Datum: 20. März 2022 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: Johannes 4,1-30

Im Garten Eden herrschte Harmonie und üppiges Lebensglück. Leider entschied sich die Menschheit dazu, ihr Glück auf eigenem Weg zu finden. Die Sünde zerstört Beziehung und schafft Trennung. Beispielhaft dafür steht die Samaritanerin in Johannes 4. Indem Jesus ihr am Jakobsbrunnen lebendiges Wasser anbietet, stellt Er den Frieden zwischen Gott und den Menschen aller Rassen und Klassen wieder her. Wie Jahrhunderte vorher der Diener von Abraham an einem Brunnen die Voraussetzung für die Ehe zwischen Rebekka und Isaak geschaffen hat, tut dies Jesus nun für die Beziehung zwischen Gott und Mensch.


Ziemlich genau vor drei Jahren bereisten eine Gruppe der seetal chile Israel. Unter anderem besuchten wir eine Kirche in Nablus (früher Sychar) – inmitten von moslemischen Palästinensern. Der dortige Priester der orthodoxen Kirche hält das Fähnchen des Christentums in der Stadt hoch. In seiner Kirche geht eine Treppe runter zum Jakobs Brunnen. Es ist der Brunnen, bei dem die Begegnung von Jesus und der Samaritanerin stattgefunden haben soll. So standen wir als Gruppe andächtig um den Brunnen und lasen die Geschichte aus Johannes 4. Anschliessend segnete der Priester mich und schenkte mir einen kleinen Souvenirkrug gefüllt mit Wasser aus diesem geschichtsträchtigen Brunnen.

Geschichtsträchtiger Brunnen

Damals, zur Zeit Jesu, nähert sich eine Frau, die lediglich als Samaritanerin bekannt ist, dem Jakobsbrunnen. Die namenlose Frau ist mit ihren Wasserkrügen allein zur Mittagszeit unterwegs. Normalerweise erledigen die Frauen diese Arbeit nicht unter der heissesten Wüstensonne, sondern entweder am früher Morgen oder in der Abenddämmerung. Obwohl es eine strenge Arbeit ist, tun die Frauen sie gerne. Es ist die Gelegenheit auf dem Weg oder auf dem Brunnenrand sitzend, einen kleinen Schwatz abzuhalten.

Warum geht diese Frau einen solch einsamen Weg? Die Antwort finden wir in Johannes 4,16-18. Die namenlose Frau hatte fünf Ehemänner und der Mann, mit dem sie jetzt zusammenlebt, ist nicht ihr Ehemann. Sie hat sich fünf Männern hingegeben und fünf Männer haben sie auf die Strasse gestellt. Fünfmal erhoffte sie sich Glück für ihr Leben, fünfmal wurde sie enttäuscht. Wie leer, wie gebraucht, wie verletzt und wertlos muss sie sich fühlen! Fünfmal hatte sie Hoffnung, ein Zuhause, Essen und Schutz; fünfmal wurde sie zur Seite gestellt. Für die Männer ist sie nicht mehr als ein kurzer Boxenstopp. Vermutlich, so denkt sie, ist sie es nicht wert.

Weil sie die Blicke und das Flüstern hinter vorgehaltener Hand über ihre Wertlosigkeit, ihre Unfruchtbarkeit und Beziehungsunfähigkeit nicht mehr erträgt, separiert sie sich von den anderen Frauen. Dabei will sie doch nichts anderes, als ihren Durst nach Glück und Lebenssinn stillen. Sie bleibt leer zurück. Diese Persona non grata nähert sich also dem Jakobsbrunnen, doch anstatt der Einsamkeit, die sie gesucht hat, trifft sie auf einen jüdischen Mann. Jesus war mit seinen Schülern von Judäa nach Galiläa unterwegs. «Er musste aber durch Samarien reisen» (Johannes 4,4 LUT). Jesus musste durch Samarien reisen, obwohl die Juden grundsätzlich die alternative Route nahmen, um eine Begegnung mit Samaritanern zu vermeiden. Juden und Samaritaner waren arg verfeindet. Es war im Jahr 722 v.Chr., als das Nordreich Israels von den Assyrern geplündert und die Bewohner über das ganze assyrische Reich verteilt wurden. Im Gegenzug siedelten sie Menschen aus anderen Gegenden mit anderen Göttern in Samarien an. So kam es zu einem religiösen Mischmasch. Die Juden, die geblieben sind, verstiessen gegen das mosaische Gesetz, indem sie die Götter der neuen Bewohner integrierten. Dies machte sie zu Feinden für die Juden, die sich an das Gesetz hielten. Der grösste Unterschied lag im samaritanischen Glauben, dass der Berg Garizim und nicht Jerusalem der Ort ist, um Gott anzubeten. Über Jahrhunderte hinweg kam es zu gewaltsamen Zusammenstössen zwischen Juden und Samaritanern. Deshalb war die Samaritanerin so überrascht, als der Jude Jesus sie anspricht.

