Sonntag, weit mehr als ein Ruhetag

Datum: 6. Februar 2022 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: 1. Mose 2, 2-4

Der siebte Tag der Schöpfung ist weit mehr als nur ein Ruhetag. Gott hat ihn geschaffen als ein Segenstag für einen speziellen Zweck. Der Sabbat Tag, ist nicht wirklich ein Gebot, sondern eine privilegierte heilige Zeit den wir mit unserem Schöpfer verbringen dürfen. Aus dieser heiligen Zeit mit Gott wird unser Glaubensleben lebendig.  


Als ich nach Kanada flog, um Theologie zu studieren, erwartete ich, dass dieses westliche Land eine sehr ähnliche Kultur wie diejenige der Schweiz pflegt. Doch weit gefehlt. Überrascht war ich auch über die verhärteten Debatten darüber, welche denn nun die einzig richtige Bibelübersetzung sei. Einige Christen glauben, dass es nur eine legitime Übersetzung gibt, die «King James Version». Die KJV ist in sehr altmodischem Englisch verfasst und sticht unter anderem mit Ausdrücken wie «thou» und «thee» heraus. Mit diesen alten Höflichkeitsformen wird Gott angeredet. Ich konnte nicht begreifen, warum Christen von einer einzigen Bibelübersetzung so besessen sind. Für mich war klar: Die Originaltexte sind in hebräischer bzw. griechischer Sprache verfasst und nicht in englischer.

Einige Jahre später ist mir aufgefallen, dass für viele junge Christen Gott nur noch ein Kumpel ist. Gott ist ja sehr persönlich und nahe, aber er ist noch viel grösser. Ich folgte der Frage, wo Gottes Grösse und Heiligkeit geblieben sind, und fragte mich, was aus dem allmächtigen, ehrenvollen Gott wurde. Auf der Suche fiel mir auf, dass die King-James-Bibel-Leser ein grösseres Gottesbild haben. Sie halten Gott in grossen Ehren, für sie ist Er der grosse, mächtige, starke El Elohim, den man respektieren muss. Er ist nicht nur ein Kumpel, der unser Bestes will. 

Ich habe aus erster Hand erlebt, was Sprache bewirkt. Viele Studien belegen, dass unsere Sprache unsere Kultur stark beeinflusst. Es gibt im Englischen ein Sprichwort: «change the language - change the culture.» Auf Deutsch: Änderst du die Sprache, änderst du die Kultur.  Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, dass wir die Bibel in ihrer Grundsprache richtig verstehen. Pastor Matthias sagte zu Jahresanfang, dass wir als seetal chile dieses Jahr tiefer in unseren Glauben eintauchen wollen. Wir möchten nicht nur einen oberflächlichen, evangelischen Glauben, sondern eine ganzheitliche Substanz aus der Bibel. Und genau dies möchten wir heute Morgen mit unserem Bibeltext machen. 

Der siebente Tag der Schöpfung

Wir in der seetal  chile haben das Jahr mit der Schöpfung begonnen und sind am 7. Tag angelangt. Im heutigen Text lesen wir: «Und so vollendete Gott am siebenten Tage seine Werke, die er machte, und ruhte am siebenten Tage von allen seinen Werken, die er gemacht hatte. Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken, die Gott geschaffen und gemacht hatte» (1. Mose 2,2-4 LU17) Gott vollendete am siebten Tag seine Schöpfung. Weiter im Text lesen wir, dass er am siebten Tage ruhte. Wenn ich das lese, habe ich persönlich ein theologisches Problem. Mir stellt sich die Frage: War der allmächtige Gott müde, dass er eine Pause brauchte? Die Antwort dazu in dem Buch von Jesaja ist «nein» (Jesaja 40,28), doch wie sollen wir diesen Text dann verstehen? 

Um dem nachzugehen, analysieren wir das hebräische Wort, welches in «ruhte» übersetzt wurde. Es ist der äusserst interessante Ausdruck «Sabbat» (Sbt). Nach genauem Recherchieren kam ich zum Schluss, dass man an dieser Stelle «ruhen» mit «aufhören» übersetzen könnte. In anderen Worten: Gott war mit der Schöpfung (Creatio) fertig und hörte auf. Dies hilft uns, Gott zu verstehen. Doch viel wichtiger, als dass Gott aufhörte, ist, dass er einen siebten Tag machte, und ihn segnete und heiligte. Gott segnete ihn, es ist also ein Tag, der Segen bringen soll. Er heiligte ihn, das heisst: Er hat ihn abgegrenzt, auf die Seite gesetzt und ihm eine spezielle Bedeutung gegeben. Im Alten Testament können wir diese spezielle Bedeutung erkennen.

