Pfingsten – eine Umkehrung der Tatsachen!
An Pfingsten wurde mit dem Empfang des Heiligen Geistes einiges auf den Kopf gestellt. Der Heilige Geist ist der ganz andere, Unfassbare und dennoch erscheint er für uns Menschen spür- und hörbar. Der Heilige Geist – Gott in uns. Durch die Kraft des Heiligen Geistes wird das Geschehen von Babel umgekehrt. Menschen aus verschiedenen Ländern verstehen sich wieder. Mit Pfingsten entsteht die christliche Kirche. Sie hat in diesem Ereignis ihren Entstehungstag und der Heilige Geist will auch heute noch in ihr wirken.
Meine Frau und ich erwarten unser erstes Kind. Kurz nachdem meine Frau schwanger wurde, ging sie zur Frauenärztin. Dort machte sie einige Untersuchungen und unter anderem berechnete diese den Geburtstermin. Sie nannte uns den 16. Juni 2022. Also von heute an noch weniger als 14 Tage. Damals dachte ich, dass dieser Termin fix ist. Mittlerweile habe ich gelernt, dass dieser Termin nur eine grobe Rechnung ist. Alles im Zeitraum von drei Wochen vor dem Termin und zwei Wochen nach dem Termin ist völlig in Ordnung und ist nicht besorgniserregend. Das ergibt für uns ein Geburtstermin zwischen dem 26. Mai und dem 30. Juni 2022. Dies ist eine sehr lange Zeitspanne. Obwohl unser Kind immer noch vier Wochen Zeit hat auf die Welt zu kommen, sind wir beide momentan sehr angespannt und hoffen, dass bei meiner Frau so schnell wie möglich die Wehen einsetzen, und wir unseren Sohn in die Arme schliessen dürfen.
Ich denke so ähnlich wie mir und meiner Frau ist es den Jüngern von Jesus Christus vor mehr als 2000 Jahren ergangen. Sie waren drei Jahre lang nahe mit Jesus unterwegs und erlebten viel. Doch nach diesen drei Jahren wurde Jesus Christus wie ein Schwerverbrecher hingerichtet. Doch er stand nach drei Tagen wieder auf von den Toten. Danach lebte er noch 40 Tage auf dieser Erde, bevor er zurück in den Himmel ging. Doch bevor Jesus diese Erde verliess, machte er seinen Jüngern eine Ankündigung: «Und nun werde ich euch den Heiligen Geist senden, wie mein Vater es versprochen hat. Ihr aber bleibt hier in der Stadt, bis der Heilige Geist kommen und euch mit Kraft aus dem Himmel erfüllen wird» (Lukas 24, 49 NLB). Jesus versprach seinen Jüngern den Heiligen Geist, welcher bei ihnen bleiben würde und ihnen helfen würde in ihrem Glauben standhaft zu bleiben. Er sagte zwar, dass dieser Heilige Geist kommt, aber nicht wann. Die Jünger wussten jedoch, dass sie bis zu diesem Zeitpunkt noch in Jerusalem warten sollten. Ich denke, dass es den Jüngern so ähnlich wie mir und meiner Frau erging. Sie wissen zwar, dass etwas kommt, wissen aber nicht wann. Ausserdem wissen sie auch nicht, was dann mit ihnen geschieht und wie sich ihr Leben womöglich verändern wird.
