Worte & Glaube | Die Zunge – klein, aber mächtig
Serie: EIFACH muetig – mit Jesus als Vorbild | Bibeltext: Jakobus 3,1-12
Diese Predigt lädt dazu ein, die Kraft unserer Worte neu zu entdecken. Worte können heilen oder verletzen, segnen oder zerstören – und jeder von uns prägt damit das Leben anderer. Anhand von Jakobus 3 und eindrücklichen Beispielen wird deutlich: Die Zunge ist schwer zu zügeln, doch Gott kann unsere Quelle reinigen. Wie bei den Lausitzer Seen braucht es tägliche «Neutralisierung» durch den Heiligen Geist, damit unser Reden ermutigt, Hoffnung schenkt und Leben hervorbringt.
Es gibt ein altes Sprichwort: «Worte sind wie Federn im Wind – einmal ausgesprochen, kann man sie nicht mehr einsammeln.» Vielleicht hast du selbst einmal etwas gesagt, das du sofort bereut hast. Ein unbedachtes Wort – vielleicht aus Wut, Angst oder Frustration – und es hat jemanden tief verletzt. Vielleicht war es auch umgekehrt: Ein einziges Wort eines anderen hat dich jahrelang geprägt, im Guten oder im Schlechten.
Worte sind nicht nur Luft, die wir formen – sie tragen Kraft in sich. Sie können heilen oder zerstören, segnen oder fluchen, ermutigen oder entmutigen. Der Jakobusbrief spricht sehr eindringlich über die Zunge – das Organ, das Worte formt – und ruft uns zur Achtsamkeit im Reden auf.
Worte haben Gewicht – besonders für Lehrer
Bereits zu Beginn seines Briefes gibt Jakobus einen wichtigen Tipp: «Liebe Freunde, seid schnell bereit, zuzuhören, aber lasst euch Zeit, ehe ihr redet oder zornig werdet» (Jakobus 1,19 NLB). Weil Worte eine starke Waffe sind, sollen wir damit mit Bedacht umgehen. Ein reifer Nachfolger spricht langsam, hört schnell, urteilt vorsichtig – und stellt seine Zunge unter die Herrschaft Jesu.
Menschen, die andere belehren und eine öffentliche Stimme haben, tragen besondere Verantwortung: «Liebe Brüder, es sollten nicht so viele von euch in der Gemeinde lehren wollen, denn ihr wisst, dass wir als Lehrer von Gott besonders streng beurteilt werden!» (Jakobus 3,1 NLB). Die Worte von Predigern, Lehrern und Seelsorgern formen das Denken anderer, sie leiten, sie können aufbauen oder auch in die Irre führen.
Jakobus verschweigt nicht, dass niemand perfekt ist. Jeder strauchelt beim Reden. Wir sagen Dinge, die wir später bereuen. Oder wir sagen das Richtige, aber auf die falsche Weise – zu hart, zu spät, zu laut: «Wir alle machen viele Fehler, aber wer seine Zunge im Zaum hält, der kann sich auch in anderen Bereichen beherrschen» (Jakobus 3,2 NLB). Wer reden könnte, ohne zu sündigen, wäre ein vollkommener Mensch. An unserem Reden wird sichtbar, wie weit unsere Umgestaltung in das Vorbild Jesu schon fortgeschritten ist. Reife zeigt sich nicht in theologischer Bildung, sondern in der Fähigkeit, die Zunge zu zügeln.
Darum sollten wir bewusst und achtsam mit unseren Worten umgehen: «Rede nicht zu viel, denn das führt zur Sünde. Sei klug und halte dich mit deinen Worten zurück!» (Sprüche 10,19 NLB). Es ist ein gutes Zeichen, wenn jemand lernt, sein Reden zu prüfen. Nicht alles, was wahr ist, muss gesagt werden – und nicht alles, was wir sagen könnten, dient dem Frieden.
Die Zunge – klein, aber gefährlich
«So kann auch die Zunge, so klein sie auch ist, enormen Schaden anrichten. Ein winziger Funke steckt einen grossen Wald in Brand!» (Jakobus 3,5 NLB).
Jakobus nutzt eine ganze Reihe eindrücklicher Bilder – alle mit derselben Botschaft: Kleine Dinge können grosse Wirkungen haben.
- Ein Zaumzeug lenkt ein starkes Pferd (V.3).