Nachdem Gott die Israeliten vor ihrer Sklaverei gerettet hatte, gab Er ihnen den Sabbat (2. Mose 31,17) als ein Zeichen des Bundes (Vertrag), ein Wahrzeichen, dass sie das auserwählte Volk sind. Im Weiteren war der Sabbat ein Tag, um der mächtigen Taten Gottes zu gedenken. Sie (die Israeliten) sollten nie vergessen, was Gott für sie getan hat. Jeden siebten Tag sollten sie sich daran erinnern. Wir lesen: «Denn du sollst darandenken, dass auch du Knecht in Ägyptenland warst und der Herr, dein Gott, dich von dort herausgeführt hat mit mächtiger Hand und ausgerecktem Arm. Darum hat dir der Herr, dein Gott, geboten, dass du den Sabbattag halten sollst» (5. Mose 5,15 LU17) Die Israeliten sollten nicht vergessen, dass sie Tag und Nacht schuften mussten. Sie wurden zum ökonomischen (wirtschaftlichen) Motor für Ägypten. Vom ägyptischen Herrscher auf allen Ebenen ausgebeutet, doch Gott hat sie aus der Sklaverei errettet und einen Tag geschenkt.

Der Sabbat war nicht nur der Wochentag, sondern es gab auch ein Sabbatjahr. Wir lesen: «Wenn ihr in das Land kommt, das ich euch geben werde, so soll das Land dem Herrn einen Sabbat feiern. Sechs Jahre sollst du dein Feld besäen und sechs Jahre deinen Weinberg beschneiden und die Früchte einsammeln, aber im siebenten Jahr soll das Land dem Herrn einen feierlichen Sabbat halten» (3. Mose 25,2-4 LU17) Alle sieben Jahre sollte das Land ein Produktionsjahr (Sabbat) aussetzen. Nicht die Leute, sondern das Land sollte ein Sabbatjahr machen. Den Grund für dieses Sabbatjahr lesen wir im letzten Teil des Satzes: «das Land soll dem Herrn einen feierlichen Sabbat halten.» Die Hoffnung für Alle Übersetzung bringt es bestens auf den Punkt. «Wenn ihr in das Land kommt, das ich euch schenken will, sollen nach jedem sechsten Jahr alle Äcker und Weinberge ein Jahr lang zu meiner Ehre brachliegen» (3. Mose 25,2 HfA) Mit dem Sabbatjahr ehren sie Gott. Dies ist ein Liebesbeweis dafür, dass sie Gott mehr lieben als alle wirtschaftlichen Vorteile, die ein Bebauen des Landes bringen werden.

Neben dem Sabbattag und Sabbatjahr hat Gott noch etwas sehr Interessantes hinzugefügt. Im Buch von Levitikus entnehmen wir: «Und du sollst zählen sieben Sabbatjahre, siebenmal sieben Jahre, dass die Zeit der sieben Sabbatjahre neunundvierzig Jahre mache. Da sollst du die Posaune blasen lassen durch euer ganzes Land am zehnten Tage des siebenten Monats, am Versöhnungstag. Und ihr sollt das fünfzigste Jahr heiligen und sollt eine Freilassung ausrufen im Lande für alle, die darin wohnen; es soll ein Erlassjahr für euch sein. Da soll ein jeder bei euch wieder zu seinem Besitz und zu seiner Sippe kommen» (3. Mose 25,8-10 LU17).  In anderen Worten, nach sieben mal sieben Jahren, also alle fünfzig Jahre, sollte ein Freudenjahr ausgerufen werden. Dies war ein Jahr, in welchem Schulden vergeben wurden und Sklaven ihre Freiheit erlangten. Es war wie ein wirtschaftliches «Resetjahr».

Gott gab den Israeliten den Sabbattag, das Sabbatjahr und das Freudenjahr. Diese drei Gebote haben alle wirtschaftliche Opfer mit sich gebracht. Wöchentlich den Sabbat zu praktizierten, fördert die Tugend Grosszügigkeit. Man praktiziert, dass es noch andere Werte gibt ausser Geld. Doch das Einhalten hat die Israeliten auch vor einem wirtschaftlichen Hamsterrad bewahrt. Ein ökonomisches Hamsterrad, welches nie genug hat, samt dem verbundenen Geiz, der keinen Halt macht vor dem eigenen Körper, den Mitmenschen, den Tieren oder der Natur. Die Gier hat nie genug und kommt nie zur Ruhe.

