Datum: 24. Februar 2019 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: Hebräer 5,11-14, 1Korinther 3,1ff
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Unsere Berufung ist es, geistlich zu wachsen. Im Glauben wachsen ist gleichbedeutend mit «heimisch werden» im Hause Gottes. In dieser Predigt werden die verschiedenen Wachstumsphasen gezeigt und du wirst motiviert, dich nach der nächsten auszustrecken. Das intensive Nachdenken und Leben mit der Bibel ist der kraftvollste Faktor im geistlichen Wachstum.


Die junge Nachbarin von Albert Einstein unterhielt sich auf einer Party mit ihm. Die Frau fragte ihn: «Was genau machen sie beruflich?» Einstein sah sie an und sagte: «Ich widme mich dem Studium der Physik.» Sie antwortete geschockt: «Sie studieren Physik in Ihrem Alter? Ich habe mein Studium vor einem Jahr abgeschlossen!»

Identifizieren wir uns im Leben mit Jesus eher mit Einstein oder mit der Nachbarin? Unsere Berufung ist es, geistlich zu wachsen. Im Glauben wachsen ist gleichbedeutend mit «heimischer werden im Hause Gottes».

Selbst eine Stangenbohne trägt in sich, grösser zu werden und Früchte zu bringen. Das Wachstum geschieht automatisch. Der Gärtner braucht lediglich die Bedingungen dafür zu schaffen: Wasser giessen, jäten, Stange einschlagen, etc. Da gibt es viele Parallelen zu einem Leben mit Jesus.

Jesus entdecken

In dieser Phase beginnt ein Mensch, sich für den Glauben an Jesus Christus zu interessieren. Solche Leute glauben an Gott, sind aber noch unsicher mit der Rolle von Jesus Christus. Um mehr darüber zu erfahren, besuchen sie regelmässig den Gottesdienst. Manche schnuppern schon mal in einer Kleingruppe. Allerdings wird Gott noch nicht in den Alltag einbezogen und die Bibel scheint für das eigene Leben unbedeutend zu sein. «Jesus-Entdecker» suchen die Führung Gottes nur in Zeiten der Not.

Solche Menschen wecken mein persönliches Interesse. Die Tatsache, dass sie regelmässig den Gottesdienst besuchen, zeigt, dass schon ganz viele Hindernisse auf dem Weg zu Jesus überwunden sind. Für diese Gruppe wollen wir im Frühjahr eine Starter Kleingruppe bilden, die sich auf der Entdeckungsreise gegenseitig unterstützt. Es wäre nämlich nicht gut, wenn sie bereits auf diesem Level steckenbleiben würden. Die Gefahr besteht darin, dass man in der Gemeinde gute soziale Beziehungen aufbaut, die einem vollauf genügen. Die entscheidende Frage bezieht sich aber nicht auf die Beziehung zu Menschen, sondern zu Gott. Das Angebot von Jesus steht: in einer persönlichen Beziehung mit Jesus das Geschenk des ewigen Lebens erhalten. Es braucht eine Umkehr. Der Same muss in die Erde fallen, damit eine Stangenbohne entsteht. Auch die Beziehung mit Jesus braucht einen Start, damit der Heilige Geist seine Arbeit in uns beginnen kann.

Wenn Jesus sagt: «Ich versichere euch: Wer an mich glaubt, hat schon das ewige Leben» (Johannes 6,47), bezieht er sich auf eingepflanzte Menschen. ‘Glauben’ tue ich nicht, nur weil ich in einer Gemeinde bin. Glauben meint, in einer existenziellen Beziehung zum himmlischen Vater vermittelt durch Jesus Christus zu stehen.