- Ein Ruder bestimmt die Richtung eines Schiffes (V.4).
- Ein Funke kann einen ganzen Wald vernichten (V.5).
- Ein kleines Glied – die Zunge – kann ganze Leben zerstören (V.6).
Heute könnten wir ergänzen: Eine WhatsApp-Nachricht reicht. Ein Kommentar unter einem Foto. Ein anonymer Post in den sozialen Medien – und Menschen werden blossgestellt, verachtet, verletzt.
Jakobus macht klar: Die Zunge ist nicht neutral. Sie ist wie ein Funke – sie kann entzünden. Wie ein Gift – sie kann töten. Wie ein Tier – sie lässt sich kaum bändigen. Einmal ausgesprochene Worte können Ehen, Freundschaften, Gemeinden und Karrieren zerstören.
In diesem Thema sind wir alle Täter und Opfer zugleich. Über jeden von uns wurden Worte ausgesprochen, die unser Leben entscheidend geprägt haben.
Ich erinnere mich: Als eher schüchterner Schüler bekam ich einmal von einem Lehrer den Satz zu hören: «Meinst du, du hättest die Weisheit mit Löffeln gefressen?» Dieser ironische Satz wollte ausdrücken, dass ich mich besonders klug gebe, ohne es zu sein. Er liess mein Gesicht erröten – und prägte meine Selbstwahrnehmung für viele Jahre.
Was für Worte musstest du dir anhören, die dein Leben geprägt haben? «Warum bist du nicht so wie dein Bruder?» – «Du bist so faul / ungeschickt!» – «Andere Kinder können das schon, nur du nicht!» – «Reiss dich zusammen!» – «Ich habe keine Zeit für dich!», etc. Solche und ähnliche Sätze prägen unser Leben auf ungute Weise und hinterlassen tiefe Verletzungen. Doch auch das, was uns nicht gesagt wird, prägt. Ein Beispiel: Granit Xhaka, Kapitän der Schweizer Fussballnationalmannschaft, sagte einmal: «Mein Vater hat mich nie gelobt. Noch nie. In 32 Jahren gab es kein Lob für mich als Fussballer. Ich sage ihnen: Es ist meine Motivation, dass einmal der Tag kommt, an dem er mir sagt: ‘Heute hast du ausnahmslos gut gespielt.’» Viele Menschen laufen heute noch durch ihr Leben, um ihren Vätern oder Müttern zu beweisen, dass sie gut und liebenswert sind.
Wir alle tragen solche Prägungen und Verletzungen mit uns, für deren Heilung wir Gottes Hilfe brauchen. Nur der lebendige Gott, unser Schöpfer, kann heilen und wiederherstellen. Im Kurs «Leben in Freiheit», den wir als seetal chile diesen Herbst anbieten, geht es genau um solche Heilungsprozesse. Mit Hilfe des Heiligen Geistes lohnt es sich, das eigene Leben zu durchleuchten, unheilsame Dinge ans Licht zu bringen – und das heilende Wort Jesu zu hören.
Veränderung – nicht aus eigener Kraft
Jakobus sagt klar: «Der Mensch kann die unterschiedlichsten Tiere und Vögel, Reptilien und Fische zähmen, aber die Zunge kann niemand im Zaum halten. Sie ist ein unbeherrschbares Übel, voll von tödlichem Gift» (Jakobus 3,7-8 NLB). Das ist ein Weckruf: Aus eigener Kraft schaffen wir es nicht – aber mit Gottes Hilfe kann Veränderung beginnen.
Ein unscheinbarer Hinweis steckt im Text: «Und mit einem winzigen Ruder lenkt der Steuermann ein grosses Schiff selbst bei heftigem Wind, wohin er will» (Jakobus 3,4 NLB). Hinter dem kleinen Ruder, der Zunge, lenkt ein Steuermann das Schiff. Wer ist der Steuermann hinter deiner Zunge? Es geht also nicht darum, sich gute Vorsätze für unser Reden zu nehmen oder einfach mehr zu schweigen. Es geht um den Steuermann.
Wer sich für ein Leben mit Jesus Christus entscheidet, bestimmt, wer der Steuermann seines Lebens ist. Der Heilige Geist verändert nicht nur unser Herz, sondern auch unsere Sprache. Wer neu geboren wird, wird auch neu im Reden. Es geht nicht allein um Selbstbeherrschung – es geht um Herzensverwandlung.