Die Jünger verbrachten nach der Himmelfahrt von Jesus viel Zeit miteinander. Sie kamen regelmässig zum Gebet zusammen. Sie waren um die 120 Personen. Und dann geschah das, was wir heute Pfingsten nennen. «Am Pfingsttag waren alle versammelt. Plötzlich ertönte vom Himmel ein Brausen wie das Rauschen eines mächtigen Sturms und erfüllte das Haus, in dem sie versammelt waren. Dann erschien etwas, das aussah wie Flammen, die sich zerteilten, wie Feuerzungen, die sich auf jeden Einzelnen von ihnen niederliessen. Und alle Anwesenden wurden vom Heiligen Geist erfüllt und fingen an, in anderen Sprachen zu sprechen, wie der Heilige Geist es ihnen eingab. Damals lebten in Jerusalem gottesfürchtige Juden aus vielen verschiedenen Ländern. Als sie das Brausen hörten, liefen sie herbei. Bestürzt hörte jeder von ihnen die Versammelten in seiner eigenen Sprache reden. Ausser sich vor Staunen riefen sie: 'Wie kann das sein? Diese Leute stammen alle aus Galiläa, und doch hören wir sie in den Sprachen der Länder sprechen, in denen wir geboren wurden! Da stehen wir - Parther, Meder, Elamiter, Leute aus Mesopotamien, Judäa, Kappadozien, Pontus, der Provinz Asien, Phrygien, Pamphylien, Ägypten und den Gebieten von Libyen aus der Gegend von Kyrene, Besucher aus Rom, Juden sowie zum Judentum Übergetretene, Kreter und Araber - und wir alle hören diese Leute in unseren eigenen Sprachen über die Taten Gottes reden.' Erstaunt und verwirrt standen sie da. 'Was mag das bedeuten?', fragten sie einander. Doch manche spotteten auch: 'Die sind nur betrunken, das ist alles'» (Apostelgeschichte 2,1-13 NLB).
Babel wird überwunden
In der Bibel ziemlich am Anfang wird von einem ehrgeizigen Bauprojekt geschrieben (1. Mose 11,1-9). Dieses Ereignis wird auch als Turmbau von Babel bezeichnet. Die Menschen, welche zu jener Zeit lebten, taten sich zusammen. Alle sprachen dieselbe Sprache. Sie wollten in einer Ebene einen hohen Turm bauen. Dieser Turm sollte ihnen ermöglichen bis zu Gott im Himmel vorzustossen. Ihr Ziel war es einen Orientierungspunkt in der Ebene zu bauen. Dieser sollte sie davor bewahren, dass sie sich auf der ganzen Erde zerstreuten. Sie gaben für ihr Bauprojekt alles. Sie brannten Ziegel und legten sich ins Zeug. Doch Gott im Himmel sah ihr Treiben. Er sah, wie die Menschen so sein wollten wie Gott. Also bestrafte er sie auf eine besondere Art und Weise. Von einem Moment auf den anderen liess Gott alle Menschen andere Sprachen sprechen. Da sie sich gegenseitig nicht mehr verstanden, mussten sie ihr ambitioniertes Bauprojekt aufgeben und sie verstreuten sich auf der ganzen Erde. Immer die Leute zusammen, welche die gleiche Sprache sprachen. Die Menschen wollten zusammenbleiben, doch am Ende geschah genau das Gegenteil – sie wurden auf der gesamten Erde verstreut.
Am Pfingsttag, welcher in der Apostelgeschichte beschrieben ist, waren Menschen aus der ganzen Welt anwesend. Diese waren alle Juden und galten als sehr gottesfürchtig. Sie waren in der Stadt, weil sie am Fest Schawuot, welches an diesem Tag stattfand, teilnehmen wollten. Dazu kamen sie aus verschiedenen Ländern. Daher sprachen sie auch andere Sprachen und Dialekte. Als diese Menschen den Lärm hörten, welcher durch den Heiligen Geist verursacht wurde, kamen sie zu den Jüngern. Dort wurden sie Zeugen von einem besonderen Ereignis. Obwohl die Jünger einfache Leute, ohne grosse Fremdsprachenkenntnisse waren, hörte jeder der Anwesenden die Botschaft in der eigenen Muttersprache. Der Heilige Geist machte an diesem Tag das Ereignis von Babel rückgängig.
Die Menschen planten ursprünglich einen hohen Turm zu bauen, damit die Menschen beisammenbleiben. Doch das Vorgehen scheiterte. Gott schickte den Heiligen Geist und dadurch wurden die verschiedenen Nationen und Ethnien wieder miteinander vereint. Doch das Ganze nicht aus menschlicher, sondern aus göttlicher Kraft.