In Christus wachsen

Ein kleines Pflänzchen braucht sorgsame Hege und Pflege. Ein Baby braucht Milch aus dem Schoppen. Das Gleiche gilt für das geistliche Leben: «Ihr seid nun schon so lange Christen und solltet eigentlich andere lehren. Stattdessen braucht ihr jemanden, der euch noch einmal die Grundlagen von Gottes Wort beibringt. Ihr seid wie Säuglinge, die nur Milch trinken, aber keine feste Nahrung essen können. Ein Mensch aber, der sich von Milch ernährt, ist im Leben noch nicht sehr weit fortgeschritten und versteht nicht viel davon, was es heisst, das Richtige nach Gottes Wort zu tun» (Hebräer 5,12f).

Ein Baby braucht Milch, weil es feste Nahrung noch nicht verdauen kann. Daran ist nichts Anrüchiges oder Verdächtiges. Im Gegenteil, es ist «herzig». Genauso so schön ist es, wenn Menschen ein Leben mit Jesus starten. Sie brauchen jemanden, der ihnen den Milchschoppen zubereitet und gibt. Die Kirche ist die primäre Quelle ihres Wachstums. Sie wachsen durch das Mitmachen in den Gemeindeprogrammen. Sie brauchen andere Christen, um geistliche Themen zu verstehen. Dabei machen sie erste Glaubenserfahrungen und werden in der Gemeinde aktiv. Zwischendurch lesen sie auch schon mal in der Bibel. In den meisten Fällen leben sie noch in zwei Welten: in der Gemeinde und im Alltag. Bei der Umsetzung des Glaubens in den Alltag hapert es noch.

Die Gruppe in der ‘Milchphase’ ist in den meisten Gemeinde die grösste. Es ist ja auch recht komfortabel: Man hat das Kreuz passiert und befindet sich nun auf der ‘sicheren’ Seite, falls die Geschichte des ewigen Lebens mit Gott stimmen sollte. Das Ticket für den Himmel ist schon mal gesichert. Die Pflicht ist erfüllt, die Kür weniger wichtig.

Jesus wird auf diesem Wachstumslevel als Mittel angesehen, das unseren Zwecken dienen soll.

Nah bei Christus

Viele Kinder wünschen sich ein Tierbaby wie z.B. ein kleiner Löwe oder ein Dinosaurier. Eltern müssen dann den Kindern weismachen, dass das Tierchen zu einem grossen gefährlichen Tier heranwachsen wird. Wachstum ist vorhersehbar und normal. Das gilt auch für Menschen: Baby sein ist gut. Baby bleiben weniger. Wenn ein Kind in der Schule immer noch Milch aus der Brust oder aus dem Schoppen braucht, muss ein Entwicklungspsychologe her. Sogar die Bohne will wachsen und braucht eine ordentliche Stange dazu.

Paulus spricht zu den Christen in Korinth: «Liebe Brüder, als ich bei euch war, konnte ich nicht so mit euch reden, wie ich es mit Menschen, die im Glauben gewachsen sind, getan hätte. Ich musste mit euch reden, als würdet ihr noch zu dieser Welt gehören oder als wärt ihr kleine Kinder in Christus. Ich musste euch mit Milch ernähren statt mit fester Nahrung, die ihr noch nicht vertragen hättet. Und ihr könnt sie wohl auch jetzt noch nicht zu euch nehmen, denn ihr lasst euch noch von eurem alten Ich beherrschen. Ihr seid eifersüchtig und streitet miteinander» (1Korinther 3,1-3).

Die Christen der Korinthergemeinde zeigen keine Anzeichen von Wachstum. Sie werden immer noch vom alten Ich beherrscht, sind eifersüchtig und streiten miteinander. Das Objekt des Streits war die Frage, ob Paulus oder Apollos der bessere Pastor sei. Paulus antwortet darauf: «Wichtig ist nicht der, der pflanzt oder bewässert, wichtig ist Gott, denn er lässt den Samen wachsen» (7). Auch in unserem Wachstum sollten wir nicht auf eine Gemeinde oder einen Pastor vertrauen, sondern allein auf Gott. Der Gärtner kann bei seiner Stangenbohne kein Wachstum bewirken. Genauso ist Gott der einzige, der in uns Wachstum bewirken kann.

