Zweifel – alles andere als Chips

Datum: 27. Juni 2021 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: Philipper 2,14-16

Zweifel können fördern, lästig oder gefährlich sein – und  sogar als Waffe benützt werden. Kein Wunder kommen Zweifel auch im Gebet von Franz von Assisi vor: «Herr, mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens, dass ich Glauben bringe wo Zweifel droht.»


«Herr, mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens, dass ich Glauben bringe, wo Zweifel droht.» Schon nur die Tatsache, dass Franz von Assisi in seinem tiefgründigen Gebet Zweifel erwähnt, zeigt wie nah uns Zweifel oft sind. Wenn man bei Google das Stichwort «Zweifel» eingibt, kommt man zuerst auf die Homepage der Zweifel Chips. Damit hat meine Predigt heute Morgen gar nichts zu tun! Zweifel können Anzeichen sein von Unsicherheit, Unentschlossenheit, von Skepsis oder einem Hin- und Herschwanken zwischen Möglichkeiten und Meinungen. Zweifel können uns lähmen und in gewissen Lebenssituationen sogar völlig aus der Bahn werfen. Solche Zweifel liebt niemand! Sie quälen uns und wir möchten sie so schnell wie möglich wieder loswerden.

Einige Beispiele von Zweiflern in der Bibel

1.) Schon im Paradies hat Satan Zweifel in die Herzen von Adam und Eva gesät. Gott habe das doch nicht so gemeint, als er ihnen sagte, sie sollen nicht von der Frucht des Baumes mitten im Garten Eden essen, sonst werden sie sterben. «Ihr habt Gott bestimmt falsch verstanden! Ihr werdet doch nicht sterben, im Gegenteil, ihr werden sein wie Gott» flüsterte er ihnen zu. Und was passiert? Beide essen von dieser verlockenden Frucht.

2.) Abraham bekam von Gott eine grosse Verheissung für die Zukunft, und dann bei der Reise nach Ägypten, bangt er plötzlich um sein Leben. Es könnte doch sein, dass die Ägypter mich töten, damit sie mir meine schöne Frau wegnehmen können. Dieselbe Angst befällt ihn im Land der Philister. Er wird zum Wiederholungszweifler! 

3.) Seine Frau Sara zweifelt nach einer langen Zeit des Wartens auf Nachwuchs an der Verheissung von Gott und sie gibt Hagar, ihre Magd, Abraham zur Frau, quasi als Leihmutter.

4.) Mose zweifelt an seinen Fähigkeiten. «Zum Pharao gehen und mit ihm reden. Das Volk Israel aus Ägypten führen! Das ist für mich eine Sandalennummer zu gross. Gott, gib diesen Job bitte einem anderen!»

5.) Die 12 Kundschafter, die das von Gott versprochene Land Kanaan erkundet haben, kommen zurück und verbreiten Zweifel: «Das Land ist fruchtbar und wunderschön  – aber das Volk ist stark – wir können sie nicht überwältigen!» Josua und Kaleb waren die beiden Einzigen, die überzeugt waren, dass Gott sie in dieses Land führen kann. 2 gegen 10, das war aussichtslos, das ganze Volk wandte sich auf die Seite der Zweifler! So ansteckend kann Zweifel sein!

Kennen wir solche Zweifel wie sie hier im Alten Testament vorkommen auch? Zweifel an Gottes Liebe! Zweifel an Gottes Schutz und Bewahrung. Zweifel an Gottes Zusagen. Zweifel ob ich den Auftrag, den Gott mir gibt, ausführen kann. Zweifel, dass Gott Unmögliches wahr machen kann.

Was sind deine aktuellsten Zweifel? Du fragst Gott um seine Meinung, aber er gibt dir keine Antwort. Du bist krank, viele haben schon für dich gebetet, aber du wartest immer noch auf Besserung. Du hast gefühlte tausend Bewerbungen losgeschickt und bist immer noch stellenlos. Du hast finanzielle Engpässe und fragst dich, ob du über die Runden kommst! Du bist beim Lesen der Bibel auf eine Stelle gestossen, wo du nur den Kopf schütteln kannst: «Das gibt`s doch nicht, das kann doch nicht sein!»

Zweifel lauern hinter vielen Ecken. «Wo ist denn der gute, liebende Gott? Warum greift er nicht ein?» Leute die mit Jesus unterwegs sind und die ihr Leben bewusst mit Gott leben wollen, stehen oft vor wichtigen Entscheidungen. Sie beten, dass Gott sie leitet. Doch dann zweifeln sie: «Ist das jetzt Gottes Stimme, die ich gehört habe, oder die Stimme eines anderen? Ist dies ein Zeichen von Gott – oder doch nicht? Was ist los, dass ich so unsicher bin? Mache ich etwas falsch?» Fragen führen oft ins Zweifeln.