Entstehung der Kirche
An Pfingsten entstand etwas Neues. Die Jünger von Jesus waren bis zu diesem Zeitpunkt immer noch Teil der jüdischen Gemeinschaft. Doch der Heilige Geist markiert einen Neuanfang. Er markiert die Entstehung der christlichen Kirche. In diesem Zusammenhang wird auch immer vom Bund gesprochen. Gott schloss mit dem Volk Israel einen Bund. Der Bund zwischen Gott und dem Volk Israel begann am Berg Sinai. Dort schloss Gott einen Bund mit seinem Volk. Zu jedem Bundesschluss gehören auch Abmachungen, an welche sich die beiden Bundespartner halten müssen. So gab Gott dem Volk Israel die zehn Gebote. Jedes Jahr erinnerte sich das Volk an diesen Gesetzeserhalt, und zwar an Schawuot. Genau an dem Tag, an dem nun der Heilige Geist auf die Jünger kam. So wie das Gesetz des Alten Bundes anzeigte wie man sein Leben gestalten soll, so tut dies nun der heilige Geist, welcher in jedem Nachfolger von Jesus Christus selbst wohnt.
Durch Pfingsten klingt die Weite der christlichen Botschaft an. Bis jetzt beschränkte sich das auserwählte Volk auf die Juden und ein paar wenige, welche zum Judentum übergetreten waren. Doch mit dem Heiligen Geist zeigt sich, dass es keine sprachlichen und damit auch ethnischen Grenzen mehr gibt. Das Volk Israel geht bis auf ihren Stammvater Abraham zurück. An diesen erging eine Verheissung, welche hier aufflackert. Diese erging an ihn, kurz nachdem sich die Tragödie von Babel ereignet hatte und sie lautete wie folgt: «Alle Völker der Erde werden durch dich gesegnet werden» (1. Mose 11,3b NLB).
Das Leben dieser ersten Kirche wird wie folgt beschrieben: «Sie nahmen stetig an der Lehre der Apostel teil, an der Gemeinschaft, an den Mahlfeiern und an den Gebeten. Eine tiefe Ehrfurcht erfasste alle, und die Apostel vollbrachten viele Zeichen und Wunder. Alle Gläubigen kamen regelmässig zusammen und teilten alles miteinander, was sie besassen. Sie verkauften ihren Besitz und teilten den Erlös mit allen, die bedürftig waren. Gemeinsam beteten sie täglich im Tempel zu Gott, trafen sich zur Mahlfeier in den Häusern und nahmen gemeinsam die Mahlzeiten ein, bei denen es fröhlich zuging und grosszügig geteilt wurde. Sie hörten nicht auf, Gott zu loben, und waren bei den Leuten angesehen. Und jeden Tag fügte der Herr neue Menschen hinzu, die gerettet wurden» (Apostelgeschichte 2,42-47 NLB). Diese Schilderung lässt sich zwar nicht 1:1 auf das Gemeindeleben der seetal chile übertragen. Aber es zeigt uns, was der Heilige Geist bei den Gottesdienstbesuchern bewirken kann. Es zeigt sich hier deutlich, dass dort wo Nachfolger Jesus zusammenkommen, dort geschieht einiges. Das Leben als Nachfolger Jesu spielt sich nicht allein ab, sondern es braucht das Gegenüber. So wird auch die Kirche besonders an zwei Dingen sichtbar und diese beiden lassen sich nicht allein vollziehen. Es ist dies die Taufe und das Abendmahl. Beides geht nicht allein, sondern braucht mindestens eine andere Person. Beim Abendmahl wird besonders deutlich, dass ein Nachfolger von Jesus eingebunden ist in die Gemeinschaft. In die Gemeinschaft mit Gott dem Vater und mit seinem Nächsten.
Der Heilige Geist – Gott in mir
Doch der Heilige Geist ist nicht nur gekommen, um die Verhältnisse von Babel wiederherzustellen. Er kam auch nicht nur, um die Kirche ins Leben zu rufen. Er kam vielmehr auch, um in jedem einzelnen Nachfolger von Jesus Christus zu wohnen.
