Beziehungen | Einander Freund sein – auch in der Ehe
Serie: EIFACH muetig – mit Jesus als Vorbild | Bibeltext: Epheser 5,25-27
Der Mensch wurde mit einem Beziehungspotenzial geschaffen, das sowohl die vertikale Beziehung zu Gott als auch die horizontale Beziehung zu Menschen bedarf. In einer Freundschaft gibt es natürliche Elemente und auch übernatürliche. Wenn beide zusammenkommen, entsteht ein stärkeres Band. In einer Ehe kommt noch die romantische Liebe dazu. Das ist die optimale Voraussetzung, dass die Ehepartner sich auf dem Weg zur Neuschöpfung unterstützen und begleiten können.
In 1. Mose 1 und 2 betrachtet Gott seine Schöpfung und versieht sie wiederholt mit dem Prädikat «gut». Umso auffallender ist, dass Gott nach der Erschaffung des ersten Menschen sagt: «Es ist nicht gut für den Menschen allein zu sein. Ich will ihm ein Wesen schaffen, das zu ihm passt» (1Mose 2,18 NLB). Hier ist also Adam, von Gott erschaffen und in den Garten des Paradies gesetzt, aber dass er allein ist, ist «nicht gut». Gott hat in uns ein Beziehungspotenzial erschaffen, das durch unsere «vertikale» Beziehung zu Ihm nicht vollständig erfüllt wird. Wir wurden so erschaffen, dass wir auch «horizontale» Beziehungen zu anderen Menschen brauchen.
Natürliche Aspekte der Freundschaft
Freundschaft hat in der Bibel verschiedene Aspekte. Vor allem das Buch der Sprüche widmet der Freundschaft viel Raum. Fragen wir uns doch immer zuerst, ob wir selbst ein solcher Freund sind, und nicht nur, ob wir einen solchen Freund haben.
Treue. «Auf einen Freund kann man sich immer verlassen, und ein Bruder ist dazu da, dass man einen Helfer in der Not hat» (Sprüche 17,17 NLB). Ein wahrer Freund steht mehr zu einem als ein Bruder (Sprüche18,24); er ist immer für einen da.
Transparenz bzw. Ehrlichkeit. Echte Freunde ermutigen und bejahen einander (Sprüche 27,9), aber sie halten auch mit Kritik nicht hinter dem Berg. Wie ein guter Chirurg schneidet ein Freund, um zu heilen (Sprüche 27,6). Durch ein gesundes Miteinander werden sie weiser: «Eisen schärft Eisen, ebenso schärft ein Mensch einen anderen» (Sprüche 27,17 NLB).
Sympathie. Der wörtliche Sinn von sym-pathos meint gemeinsame Leidenschaft. Freundschaften kommen nicht so sehr durch einen Willensakt zusammen, sondern sie entstehen zwischen Personen, die entdecken, dass sie bestimmte Interessen und Sehnsüchte gemeinsam haben. Für C.S. Lewis liegt das Wesen der Freundschaft in dem Ausruf: «Was, du auch?» Wenn wir einen Menschen finden, der von der gleichen Leidenschaft gepackt wird, hat diese Beziehung, wenn sie mit Transparenz und Treue gepflegt wird, das Potenzial zu einer echten Freundschaft.
Übernatürliche Aspekte der Freundschaft
Menschen, die Christus nachfolgen, haben trotz aller Unterschiede in Klasse, Temperament, Kultur, Nationalität und persönliche Geschichte eine Gemeinsamkeit, die stärker ist als all die Unterschiede. Alle Nachfolger von Jesus haben die Gnade Gottes erfahren, haben eine radikal neue Identität bekommen und sehnen sich nach der gleichen Zukunft, gehen auf denselben Horizont zu – die neue Schöpfung. Gemeinsam stehen wir in dem Prozess zu dem wahren Ich, der Person, die Gott eigentlich meinte, als er uns schuf. «Ich bin ganz sicher, dass Gott, der sein gutes Werk in euch angefangen hat, damit weitermachen und es vollenden wird bis zu dem Tag, an dem Christus Jesus wiederkommt» (Philipper 1,6 NLB).
Das bedeutet, dass zwei beliebige Menschen, die ausser dem Glauben an Christus nicht viel gemeinsam haben, eine robuste Freundschaft entwickeln können. Sie begleiten einander auf dem Weg in die neue Schöpfung und tun gemeinsam ihren Dienst in der jetzigen Welt. Und auch hier gilt, dass dieser gemeinsame Weg von der gegenseitigen geistlichen Transparenz und der geistlichen Verbindlichkeit lebt. Im Neuen Testament gibt es dazu die sogenannten «Einander»-Stellen: einander die Sünden bekennen, aufeinander achthaben, einander anspornen, einander vergeben, Schritte der Versöhnung tun, füreinander da sein, das Leben miteinander teilen, einander mit Ermutigung, Achtung und Lob begegnen, einander helfen, einander im Glauben aufbauen, etc.).