Man muss auch sehen: Wir Menschen sind ganz verschieden. Die einen schwimmen in einem Ozean von Zweifeln, während an andern die Zweifel abprallen wie Wasser auf eingeölter Haut. Sind denn Zweifel nur schlecht und schlimm?

Haben Zweifel auch etwas Gutes an sich?

Ein Richard P. Feynman hat gesagt: «Wir müssen unbedingt Raum für Zweifel lassen, sonst gibt es keinen Fortschritt, kein Dazulernen. Man kann nichts Neues herausfinden, wenn man nicht vorher eine Frage stellt. Um zu fragen, bedarf es des Zweifelns!» Das Gute an Zweifeln ist, dass sie uns bewahren können vor einem falschen Schritt; sie können uns auf einen guten, oder gar besseren Weg lenken! Es ist also wichtig, dass wir Zweifel nicht einfach verdrängen, sondern sie bewegen, prüfen und Antworten suchen! Doch wir müssen darauf achten, dass sie sich an uns nicht festsaugen wie Blutegel! Leichtfertige Menschen, so «take-it-easy Typen», für die Zweifel eher ein Fremdwort ist, sind in Gefahr vorbehaltlos auf Lügen oder falsche Versprechungen einzugehen. Sie geben alles, was sie in den Medien aufnehmen ungeprüft weiter und verführen andere damit.

Es gibt aber auch Menschen, die immer zweifeln, alles kritisch hinterfragen und nur glauben, was sie sehen. Das macht sie blind für die geistliche Dimension. Überall kommen ihnen der Verstand und die Logik in die Quere. Solchen Menschen fällt es schwer, sich auf Gott einzulassen. Sie brauchen Beweise wie der Jünger Thomas, der nicht geglaubt hat, dass Jesus vom Tod auferstanden ist. Jesus geht nach seiner Auferstehung auf ihn zu und zeigt ihm die durchbohrten Hände und Füsse. Das zeigt: Er geht auf unsere Zweifel ein. Jesus liebt auch die Zweifler. Wir können uns mit unseren Zweifeln an ihn wenden; wir können ihn um Klarheit und Einsicht bitten.

Zweifel sind kein Grund, den Glauben über Bord zu werfen. Vertrau doch, dass Gott mit deinen Zweifeln umgehen kann. Er hilft dir, am Glauben festzuhalten und ihm zu vertrauen. «Ich glaube, hilf meinem Unglauben» bat ein Vater, der seinen Sohn zu Jesus brachte, dass er ihn heile. Oder Johannes der Täufer, der gefangen von den Römern im Gefängnis war, schickte seine Jünger zu Jesus mit der Frage: «Bist du wirklich der, der kommen soll, oder sollen wir auf einen anderen warten?» Johannes ist verwirrt. Plötzlich sind da Zweifel! Als er Jesus am Jordan taufte war ihm doch sonnenklar: Das ist der Messias, auf den ich gewartet habe. Jetzt, im Gefängnis hat Johannes grösste Zweifel. Ist er es wirklich – oder doch nicht? Jesus kann doch Wunder tun, aber wo bleibt mein Wunder? Sollte ich nicht schon längst ein freier Mann sein? Kommt dir diese vorwurfsvolle Frage bekannt vor: «Jesus du kannst doch Wunder tun, aber wo bleibt mein Wunder?!» Wer keine Ahnung hat, was Zweifel ist und wie Zweifler sind, kann in der Bibel lesen. Sie begegnen dir dort immer wieder. Warum? Weil die Bibel Menschen wie du und ich beschreibt!

 

 

Gleichzeitig zeugt die Bibel davon, wie Gott oft geduldig und verständnisvoll mit Zweiflern umgegangen ist. Die Gideon-Geschichte im Buch der Richter ist ein einzigartiges Zeugnis dafür. Es lohnt sich, sie zu lesen im Buch der Richter, Kapitel 6 und 7! Gideon brauchte so ziemlich für jeden Schritt seines Auftrags ein Zeichen von Gott, manchmal auch zwei. Manchmal wartete Gott gar nicht bis Gideon um ein Zeichen bat; er gab es ihm ungefragt! Das hast du sicher auch schon erlebt, dass Gott dir ein ermutigendes Zeichen gegeben hat, ohne dass du dafür gebetet hast! So ist unser faszinierender Gott!

Was hilft uns denn weiter?

In dem Buch «Jesus unplugged» von Rob Bell habe ich von einer Kirchgemeinde gelesen, die mal eine «Nacht des Zweifels» organisiert hatte. Die Leute durften all ihre Fragen und Zweifel über Gott und die Welt, über Jesus, die Bibel und den Glauben auf Zettel schreiben und in die Kirche bringen. «Warum lässt Gott Menschen sterben, die noch so jung sind? Warum sterben gläubige Menschen an Krebs? Warum gibt mir Gott keine Antwort?» Dann wurde darüber ausgetauscht und gebetet; einzeln oder in Gruppen.

