.»
Ist das billige Jenseitsvertröstung? Einfach nur Ausdruck der Enttäuschung und schwacher Trost, dass Gott nicht geheilt hat? Der für mich wichtigste Satz in der Bibel zum Thema Krankenheilung lautet: «All diese Menschen glaubten bis zu ihrem Tod, ohne erhalten zu haben, was Gott ihnen versprochen hatte. Doch sie sahen das, was ihnen zugesagt war, von Weitem und freuten sich darauf, denn sie hatten erkannt und bezeugt, dass sie hier auf der Erde nur Gäste und Fremde waren» (Hebräer 11,13 NLB). Wenn wir für Kranke beten, tun wir das mit grosser Überzeugung, dass Gottes Heiligkeit heilt. Deshalb beten wir ohne Wenn und Aber mit Mose: «Ach Gott, heile doch!» Im Gebet und im Glauben bringen wir kranke Menschen mit Gottes Heiligkeit in Berührung. Dabei nehmen wir nicht nur das zeitliche, sondern auch das ewige Leben in den Fokus. Einer der Söhne von Elias sagt: «Der Verlust ist gross. Im ersten Moment schrie ich Gott an: Warum machst du das? Dann kam der Friede. Die Trauer ist da, aber keine Hoffnungslosigkeit.» Heilt Gott immer? Ja, das tut er, aber nicht immer im zeitlichen Leben. Aus Gottes Sicht steht unser Heil über der Heilung. Deshalb hat Wilhelm Busch einmal gesagt: «Es ist besser, gelähmt Jesus zu gehören und ein Kind Gottes zu sein, als mit zwei gesunden Beinen in die Hölle zu springen!»
Wenn du trotz Krankengebet keine Heilung erfährst, ist das kein Zeichen dafür, dass Gott dich vergessen hat oder dich nicht liebt. Die zutiefst verletzte und verlassene Hagar betete: «Du bist ein Gott, der mich sieht» (1Mose 16,13 LUT). Gott sieht deine Not, Er hört dein Schreien und entwirft einen Rettungsplan, der eines Tages umgesetzt werden wird. Wir wollen eine Kirche sein, die nicht nur für Kranke betet, sondern sie auch begleitet. «Ich war krank, und ihr habt mich gepflegt» (Matthäus 25,36 NLB). Frage Gott, ob Er dir durch die Krankheit etwas sagen will. Solltest du in deinem Leben etwas verändern? Dich mit jemandem versöhnen? Deine Lebensgeschichte aufarbeiten? Es ist aber wichtig, in diesem Frageprozess eine heilige Gelassenheit zu bewahren. Wenn dir Gott etwas sagen will, dann tut Er so, dass du es verstehst. Wenn du aber in deinem Leiden nichts hörst, dann lasse wieder für dich beten und bete den HERRN in Ehrfurcht an. Es gehört zur geheimnisvollen Heiligkeit Gottes, dass wir nicht alles verstehen. Und gerade schwere Zeiten sind Einladungen in Gottes Herrlichkeit.
Meine Mutter musste kürzlich ihre Hand operieren lassen. Als ich sie nach ihrem Ergehen fragte, meinte sie: «Jetzt habe ich doch so gebetet, dass es keinen Eingriff braucht.» Voller Freude berichtete sie dann aber, dass sie sich rund um die OP überaus geborgen und getragen gefühlt hat. Der Einbezug eines Arztes und die Erwartung von Heilung durch Gott ist kein Widerspruch. Die Frage ist vielmehr, auf was wir unser Vertrauen setzen. Über König Asa heisst es: «Im 39. Jahr seiner Regierungszeit befiel Asa ein Fussleiden. Doch selbst in dieser schlimmen Krankheit suchte er nicht beim HERRN, sondern nur bei seinen Ärzten Hilfe» (2Chronik 16,12 NLB). Er vertraute den Ärzten mehr als dem HERRN und das besiegelte seinen Untergang.
Gottes Heiligkeit heilt immer – manchmal im Jetzt, hundertprozentig im Morgen! Aus dieser Überzeugung heraus wollen wir in der seetal chile das Krankengebet fleissig anbieten. Wir erwarten Heilung – den Zeitpunkt überlassen wir Gott. Das Gefäss des Gottesdienstes am Abend ist wie gemacht dafür. Wir wollen diesen Dienst wie Mose tun: Mit dem Glanz der Herrlichkeit Gottes auf dem Gesicht, demütig, in aller Schlichtheit und aus voller Glaubensüberzeugung.
Mögliche Fragen für die Kleingruppe
Bibeltext lesen: 4. Mose 12 und Hebräer 11,13
- Mirjam wurde vom Aussatz geheilt (4Mose 12). Was war die Ursache der Krankheit? Was war ihr Beitrag zur Heilung? Was war Moses Beitrag?
- Wie würdest du den Zusammenhang von Sünde und Krankheit beschreiben?
- Was ist das Potenzial von Krankheit? Was könnte der Grund sein, wenn trotz Gebet keine Heilung geschieht?
- Wie könnte man als Betroffener damit umgehen, dass die Krankheit trotz Gebet nicht weicht? Wie sollen nicht betroffene mit betroffenen Menschen umgehen?
- Lest Hebräer 11,13. Welchen Einfluss hat dieser Vers auf unsere Heilungsgebete?