Gott will uns von «in Christus wachsen» zum Level «nah bei Christus» wachsen lassen. Menschen, in der Phase «nah bei Christus», haben die Bibel als Richtungsweiser fürs Leben entdeckt. Das Gebet nimmt einen zentralen Platz in ihrem Leben ein. Im täglichen Leben vertrauen sie auf Jesus. Sie schämen sich ihres Glaubens nicht. Jesus kommt raus aus dem Kirchengebäude. Man vertraut im täglichen Leben auf ihn und lässt sich vom Heiligen Geist führen.

Bezüglich Gemeinde ist das eine kritische Phase. Nicht wenige sind von der Gemeinde frustriert, weil sie nicht mehr das «Futter» bekommen, das sie zur weiteren Entwicklung bräuchten. Einige wechseln in dieser Unzufriedenheit die Gemeinde. An dieser Stelle wäre es entscheidend zu begreifen, dass Gott und nicht die Gemeinde den Samen wachsen lässt. Der Schlüssel liegt darin, dass spätestens jetzt erkannt wird, dass man selbst Verantwortung für sein «Futter» übernehmen muss und niemand sonst für mein Wachstum verantwortlich ist. Der Gottesdienst dient nicht mehr dazu, diese Menschen zu ernähren, sondern sie hungrig zu machen. Dies erfordert eine mündige Selbstkompetenz, um sich selbst aus Gottes Wort zu ernähren. Es braucht ein intensives Nachdenken und Leben mit der Bibel, das tägliche Ausführen von geistlichen Übungen. Deshalb heisst es: «Die feste Speise aber ist für Erwachsene, die infolge der Gewöhnung geübte Sinne haben zur Unterscheidung des Guten wie auch des Bösen» (Hebräer 5,14; Elb). Es gehört zur Phase «nah bei Christus», seine Sinne durch das intensive Nachdenken und Lesen der Bibel zu üben.

Ist das nicht zu anstrengend? Im Anspiel hiess es: Aber die Mühe ist kein Vergleich mit der Ernte, die Sie erwarten dürfen, es lohnt sich allemal. Die Bestätigung dieser Aussage liefert folgender Abschnitt.

Christus im Zentrum

In dieser Phase finden wir Menschen, bei denen Gott nicht mehr Mittel, sondern zum Mittelpunkt geworden ist. Sie benutzen Gott nicht mehr für ihre Zwecke, sondern leben in einer wohltuenden Hingabe für Gottes Sache. So versuchen sie nicht mehr, die Dinge richtig zu machen, sondern die richtigen Dinge zu tun. Daher wird alles, was sie tun, zu Gold. Das Kreuz ist für sie gross; sie wissen, dass Gott im Schwachen mächtig ist. Asaf hatte diese Reife. Seine Aussage in Psalm 73,25 beweist es: «Wen habe ich im Himmel ausser dir? Und auch auf der Erde habe ich nach nichts Verlangen, wenn ich nur dich bei mir weiss!» (NGÜ). Solche Menschen lieben Gott mehr als alles andere. Sie suchen die Anerkennung bei Gott und nicht bei Menschen. Sie sind so richtig im Hause Gottes heimisch geworden und fühlen sich pudelwohl.

Solch reife Christen sind von der Gemeinde unterfordert, Nahrung für ihre geistliches Leben finden sie selbst. Trotzdem wechseln sie die Gemeinde nicht mehr, denn sie wollen sich nachhaltig für das Reich Gottes einsetzen. Sie begegnen der Gemeinde nicht als Konsument, sondern sehen sie als Ort dies Dienstes. Jacob Thiessen verbalisiert diese Haltung: «Überdies kommt man ja nicht nur, um zu konsumieren oder zu kritisieren. Jedes Gemeindeglied nimmt durch seine Gegenwart einen Dienst wahr. Wer diese Einstellung hat, kommt ganz anders zum Gottesdienst.» Sie können locker über eine schwache Predigt hinwegsehen, denn sie wissen, dass Gott, der für Wachstum Zuständige, auch am Pastor vorbeiwirken kann.