In der Kirche wird oft von Gott dem Vater und von Jesus Christus gesprochen. Diese beiden sind meistens noch irgendwie fassbar, doch beim Heiligen Geist wird es schwieriger. Zum einen zeigt er sich als der ganz andere, zum anderen aber ist er der gleiche. Der Heilige Geist erscheint an Pfingsten auf zwei Arten. Er erscheint im Sturm, für alle Ohren hörbar und zum anderen als Feuerzungen, für alle Anwesenden sichtbar. Sturm und Flammen sind aber nicht neue Erscheinungsformen Gottes, sondern entsprechen auch Gott Vater, wie er im Alten Testament seinem Volk begegnet ist. «Unser Gott kommt und er wird nicht schweigen. Feuer verzehrt, was ihm im Weg steht, und um ihn her tobt ein mächtiger Sturm« (Psalm 50,3 NLB). So steht der Heilige Geist in der Kontinuität der anderen Gotteserscheinungen. Was aber neu ist, ist die Anzahl der Menschen, die ganz persönlich von Gott berührt werden. Es kann beim Pfingstereignis von ungefähr 120 Personen ausgegangen werden (Apostelgeschichte 1,15).
Dass sich der Heilige Geist nicht so recht fassen lässt, deutet auch das griechische Wort für ihn an. Auf Altgriechisch wird der Heilige Geist mit «Pneuma» beschrieben, was so viel wie Wind, Hauch, Geist bedeutet. Diese Bezeichnung als Wind trifft es sehr gut. Der Wind ist unsichtbar, unfassbar und gleichwohl sehr kraftvoll. Dies lässt sich bei einem Segelschiff gut erkennen. Der Wind zeigt sich in den vollen Segeln, aber sonst ist er schwer zu fassen. Erst wo der Heilige Geist auftaucht und sich in Leben von Menschen zeigt, wird er fassbar und zeigt seine Macht.
Als Pfingstwunder wird das Ereignis verstanden, dass die Nachfolger von Jesus durch den Heiligen Geist in verschiedenen Sprachen redeten. Dieses Ereignis führte dazu, dass sich die Leute wunderten, wie dies passieren konnte. Sie staunten nicht schlecht, dass ungebildete Menschen zu so etwas in der Lage waren. Wieder andere versuchten eine Erklärung zu suchen und wurden darin fündig, dass sie den Jüngern unterstellten, sie hätten zu viel Wein getrunken. Dies zeigt deutlich, dass dort wo der Heilige Geist wirkt, es nicht alle einordnen können. Durch den Geist Gottes kommt etwas von der schöpferischen Kraft Gottes selbst vom Himmel auf die Erde. Gottes Reich hier auf der Erde ist durch Jesus Christus angebrochen und die Erde soll durch die Kraft des Himmels verwandelt werden. Dennoch stösst das Wirken des Geistes bei anderen auf Ablehnung. Friedrich Schiller sagte: «Es liebt die Welt, das Strahlende zu schwärzen und das Erhab’ne in den Staub zu zieh’n» (Friedrich Schiller). Da Gott nicht von dieser Welt ist, lässt er sich für uns auf dieser Welt oftmals nicht erfassen und verstehen.
Doch auch wir sind durch diese Aussage persönlich angesprochen. Wie reagiere ich, wenn etwas passiert, was ich nicht mit meinem Verstand einordnen kann? Tue ich es schnell ab, oder lasse ich es zu, dass ich nicht alles erklären kann? Bin ich offen für das Wirken des Heiligen Geistes? Jesus Christus versprach uns den Heiligen Geist. Jesus selbst wurde als Emmanuel – Gott mit uns bezeichnet. War Jesus nur mit uns, so möchte der Heilige Geist in uns wohnen. Dies geschieht, wenn wir uns bewusst für Jesus Christus entscheiden, dann erhalten wir den Heiligen Geist – Gott in uns. Doch dann stellt sich die Frage, darf der Geist Gottes auch so wehen wie er will?
Mögliche Fragen für die Kleingruppe
Bibeltext lesen: Apostelgeschichte 2
- Wer ist der Heilige Geist für dich? Wie würdest du ihn beschreiben?
- Was am Pfingstgeschehen wirft für dich Fragen auf?
- Verstehst du den Unterschied zwischen dem Alten und dem Neuen Bund?
- Welches Verhalten aus Apostelgeschichte 2,42-47 wünschst du dir mehr für dich persönlich und die seetal chile?
- Wie erlebst du den Heiligen Geist in dir?
- In welchem Bereich oder auf welche Art und Weise wünschst du dir das Wirken des Heiligen Geistes mehr?