Warum nimmt Jesus dennoch die Route durch Samarien? Als sich Jesus mit seinen Schülern Sychar nähert, gehen diese im Dorf einkaufen. Währenddessen setzt sich Jesus trotz heisser Mittagssonne beim Jakobsbrunnen hin. Dreimal steht ausdrücklich Jakob, der Name des Erzvaters, im Text. Was jetzt geschieht, ist von geschichtlich herausragender Bedeutung. Die namenslose Frau repräsentiert einen Querschnitt durch die Ethnien und das Leben am Rande der Gesellschaft.

Jesus eröffnet die Konversation mit vier Wörtern: «Gib mir zu trinken!» (V.7 LUT). Diese Worte müssen den originalen Zuhörer an eine Geschichte erinnern, die in 1. Mose 24 festgehalten ist. Abraham sendet seinen Diener aus, um für seinen Sohn Isaak eine Frau zu finden. Der Diener erfüllt seinen Auftrag an einem Brunnen. Als Rebekka zum Brunnen kam, waren seine ersten Worte: «Gib mir bitte etwas aus deinem Krug zu trinken!» (1Mose 24,14 NLB). Rebekka wird später Isaaks Frau.

Als Jesus die Samaritanerin bittet, ihm Wasser zu geben, schafft er die Voraussetzung für eine Ehe. Als Jesus am Brunnen wartet und um Wasser bittet, durchquert der Gott aller Kreaturen Raum und Zeit, um der Menschheit ein Angebot zu machen. Indem die Frage an eine samaritanische Frau ging, zeigte Jesus, dass Gottes Liebe nicht auf eine Ethnie, ein Geschlecht oder einen sozialen Stand beschränkt ist.

Die Frau erwiderte: «Du bist ein Jude und ich bin eine Samaritanerin. Warum bittest du mich, dir zu trinken zu geben?» (V.9 NLB). Mit anderen Worten: Das kann nicht dein Ernst sein. Du kannst nicht mit mir zusammen sein wollen, weil niemand mit mir sein will! Doch Jesus antwortet: «Wenn du wüsstest, welche Gabe Gott für dich bereithält und wer der ist, der zu dir sagt: 'Gib mir zu trinken', dann wärst du diejenige, die ihn bittet, und er würde dir lebendiges Wasser geben» (V.10 NLB).

Rissige Zisternen

Nochmals etwa sieben Jahrhunderte vor diesem Brunnen Ereignis sprach Gott bereits durch den Propheten Jeremia über lebendiges Wasser. Dort taucht bereits der Zusammenhang zwischen ehelicher Liebe und Wasser auf. Gott erinnert die Israeliten, dass sie sein Volk sind, und vergleicht ihre Beziehung mit der von Braut und Bräutigam (Jeremia 2,2). Für menschliche Begriffe gibt es keine grössere Liebe als die Liebe im Kontext einer Ehe. Es ist die höchste Verbindlichkeit, die Verbindung von zwei zu einem. Zwei Menschen, zwei Familien, zwei Arten von Träumen, von Berufungen, von Erfolgen, von Problemen, von Erinnerungen, von Humor werden eins. Eine Ehe hat das Potenzial für Himmel auf Erden und zugleich für tiefe Verletzungen. Aus der tiefsten Verbundenheit kommt der Schrecken der tiefsten Verlorenheit. Das Auseinanderbrechen einer Ehe fühlt sich wie das Auseinanderbrechen des eigenen Lebens an. Wenn das schon zwischen zwei Menschen so schmerzhaft ist, wie viel schlimmer ist das Auseinanderbrechen der Beziehung zwischen Schöpfung und Kreator. Unsere gesamte Existenz hängt von Gott ab. Gottes Atem, der Ruach, macht uns zu lebendigen Wesen. Gottes Vorstellungskraft hat uns ins Leben gerufen und Gottes Hände haben jeden von uns im Mutterleib geformt. Ganz zu sein, bedeutet in einer liebenden Beziehung zu Gott zu stehen.

