Datum: 4. Juli 2021 | Prediger/in:
Serie: | Bibeltext: Hesekiel 1,4-18 und 22-28

Die Herrlichkeit Gottes ist die kombinierte Gesamtsumme all seiner grandiosen göttlichen Eigenschaften. Alles miteinander kombiniert, macht Gott zu einem herrlichen Gott. Jesus Christus hat die göttliche Herrlichkeit abgelegt, als er als Mensch auf die Erde kam. Am Kreuz wurde er verherrlicht und hat dadurch für uns den Zugang zu Gottes Herrlichkeit ermöglicht. Wenn wir den gekreuzigten und auferstandenen Jesus anschauen, erkennen wir Gottes Herrlichkeit und werden in sie hinein verändert.


 

Die Bergpredigt macht deutlich, dass es in der Metamorphose darum geht, zu werden wie der Vater ist. J. I. Packer sagt: «Wir sind moderne Menschen und moderne Menschen gefallen sich zwar in grossen Ideen über den Menschen, begnügen sich aber in der Regel mit ganz kleinen über Gott.» In der Sommerserie werden wir den Fokus auf Gott zu richten und ihn hoffentlich ein bisschen mehr in seiner Grösse und Schönheit wahrnehmen. Wenn wir heute über die Herrlichkeit Gottes nachdenken, soll das unserem Glauben eine ganz neue Kraft und Dynamik verleihen.

Was ist die Herrlichkeit Gottes?

In Hesekiel 1 beschreibt Hesekiel eine Vision der Herrlichkeit Gottes. Es gibt keine mathematisch genaue Definition der Herrlichkeit Gottes, sondern den Versuch einer Beschreibung von etwas Unbeschreiblichem. Zum Schluss sagt Hesekiel: «[...] Das war das Aussehen des Abbildes der Herrlichkeit des HERRN [...]» (Hesekiel 1,28 ELB).

Wenn man diesen Text liest, denkt man, es sei eine komplett verrückte Zusammenstellung, die jemand im Drogenrausch zu Papier gebracht hat. Aber es gibt eine innere Struktur und eine Aussagekraft. Ein paar Beispiele: Das menschliche Gesicht steht für Weisheit und Verstand. Der Stier ist ein Fruchtbarkeitssymbol. Gott ist der Spender allen Lebens. Der Löwe repräsentiert die göttliche Stärke und Kraft. Der Adler steht für Schnelligkeit und Beweglichkeit. Gott kann überall sein. Die Räder stehen für die Allgegenwart Gottes, weil die sich überall hinbewegen können. Es gibt keinen Ort auf dieser Erde, wo Gott nicht hinkommt. Die Augen auf den Felgen der Räder symbolisieren die Allwissenheit. Gott sieht und weiss alles.

Hesekiel scheint zu sagen: Die Herrlichkeit Gottes, die ich sehe, ist die kombinierte Gesamtsumme all seiner grandiosen göttlichen Eigenschaften sehen. Alles miteinander kombiniert, macht Gott zu einem herrlichen Gott. Auf dieser Grundlage nun der Versuch, die Herrlichkeit Gottes in drei Schritten zu definieren:

  1. Die Herrlichkeit Gottes meint seine unendliche Jenseitigkeit. Der ungezähmte Gott lässt sich nicht in unsere Tasche stecken. Gott offenbart sich selbst in seinem Wort. Deshalb können wir einiges über Gott verstehen. Doch wenn alles gesagt ist, bleibt immer noch eine unendliche Jenseitigkeit, das ausserhalb dessen liegt, was wir fassen können. Wenn wir mit unserem Verstand Gott fassen wollten, wäre dies, wie wenn wir den Bodensee in den Hallwilersee abfüllen wollten. Wollen wir einen herrlichen Gott oder einen Gott, den wir verstehen können und der nach unseren Vorstellungen und Massstäben funktioniert?
  2. Die Herrlichkeit Gottes drückt aus, dass Er von allerhöchster Bedeutung ist. Das hebräische Wort für Herrlichkeit, kabod, bedeutet Schwere, Gewicht. Die Herrlichkeit Gottes bringt zum Ausdruck, dass Gott selbst allerhöchstes Gewicht hat und von grösster Bedeutung ist. Nichts sollte uns so wichtig sein wie Er. Wenn irgendetwas in unserem Leben mehr Bedeutung hat als Gott, leugnen wir seine Herrlichkeit. Eine Wippe neigt sich, wenn auf einer Seite ein Gegenstand ist, der schwerer ist als der auf der anderen Seite. Auf der einen Seite sage ich, ich vertraue Gott und liebe ihn. Auf der anderen Seite bin ich geizig und betrüge bei den Steuern. Die Waage neigt sich; nicht Gott hat das grösste Gewicht, sondern das Geld. Oder: Weil ich die gewünschte Anerkennung nicht bekommen, bin ich am Boden zerstört. Das ist ein Zeichen dafür, dass Menschen und ihre Stimmen mehr Gewicht haben als das, was Gott über mich denkt. Gott ist in unserem Leben nur dann in seiner ganzen Herrlichkeit präsent, wenn er mit seinem Gewicht die Wippe auf seine Seite kippt.
  3. Die Herrlichkeit Gottes steht für seine absolute Schönheit. Schönheit ist existenziell wichtig. Wir geben viel Geld aus, weil wir schön sein wollen. Wir werden angezogen von schönen Menschen. Wir gehen an schöne Orte in die Feiern. Wir geniessen einen schönen Sonnenuntergang, schöne Musik oder schöne Architektur. Wir werden von Schönheit angezogen. Gottes Herrlichkeit bedeutet, dass er das Schönste ist, was wir uns überhaupt vorstellen können. Wenn wir seine Herrlichkeit entdecken, wird es uns zu Ihm hinziehen und es wird uns verändern. Gott zu verherrlichen bedeutet, Ihm nicht deshalb zu gehorchen, weil man muss, sondern weil man es will, weil wir von seiner Schönheit erfreut, begeistert, fasziniert und erfasst sind.