Jakobus schreibt weiter: «Mit ihr loben wir Gott, unseren Herrn und Vater; dann wieder verfluchen wir mit ihr andere Menschen, die doch als Ebenbilder Gottes geschaffen sind. So kommen Segen und Fluch aus demselben Mund. Und das, meine Freunde, darf nicht so sein! Sprudelt aus einer Quelle etwa frisches und bitteres Wasser zugleich? Pflückt man Oliven von einem Feigenbaum oder Feigen von einem Weinstock? Nein, und man kann auch kein frisches Wasser aus einem salzigen See schöpfen» (Jakobus 3,9-12 NLB).
Die Zunge ist wie ein Spiegel der Seele. Was in uns lebt, kommt über die Lippen. Was in der Natur unmöglich ist, passiert bei uns: Aus einer Quelle fliesst frisches und bitteres Wasser zugleich. Nicht immer lenkt der Heilige Geist unser Reden. Paulus beschreibt dieses innere Ringen so: «Wenn ich Gutes tun will, tue ich es nicht. Und wenn ich versuche, das Böse zu vermeiden, tue ich es doch» (Römer 7,19 NLB). Er ortet das Problem bei der menschlichen Natur, die sich immer wieder bemerkbar macht.
Was für Möglichkeiten haben wir, dass immer mehr frisches Wasser aus unserem Mund sprudelt?
Die Lausitz, nordöstlich von Dresden, war einst eine Tagebauregion für Braunkohle. Nach der Stilllegung der Tagebaue werden die Restlöcher geflutet und renaturiert. Das Ziel: die grösste künstliche Seenkette Europas. Ab 2026 soll die Gegend für Touristen geöffnet werden. Doch viele dieser Seen sind stark sauer – mit einem pH-Wert teilweise unter 3. Eine Massnahme zur Heilung ist die In-Lake-Neutralisation: Spezielle Boote fahren mehrmals täglich über den See und bringen grosse Mengen Kalk ein. Am Partwitzer See zum Beispiel bis zu elfmal am Tag je 25 Tonnen. Über einen langen Zeitraum hinweg werden die Seen so pH-neutral – die Voraussetzung, dass neues Leben gedeihen kann.
Wie wird unser innerer «See» sauber, so dass lebensschaffende Worte aus unseren Mündern kommen? Wir brauchen ebenfalls tägliche In-Lake-Neutralisation. Bei jeder bewussten Begegnung mit Gott – sei es im Gebet, in der Gemeinschaft oder beim Bibellesen – wird unsere Quelle in Richtung pH-Wert 7 verändert. Dabei handelt es sich um einen lebenslangen Prozess. Doch mit der Zeit entsteht um uns herum Leben, die «Touristen» kommen und werden erbaut, geheilt, gesegnet.
Am 8. August stand in den Tageslosungen: «Ich habe mir vorgenommen: Ich will mich hüten, dass ich nicht sündige mit meiner Zunge» (Psalm 39,2 LUT). Das ist kein blosser Neujahrsvorsatz, sondern tägliche Herzensarbeit. Es bedeutet, immer wieder den Steuermann – den Heiligen Geist – bewusst ans Ruder zu lassen. In der täglichen Stille, im Hören auf Gott, im Gebet wird Kalk in unsere Quelle gegeben – damit sie Leben spendet.
Mögliche Fragen für die Kleingruppen
Bibeltext: Jakobus 3,1-12
- Persönliche Prägung: Kannst du dich an ein Wort oder einen Satz erinnern, der dich – positiv oder negativ – lange begleitet hat?
- Selbstreflexion: In welchen Situationen fällt es dir am schwersten, deine Zunge zu zügeln, und warum?
- Biblische Perspektive: Jakobus vergleicht die Zunge mit einem Ruder. Was bedeutet es für dich, den «Steuermann» über dein Reden zu bestimmen?
- Praktische Anwendung: Welche «In-Lake-Neutralisation» könntest du in deinen Alltag einbauen, um dein Reden zu reinigen und zu verändern?
- Ermutigung geben: Wann hast du zuletzt mit deinen Worten jemandem sichtbar Leben, Freude oder Hoffnung geschenkt – und wie hat der andere reagiert?