Die Beschreibung des Garten Edens offeriert uns einen Blick in die liebende Beziehung des Menschen mit Gott und auf lebendiges Wasser. Es sprudelt aus einer Quelle und breitet sich in vier Richtungen über die ganze Erde aus. Das Wasser fördert üppige Landschaften, Sicherheit und erfolgreiche Arbeit. Dann kam der Bruch. Adam und Eva assen von den Früchten des Baumes der Erkenntnis von Gut und Böse. Sie vertrauten Gott nicht und wählten ihren eigenen Weg zum Glück. Genau das meint der Begriff Sünde. Sünde bedeutet, etwas anderem als Gott zu vertrauen. Später betretet Gott den Garten, um nach seinen geliebten Menschen zu sehen. Adam und Eva verstecken sich, weil sie unsicher sind, was Gott mit ihnen vorhat. Der Bruch fordert seinen Tribut. Auf einen Schlag sind alle Beziehungen, die Gott mit einem «sehr gut» deklariert hat, zerbrochen. Die zerbrochene Beziehung des Menschen zu Gott ist die grundlegende Ursache aller anderen Brüche. Weil die ganze Schöpfung durch die Liebe Gottes miteinander vernetzt ist, bedeutet das Brechen einer Beziehung den Bruch aller anderen.

Sünde trennt und zerstört Beziehungen. Als die Sünde in die Welt kam, trennte dies den Menschen vom Leben an sich, voneinander, von der übrigen Schöpfung und von Gott. Der Tod ist die letztendliche Form der Trennung. In Genesis 3 gab es drei Gewinner: der Tod, die Sünde und die Trennung. Die Menschen wurden aus dem Garten vertrieben, damit sie nicht noch den Baum des Lebens aufsuchen und davon essen. Denn dann hätten sie für immer unter den verschlechterten Umständen gelebt. Seit diesem Zeitpunkt ist der Mensch auf der langen Suche nach lebendigem Wasser.

Die Samaritanerin sucht ihr Glück und ihren Frieden in Männerbeziehungen. Sie erntet Trennung und Isolation. Andere Menschen trinken aus der Quelle des Erfolgs, des Status oder des Reichtums. Sie bleiben leer. Der Prophet hält dem Volk Israel, der von Gott geliebten Braut, vor: «Denn mein Volk tut eine zwiefache Sünde: Mich, die lebendige Quelle, verlassen sie und machen sich Zisternen, die doch rissig sind und das Wasser nicht halten» (Jeremia 2,13 LUT). Jeder Mensch versucht seinen Durst nach Frieden und Glück zu stillen.

Lebendiges Wasser

Jesus verspricht der Samaritanerin: «Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, der wird niemals mehr Durst haben. Das Wasser, das ich ihm gebe, wird in ihm zu einer nie versiegenden Quelle, die unaufhörlich bis ins ewige Leben fliesst» (Johannes 4,14 NLB). Jesus als Bräutigam schafft gerade die Basis für die «Ehe» zwischen Gott und den Menschen. Das Geschehen am Jakobsbrunnen ist das Angebot von Jesus an alle Menschen, zurück in die liebende Gemeinschaft mit Gott zu kommen. Es ist die Wiederherstellung der Beziehung, des Shaloms, mit Gott. Als Jesus seinen Dienst auf dieser Welt begann, wurde er versucht, seinen Durst aus rissigen Zisternen zu stillen. Er kämpfte gegen die Versuchung, seinen eigenen Hunger zu stillen, die Macht an sich zu reissen und an Gottes Fähigkeit, Leben zu schenken, zu zweifeln (Lukas 4). Am Ende wählte Jesus Gottes Weg zum Frieden und die Umkehr des Sündenfalles begann.

Glaubst du, dass Jesus sämtliche Barrieren überwunden hat, um dich zu lieben und bei dir zu sein? Hast du JA zu Jesus gesagt? Wenn noch nicht, was hält dich noch zurück?

 

Fragen für die Kleingruppen

Bibeltext lesen: Johannes 4,1-30

  1. Warum ging Jesus die Route durch Samaria und nicht wie üblich drumherum?
  2. Warum könnte die Person der Samaritanerin wichtig gewesen sein für die Botschaft der Wiederherstellung der Beziehung mit Gott?
  3. Ebenfalls an einem Brunnen wurde die Voraussetzung für die Ehe von Rebekka und Isaak gelegt (1Mose 24). Warum weckt Jesus am Jakobs Brunnen diese Assoziation?
  4. Was ist Sünde und was bewirkt sie?
  5. Die Episode am Brunnen steht für die Wiederherstellung des Friedens zwischen Gott und den Menschen. Wie stehst du diesem Angebot gegenüber?