Wie reagieren wir auf die Herrlichkeit Gottes?

Woran merken wir, dass wir von Herrlichkeit Gottes erfasst worden sind? Hesekiel gibt die Antwort: «[...] Und als ich sie (= Herrlichkeit Gottes) gesehen hatte, fiel ich auf mein Angesicht und hörte einen reden» (Hesekiel 1,28 ELB). Auf das Angesicht fallen ist ein Zeichen für drei Dinge: Anbetung, tiefe Demut und Kapitulation.

Wenn ich die Herrlichkeit Gottes erkannt habe, geschieht in meinem Leben folgendes:

Ich werde demütig vor Ihm niederfallen. Ein Beispiel dafür ist Jesaja, der mit der Herrlichkeit Gottes in Berührung kommt. «Da sprach ich: Weh mir, ich vergehe! Denn ich bin unreiner Lippen und wohne unter einem Volk von unreinen Lippen; denn ich habe den König, den HERRN Zebaoth, gesehen mit meinen Augen» (Jesaja 6,5 ELB). Es kann nicht sein, dass wir die Schönheit Gottes sehen und nicht gleichzeitig überführt werden von unserer Ungerechtigkeit und Unreinheit. Es kann nicht sein, dass wir die Grösse Gottes sehen und nicht anerkennen, wie schwach und begrenzt wir sind. Es kann nicht sein, dass wir im Licht Gottes stehen und die Dunkelheit unseres Herzens nicht wahrnehmen. Wenn Menschen mit dem wahren Gott in Berührung kommen und seine Herrlichkeit sehen, dann passiert immer genau dasselbe: sie fallen demütig auf ihr Angesicht. Hiob hat nach langem Ringen Gott gesehen. Die Reaktion darauf ist: «Darum widerrufe ich, was ich gesagt habe, und bereue in Staub und Asche» (Hiob 42,6 NLB). Als Petrus einen Blick auf Gottes Herrlichkeit erhaschen konnte, sagte er: «Herr, kümmere dich nicht weiter um mich – ich bin ein zu grosser Sünder, um bei dir zu sein» (Lukas 5,8 NLB). Wenn du dieses demütige Erkennen deiner Sündhaftigkeit noch nie erlebt hast, dann deutet das darauf hin, dass es einen Mangel an Herrlichkeit Gottes gibt in deinem Leben. Wenn du immer noch denkst, dass du besser bist als die anderen und Gott sich glücklich schätzen muss, dich in seinem Team zu haben, gibt es einen Mangel an Herrlichkeit Gottes.

Ich werde Gott bedingungslos nur um seiner selbst willen begegnen und dienen. Solange wir Gottes Herrlichkeit nicht erkannt haben, ist Gott eher ein Hilfsmittel, um unsere Wünsche zu erfüllen. Solange wir Gottes Herrlichkeit nicht erkannt haben, gehen wir in den Gottesdienst, weil wir Inspiration brauchen oder weil wir die Gemeinschaft geniessen. Wir beten darum, dass Gott unsere Wünsche erfüllt und uns Kraft gibt in schwierigen Situationen. Vielleicht dienen wir Gott sogar, aber nur, weil wir die Anerkennung anderer suchen. Suche ich die Dinge, die Gott mir gibt, oder Gott selbst? Wer anfängt, die Herrlichkeit Gottes zu erfassen, der wird immer mehr Gott um seiner selbst willen wollen, und nicht wegen der Dinge, die er sich von Gott wünscht. «Gott, du bist mein Gott; dich suche ich von ganzem Herzen» (Psalm 63,2 NLB).

Wie erfasst uns die Herrlichkeit Gottes?

Unser tiefstes Problem liegt darin, dass wir grundsätzlich gar keinen Zugang zu Gottes Herrlichkeit haben. Als Mose auf dem Sinai war, wollte er Gottes Herrlichkeit sehen. Daraufhin sagte Gott zu Mose: «Du kannst es nicht ertragen, mein Angesicht zu sehen, denn kein Mensch kann mich sehen und am Leben bleiben» (2Mose 33,20 ELB). Wie können wir Zugang zu Gottes Herrlichkeit haben, ohne zu sterben?