Christuszentrierte Menschen freuen sich an Veränderungen in der Gemeinde, selbst wenn der Stil ihnen persönlich nicht gefällt. Sie sehen weiter und möchten Wegbereiter für die nächste Generation sein. Als geistliche Väter und Mütter begleiten sie Babys oder junge Männer und Frauen. Menschen kommen zu ihnen wegen den Schätzen, die in ihnen angelegt sind. «Ihr seid nun schon so lange Christen und solltet eigentlich andere lehren» (Hebräer 5,12).

Es gibt nicht so viele Christen, die diesem Stadium erreichen. Viele langjährige und verdiente Christen ziehen sich eher in die zweite Reihe zurück und überlassen das Feld den jüngeren. Christuszentrierte Menschen bleiben in einer neuen Rolle aktiv und wollen sich in junge Leute investieren. In dieser Wachstumsphase findet die Konvergenz von Lebenserfahrung und geistlicher Entwicklung statt. Diesen Schatz setzen sie weise und zurückhaltend ein. Niemals wollen sie andere damit bedrängen.

Die aktivsten, grosszügigsten, engagiertesten und missionarisch am aktivsten Christen kommen aus dem Segment der im geistlichen Wachstum am meisten Fortgeschrittenen. Trotzdem sind sie immer noch auf Wachstum angelegt: Paulus war bei der ersten Missionsreise schon geistlicher Vater, aber dennoch entwickelte er sich vom «geringsten Apostel» zum «grössten aller Sünder».

 

Diese und andere Erkenntnisse stammen aus der Bibel sowie aus einer grossangelegten Studie, die unter mehr als 150'000 Personen durchgeführt wurde. 25% der Befragten sagten, dass ihr geistliches Wachstum zum Stillstand gekommen ist oder sind unzufrieden mit der Rolle, die die Gemeinde in ihrem geistlichen Wachstumsprozess spielt. Unsere Berufung ist es zu wachsen! Die Mühe ist kein Vergleich mit der Ernte, die wir erwarten dürfen, es lohnt sich allemal.

Beim Hobbygärtner spielte die Nachbarin, die über den Zaun schaute, eine wesentliche Rolle für das Wachstum der Stangenbohne. Es ist wichtig, dass wir ebenfalls Menschen über «unseren Zaun» blicken lassen. Ein sehr guter Ort dafür sind Kleingruppen, in denen man sich das Mandat gibt, einem ins Leben zu reden.

«Aber die dich lieben, sollen in ihrer Kraft wachsen wie die aufgehende Sonne!» (Richter 5,31). Das Leben eines Menschen, der Gott liebt, gleicht einer aufgehenden Sonne. Sein Leben findet zwischen Sonnenaufgang und Zenit statt. Selbst, wenn der äussere Mensch aufgerieben und schwach wird, nimmt der innere Mensch immer noch zu. Der 95-järigen Pablo Casals, der als der grösste Cellist gilt, den die Welt je gesehen hat, hatte eine vorbildliche Einstellung. Ein junger Reporter fragte ihn eines Tages: «Sie sind 95. Sie gelten als der beste Cellist der Welt und trotzdem üben Sie noch sechs Stunden am Tag. Warum?» Worauf der antwortete: «Weil ich denke, dass ich Fortschritte mache.» Wir sind noch nicht am Ziel angekommen und sollten jeden Tag Fortschritte machen. So werden wir reif in Christus und ein Wohlgeruch für unsere Umgebung.

 

 

Mögliche Fragen für die Kleingruppen

Bibeltext lesen: Hebräer 5,11-14; 1Korinther 3,1-4

  1. Auf welchem Feld im Wachstumspfad würdest du dich einschätzen? Warum?
  2. Willst du wachsen im Glauben? Was ist der Preis dafür?
  3. Was für eine Rolle spielt die seetal chile in deiner Entwicklung?
  4. Kennst du Menschen, die Christus im Zentrum haben? Wie fühlt sich das an?
  5. Was bedeutet die Tatsache, dass Gott es wachsen lässt, für dein Leben?