Die reichsten und besten Freundschaften entstehen dort, wo beide Elemente – die übernatürlichen und die natürlichen – zusammenkommen.
Freundschaft ist das tiefe Einssein, zu dem es kommt, wenn zwei Menschen, die in Liebe einander die Wahrheit sagen, gemeinsam zum selben Horizont unterwegs sind. «Und weil wir auch füreinander verantwortlich sind, wollen wir uns gegenseitig dazu anspornen, einander Liebe zu erweisen und Gutes zu tun» (Hebräer 10,24 NGÜ). Diese horizontale Art von Freundschaft braucht jeder Mensch.
Den Ehepartner als besten Freund
Die Ehe kann dem natürlichen und übernatürlichen Freundschaftsband noch die Kraft der romantischen Liebe hinzufügen. Als Gott dem ersten Mann seine Frau brachte, brachte er ihm nicht nur eine Geliebte, sondern die Freundin, die sein Herz gesucht hatte. Sprüche 2,17 nennt den Ehepartner auf Hebräisch ’allup, ein Wort das mit ‘besonderer Vertrauter’ oder ‘bester Freund’ übersetzt wird. In einer Zeit, wo die Frau als Eigentum ihres Mannes betrachtet wurde und Eheschliessungen vor allem geschäftliche Transaktionen zur Absicherung der Familie und Sippe waren, war eine solche Beschreibung unerhört. Doch in unserer heutigen Gesellschaft mit ihrer Betonung von romantischer Liebe und Sex ist die Forderung, dass die Ehepartner beste Freunde sein sollten, nicht weniger radikal. Die Ehe ist eine Form der Freundschaft. Für Paulus ist das Hauptziel der christlichen Ehe nicht sozialer Status und Stabilität, wie in den antiken Kulturen, aber auch nicht romantische Liebe und persönliches Glück, wie in unserer heutigen Kultur. Paulus sagt: «Und ihr Ehemänner, liebt eure Frauen mit derselben Liebe, mit der auch Christus die Gemeinde geliebt hat. Er gab sein Leben für sie, damit sie befreit von Schuld ganz ihm gehört, rein gewaschen durch die Taufe und Gottes Wort. Er tat dies, um sie als herrliche Gemeinde vor sich hinzustellen, ohne Flecken und Runzeln oder dergleichen, sondern heilig und makellos» (Epheser 5,25-27 NLB).
Paulus spricht hier den Prozess an, der an dem Tag beginn, an dem ein Mensch zum Glauben an Jesus Christus kommt, und der als Heiligung bezeichnet wird. Und Paulus ist sich ganz sicher, dass dieser Prozess vollendet wird (Philipper 1,6). Der Grund ist, dass Jesus selbst in seinen Nachfolger gegenwärtig ist und dieses Werk orchestriert. ER ist entschlossen, uns zu den herrlichen, einzigartigen Personen zu machen, die wir in Ihm sein können. In seinem Erlösungswerk ist Jesus beides: Freund (Johannes 15,9-15) und Liebender (Epheser 5,25-27). Das ist das Vorbild für die Partner in einer Ehe. Mann und Frau sollen einander so Liebende und Freunde sein, wie Jesus dies uns gegenüber ist. Jesus hat eine Vision von unserer künftigen Herrlichkeit (Kolosser 1,27; 1Johannes 3,2), und alles, was Er in unserem Leben tut, bringt uns näher zu diesem Ziel. Epheser 5,28 zieht eine direkte Verbindung zwischen dem Ziel jeder menschlichen Ehe und dem Bild von der göttlichen Ehe Christi mit der Kirche.
Die Ehe ist dazu da, dass beide, Mann und Frau, einander helfen, zu den herrlichen neuen Menschen zu werden, der neuen Schöpfung, die Gott uns versprochen hat. In unseren Skiferien gab es an einem Tag die Wetterprognose, dass im Laufe des Tages die Sonne durch die Wolken durchbrechen werde. Also machten wir uns bei dichtem Nebel voller Zuversicht auf die Pisten. Was für ein wunderbarer Moment, als sich plötzlich die Berge aus dem Nebel erhoben und in der Sonne glitzerten! In einer Ehe gibt es auch so Momente, wo sich der Schleier des Alltags hebt und wir den anderen als den herrlichen Menschen sehen, den Gott sich gedacht hat.
Als man Michelangelo fragte, wie er seine prächtige David-Skulptur geschaffen hatte, soll er geantwortet haben: «Ich habe in den Marmor hineingeschaut und dann alles weggemeisselt, das nicht David war.» Die meisten Menschen, die auf der Suche nach einem Ehepartner sind, suchen eine fertige Statue, wo sie eigentlich einen tollen Marmorblock suchen sollten – nicht, um die Person zu schaffen, die sie wollen, sondern um zuzuschauen, was für eine Person Jesus hier schafft.