Viele Juden praktizieren auch heute noch den Sabbat. B&H in Manhattan, New York, ist ein jüdisches Geschäft. Es ist weltweit das beste Foto & Video-Geschäft und hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Zusätzlich zur Verkaufsstelle ist B&H Amerikas grösster Foto & Video-Online-Store. Das Interessante ist (man höre und staune), dass am Sabbat nicht nur der Laden geschlossen ist, sondern auch im Online-Store nichts in den Warenkorb gelegt werden kann. Das ist eine elektronische Transaktion und niemand müsste arbeiten. Es ist eine Tat, um Gott mit einem finanziellen Opfer zu ehren. 

Wir Christen feiern nicht einen Sabbat, sondern Sonntag, den Tag danach. Dazu gibt es viele Erklärungen, welche den heutigen Rahmen sprengen würde. Aber es ist nicht so sehr die Frage, ob Sabbat ein Gebot im Neuen Testament ist oder nicht, welche ich in der Predigt beantworten möchte. Es sind diese drei, Ehre Gott, Dankbarkeit und Grosszügigkeit die weitergehen. Diese auszuleben sind nicht einfach und wir entnehmen dem Alten Testament, dass die Israeliten vielfach ihre Mühe damit hatten. Wenn wir nun auch aus Überzeugung gute Menschen sein möchten, werden wir es wie die Israeliten krampfhaft versuchen und schlussendlich scheitern.

Mit Jesus ist Sonntag nicht ein Gebot, sondern ein Privileg. Jesus sagte: «Kommt alle her zu mir, die ihr euch abmüht und unter eurer Last leidet! Ich werde euch Ruhe geben»  (Matthäus 11,28 HfA) Es ist am Sonntag, wenn wir zu Jesus kommen. Wir legen eine Pause ein, um mit der Krönung der Schöpfung zu sein. Nur so ist die Schöpfung komplett, wenn wir mit unserem Schöpfer zusammen sind. Wir finden Ruhe, wenn wir mit Gott sind. Und nur mit Ihm können wir einen sehr anspruchsvollen christlichen Glauben leben, ohne auszubrennen. 

Es ist Gottes Geist, der in uns lebt, der diese Frucht hervorbringen will. Es ist sein Geist, seine Kraft, die in uns diese Metamorphose bewirkt. «Wenn ihr euch aber von Gottes Geist regieren lasst, seid ihr den Forderungen des Gesetzes nicht länger unterworfen» (Galater 5,18 HfA) Gegen die Frucht des Geistes (Galater 5,22) gibt es kein Gesetz. In anderen Worten, wenn wir in der Frucht des Geistes wandeln, verstossen wir gegen kein Gesetz. 

Gottes Geist bewegt uns jeden Sonntag, die Arbeit sein zu lassen. Wir legen diesen Tag zur Seite, lassen alle wirtschaftlichen Aspekte sein und praktizieren seine Grosszügigkeit. Es ist diese, die uns davor bewahrt, dass wir gierig seine wunderbare Schöpfung ausbeuten. Es ist Frucht des Geistes, dass wir unseren Gott ehren. Es ist die Frucht des Geistes, dass wir uns in Dankbarkeit erinnern, was er geschenkt hat. Jesus hat uns von der Sklaverei errettet, er hat uns zu sich genommen und uns so in die Freiheit genommen. Sonntag, ist nicht ein Tag des nichts tun, sondern ein heiliger Tag an dem wir mit Ihm sind, aus dieser Ruhe fliesst all die Frucht Gottes.

 

 

 

Mögliche Fragen für die Kleingruppen

Bibeltext lesen: 1. Mose 2,2-4

  1. An welche tat Gottes sollten sich die Israeliten am Sabbat erinnern?
  2. Warum war das Erinnern an diese Tat so wichtig?
  3. Laufen auch wir in Gefahr, dass wir Gottes Taten vergessen?
  4. Was passiert wenn wir Gottes Taten vergessen?
  5. Was wäre wenn der Sonntag nur ein Ruhetag wäre?
  6. Was bewahrt uns davor, dass unser Glaube nicht zum Krampf wird?