Die Antwort finden wir bei Hesekiel, der die Herrlichkeit Gottes mit einem Regenbogen vergleicht: «Wie das Aussehen des Bogens, der am Regentag in der Wolke ist, so war das Aussehen des Glanzes ringsum [...]» (Hesekiel 1,28 ELB). Der Regenbogen kommt sonst im ganzen Alten Testament nur noch bei Noah vor. Nachdem Gott die Welt durch die Flut gerichtet hat, setzt Gott den Bogen als Friedenszeichen in die Wolken. Er dient als Zeichen der Gnade und als Versprechen, dass Gott die Welt nicht ein zweites Mal durch eine Flut zerstören wird.

Der hebräische Ausdruck für Regenbogen bezeichnet auch einen Kriegsbogen, also ein Instrument, durch das im Krieg Menschen durch Pfeile getötet werden. Dieser Bogen mit Pfeilen des Zorns und des Gerichts Gottes hängt als Gnadenzeichen am Himmel. Charles Spurgeon hat die Frage gestellt, in welche Richtung der Bogen zeigt. Die Richtung des Bogens geht nicht zu uns nach unten, sondern nach oben, dort wo Gott ist. Gott sagt, die Richtung der Pfeile ist meine Richtung und wenn es nötig sein sollte, dann wird er abgeschossen und richtet sich gegen mich selbst. Am Kreuz ist genau dies passiert. Jesus erduldete den Zorn Gottes. Er warf sich für uns in die Pfeile und trug die Strafe für unsere Zielverfehlungen.

Der Regenbogen und das Kreuz gehören zusammen. Bei Hesekiel ist der Regenbogen ein Ausdruck der Herrlichkeit Gottes. Kurz vor seinem Tod sagte Jesus: «Vater, die Stunde ist gekommen. Verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrlicht» (Johannes 17,1 ELB). Damit sagt er: Am Kreuz wird in ultimativer Form meine Herrlichkeit und die des Vaters offenbart. Die Herrlichkeit Gottes zeigt sich im Vollsinn am Kreuz. Dort wird der Kriegsbogen endgültig zum Regenbogen der Gnade und zum unmissverständlichen Ausdruck der Schönheit und Herrlichkeit Gottes.

Als Jesus, der Sohn Gottes, auf diese Erde kam, hat er seine göttliche Herrlichkeit abgelegt. Jesaja beschreibt prophetisch: «Sein Äusseres war weder schön noch majestätisch, er hatte nichts Gewinnendes, das uns gefallen hätte. Er wurde verachtet und von den Menschen abgelehnt [...]» (Jesaja 53,2f NLB). Deshalb wenden sich viele Menschen von Jesus ab, weil seine Gestalt so unschön und hässlich war.

Warum hat Jesus das getan? Damit du und ich Zugang bekommen zur Herrlichkeit Gottes. Jesus hat seine Herrlichkeit abgelegt, damit wir sie bekommen. Wir werden mit der Schönheit und Gerechtigkeit Jesu bekleidet. Und auf einmal ist die Herrlichkeit Gottes nicht mehr tödlich. Christus starb, damit wir leben! Auf einmal schaut Gott mit liebevollem, väterlichem Wohlwollen auf uns und wendet sich uns in Christus zu und schenkt uns seine Herrlichkeit. Dass Jesus seine Herrlichkeit aufgegeben hat, ist das Herrlichste und Schönste, was je passiert ist. Paulus sagt: «Denn Gott, der sprach: Es werde Licht in der Finsternis, hat uns in unseren Herzen erkennen lassen, dass dieses Licht der Glanz der Herrlichkeit Gottes ist, die uns im Angesicht von Jesus Christus sichtbar wird» (2Korinther 4,6 NLB).

Wie werden wir von der Herrlichkeit Gottes erfasst? Im Anschauen des gekreuzigten und auferstanden HERRN! Im Angesicht des gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus erkennen wir den vollen Glanz der Herrlichkeit Gottes. Und wenn wir diese Herrlichkeit anschauen, dann werden wir selbst in dahingehend verändert. «Ja, wir alle sehen mit unverhülltem Gesicht die Herrlichkeit des Herrn. Wir sehen sie wie in einem Spiegel, und indem wir das Ebenbild des Herrn anschauen, wird unser ganzes Wesen so umgestaltet, dass wir ihm immer ähnlicher werden und immer mehr Anteil an seiner Herrlichkeit bekommen. Diese Umgestaltung ist das Werk des Herrn; sie ist das Werk seines Geistes» (2Korinther 3,18 NGÜ).

 

 

Mögliche Fragen für die Kleingruppen

Bibeltext lesen: Hesekiel 1,4-18;22-28

  1. Wie würdest du die Herrlichkeit Gottes definieren?
  2. Was für Auswirkungen hat die Herrlichkeit Gottes? Was davon hast du schon erlebt?
  3. Wie bekommen wir Zugang zur Herrlichkeit Gottes? Was hat das mit Jesus Christus zu tun?
  4. Wie werden wir in Sachen Herrlichkeit Gottes in sein Bild verändert (2Korinther 3,17f)?