In dieser Sicht von Ehe sagt der eine Partner zum anderen: «Ich sehe deine Fehler und Unvollkommenheiten, Schwächen und Abhängigkeiten, aber ich sehe auch, wie unter dieser Oberfläche die Person heranwächst, zu der Gott dich machen will.» In einer Ehe geht es darum, das absolut Atemberaubende, das Gott mit dem geliebten Partner vorhat, zu sehen – schon jetzt Bruchstücke der kommenden Herrlichkeit zu erahnen und dem anderen zu helfen, die Person zu werden, zu der Gott ihn oder sie machen will. Es geht darum, den Ehepartner in sein Potenzial ‘hineinzulieben’.
Es ist also das genaue Gegenteil von der Suche nach dem ‘richtigen’ Partner, der uns so annimmt, wie wir sind und uns nicht verändern will. Diese Sicht ist auch radikal anders, als die Suche nach einem Partner, der uns sozialen Status, finanzielle Absicherung oder erfüllten Sex liefert. Selbstverständlich sollen Romantik, Sex, Lachen und Spass die Begleiterscheinungen dieses Prozesses der Heiligung sein. Doch diese Dinge sind nicht in der Lage, eine Ehe durch all die Jahre des ganz normalen Alltags lebendig zu halten.
Eines Tages wird ein Ehepaar nicht vor dem Pastor, sondern vor Gott selbst stehen. Wenn sie dann einander anschauen, werden sie keinen einzigen Flecken und Makel entdecken. Vielleicht spricht Gott dann: «Gut gemacht. All die Jahre habt ihr einen den anderen vor mich gebracht. Ihr habt Opfer füreinander gebracht. Ihr habt füreinander gebetet und gedankt und einander getragen. Ihr habt einander konfrontiert und ermutigt. Ihr habt euch umarmt und geliebt und ständig einer den anderen näher zu mir geschubst. Und jetzt schaut, wir ihr leuchtet und strahlt.»
Unser Partner muss unser bester Freund sein (oder jedenfalls auf dem Weg dazu), oder wir werden keine starke, reiche, dauerhafte Ehe aufbauen können, die uns beide zu anderen, besseren Menschen macht. Das Geld kann und der Sexappeal wird mit der Zeit weniger werden. Die Freundschaft kann jeden Tag wachsen.
Vielleicht wird dir nun bewusst, dass dein Ehepartner mitnichten dein bester Freund ist. Die gute Nachricht lautet: Er kann es werden! Der Weg dazu ist, dass man bei den natürlichen Aspekten einer Freundschaft ansetzt: Treue, Transparenz/Ehrlichkeit und gemeinsamen Leidenschaften. Vielleicht geht es darum, ein neues gemeinsames Hobby zu entwickeln und darin Zeit miteinander zu verbringen.
Das Handeln Jesu mit seinen Nachfolgern ist das grosse Vorbild der Ehe. Am Kreuz schaute Jesus nicht mit einem Herzen voller Bewunderung und Zuneigung zu uns hinab. Er setzte unserer Bedürfnisse über die seinen, Er opferte sich für uns. Die Bibel fordert Ehepartner nicht nur dazu auf, die Qualität und Art der Liebe Christi zu imitieren, sondern auch ihr Ziel. Jesus starb nicht, weil wir so liebenswert waren, sondern um uns liebenswert zu machen. Paulus sagt, dass Er starb, um uns ‘heilig’ zu machen. Das bedeutet, dass Paulus die Verheirateten auffordert, ihrem Partner zu helfen, Jesus mehr zu lieben als sie. Tatsache ist, dass ich nur dann, wenn ich Jesus mehr liebe als meine Frau, in der Lage sein werde, ihre Bedürfnisse vor meine eigenen zu stellen. Nur wenn mein emotionaler Tank mit Gottes Liebe gefüllt ist, bin ich fähig, geduldig, treu, zärtlich und offen zu meiner Frau zu sein, wenn es in unserer Beziehung gerade schwierig ist. Je mehr Freude ich aus meiner Beziehung zu Christus gewinne, umso mehr kann ich diese Freude an meine Frau und meine Familie weitergeben.
Mögliche Fragen für die Kleingruppen
Bibeltext lesen: Epheser 5,25-27
- Laut Schöpfungsbericht braucht der Mensch nicht nur die vertikale Beziehung zu Gott, sondern auch horizontale zu anderen Menschen. Hast du einen Freund / eine Freundin?
- Bist du einverstanden, dass die übernatürlichen Elemente für eine Freundschaft bereits ausreichen? Was für Erfahrungen machst du damit?
- Hast du Freunde, die dich auf dem Weg in die neue Schöpfung im Sinne der «Einander»-Stellen fördern? Wie könnten in deinen Freundschaften die übernatürlichen Aspekte gefördert werden?
Zwei Fragen für Verheiratete:
- Welche Tätigkeiten könntet ihr zusammen ausüben, so dass ihr noch mehr zu besten Freunden werdet?
- Wie kannst du deinen Ehepartner darin unterstützen, mehr zu der Person zu werden, die sich Gott gedacht hat?