Der Pharisäer Nikodemus hatte auch mal so eine Nacht des Zweifels! Er stand auf und ging mitten in der Nacht zu Jesus! Mach es doch auch so! Der Verfasser fasst in seinem Buch das Thema Zweifel so zusammen: «Was uns weiterhilft ist die Erlaubnis, unseren tiefsten Zweifeln Ausdruck zu verleihen.» Lass deine Zweifel raus! Was uns nicht weiterhilft ist, wenn wir uns unsern Zweifeln einfach so hingeben! Jakobus ist gleicher Meinung, wenn er in seinem Brief schreibt:« …wer zweifelt, gleicht einer Meereswoge, die – vom Wind aufgepeitscht – einmal hierhin und dann wieder dorthin getrieben wird. Ein solcher Mensch soll nicht meinen, er werde vom Herrn etwas bekommen, denn er ist in seinem Innersten gespalten, und seine Unbeständigkeit kommt bei allem, was er unternimmt, zum Vorschein» (Jakobus 1,6-8 NGÜ).

Ich muss noch sagen: Es gibt echte und unechte Zweifler! Die echten Zweifler wollen sie loswerden; sie glauben an Veränderung, sind offen für Antworten, sie suchen und fragen nach Lösungen. Die unechten Zweifler halten an ihren Zweifeln fest wie an einem Glaubensbekenntnis. Sie wollen ihre Zweifel nicht loslassen, weil sie damit z.B. ihren Unglauben begründen. Sonst müssten sie doch glauben, sie wollen aber nichts ändern an ihrer Überzeugung, an ihrem Verhalten. Ist doch alles «bico bello». Kein Problem! Aber eigentlich müssten sie sich fragen: Was für ein Glaube steht denn hinter meinem Unglauben, hinter meiner Überzeugung, hinter meinen Zweifeln?

Georg Christoph Lichtenberg, ein Mann des 18.Jhts. hat gesagt: «Bei den meisten Menschen gründet sich der Unglaube in einer Sache auf blinden Glauben in einer anderen.» Heisst im Klartext: «Wenn du z.B. nicht an Gott oder die Bibel glaubst, beruht das was du glaubst, meist auf einem blinden Glauben.» Ja - was hilft uns weiter? Der Verstand? Ein starker Wille? Ein gutes Gefühl? Der Theologe Hans Küng sagt, der Glaube ist nicht einfach Angelegenheit des Verstandes, des Willens oder des Gefühls, sondern: «Christlicher Glaube ist vielmehr ein unbedingt vertrauendes Sicheinlassen und Sichverlassen des ganzen Menschen mit allen Kräften seines Geistes auf die christliche Botschaft und auf den, der mit ihr angekündigt wird.» Zu diesem Sicheinlassen gehört, dass wir uns geduldig mit unsern Zweifeln auseinandersetzen, weil wir sie nicht einfach dulden, sondern mit Gottes Hilfe an sie herangehen und loswerden wollen. Glaubenszweifel sind auch dazu da, dass man sich gemeinsam ihnen stellt, mit andern zusammen ringt und sie überwältigt. Da sind gute Beziehungen hilfreich. Was Zweifler brauchen sind sternenklare Nächte, in denen sie sich an den Sternen orientieren können.

 

 

Paulus schreibt im Philipperbrief: «Diese Sterne sind wir! Bei allem, was ihr tut, hütet euch vor unzufriedenem Murren und misstrauischen Zweifeln. Dann wird euer Leben hell und makellos sein, und ihr werdet als Gottes vorbildliche Kinder mitten in dieser verdorbenen und dunklen Welt wie Sterne in der Nacht leuchten. Dazu müsst ihr unerschütterlich am Wort des Lebens festhalten» (Philipper 2,14-16 Hfa) .

Vergessen wir diesen letzten Satz nicht! Amen!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Mögliche Fragen für die Kleingruppen

Bibeltext lesen: Philipper 2,14-16

  1. Kommen euch noch andere biblische Zweifler und Zweiflerinnen in den Sinn? Wie verschieden hat Gott auf sie reagiert?
  2. Erzählt einander von euren grösseren und kleineren erlebten Zweifeln! Wie erging es euch dabei?
  3. An wem zweifelst du am schnellsten, an Gott, an andern Menschen oder an dir selbst?
  4. Wie gehst du mit deinen Zweifeln um? Was hilft dir?
  5. Haben Zweifel auch positive Seiten?
  6. Wie kann man mit Zweifeln kämpfen und andere «fertig» machen?
  7. Was sind eure Erfahrungen mit «Gott um ein Zeichen bitten»?